Читать книгу DIE LANZE (Project 2) - Alex Lukeman - Страница 20

Kapitel 14

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Elizabeth Harker lehnte sich in ihrem schwarzen Lederstuhl zurück. Sie zupfte ein Papiertuch aus einer Box auf dem Tisch und hustete hinein, faltete es zusammen und warf es in den Papierkorb. Sie tippte mit ihrem Stift auf dem Tisch und dachte über Nick nach.

Zwei Tage vor Ort und er steckte bereits bis zum Hals im Wahnsinn des Mittleren Ostens. Es war geradezu unheimlich, wie er den Ärger anzog. Sie nippte an dem Kaffee, den sie sich zubereitet hatte und gab noch mehr Zucker in die Tasse. Sie bekam einen Hustenanfall, verschüttete dabei fast den Kaffee. Sie wartete, bis es vorbei war, tupfte ihre Lippen mit einem Papiertuch ab. Sie kramte einen Inhalator aus ihrer Handtasche und atmete einmal tief ein.

Elizabeth war seit Nicks Anruf wach gewesen und hatte in Gedanken verschiedenste Möglichkeiten durchgespielt. Sie hatte keinen Grund gehabt zu glauben, dass jemand Arslanian töten würde. Sie hatte keinen Grund gehabt zu glauben, dass jemand versuchen würde, Nick vom Spielfeld zu räumen. Jemand hatte um jeden Preis verhindern wollen, dass Arslanian mit Nick oder sonst irgendwem sprechen würde.

Ihre Intuition machte sich bemerkbar, verlangte nach Aufmerksamkeit. Das war etwas, worüber sie nicht sprach – Intuition. Ihre männlichen Kollegen würden mit den Augen rollen, wenn sie wüssten, wie sie agierte. Manchmal fühlte sie sich wie eine moderne Kassandra, die vor kommenden Katastrophen und Leid warnte.

Etwas stimmte absolut nicht.

Ihr Telefon klingelte.

»Direktor, Stephanie hier. General Hood liegt im Walter Reed. Er hatte letzte Nacht einen Schlaganfall.«

Stephanie Willits war Elizabeths Stellvertreterin und rechte Hand. General Hood war Direktor der Nationalen Sicherheitsbehörde und Elizabeths Verbündeter.

»Wie ist die Prognose?«

»Es sieht nicht gut aus. Er wird nicht in der Lage sein, die NSA weiter zu führen. Laut meinen Quellen wird General Dysart seine Nachfolge antreten.«

»Wo sind Sie gerade, Steph?«

»Auf der Umgehungsstraße, auf dem Weg ins Büro. Der Verkehr ist wie immer furchtbar. Bin in etwa dreißig Minuten da.«

»Danke für die Vorwarnung. Stellen Sie sich schon mal auf einen langen Tag ein.«

»Geht klar, Direktor. Bis gleich.«

Elizabeth legte auf.

Der Direktor der NSA war einer der wenigen, die vom Project wussten. Eine ihrer Aufgaben war es, kritische Warnmeldungen der NSA an den Präsidenten zu überprüfen. Sie hatte ein gutes Arbeitsverhältnis mit General Hood gehabt. Das hatte die Dinge wesentlich einfacher gemacht. Jetzt war er aus dem Spiel.

Elizabeth kannte Dysart und sie mochte ihn nicht. Er war ein Pentagon Power Player, konservativ und militant, mit einigen wichtigen Kongressabgeordneten verbündet. Er war schlau, das ließ sie ihm. Er war aber auch ein Kontrollfreak und herablassend, abweisend gegenüber Frauen und anderen, die er als ihm unterlegen ansah. Der weltgrößte Geheimdienst war im Begriff, unter seine Kontrolle zu geraten. Der Tag war soeben um einiges schlimmer geworden.

Das gesicherte Telefon auf ihrem Schreibtisch klingelte. Sie nahm ab und verbarg ihre Überraschung bezüglich der Stimme am anderen Ende der Leitung.

»Direktor Harker, hier ist General Dysart. General Hood ist schwer erkrankt und ich wurde angewiesen, seine Aufgaben zu übernehmen. Ich habe seine Unterlagen durchgesehen und wollte mich bei Ihnen melden. Sie scheinen sich einer ungewöhnlichen Beziehung mit ihm erfreut zu haben.«

Elizabeth hielt ihre Stimme neutral. »Es tut mir leid zu hören, dass er erkrankt ist. General Hood war immer hilfsbereit gewesen.«

»Ich rufe an, um Ihnen einen gut gemeinten Ratschlag zu geben. Sie führen momentan eine Mission in Israel durch.« Es war keine Frage.

Ihre Intuition schlug Alarm. Wie hatte Dysart herausgefunden, dass Nick in Jerusalem war? Keiner außerhalb des Teams hätte davon wissen sollen. Hood hatte es nicht gewusst. Noch nicht mal der Präsident wusste bis jetzt davon. Dysart fuhr fort.

»Ich glaube, es ist in Ihrem Interesse, Ihren Agenten zurückzurufen. Ich habe mit Lodge gesprochen, drüben in Langley. Mir ist bewusst, dass Sie die Interessen des Präsidenten abwägen müssen, aber es ist für mehr als genug Sicherheitsmaßnahmen gesorgt. Sie treten anderen auf die Füße, Direktor. Ich dachte nur, ich lasse Sie das wissen.«

Der Direktor des CIA war eine weitere Person auf der kurzen Liste, die von ihrer Einheit wussten. Elizabeth traute Lodge etwa so weit, wie sie das Pentagon über den Potomac werfen konnte.

