Читать книгу Der Secretair der Marquise Du-Deffand - Александр Дюма - Страница 12

Erster Band
Zwölftes Kapitel

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Der junge Mann, der nun eintrat, war auffallend schön und auffallend geputzt; in seiner ganzen Person lag eine ungewöhnliche Distinction, die sich durchaus nicht verkennen ließ. Der Ausdruck seiner großen verschleierten Augen war eine rührende Melancholie, eine verhängnißvolle Traurigkeit, die einen unwiderstehlichen Zauber ausübte. Mit einem kaum merklichen Stolze, der sich unter einer tiefen Achtung verbarg, grüßte er zunächst den Regenten, dann Frau von Parabère affectirt ceremoniell; dann mich, und zuletzt Voltaire. So unerfahren und neu ich auch war, so errieth ich dennoch ein Geheimnis, und einen Zwang; ein Jeder, so schien mir, und vorzüglich der Herzog von Orleans, war unangenehm berührt.

– Ich glaubte, Sie seien abwesend, Herr Graf, sagte er endlich im Tone eines Gebieters, der fragt und tadelt.

– Ich bin in der That nach Deutschland verreist gewesen, gnädiger Herr; aber ich bin zurückgekehrt.

– Ihre Familie hat Sie erwartet, mein Herr; Ihre Mutter hat schriftlich »Madame« gebeten, Sie reisen zu lassen, und wir hatten uns verbindlich gemacht, Sie dem Prinzen, Ihrem Bruder, zurückzusenden.

– Verzeihung, mein gnädigster Herr, in diesen Worten waltet ein kleiner Irrthum ob; die Dinge sind nicht ganz auf diese Weise von Statten gegangen, und deshalb bin ich zurückgekehrt.

– Was heißt das, mein Herr? unterbrach ihn der Regent mit stolzer Hoheit. So hätte ich eine Lüge gesagt?

– Der Himmel behüte mich, so etwas zu denken, gnädigster Herr! Ich will nur sagen, daß man Sie getäuscht hat. Nicht meine Mutter hat um meine Zurückberufung geschrieben, sondern es sind von hier aus falsche Berichte an meine Familie gegangen, die sie über mein Betragen beunruhigt haben. Ich habe mich darüber erklärt, habe die Schriftstücke gesehen und die Verleumdung vernichtet. Sicher, daß man mich in meinen Plänen und Vergnügungen ferner nicht stören wird, bin ich zurückgekehrt.

– Ich wünsche es, mein Herr; aber ich fordere Sie auf, daß Sie sich Madame nicht vorstellen; die Mißachtung ihrer Gefälligkeiten und ihrer Vermittelung wird ihr sicherlich nicht gefallen, und Sie würden übel empfangen werden.

– Ich komme soeben von Ihrer Königlichen Hoheit; meine erhabene Cousine hat mich mit gewohnter Güte empfangen. Sie hat mir Anfangs ein wenig gezürnt, später aber verziehen, indem sie mich von unserm lieben Deutschland und von unsern Verwandten zu reden aufforderte.

Der Regent biß sich in die Lippen.

Der junge Mann spielte den Vorsichtigen.

Die Marquise brachte das Gespräch auf einen andern Gegenstand und zog Voltaire mit hinein, der sich bei Seite hielt, und mit seinem bekannten Teufel von Lächeln beobachtete. Er ließ sich bitten, denn Arouet war in seiner Jugend, wie ich bereits gesagt, kein Hofmann. Er hatte es gern, daß die Großen zu ihm kamen, und er ging ihnen nur entgegen, um über ihre Allmacht zu spotten. Es lag in ihm etwas von einem Regierungsunzufriedenen und von einem rebellischen Bürger. Damals war er noch nicht der Bastard-Edelmann, den wir seit jener Zeit gesehen haben. Frau von Parabère verlor die Geduld darüber und hielt sich an mich.

– Sehen Sie doch, gnädigster Herr, welche schonen Augen und Haare diese kleine Frau aus der Provinz besitzt. Sie könnte uns wahrlich um so mehr eifersüchtig machen, da sie nicht stolz darauf ist und es scheint, als ob Gott sie ebenso bescheiden und schön erschaffen hat, als Frau von Brancas häßlich ist.

