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Erster Band
VII

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Zwölf Jahre waren seit Mocquets Alpbeängstigungen verflossen. Ich ging in mein sechzehntes.

Es war im Winter von 1817 aus 1818.

Mein Vater war leider schon seit zehn Jahren todt.

Wir hatten keinen Gärtner Piere, keinen Kammerdiener Hippolyte, keinen Waldschützen Mocquet mehr.

Wir bewohnten weder das Grabesschloß, noch die Villa in Antilly mehr, sondern ein Häuschen auf dem Marktplatz von Villers-Coterets, dem Brunnen gegenüber, wo meine Mutter einen Tabakkram betrieb.

Sie verband damit einen Handel mit Jagdpulver, Kugeln und Blei.

Trotz meiner Jugend war ich, wie ich in meinen Memoiren erzählt habe, bereits ein leidenschaftlicher Jäger.

Nur jagte ich, im eigentlichen Sinne des Wortes, bloß dann, wenn mein Vetter, Herr Deviolaine, der Waldinspector von Villers-Coterets, die Güte hatte, mich abzuholen und mir bei meiner Mutter die Erlaubniß zu erbitten.

In der übrigen Zeit verlegte ich mich aufs Wildern.

Ich besaß zu diesem gedoppelten Jägers- und Wilderer-Beruf eine allerliebste einläufige Flinte, die früher der Fürstin Borghese gehört hatte, deren Namen auch eingraviert war.

Ich wer noch ein ganz kleiner Junge gewesen, als Mein Vater sie mir geschenkt hatte, und bei der Auction nach seinem Tod hatte ich sie mit solchem Eifer in Anspruch genommen, daß sie nicht mit den übrigen Waffen, sowie den Pferden und Wagen verkauft wurde. Die Zeit meiner Freuden war der Winter.

Im Winter bedeckt sich die Erde mit Schnee, und die Vögel, die kein Futter mehr aufzufinden wissen, sammeln sich da, wo man ihnen Körner hinwirft.

Einige alte Freunde meines Vaters, die große und schöne Gärten besaßen, erlaubten mir dann in diesen Gärten Vögel zu schießen.

Ich fegte den Schnee weg, streute einen langen Streifen Körner hin und feuerte dann aus irgend einem Versteck in halber Flintenschußweite; ich tödtete manchmal sechs, acht, ja zehn Vögel auf einen Schuß.

Wenn dann der Schnee länger liegen blieb, so winkte mir eine andere Hoffnung: die Aussicht, daß ein Wolf aufgetrieben werden könnte.

Der aufgetriebene Wolf gehört Jedermann.

Er ist ein öffentlicher Feind, ein Mörder, der außer dem Schutze des Gesetzes steht. Jeder kann aus ihn schießen. Man braucht nicht zu fragen, ob ich dann, trotz der Wehklagen meiner Mutter, die eine doppelte Gefahr für mich fürchtete, man braucht, sage ich, nicht zu fragen, ob ich dann nach meiner Flinte griff und der Erste auf dem Posten war.

Der Winter von 1817 auf 1818 war rauh gewesen.

» Es war ein fußhoher Schnee gefallen, und es hatte darüberhin gefroren, so daß der Schnee schon seit etwa vierzehn Tagen lag.

« Und dennoch hörte man von Nichts.

Eines Abends gegen vier Uhr kam Mocquet ins Haus.

Er kaufte Pulver ein.

Während des Einkaufens winkte er mir mit dem Auge. Er ging hinaus. Ich folgte ihm.

»Nun, Mocquet,« fragte ich, »was gibts?« »Errathen Sie’s nicht, Herr Alexander?« »Nein.«

»Errathen Sie nicht, daß ichs, wenn ich bei der Frau Generalin Pulver kaufe, statt es ganz einfach in Haramont zu holen, d.h. wenn ich eine ganze Stunde gehe statt einer Viertelstunde, daß ich Ihnen dann eine Partie vorzuschlagen habe?

»Ach, mein lieber Mocquet! Und was denn?«

»Es Ist Ein Wolf da, Herr Alexander.«

»Wirklich?«

»Er hat heute Nacht dem Herrn Destournelles ein Schaf gestohlen, und ich bin ihm bis in den Wald von Tillet nachgelaufen.«

»Und nun?«

»Heute Nacht werde ich ihn ganz gewiß wieder sehen, ich werde ihn auftreiben, und morgen früh wollen wir ihm dann seinen Denkzettel geben.«

»O welch ein Glück!«

»Nur bedarf es der Erlaubniß . . .

»Von wem, Mocquet?«

»Von der Frau Generalin.«

»Komm wieder mit mir herein, Mocquet, wir wollen sie darum ersuchen.«

Meine Mutter betrachtete uns durch die Fensterscheiben hindurch.

Sie dachte sichs sogleich, daß irgend ein Complott geschmiedet wurde. Wir kamen herein.

»He, Mocquet,« sagte Sie, »Du gefällst mir gar nicht mehr.«

»Warum, Frau Generalin?« fragte er.

