Читать книгу DIE LANZE (Project 2) - Alex Lukeman - Страница 10
Kapitel 4
ОглавлениеSelena und Ronnie Peete befanden sich auf dem Schießstand im Keller des Project-Gebäudes, außerhalb von Washington. Ronnie war Navajo, auf dem Reservat geboren. Er war ein harter Kerl, aber Selena hatte auch schon erlebt, wie er ein heiliges Navajo-Ritual rezitierte, kurz bevor sie zu dritt mit Fallschirmen über dem höchsten Gebirge dieser Erde abgesprungen waren.
Er schien ihr eine seltsame Mischung. Ein Mann, der genauso selbstverständlich mit etwas Heiligem wie mit einer MP-5 umging. Er war in Nicks Aufklärungs-Einheit in Afghanistan und im Irak gewesen, und sie vermutete, auch noch an einigen anderen Orten, von denen man normalerweise nichts hörte. Hin und wieder war sie etwas eifersüchtig auf die Verbindung zwischen den beiden Männern.
Ronnie hatte breite Schultern und schmale Hüften. Er blickte aus verschlafenen braunen Augen über eine große römische Nase, kräftige Arme wölbten sich unter den kurzen Ärmeln seines Hawaiihemds. Seine Haut hatte die Farbe der Wüste an einem Sommertag, helles Braun mit leicht rotem Unterton.
Sie betrachtete ihn, während er zwei automatische 9-Millimeter-Berettas auf die Schießbank legte.
»Wie war Arizona?«, fragte sie.
»Es war großartig. Schon mal dort gewesen?«
»Monument Valley und Four Corners. Ich habe noch nie solche Farben gesehen – wie das Licht die Felsen und die Wüste zur Geltung bringt.«
Ronnie nickte. »In all der Weite kann man wunderbar die Gedanken schweifen lassen. Wenn der Regen kommt und sich die Wolken über den Heiligen Bergen zusammenziehen, ist das einer der schönsten Anblicke auf dieser Welt.«
Er griff nach seiner Brieftasche, nahm ein Bild heraus und reichte es Selena. Es zeigte eine kräftige ältere Frau vor einem niedrigen Holzgebäude mit einem Erddach. Ein tiefrotes Samtkleid, beinahe lila, reichte bis an ihre Knöchel. Um ihren Hals und an den Armen und Händen trug sie schweren Schmuck aus Silber und Türkis. Neben ihr stand ein Mann in Jeans, einem karierten Hemd und einem schwarzen Stetson mit flachem Rand und silbernem Concho-Hutband.
»Das sind meine Tante und mein Onkel. Sie sind beide traditionelle Navajo. Er ist ein Sänger.«
»Ein Sänger? Du meinst, wie Rock 'n' Roll?«
Ronnie lachte, ein tiefes Lachen aus dem Bauch. »Nein, ein Sänger ist … wie ein Arzt. Nur ist er ein Arzt, um Harmonie wiederherzustellen, kein Arzt mit Pillen. Wenn etwas Schlimmes geschieht, wie Krankheit, oder wenn du eines der traditionellen Tabus brichst, dann rufst du einen Sänger. Er hilft dir, die persönliche Harmonie wiederherzustellen. Dann fühlen sich alle besser.«
»Bist du traditionell?«
»Nein. Das sind hauptsächlich die alten Leute. Aber ich spreche die Sprache und behalte die Geschichten in Erinnerung. Schätze, dann bin ich es wohl doch, in mancher Hinsicht.«
Er verstaute das Bild und nahm sich eine der Berettas.
»Ich mag die hier nicht besonders«, sagte er. »Aber du findest sie überall, daher solltest du mit ihnen vertraut sein. Unsere Truppen haben sie und auch einige unserer Verbündeten.«
»Warum magst du sie nicht?«
»Du brauchst drei oder vier Schuss mit so einer, um jemanden umzulegen, der aufgeputscht ist und bereit, für Allah zu sterben. Nicht genug Durchschlag mit neun Millimetern. Nick mag seine H-K. Ich mag Glocks, wie die, die du hast. Die sind leicht, sind verlässlich, und sie stoppen jeden.«
Sie schossen eine Weile. Ronnie zeigte ihr, wie man die Pistole im Einsatz zerlegt, reinigt und wieder zusammensetzt. Er ließ sie üben, bis es sich vertraut für sie anfühlte. Er stoppte ihre Zeit und ließ sie ihre Geschwindigkeit steigern. Dann verband er ihr die Augen und ließ sie noch etwas mehr üben. Nach einer weiteren Stunde begann er zusammenzupacken.
»Wie lange kennst du Nick schon?«, fragte Selena.
»Acht Jahre. Wir waren zusammen beim Recon. Special Ops. Er war der beste Offizier, mit dem ich je gedient habe. Verlangte von uns nie etwas, das er nicht selbst tun würde.«
»Warst du da, als er getroffen wurde? Mit dieser Granate?«
Etwas huschte über Ronnies Gesicht, war verschwunden.
»Ja, ich war dabei. Aber darüber möchte ich eigentlich nicht sprechen.«
»Entschuldige.«
»Nein, so ist das nicht.» Er lächelte sie an. »Ich möchte nur nicht darüber sprechen.«
»Nick auch nicht«, sagte sie.
Ronnie nahm eine Pistole auf, legte sie wieder ab.
»Ist es dir ernst mit ihm?«
Selena hob eine ihrer Zielscheiben auf. Runde Löcher im Schwarzen.
»Er liebt immer noch Megan«, sagte sie.