Читать книгу DIE LANZE (Project 2) - Alex Lukeman - Страница 11
Kapitel 5
ОглавлениеZurück in ihrem Zimmer im Mayflower zog Selena einen gelben Sport-BH und eine Trainingshose an. Sie zog noch ein leichtes T-Shirt an, um ihr Holster zu verbergen, sowie ein Paar Laufschuhe. Erste Regel beim Project: Gehe niemals irgendwo ohne deine Waffe hin. Zeit, laufen zu gehen, ins Fitnessstudio, den Kopf freizubekommen.
Sie verließ das Gebäude in Richtung DuPont Circle. Den blonden Mann auf der anderen Straßenseite, der mit einem Teleobjektiv Bilder von ihr machte, bemerkte sie nicht. Sie joggte entlang der gefüllten Straßen, schlängelte sich durch das Gedränge, ihre Füße hämmerten auf den Gehweg, der Schweiß begann zu fließen, sie wartete auf die Erschöpfung. Sie lief, kehrte um, verlangsamte, erreichte das Studio. Sie ging hinein.
Es war kühl, dank der Klimaanlage. Filter bemühten sich, die Gerüche von Testosteron und Schweiß zu beseitigen. Es lag trotzdem ein leichter saurer Geruch von Deodorant und Schimmel in der Luft. Sie ging hinüber zu dem schweren feststehenden Boxsack. Sie hielt einen Moment inne, schloss ihre Augen und sammelte sich, wie sie es gelernt hatte. Sie öffnete ihre Augen und begann, auf den Boxsack einzuschlagen. Schnelle, kurze Gerade, mit steigender Geschwindigkeit, bis ihre Arme wie die Kolben eines Motors fast nur noch als verschwommene Bewegung wahrzunehmen waren. Wie eine Kobra, die zuschnappt. Oder welche Schlange auch immer so schnell war, dass man ihren Angriff kaum sehen konnte und die einen ausgeschaltet hatte, bevor man überhaupt wusste, was geschehen war.
Sie begann, Sidekicks anzubringen. Gerades Bein, gestreckte Ferse, so balanciert, dass sich die gesamte Kraft ihres Körpers entlang der Knochen in den Sandsack übertrug. Der massive Sack schwankte und erbebte mit jedem Tritt.
Sie dachte an Nick. Sie liebte seinen harten, vernarbten Körper, die Art wie er sie nahm. Aber er entspannte sich niemals, nicht einmal nachdem sie miteinander geschlafen hatten. Er verhielt sich immer so, als erwartete er, etwas würde ihn anspringen. Er hörte nie auf, sich umzusehen, zu beobachten. Seine grauen Augen waren in ständiger Bewegung. Er saß nie mit dem Rücken zu einer Tür oder einem Fenster. Er bewegte sich immer weg von Mauern. Er trug immer eine Pistole bei sich.
Sie tat das nun auch. Sie fühlte, wie sich die harte Form gegen ihre Hüfte bewegte.
Zum Teufel mit ihm. Die Wut ihrer Tritte nahm zu. Sie zwang sich, langsamer zu werden, sich zu konzentrieren. Mit Nick zusammen zu sein war, als wäre man mit zwei oder drei unterschiedlichen Menschen zusammen. Er war unglaublich launisch. Er bekam Kopfschmerzen und manchmal hatte er einen weit entrückten Ausdruck in seinen Augen, als sei niemand zu Hause. Beziehung, im Sinne einer richtigen Beziehung mit einer Frau, war ein fremdartiges Konzept für ihn. Zumindest soweit es sie betraf.
Dann waren da diese Albträume. Sie hatte ihn danach gefragt. Er träumte von Afghanistan, wo ein Kind eine Granate warf, die ihn fast tötete.
Er träumte von Dingen, die noch nicht geschehen waren. Es war etwas, das er durch seine Gene vererbt bekommen hatte. Manchmal wurden die Träume wahr, allerdings nicht immer so, wie er es vermutete. Es war seltsam, mehr als seltsam, unheimlich.
Er träumte von seiner verstorbenen Verlobten. Manchmal, wenn sie im Bett waren, fühlte sie sich, als sei dort eine dritte Person mit ihnen. Megan. Alles, was Selena wirklich von ihr wusste, war ihr Name.
Dreißig Minuten später war sie zurück in ihren Räumen. Sie zog ihre verschwitzte Kleidung aus und ging zum Bad. Sie stand unter der Dusche und ließ das heiße Wasser an sich hinunterlaufen. Sie hob ihr Gesicht und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, während ihr das Wasser auf die Brüste prasselte.
Sie stieg aus der Dusche und trocknete sich ab. Während sie nackt im Raum stand, begutachtete sie ihren Körper. Eins-siebenundsiebzig, straffe dreiundsechzig Kilo. Dieses anorexische Ding war nichts für sie. Sie arbeitete hart daran, in Form zu bleiben. Das ermöglichte es ihr, Dinge zu tun, die das Leben interessant machten, wie Fallschirmspringen, Tauchen und ihre Kampfkünste.
Sie schaute in den Spiegel, berührte ihr Gesicht, die hohen Wangenknochen, strich sich eine Haarsträhne von der Stirn. Sie schaltete den Föhn ein und dachte über das Project nach, während sie ihr Haar verstrubbelte.
Bevor sie Harker getroffen hatte, konsultierte sie bei der NSA und arbeitete in akademischen Kreisen. Sie war eine Weltklasse-Expertin für altertümliche und orientalische Sprachen. Sie war eine mehr als vollendete Kampfsportlerin. Sie war reich. Sie konnte aus Flugzeugen abspringen und die Mitte einer Zielscheibe aus 45 Metern Entfernung mit der Pistole treffen. Sie konnte die meisten Männer fertigmachen. Sie konnte so gut wie alles tun, was sie nur wollte. Und sie war gelangweilt.
Vor dem Project war das Leben vorhersehbar gewesen. Eine Lesung. Eine Konsultationsaufgabe. Eine Übersetzung. Dann hatte sie Nick getroffen, und Elizabeth Harker, und plötzlich fand sie sich in einer Welt wieder, in der Leute versuchten, sie umzubringen.
Jetzt war sie ein Teil des Teams. Jetzt hatte sie stets eine Glock in einem Schnellzugholster anstelle eines Stiftes dabei. Sie schlief mit Nick und fragte sich, wo zur Hölle das hinführen sollte, oder ob es überhaupt irgendwo hinführen würde. Ihr Leben war auf den Kopf gestellt worden.
Sie schaute in den Spiegel und lächelte. Zumindest war es nicht langweilig.