Читать книгу Der Secretair der Marquise Du-Deffand - Александр Дюма - Страница 14

Erster Band
Vierzehntes Kapitel

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Wir betraten den königlichen Palast. Ich konnte mir über die Vorgänge noch keine Rechenschaft ablegen. Ich ward mit fortgezogen ohne zu wissen wohin, und ohne zu überlegen; ich war mehr als zur Hälfte zufrieden und suchte meine Unruhe zu verscheuchen. Gern hätte ich gesagt, wie eine Person aus dem Alterthume:

»Morgen kommen die ernsten Angelegenheiten.«

Wir stiegen eine kleine Treppe hinan, denn wir gingen zu einem vertrauten Souper. Die Zimmer, die wir betraten, waren durch die Gänge nur wenig erhellt, aber die Marquise kannte sie genau. Ein roth gekleideter Knabe ging vor uns her. Weiterhin fanden wir Kammerdiener, dann Huissiers, und endlich die geöffneten Thüren eines Saales. Ich fühlte, daß ich mich in einer duftenden Atmosphäre befand, in dem Scheine von tausend Kerzen, wo reizende Frauen und elegante Männer plauderten und nach Herzenslust lachten. Ich war geblendet, betäubt, und hörte nicht, daß mich Frau von Parabère dem Regenten vorstellte, den ich Anfangs nicht grüßte, weil ich weder hörte noch sah. Als ich mich ein wenig erholt, unterschied ich den Fürsten, der mir die Hand leichte; ich bemerkte zwei oder drei Schönheiten, die mich prüfend ansahen, und hörte die Marquise, welche nach den Namen der Gäste fragte.

– Wen haben wir diesen Abend, gnädigster Herr?

– Frau von Sabran, Frau von Phalaris, Frau, von Lussan, Frau von Pleneuf; Nocé, Richelieu, Lafare, Simiane, Lauzün… und ich weiß nicht, wen noch.

– Wie, der alte Herzog von Lauzün?

– Setzt Sie das in Erstaunen? Ich war noch erstaunter darüber, denn ich verzeihe ihm das schöne Stück Arbeit nicht, das er mir im Luxembourg gemacht hat; aber er hat mich mit jener Unverschämtheit gebeten, bei mir soupiren zu dürfen, die Sie kennen, und ich habe nicht gewagt, ihn abzuweisen.

– Wird man aus dem Luxembourg kommen?

Der Fürst zuckte mit den Achseln.

– Sprechen Sie nicht davon, diese thörichte Liebe entführt uns ihn – sie will mit ihm allein bleiben; es ist ein wahrer Scandal!

– Ich werde ihm morgen Madame Du-Deffand vorstellen; ich werde es sehen.

Die Herzogin von Berry, die Tochter des Herzogs von Orleans, von der die Rede war, bewohnte den Luxembourg. Sie war in den Herrn von Riom, den Neffen des Herzogs von Lauzün, verliebt. Dieser, ein Mann von mehr als achtzig Jahren, einst der Geliebte von Mademoiselle, hatte seit einigen Jahren erst eine reizende Person geheirathet, die Tochter des Herzogs von Lorges, Schwester der Herzogin von Saint-Simon; er hielt seine Gattin in Passy eingesperrt, und machte sie unglücklich bis zum Sterben. Dies geschah aus einer sehr ungegründeten Eifersucht. Trotzdem aber suchte er sich Maitressen, rühmte sich, solche zu haben, lief den hübschen Frauen nach, und besuchte übel berüchtigte Orte.

Da sein Neffe der Frau von Berry gefiel, gab sie ihm die besten Nachschlage über die Art und Weise sich zu betragen, und brachte die Enkelin Ludwigs XlV. dahin, daß sie heimlich einen Edelmann aus Gascogne Heirathete, wie er selbst einst die Enkelin Heinrichs IV. geheirathet hatte. Dies sind zwei sehr hervorragende Thaten in dem Leben eines Mannes.

Lauzün, der übrig bleibende, hatte ein gewöhnliches Gesicht mit einem impertinenten Ausdrucke, und eine kleine von Stolz und Eigendünkel aufgeblähte Gestalt; er besaß viel Geist, eine Sicherheit, die nichts Wanken machte, große Ruhmredigkeit, eine Meinung von sich selbst, die an Verehrung grenzte – mit einem Worte, er war eine jener Persönlichkeiten, aus der man in jugendlicher Verirrung und Hitze einen Geliebten, aber nie einen Freund machen kann. Dies ist nur ein schwacher Umriß von jener außergewöhnlichen Ruine; später wird man ihn besser kennen lernen.

Frau von Parabère näherte sich den Frauen, die sie erwarteten; ich folgte ihr. Frau von Sabran hatte zuerst die Gewogenheit des Regenten mit ihr getheilt; sie hatte ihren Platz der Frau von Phalaris eingeräumt, und erschien jetzt in dem königlichen Palaste nur als Gast.

Die Herzogin von Phalaris, deren Mann der Papst zum Herzoge gemacht hatte – diese Erhebung hatte weiter keine Folgen, man schlug seinen Rang eben nicht hoch an – war eine große, dicke Blondine mit weißer Haut, schmachtenden Augen und einem… zweideutigen Betragen. (Mein kleiner Secretair braucht dieses Wort nicht zu verstehen.)

(Anmerkung des kleinen Secretairs: Er versteht es ganz gut!)