Der Regent war zu artig, um mich nach einer solchen Aufforderung nicht anzusehen; er wandte den Kopf nach mir. Sein Auge sagte mir mehr, als Frau von Parabère vielleicht dachte. Ich senkte die Blicke zu Boden.

– Madame, begann der Fürst, werden Sie nicht in das Palais-Royal kommen? Es wird mich freuen, Sie recht oft dort zu sehen.

Ich verstand die Kunst nicht, zu sprechen, ohne etwas zu sagen, zu versprechen, ohne zu versichern. Ich ward roth und antwortete nicht. Die Marquise übernahm die Antwort.

– Morgen, mein gnädigster Herr, morgen werde ich sie bei Frau von Berry und bei Ihrer Königlichen Hoheit einführen; aber wir haben einen Ehemann aus Burgund, der das Wachen nicht liebt und es gern hat, wenn seine Frau ihm in allen Dingen nachahmt. Dieser Ehemann sieht in Ihnen nichts Anderes, als den Antichrist, den Teufel mit Horn und Gabel, und da wir noch jung sind, fürchten wir diese ehrwürdigen Personen, wir wagen nicht…

Der Regent horchte mit halb gesenktem Kopfe und als ob er einen Entschluß faßte.

– Herr Du-Deffand ist ohne Zweifel ein guter Soldat, Madame? Er hat gedient, ich weiß es – wird er eine vertrauliche Sendung übernehmen?

Ich ward roth bis unter die Augen. Da ich nicht dumm war, begriff ich den ganzen Umfang dieser Frage. Es widerstand mir, darauf zu antworten. Die Entfernung meines Mannes beunruhigte mein Gewissen. Ich fühlte, daß er mir eine Stütze, wenn auch eine schwache war, und daß ich, indem.ich an seiner Entfernung mitwirkte, mir das einzige Mittel raubte, den mich umgebenden Verführungen zu widerstehen. Der Vorschlag des Fürsten erschreckte mich.

Die mit aller weiblicher Schlauheit ausgerüstete Frau von Parabère bemerkte es; sie trat dazwischen, ohne mir Zeit zur Antwort zu lassen.

– Nein, nein, gnädigster Herr, was denken Sie? Es ist noch zu früh, um zwei Neuvermählte zu trennen, um diese junge Frau ihres Schützers zu berauben.

– Ja wohl, warf Voltaire ein, man lasse ihnen wenigstens Zeit, sich kennen zu lernen, damit sie sich verabscheuen können, indem sie erfahren warum.

Der Graf von Horn schwieg und sah die Marquise an, als der Regent ihn außer Acht ließ. Der Einzige, der sich von uns Allen nicht beengt fühlte, war sicherlich der Dichter; er lachte über Andere und betrachtete »den kleinen Raben« wie ein Schauspiel, um die Aufmerksamkeit von unserm kleinen Cirkel abzulenken und nach einem andern Orte zu übertragen, er erforschte den Hof und die Stadt, und fand Tugenden, die nicht existirten, Laster, die niemals bekannt gewesen, in der Absicht, ihren königlichen Liebhaber anderswo zu zerstreuen, der diesen Abend sehr geneigt zum Denken erschien.

– Sie kennen die Zänkereien der Frau von Pleneuf und der Frau von Prie, nicht wahr, gnädigster Herr?

– Ich habe davon gehört. Von Prie will seinen Gesandtschaftsposten nicht mehr, er, ist eben so unentschieden, als seine Frau selbst, die eine sehr hübsche Person ist.

– Wer zweifelt daran? Ich finde sie reizend und geistreich.

– Sie ist kaum achtzehn Jahre alt – nicht wahr, Marquise?

– Ich weiß es nicht genau, aber nach ihrem Gesichte zu urtheilen, muß sie noch jünger sein.

– Sie haben heute einen Tag der Gerechtigkeit, und es ist an Ihnen…

– Seien Sie eben so gerecht, als ich, sagte sie leise zu dem Fürsten, und indem sie sich mit einer liebenswürdigen Einfältigkeit ihm näherte. Zürnen Sie diesem armen Grafen von Horn nicht, der es auf keine Weise verdient.

Der Regent biß sich in die Lippen.

– Er! Er ist ein Mensch ohne Treu und Glauben, ohne Ehre, ein Leichtsinniger, ein Spieler!

