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Nagarjuna

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Ein weiteres Beispiel von Geburt in buddhistischen Schriften findet sich in einem schönen Gedicht von Nagarjuna. Nagarjuna ist ein verehrter, radikaler indischer Weiser und Kommentator, der im zweiten Jahrhundert nach Christi Geburt in Indien lebte, d. h. über 600 Jahre nach dem Tod des Buddha. Mehr als das, er ist ein Dichter, der in seinen Schriften durch eine extreme Form der dialektischen Infragestellung Annahmen dekonstruiert. In seinem Gedicht mit dem Namen »Geburt« umrundete er die Grundfrage »Was ist Geburt?«, ohne Antworten zu geben, die nicht in Worte gefasst werden können (Batchelor 2000, S. 90–93).

Vier Strophen des Gedichtes »Geburt« sollen diesen Punkt illustrieren:

»Wäre Geburt konditioniert,

würde sie geboren werden, leben und sterben

wie alle konditionierten Gegenstände.

Wäre sie nicht konditioniert, wie könnte sie

konditionierte Dinge beschreiben?

Wie kann ein Kind,

das noch nicht geboren wurde,

sich selbst gebären?

Was geboren wurde,

was noch nicht geboren wurde

und was geboren wird,

gebärt sich nicht selbst.

Alles ist voneinander abhängig

und ist natürlicherweise entspannt und in Ruhe.«

Was drückt Nagarjuna in diesem Gedicht aus? Zunächst sieht man klar, dass Geburt weder idealisiert noch abgelehnt wird. Darüber hinaus dekonstruiert Nagarjuna mit einem sehr radikalen Hinterfragen das Symbol der Geburt und seine assoziierten Bedeutungen. Er weist darauf hin, dass Wahrheit nur jenseits von Worten und Namen gefunden werden kann.

Zusammengefasst wird deutlich, dass Geburt und Kindheit in den klassischen buddhistischen Texten und der traditionellen Kunst eine weniger bedeutsame Rolle spielt, als zum Beispiel im Christentum. Dies mag an der historischen Rolle von Kindern zur Zeit des Buddha liegen. Auch Buddhas eigene Biografie kann dafür verantwortlich sein, dass dem Kindesalter weniger Bedeutung zugeschrieben wird. Allerdings erfüllen die Mythen um die Geburt und Kindheit des Buddha alle Voraussetzungen für den Archetyp des göttlichen Kindes, wie wir in einem späteren Kapitel sehen werden. Im nächsten Kapitel sollen zunächst historische und soziologische Aspekte von Kindheit in asiatischen Ländern umrissen werden.

7 Für eine umfassende Darstellung der Mythologie der 37 Nats darf auf Rodrigue (1992) verwiesen werden.

Buddhismus und kindliche Spiritualität

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