Dysart war höchstens seit ein paar Stunden für die NSA verantwortlich. Er sollte wichtigere Dinge zu tun haben. Aber dennoch hatte er ihr soeben den »Rat« gegeben, eine sensible Geheimoperation, die möglicherweise die Sicherheit des Präsidenten beeinflussen könnte, zu beenden. Ihre Intuition schwenkte eine rote Fahne.

»Natürlich möchte ich niemandem auf die Füße treten«, sagte sie mit ihrer besten kleines-Mäuschen-Stimme. Die Stimme funktionierte fast immer. Sie gebrauchte sie nur, wenn sie jemandem weismachen wollte, dass sie gefügig war, aber gefügig war kein wichtiges Wort in Elizabeths Vokabular. Sie würde Dysart nicht wissen lassen, was sie dachte.

»Vielen Dank für den Anruf, General. Ich werde Ihren Rat in Erwägung ziehen.«

»Gut. Sie haben in der Vergangenheit hervorragende Arbeit für die NSA geleistet, Direktor. Ich bin mir sicher, wir werden auch in Zukunft gut zusammenarbeiten können.«

Dysart klang versöhnlich, aber Elizabeth wusste es besser. Sie war nicht so weit gekommen, ohne einen ausgeprägten Sinn dafür entwickelt zu haben, wann sie vorgeführt wurde. Dysart hatte keinerlei Absicht, mit ihr gut zusammen zu arbeiten. Er beendete das Gespräch.

Sie legte den Hörer auf. Warum wollte Dysart Nick aus Israel holen? Sie glaubte nicht einen einzigen Augenblick, dass es wegen irgendwelcher Befindlichkeiten in Langley war.

Hin und wieder erinnerte sie sich an Dinge, die ihr Vater, der Richter, ihr gesagt hatte. Jetzt erinnerte sie sich an ein Ereignis, als sie siebzehn war. Eine Lehrerin hatte ihr vorgeworfen, betrogen zu haben und sie mit der Blamage nach Hause geschickt.

Der Richter hatte ihr am Küchentisch gegenübergesessen, gekleidet in einen alten Pullover und Jeans, ein großes Glas Bourbon und Eis neben sich. Ihre Mutter war zum Einkaufen in der Stadt gewesen. Der Richter hatte sich einen seltenen freien Tag außerhalb seiner Büroräume im County Gerichtsgebäude genommen.

Draußen war der Schnee beinahe verschwunden. Der Frühling hatte die westlichen Hänge der Rockies erreicht und überall leuchteten die Farben. Lilafarbene Krokusse, gelbe Narzissen und grüne Triebe schauten durch die verbleibenden Schneeflecken. Auch an den Zitterpappeln im Vorgarten waren schon grüne Blättchen erschienen. Für Elizabeth war der Frühling allerdings durch Zorn gefärbt.

»Das ist nicht fair«, hatte sie gesagt.

»Nein, ist es nicht. Was denkst du, solltest du dagegen tun?«

»Kannst du nicht irgendwas machen?«

»Nicht wirklich. Das muss zwischen dir und deiner Lehrerin geklärt werden.«

»Aber sie will gar nichts klären. Sie ist gemein, und sie ist dumm.«

»Wenn das stimmt, dann musst du dein Verhältnis zu ihr überdenken. Sie ist die Lehrerin, sie hat die Macht. Aber nur, wenn du sie an sie abgibst. Du bist diejenige, die tatsächlich die Macht über dich selbst hat. Du weißt, du hast nicht betrogen, egal was sie denkt. Wer ist im Recht, sie oder du?«

Elizabeth musste ungewollt lächeln. »Ich bin es.«

»Wenn ich du wäre, dann würde ich das als Erfahrung abtun, wie Menschen bisweilen anstrengend, unfair und falschgeleitet sein können. Du wirst in ein paar Monaten deinen Abschluss machen. Du wirst aufs College gehen und sie wird nichts tun oder sagen können, um dich dann noch zu beeinflussen. Plane deine nächsten Schritte, lass sie in der Vergangenheit zurück. Du kannst Menschen nicht ändern. Sie sind wie sie sind.«

Sie sind wie sie sind. Du kannst sie nicht ändern. Plane deine nächsten Schritte. Die Worte des Richters klangen in ihrem Kopf. Er hatte recht. Sie würde abwarten müssen, was Dysart tun würde. Sie musste sich vorbereiten, für den Fall, dass er sich als Problem herausstellen sollte.

Wie auch immer er herausgefunden hatte, dass Nick in Israel war, das Project war kompromittiert. Elizabeth hatte einen Notfallplan für diese Eventualität. Sie hatte noch nie auf ihn zurückgreifen müssen.

Sie nahm ihr Satellitentelefon und schickte eine kurze, vorprogrammierte Nachricht. Ein geheimer Verschlüsselungschip zerlegte die Nachricht in unentzifferbare Segmente, die auf Empfängerseite von einem entsprechenden Chip wieder zusammengesetzt wurden. Selbst wenn sie abgefangen würde, in den falschen Händen hätte die Nachricht keinerlei Bedeutung.

Alpha Red. 3P.FC.XG.E5.

DIE LANZE (Project 2)

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