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Myanmar

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Kinder werden nicht nur in Tibet in Klöstern aufgenommen, sondern in den meisten buddhistischen Ländern.

Ich kann mich gut daran erinnern, als wir ein Kloster außerhalb von Yangon, Myanmar, besuchten. Ich war vor allem von den Novizinnen beeindruckt. Es war ein später Wintermorgen, die Sonne schien zwischen Bambusbäumen in einem kleinen Hinterhof der Schule herab. Die Szene wirkte wie ein typisches Internat, allerdings mit einer besonders friedlichen Atmosphäre. Manche Mädchen, alle mit abrasierten Haaren, wuschen ihre Kleider in grün bemalten Betonbecken. Andere hingen die fertig gewaschenen rosa Hemden und orangefarbenen Kleider auf Wäscheleinen. Manche Mädchen machten ihre Hausaufgaben und sagten englische Vokabeln auf. Andere Mädchen redeten miteinander und aßen Süßigkeiten, genauso wie Kinder überall auf der Erde. Manche ärgerten und neckten sich gegenseitig. Andere Novizinnen schmiegten sich aneinander und zeigten sich gegenüber diesen fremden Besuchern verständlicherweise scheu. Ältere Mädchen schienen Mentoren von jüngeren zu sein, die jüngsten waren vermutlich fünf Jahre alt. Wir erfuhren, dass manche Mädchen von sehr armen ländlichen Familien abstammten und dass dieses Kloster die einzige Möglichkeit für sie war, Bildung zu erhalten, statt auf den Feldern dieses schönen ländlichen Lands Myanmar zu arbeiten. Innerhalb des Gebäudes waren andere Mädchen dabei, Prüfungen abzulegen, genauso wie Schulkinder überall auch. Dies war nicht nur ein Kloster, das buddhistische Lehren vermittelte, sondern ein Internat, das westliche Bildung ermöglichte.

Mir war es möglich, weitere positive Eindrücke von der besonderen Vater-Sohn-Beziehung zwischen Abt und Novizen in Bagan, Nord Myanmar, zu gewinnen. Bagan war einmal die mittelalterliche Königsstadt von Myanmar. Die Pracht der Gebäude, die in den Jahren zwischen 1057 und 1287 errichtet wurden, ist noch heute spürbar. Das archäologische Gelände erstreckt sich über 104 km2 (oder 40 Quadratmeilen) und umfasst geschätzte 2 200 Tempel, Stupas und Klöster. Diese sind zwischen Steppenlandschaften, dornigen Büschen, blühenden Bougainvilleas und Bäumen verstreut. Manche Gebäude liegen in Ruinen, andere wurden mit neuen Ziegelsteinen und Mörtel wiederaufgebaut, nicht alle den ursprünglichen antiken Plänen entsprechend, sondern eher der Inspiration und Wünschen der Spender folgend. Improvisation ist ein Hauptmerkmal des Wiederaufbaus.

Das Gelände ist offen und wird von staubigen Wegen durchkreuzt. Eines Abends nahm ich mit meinem Fahrrad einen Nebenweg der Hauptstraße und stolperte zufällig über ein »Mini-Kloster«. Neben dem Kloster fanden sich wunderschöne Ruinen von Tempeln mit ursprünglichen Fresken, in denen immer noch Meditationen und Rituale angeboten wurden. Das Kloster bestand aus einem kleinen Haus und einer offenen Hütte mit Küche, Tisch und Stühlen. Ich wurde von einem Abt und seinem einzigen Mönch warmherzig willkommen geheißen, der ihn vermutlich schon seit einer langen Zeit als Novize begleitete. Ihre Beziehung wirkte wie die eines Vaters zum Sohn. Der Abt erzählte mir, dass er nach den Verwüstungen der Küstenregionen durch Überflutung hierher gezogen sei. Er war sehr glücklich, dass er seit einem Monat sogar Sonnenkollektoren und elektrisches Licht hatte. Davor hatten sie lediglich Kerosinlampen zur Beleuchtung. Wir sprachen stundenlang über das Dharma und natürlich auch über die Politik in diesem wunderschönen Land, das eine so lange und harte Unterdrückung erdulden musste. Sowohl Abt als auch Mönch schienen vollkommen zufrieden und ausgeglichen zu sein, trotz Armut und schwierigen politischen Bedingungen.

Später erschienen drei Laien und beteiligten sich am Gespräch, das immer lebendiger wurde. Sie waren Unterstützer und Spender des Mönchs und des Abts. Als wir auf Wiedersehen sagten, durfte ich um dieses ungewöhnliche Kloster laufen und es fotografieren. Ich durfte das Gelände frei explorieren. Es war kein heiliger, pietätvoller oder andächtiger Ort, ganz im Gegenteil, der Abt freute sich darüber, dass ich die Schönheit und die Kunst dieses besonderen Ortes genießen konnte. Als ich schließlich in das Hotel zurückkehrte, musste ich das Fahrrad zurückschieben, da einer der Reifen durch Dornen platt geworden war. Dies gab mir mehr Zeit, mich darüber zu besinnen und zu meditieren, was ich erlebt hatte: ein offenes, freundliches, warmherziges und nicht dogmatisches Treffen im Namen des Dharma – und eine Minigemeinschaft von fünf Menschen, bei der jeder willkommen war.

In keinem anderen Land habe ich so viele Kinder in Tempeln und Klöstern gesehen wie in Myanmar. Ich erlebte junge Mönche, die ihre Morgenrunden mit ihren Bettelschalen abliefen, indem sie nur das nahmen, was gegeben wurde, genauso wie es dem buddhistischen Geglückten entspricht. Andere Novizen befanden sich auf Pilgerfahrt, gekleidet nur in ihren Roben ohne weiteres Gepäck.


Abb. 14: Ein junger Novize mit Sonnenschirm in einem Tempel in Myanmar. Er trägt die traditionelle dunkelrote Robe.

Die Tempel sind Orte für Familienausflüge. Manche älteren Kinder kippten als religiöses Ritual Wasser über die Statuen des Buddha. Jüngere Kinder spielten, läuteten Glocken, machten Lärm, spielten Verstecken, ruhten sich aus, tranken und aßen. Es gab Trinkwasser für jeden und Verkäufer boten Früchte und Süßigkeiten an. Babys wurden zum Tempel gebracht und mit großem Stolz umhergetragen. Andere junge Kinder im Alter von 6–7 Jahren wurden in königliche Kleider gekleidet, trugen glänzende Kronen und kräftiges Make-up. Dies war ein religiöser Initiationsritus, um ganz offiziell zum Tempel zu gehören. Die Kinder wurden von ihren stolzen Eltern begleitet, ähnlich wie Familien die heilige Kommunion ihrer jungen Kinder in katholischen Ländern feiern.

Buddhismus und kindliche Spiritualität

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