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Rahula

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Die wichtigste dieser Begegnungen ist ohne Zweifel das Treffen mit Rahula, seinem leiblichen Sohn, den er über sechs Jahre nicht gesehen hatte. Wir erinnern uns daran, dass Siddharta Gautama seinen Sohn »Fessel«, »Einschränkung« oder »Unfreiheit« genannt hatte, kein schöner Name für ein Baby. Auch hatte er seinen neugeborenen Sohn nachts in den Armen seiner Mutter und ohne Abschied zurückgelassen.

Vaterliebe ist für Kinder und Jugendliche entscheidend, da sie ihnen ein väterliches Rollenmodell, Normen und Begleitung ermöglicht. Die Abwesenheit des Vaters kann als Risikofaktor für psychische Störungen wirken, vor allem nach einer Scheidung und elterlichen Konflikten, jedoch weniger ausgeprägt nach dem Tod des Vaters (East et al. 2006). Palacios und Brotzinsky (2010) haben ebenfalls gezeigt, dass adoptierte Kinder eine höhere Rate von externalisierenden psychischen Störungen aufweisen, vor allem, wenn sie frühe Widrigkeiten erlebt hatten. Die innere psychologische Suche nach den biologischen Eltern beginnt oft in der mittleren Kindheit, während die tatsächliche äußere Suche typisch für Jugend- und frühes Erwachsenenalter sind. Basierend auf modernen psychologischen Studien kann man spekulieren, dass Rahula seinen abwesenden Vater sehr vermisst haben muss, obwohl er von seiner Mutter und seinem Großvater umfassend versorgt wurde. Mit Sicherheit hat er sich auch Gedanken darüber gemacht, warum er von seinem Vater verlassen wurde. Heutzutage wäre es für Kinder extrem enttäuschend, wenn sie diese Art des Wiedersehens erleben müssten, die Rahula mit seinem Vater hatte. Um Sasson zu zitieren:

»Die Reaktion des Buddha auf seinen Sohn ist extrem. Er verlässt ihn unmittelbar nachdem er Vater geworden ist, und weist ihn ab, gleich nachdem er ihn wieder trifft. Die buddhistische Literatur ist voll mit Diskussionen über diese offensichtlich extremen Reaktionen, die keine einfachen Antworten ermöglichen« (Sasson 2014, S. 595).

Als Rahulas Mutter, Yasodhara, ihren ehemaligen Ehemann sechs Jahre später wiedersah, riet sie ihrem Sohn, zu seinem Vater zu gehen und ihn nach seinem Erbe zu fragen. Daraufhin sprach der Buddha mit seinem Sohn über die Wichtigkeit die wahren inneren Reichtümer, d. h. das innere Erbe zu finden. Nach Schumann (2004) wurde Rahula nach diesem Austausch auf der Stelle als Novize angenommen und wurde der Beaufsichtigung und Vormundschaft von Sariputta, einem der vertrautesten Anhänger des Buddha, unterstellt (Schumann 2004, S. 119). Im Laufe der Zeit konvertierten viele weitere Familienmitglieder des Buddha, auch sein Halbbruder Nanda, der seine schöne Frau verließ, um Mönch zu werden. Diese Ereignisse hinterließen Suddhodana, den Vater des Buddha, in tiefer Trauer und Kummer. Ich habe immer großes Mitleid mit diesem mutigen Mann verspürt, der so viele Verluste ertragen musste: Den Tod seiner ersten Frau Maya, den Verlust seines Sohnes und selbst seines Enkels. Rahula wurde gegen den Willen und Wunsch von Suddhodana ordiniert, der seinen Sohn, den Buddha, anflehte »bitte in der Zukunft die elterliche Erlaubnis für Ordinationen einzuholen« (Langenberg 2013, S. 63). Später traten sogar die ehemalige Frau des Buddha, Yasodhara, und seine Stiefmutter als Nonnen der Gruppe seiner Anhänger bei.

Zwei wichtige Lehrreden geben die Gespräche zwischen dem Buddha und seinem Sohn wieder, die im modernen Kontext sehr merkwürdig wirken. Nachdem Rahula seinen Vater in seinem bisherigen Leben nie gesehen hatte, muss er ambivalente Gefühle in sich getragen haben, die möglicherweise von Liebe bis hin zu Wut und Groll gereicht haben. Es ist merkwürdig, dass der Buddha in der Wiederbegegnung mit seinem Sohn keine Gefühle zeigte. Heutzutage wäre es angemessen, sein Kind zu umarmen, es zu drücken und selbst Tränen zu vergießen. Die beiden Lehrreden mit seinem Sohn haben mich immer traurig gemacht, da sie verpasste Gelegenheiten für eine warme Vater-Sohn-Beziehung verkörpern.

Schumann (2004) führt aus: »Das Verhältnis zwischen dem Buddha und Rahula war vertrauensvoll und freundschaftlich, jedoch nicht herzlich oder gar innig, da dies nach der Überzeugung des Meisters eine innere Bindung bedeutet hätte, aus der nur Leid hervorgehen kann« (Schumann 2004, S. 145). Die Unterhaltungen zwischen Vater und Sohn sind nicht wirklich privat und »unterscheiden sich in nichts von jenen, die der Meister anderen Mönchen gab« (Schumann 2004, S. 146).

In der ersten der beiden Reden ermahnt der Buddha seinen Sohn und redet mit ihm über die Wichtigkeit, die Wahrheit zu sprechen und Lügen zu vermeiden (Buddha, Middle Length Discourses 1995, Sutra 61). Mithilfe des Symbols eines Spiegels, kommt der Buddha zum Schluss, dass man, wie der Spiegel, wiederholt über seine Aktivitäten und ihre Konsequenzen reflektieren soll. In einer weiteren Rede berät er seinen Sohn, Meditation, liebende Güte, Mitgefühl, Mitfreude und Ausgeglichenheit zu entwickeln (Buddha, Middle Length Discourses 1995, Sutra 62). Rahulas Alter zum Zeitpunkt dieser Lehrreden ist nicht bekannt. Schumann (2004) geht davon aus, dass er jeweils 15 und 18 Jahre alt gewesen sein muss, d. h., er war noch ein Jugendlicher.

Buddhismus und kindliche Spiritualität

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