Sie begann zu lachen, und entließ durch einen Wink den Grafen. Voltaire befand sich bereits in einem andern Saale und betrachtete ein Gemälde. Wir drei blieben allein.

– Philipp, sagte sie, stets noch lachend, sehen Sie mich an, wenn Sie können, und wiederholen Sie Ihre Vorwürfe.

– Ja, ich werde sie wiederholen, er ist ein Leichtsinniger, ein Spieler.

– Und Sie?

– Nun, ich besuche die Spielhäuser nicht, ich laufe auch nicht…

– Nein, weil Sie Alles zu Hause haben. Bekennen Sie offen, Sie zürnen diesem jungen Manne nicht wegen seines Betragens, um das Sie sich wenig kümmern, sondern weil Sie voraussetzen, daß er in mich verliebt ist.

– Sehe ich denn aus wie ein Eifersüchtiger? Ah, meine liebe Marquise, müßte ich mir einmal diese Mühe nehmen, anstatt das Königreich zu regieren, ich würde kaum im Stande sein, Ihre Liebhaber im Zaume zu halten.

– Spotten Sie, so viel Ihnen beliebt, wenn Sie mich nur anhören. Dieser junge Mann liebt mich, es ist wahr.

– Wirklich?

– Ja, er liebt mich, und es giebt deren noch mehre. Warum beunruhigen Sie sich darüber?

– Ich beunruhige mich nicht.

– Ach, gnädigster Herr, dies ist eben nicht schmeichelhaft für mich. Nehmen Sie sich in Acht!

– Madame, ich lasse Ihrer Tugend Gerechtigkeit widerfahren.

Wir waren zu drei; ich hatte große Lust, aufzustehen, denn meine Lage war nicht haltbar. Ich machte eine Bewegung – die Marquise hielt mich zurück, sie wollte ohne Zweifel einen Zeugen haben.

– Mein gnädigster Herr, fuhr sie beharrlich fort, und zwar mit einer gewissen Bewegung, Sie hassen den Grafen von Horn – gestehen Sie es ein?

– Madame, ich hasse nur die Feinde des Königs, ich habe nie die meinigen hassen können. Was meine Nebenbuhler anbetrifft, wenn ich deren habe, so verachte ich sie, oder ich vergesse sie. Ich begreife nicht, warum Sie sich so eifrig dieses Fremden annehmen? Er ist ein Vogel auf der Straße, unwürdig, daß wir uns Beide mit ihm beschäftigen. Mein Haß würde eine unverhoffte Ehre für ihn sein. Ich bitte, reden wir von andern Dingen, es ist schon zu viel. Rufen Sie Voltaire, Ihren Protegé, Sie stehen im Begriffe, Madame Du-Deffand glauben zu machen, daß ich Sie wie ein junger gascognischer Edelmann anbete, und daß ich aus Eifersucht meinen eigenen Schatten fürchte – dies hieße mich sonderbar beurtheilen, bekennen Sie es!

Die verschmitzte Marquise hatte ihren Zweck mit einer Kühnheit erreicht, die ich nicht vorauszusetzen gewagt hatte. Ich verstand damals nichts davon, später aber ward mir diese so geschickt angelegte Scene klar, deren Zweck der gute Fürst nicht ahnte. Er blieb noch einige Augenblicke, indem er mit Voltaire und selbst mit dem Grafen von Horn sprach, und zwar mit Letzterem auf eine Weise, als ob nichts vorgefallen wäre. Der Herzog von Orleans war gut, er besaß viel Geist, er führte eine anziehende Unterhaltung, er wußte selbst sehr viel, und wäre er ein schlichter Privatmann gewesen, es hätte wenig seines Gleichen gegeben. Ich war entzückt über ihn. Er verließ uns, indem er einem Jeden, selbst dem Grafen von Horn, eine Artigkeit sagte. Die Marquise begleitete ihn bis in das Vorzimmer, nicht um der Etikette zu genügen, sondern vertraut, den Arm auf seine Schulter gelehnt; sie legte sich durchaus keinen Zwang auf. Auch Voltaire und der Graf entfernten sich bald.

– Wo essen Sie zu Abend? fragte mich die Marquise.

– Zu Hause, mit meinem Manne.

– Wahrhaftig! Bleiben Sie hier. Ich werde meine Thür verschließen, und wir plaudern zusammen.

Der Secretair der Marquise Du-Deffand

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