»Nun, weil Du dem Jungen immer den Kopf warm machst; er denkt bereits nur zu viel an Deine verdammte Jagd.«

»Ei, Frau Generalin, das ist wie mit den Hunden von guter Race: sein Vater war ein Jäger, er ist ein Jäger, sein Sohn wird ein Jäger werden; darein müssen Sie sich zu finden wissen.« »Und wenn ihm ein Unglück zustößt!«

»Bei mir! Ein Unglück! Ein Unglück bei Mocquet! Was fällt Ihnen ein? Ich bürge mit Leib und Seele für Herrn Alexander. Ihm ein Unglück zustoßen, dem Sohn des Generals! Nein, nein, nimmermehr!«

Meine arme Mutter schüttelte den Kopf.

Ich hing mich ihr an den Hals.

»Liebes Mütterchen,« sagte ich, »laß Dich erbitten.« »Aber Du mußt ihm seine Flinte laden, Mocquet.«

»Seien Sie doch ruhig! Sechzig Körner Pulver, keins mehr, keins weniger, und eine Kugel, wovon zwanzig auf das Pfund gehen«

»Du darfst ihn nicht verlassen.«

»So wenig als sein Schatten«

»Du mußt ihn neben Dich stellen.«

»Zwischen meine Beine.«

»Mocquet! Dir allein vertraue ich ihn an.«

»Und Sie sollen ihn unversehrt zurückerhalten. Kommen Sie, Herr Alexander, nehmen Sie Ihre Siebensachen zusammen und lassen Sie uns gehen.

Die Frau Generalin erlaubt es.

»Ei wie? Du willst ihn schon heute Abend mitnehmen, Mocquet?«

»Natürlich, denn morgen wäre es zu spät, um ihn abzuholen; dem Wolf muß man mit Tagesanbruch zu Leibe gehen.«

»Also zu einer Wolfsjagd willst Du ihn mithaben?«

»Fürchten Sie etwa gar, der Wolf könnte ihn fressen?

»Mocquet! Mocquet!«

»Wenn ich Ihnen doch sage, daß ich für Alles gutstehe!«

»Und wo soll er übernachten, der unglückliche Junge?

»Beim alten Mocquet! Er bekommt eine gute Matratze auf dem Boden, Betttücher so weiß, wie diejenigen, welche der liebe Gott über die Ebene hingebreitet hat, und zwei gute warme Decken. Er soll sich gewiß nicht erkälten, seien Sie ganz ruhig.«

»Ach ja, liebe Mutter, sei doch ruhig. Komm jetzt, Mocquet, ich bin bereit.«

»Und Du gibst mir nicht einmal einen Kuß, unglückliches Kind?«

»O freilich, liebes Mütterchen, lieber zwei als einen.«

Und ich warf mich meiner Mutter an den Hals und erdrückte sie beinahe in meinen Armen.

»Und wann wird man Dich wieder zu sehen bekommen?«

»Machen Sie sich keine Sorgen, wenn er erst morgen Abend zurückkommt.«

»Wie so? morgen Abend! Du sagtest doch von Tagesanbruch.«

»Mit Tagesanbruch geht es auf den Wolf los; aber wenn wir das Nest leer finden, so wird der junge Herr doch wenigstens im Moor von Wallu ein Paar Enten schießen dürfen.«

»Du wirst machen, daß er ertrinkt.«

»Ei zum Teufel,« sagte Mocquet, »wenn ich nicht die Ehre hätte, mit der Frau meines Generals zu sprechen, so würde ich sagen . . .

»Was würdest Du sagen, Mocquet?

« »Daß Sie einen Hasenfuß aus Ihrem Sohn machen wollen. Aber wenn die Mutter: des Generals hinter ihm gestanden und ihn an seinen Rockschößen gezupft hätte, so wäre er seiner Lebtage nie übers Meer her nach Frankreich gekommen.«

»Du hast Recht, Mocquet, nimm ihn mit; ich bin unvernünftige.«

Und meine Mutter wandte sich ab, um sich eine Thräne aus dem Auge zu wischen.«

Einer Mutter Thräne ist ein Herzdiamant, köstlicher als eine Perle von Ophir.«

Ich sah sie fließen.

Ich ging zur armen Frau hin und sagte ganz leise zu ihr:

»Wenn Du willst, Mutter, so bleibe ich.«

»Nein, nein, mein Junge, geh’ nur,« sagte sie; »Mocquet hat Recht; Du mußt einmal ein Mann werden.«

Ich umarmte sie noch ein letztes Mal.

Dann eilte ich Mocquet nach, der sich bereits auf den Weg gemacht hatte.

Nach etwa hundert Schritten wandte ich mich um.

Meine Mutter war bis mitten in die Straße herausgegangem um mir so lang als möglich mit ihren Blicken zu folgen.

Jetzt kam die Reihe an mich, eine Thräne aus meiner Wimper zu wischen.

»Nun das ist sauber,« sagte Mocquet zu mir, »jetzt weinen Sie also auch Herr Alexander!«

»Was fällt Dir ein, Mocquet? Das kommt blos von der Kälte her.«

Du, der Du mir diese Thränen gegeben hattest, o mein Gott, Du weißt wohl, daß ich nicht vor Kälte weinte.

Der Wolfsführer

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