Frau von Phalaris besaß durchaus keine Grazie, aber sie wußte diesen Fehler durch einen andern, für den Regenten äußerst werthvollen zu ersetzen: dies geht uns nichts an.

Die Marquise, die sie nicht leiden konnte, hatte den Entschluß gefaßt, sie zu verspotten; sie begann, sie mit Complimenten über ihre Toilette zu überhäufen, die, beiläufig gesagt, einen sehr schlechten Geschmack verrieth. Sie bestand nur aus Bijouterien, Goldstoff, Perlen, Diamanten und Halsbändern. Das Kleid ließ fast ihre ganze Brust sehen. Auch als ihre Rivalin sagte sie der Frau Sabran, wie heimlich, aber so, daß es alle verstehen konnten:

– Diese gute Herzogin weiß wohl nicht, daß die Männer nur das betrachten, was man ihnen verbirgt.

– Madame, antwortete Frau von Phalaris beleidigt, indem sie auf das einfache Costüm der Marquise anspielte, Sie tragen ein reizendes Hauskleid, es sitzt Ihnen zum Entzücken; aber Sie sehen aus, als ob Sie eben aus dem Bette gestiegen wären.

– Ich mache es nicht wie Sie, Madame; man möchte schwören, daß Sie sich seit gestern Abend nicht schlafen gelegt hätten.

– Dies begegnet wohl mitunter den schönen Frauen unserer Zeit? fragte unschuldig der Herzog von Lauzün. In meiner Jugend gestand man solche Dinge nicht ein, und keiner von uns rühmte sich eines solchen Sieges, unbeschadet des Reversino und des Landsknechts.

– Andere Zeiten, andere Sitten, Herr Herzog. Sie würden heute sicherlich ein ähnliches Glück zur Schau stellen, wenn es Ihnen begegnete.

– Verzeihung, Madame, ich bin nicht der Regent, ich bin, Gott sei Dank, noch weniger als der Graf von Horn, und nicht mehr als der Marquis…

Zum Glück für Frau von Parabère unterbrach die Ankündigung des Souper diese Litanei, denn der boshafte Greis war aller Scham baar, und man konnte ihm gegenüber nie das letzte Wort behalten.

Man ging in den Speisesaal. Welch ein Wunder von Eleganz und Reichthum! Man ließ mich zwischen Herrn von Lauzün und dem Regenten Platz nehmen. Zur Rechten des Letztern saß Frau von Parabère, neben dieser der Herzog von Richelieu.

– Gnädigster Herr, rief unbesonnen Herr von Nocé, werden wir den Kardinal nicht sehen?

– Er erwartet die Erlaubniß der Frau von Parabère, die ihn verbannt hat, wie ich voraussetze. Doch nein, da ist er ja! Setze Dich zu Tische, Abbé, und erzähle uns Neuigkeiten. Wenn Du keine weißt – wer soll uns welche mittheilen?

– Ich weiß nur zu viel, mein gnädigster Herr. Die gewisstste ist, daß ich alt werde und das Gedächtniß verliere.

– Was Haft Du vergessen?

– Mein Souper von gestern.

– So warft Du wohl sehr krank?

– Man setzt Abends, wenn ich arbeite, eine Suppe und ein Geflügel neben mich; geschähe dies nicht, so würde ich oft nüchtern schlafen gehen. Gestern um zehn Uhr bekam ich Hunger, ich fragte nach meinem Souper – meine Leute versicherten, daß ich es gegessen habe, und dennoch…

– Sie müssen es gegessen haben! unterbrach man ihn von allen Seiten.

– Die Geschichte durchläuft ganz Paris, sagte mir Lauzün in's Ohr; sein Haushofmeister hatte ihn vernachlässigt, und man hat für ihn diese Fabel erfunden. Der große Minister glaubt sie!

– Hast Du Deine Officianten nicht getödtet? fuhr der Fürst fort.

– Da hätte man viel zu tödten, von dieser Sorte ist stets vorhanden! Mein gnädigster Herr verlangt Neuigkeiten? Gut, ich habe einige wissenswerthe: zunächst die lauten Klagen der Polizei gegen die Frau Marquise von Parabère.

– Gegen mich?

– Ja, Madame! Sie allein geben uns mehr zu thun, als alle Unterthanen des Königs zusammengenommen.

– Wie?

– Die Rapporte sind voll von Ihnen. Ueberall hört man von Opfern Ihrer Augen, die sich tödten oder vor Verzweiflung sterben. Wir wissen nicht, was wir davon denken sollen.

– Es giebt Leute, die nicht davon sterben, sagte die Gräfin von Lüssan.

– Haben Sie die Güte, Madame, diese Leute aufzunehmen; Sie üben eine Großmuth, die ich Ihnen Dank weiß! antwortete Frau, von Parabère.

– Ah, wenn man einer solchen Kleinigkeit wegen stürbe, rief der Marquis Lasare, so würde keiner von uns Hier sein.

– Wie, eines Korbes wegen?

– Ich erkläre, daß ich nie einen Korb erhalten habe! lief läppisch Herr von Richelieu.

– Und ich erkläre, daß ich nie einen gegeben habe! Ueber diese Unschuld der Frau von Phalaris brachen alle Gäste in ein lautes Lachen aus.

– Mein Gott! Diese Frau wäre mitunter geistreich, wenn sie nicht so dumm wäre, flüsterte die Marquise ganz leise ihrem Nachbar zu.

Der Secretair der Marquise Du-Deffand

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