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Das Symbol der Geburt in den Lehren des Buddha

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Wenn man durch das Inhaltsverzeichnis der vielen Lehrreden des Buddha schaut, taucht das Stichwort oder Symbol des Kindes nicht auf (Buddha, Connected Discourses Band 1 und 2, 2000; Middle Length Discourses 1995; Long Discourses 1995). Ist das nicht merkwürdig? Auf der hervorragenden Website mit dem Namen Access to Insight (www.accesstoinsight.org) findet sich nur eine Lehrrede, die oben erwähnte Satta Sutra mit den Sandburgen, die sich auf Kinder bezieht.

Die einzigen assoziierten Begriffe die wiederholt auftauchen sind die, die auf Geburt verweisen (in der alten Sprache Pali »Jati« genannt). Jedoch wird die Geburt nicht als ein hoffnungsvoller Anfang gesehen, sondern als ein negatives Ereignis, das unweigerlich die Folgen von Alter, Krankheit und Tod nach sich zieht. Warum wird Geburt so negativ gesehen?

Zum einen beinhaltet Geburt im buddhistischen Zusammenhang die Vorstellung von Wiedergeburt. Obwohl der Buddha selbst nicht metaphysische Fragen beantwortete oder kommentierte und den Begriff der Wiedergeburt weder bejahte noch ablehnte, ist die Wiedergeburt für viele Gläubige ein wesentlicher Aspekt der buddhistischen Religion. Wenn es das Ziel ist, Erleuchtung zu erlangen und Wiedergeburt zu vermeiden, dann ist die Geburt an sich eine Bestätigung, dass dieses hohe Ziel noch nicht erlangt wurde.

Zum anderen ist es wichtig zu verstehen, in welchem Kontext der Begriff »Geburt« verwendet wird. Ein wichtiger Aspekt der Lehren des Buddha ist der Begriff des »abhängigen Entstehens«. Der Begriff des abhängigen Entstehens besteht aus zwölf Gliedern, von denen eines als Geburt (oder »Jati«) bezeichnet wird. Es ist dabei sowohl die Geburt im wörtlichen Sinne von Geburt und Wiedergeburt wie auch im übertragenen, symbolischen und psychischen Sinne der Prozess, bei dem etwas Veränderliches in etwas Permanentes übertragen wird.

Diese Konzepte sind kognitiv sehr schwer zu verstehen, aber sie sind durch Meditation und Reflexion zugänglich. Ohne sich in Einzelheiten zu verlieren, ist die Grundaussage des Buddha, dass alle Phänomene als Folge von Bedingungen und Gegebenheiten entstehen. Alle relativen Phänomene des Lebens sind an sich nicht problematisch – sie kommen und gehen wie die Wolken und wie alle anderen sich verändernden Elemente der Natur, d. h., sie sind unbeständig. Die Schwierigkeiten entstehen dann, wenn man an etwas festhalten möchte, dass sich nicht festhalten lässt. In diesem Augenblick wird etwas zu einem Objekt, zu einer Substanz, zu etwas Festem, das dann durch die unvermeidliche symbolische Sequenz von Geburt, Altern, Krankheit und Tod läuft. In buddhistischen Lehren kann Erkenntnis diesen Prozess anhalten. Ohne Ergreifen, Festhalten und Klammern kann Leben in seiner Veränderbarkeit seinen Weg nehmen, ohne zum Problem zu werden.

Auch dies mag kognitiv schwer zu verstehen sein, jedoch erklären die Zusammenhänge, warum Geburt in buddhistischen Lehren nicht als Lösung betrachtet wird, ganz im Gegensatz zur christlichen Tradition. Während das Symbol der Geburt im Christentum für positive Hoffnung auf Erlösung und Trost steht, wird es im Buddhismus als ausweglose Zwickmühle erkannt, sofern man nicht wachsam ist und an den Objekten des Lebens festzuhalten beginnt.

Buddhismus und kindliche Spiritualität

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