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Kindheit in den Lehren des Buddha

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Das Symbol des Kindes taucht selten in den Lehren des Buddha auf. Gelegentlich wird das Spiel des Kindes in einer negativen Art und Weise beschrieben. Zum Beispiel im Satta Sutra, das auch »ein Lebewesen« genannt wird (Buddha 1999), wird der Buddha gefragt: »Zu welchem Ausmaß kann man sagen, dass man ein Lebewesen ist?« Daraufhin antwortete der Buddha: »Man ist ein Lebewesen, wenn man in Leidenschaften, Verlangen und Lust an Formen, Gefühlen und Bewusstheit, d. h. mit den fünf Aggregaten, verwickelt ist.« Diese sind die fünf vorübergehenden, vergänglichen Elemente, aus denen eine Person besteht: materielle Form, Gefühle, Wahrnehmungen, Gedanken und Bewusstheit. Es kann sehr befreiend sein, wenn man die Vergänglichkeit dessen erkennt, was man als solide und permanent angesehen hat.

Um diesen Punkt zu untermauern, verwendet er den Vergleich mit dem Spiel eines Kindes:

»Es ist genauso, als ob Jungen und Mädchen mit kleinen Sandburgen spielen. Solange sie nicht frei sind von Leidenschaft, Verlangen, Liebe, Durst, Fieber und Verlangen nach diesen kleinen Sandburgen, solange haben sie Spaß mit den Sandburgen, genießen sie, schätzen sie und wollen sie besitzen. Aber wenn sie sich befreien von Leidenschaft, Verlangen, Liebe, Durst, Fieber und Verlangen nach diesen kleinen Sandburgen, dann machen sie sie kaputt, zerstreuen sie, zerstören sie mit ihren Händen oder Füßen und machen sie untauglich für weiteres Spiel.«

Der Buddha fährt fort und empfiehlt Form, Gefühle, Wahrnehmung, Gedanken und Bewusstsein zu zertrümmern, damit die Seele befreit wird.

Aber wie merkwürdig wirkt dieses Symbol heutzutage! In heutiger Zeit wird das Spiel des Kindes als wichtiger Schritt für die emotionale Entwicklung gesehen. Wenn Kinder am Strand spielen, können wir beobachten, dass die Elemente Sand und Wasser intuitiv sofort Spiel und Aufbauaktivitäten induzieren: Fast alle Kinder lieben es, Burgen, Türme und Wassergräben sowie viele andere Objekte zu bauen. Häufig beteiligen sich auch Erwachsene an diesem spontanen Treiben. Die meisten Kinder sind sehr stolz und glücklich über das, was sie mit dem Sand geschaffen haben. Es ist nicht typisch, dass sie ihre eigenen Kunstwerke zerstören. Stattdessen versuchen sie, ihre Burgen gegen die einströmende Flut zu verteidigen. Oft haben die Kinder auch die Weisheit zu sehen, dass das Meer ihre Werke langfristig wieder einnehmen wird. Die Flut, als Ausdruck der größeren Natur, nicht die Kinder selber, beendet ihr Spiel. Oft erkennen Kinder diese unvermeidlichen Veränderungen und fangen schon am nächsten Tag an, ihre Burgen und Gräben wiederaufzubauen. Manche freuen sich sogar, das Kommen und Gehen der Wellen und der Natur zu sehen, und besitzen die Weisheit, die Vergänglichkeit des Lebens darin zu erkennen.

Wiederholt zeigte der Buddha in seinen Lehrreden ambivalente, manchmal selbst hartherzige, wenig emphatische Gefühle gegenüber Kindern. Sasson erwähnt eine weitere schockierende Geschichte aus den alten Texten:

»Der Mönch Sangamanji wird von seiner Frau angesprochen, die er samt des neugeborenen Kindes vor kurzem verlassen hatte. Sie fleht ihn an, nach Hause zurückzukehren,


Abb. 12: Sandburgen bei Ebbe. Wenn die Flut kommt, werden die Burgen vom Meer weggewaschen und werden wieder zu Sand. Kinder erkennen diesen Prozess als ein Symbol der Vergänglichkeit und der Veränderung – üblicherweise zerstören sie ihre Burgen nicht selbst, sondern beobachten, wie sie weggespült werden.

aber er reagiert nicht. Daraufhin legt seine Frau das Kind vor seine Füße, in der Hoffnung, dass der Anblick des eigenen Kindes ein Gefühl der Verantwortung für die Familie wachruft. Jedoch wartet der Mönch passiv darauf, dass dieses Szenario zu Ende geht. Als die Frau endlich aufgibt und mit ihrem Kind nach Hause zurückkehrt, lobt der Buddha den Mönch für seine außergewöhnliche Zurückhaltung (und verurteilt die Frau für ihr unangemessenes Verhalten). Es ist nicht verwunderlich, dass Buddhismus als familienunfreundlich bezeichnet wurde« (Sasson 2013, S. 2–3; Zitate aus Udana 5–6).

Diese Beispiele sollten ausreichen, um zu zeigen, dass der Buddha mit diesen Ansichten heutzutage kein guter Kinderpsychotherapeut oder Familientherapeut wäre. In der heutigen Zeit würden seine Ansichten von Kindern, die er als getrieben von Instinkten und Verlangen sieht, als zu rigide und beschränkt gelten. Im Buddhismus hatten Verzicht, Entsagung und ein klösterliches Leben oft eine höhere Priorität als Familie oder die Bedürfnisse und Rechte von Kindern und Frauen. Gleichzeitig zeigen diese Beispiele, dass auch der Buddha ein Mensch mit blinden Flecken und Schwächen ist, nicht unfehlbar, sondern sehr menschlich.

Buddhismus und kindliche Spiritualität

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