Читать книгу DIE SIEBTE SÄULE (Project 3) - Alex Lukeman - Страница 11
Kapitel 6
ОглавлениеSie nahmen einen Charterflug nach Bamako, der Hauptstadt von Mali und von dort aus einen Anschlussflug nach Timbuktu. Stephanie hatte alles geregelt. Ihre Pistolen würden bereits im Hotel auf sie warten. Carter trug Jeans und ein kurzärmeliges, kariertes Hemd, eine Baseballmütze und Ray Bans. Er hatte einen dichten, schwarzen Vollbart, der ihn wie einen Soldaten auf den alten Bildern aus dem amerikanischen Bürgerkrieg aussehen ließ. Niemand würde ihn so erkennen. Seinem Reisepass nach hieß er John Depp. Selena reiste unter ihrem richtigen Namen. Vor sechshundert Jahren war Timbuktu das Tor zur westlichen Sahara gewesen, die Hauptstadt eines Imperiums. Jetzt war es ein von Schmeißfliegen verseuchter Schatten seiner selbst, von Dürre, Armut, Hitze und der sich stetig ausdehnenden Wüste geplagt. Abgesehen von Abenteuerurlaubern und Islamschülern machte jeder einen weiten Bogen um diesen Ort. Mit jedem Jahr rückten die Sanddünen der Sahara ein bisschen näher. Eines Tages würde die Stadt darunter verschwinden. Soweit das Carter von der Luft aus beurteilen konnte, wäre das kein großer Verlust. Im Landeanflug hatten sie das ausgebrannte Wrack eines zweimotorigen Frachtflugzeugs passiert, nicht weit vom Ende des Flugfelds. Das brachte bei ihm schlimme Erinnerungen zurück, doch er schob sie beiseite. Als sie aus dem Gate kamen, wurden sie von zwei mit M-16 bewaffneten Männern in Polizeiuniform aufgehalten.
»Depp? Connor?«
»Ja.«
»Folgen Sie uns.«
Selena und Nick tauschten Blicke aus. »Wohin?«, fragte Carter.
»Hier entlang. Jemand wünscht sie zu sprechen.« Die beiden Polizisten führten sie zu einer Tür, die in großen Buchstaben die Aufschrift Flughafensicherheit trug, und klopften an.
Eine tiefe Stimme antwortete. »Herein.«
Die Stimme gehörte zu einem großen, massigen Mann, dessen Haut die Farbe dunkler Schokolade hatte. Er saß hinter einem breiten Schreibtisch. Er schwitzte. Der Schweiß bedeckte sein breites Gesicht und lief ihm in den Kragen seines Hemdes. Der schwitzende Mann informierte sie mit sichtlicher Befriedigung, dass sein Name Oberst Samake war. Er trug einen weiten, braunen Anzug, der trotzdem über seinem mächtigen Körper spannte. Seine Hände waren riesig, breit und kraftvoll. Er deutete auf zwei Holzstühle. »Setzen Sie sich doch.«
Sie setzten sich. Sand knirschte unter Carters Stiefeln. Ein kleiner Ventilator ließ die Papiere auf Samakes Schreibtisch flattern. Gegen die erdrückende Hitze war er allerdings machtlos. Carter hielt den Mann für einen Wachhund des Geheimdienstes aus Bamako. Die beiden Polizeibeamten blieben an der Tür stehen. Sie wirkten nervös, als ob sie sich nicht wohl in ihrer Haut fühlten.
»Ich möchte Sie in meinem Land willkommen heißen, Dr. Connor. Sind Sie hier, um Ihre Forschungen bei uns am Institut fortzusetzen?« Samakes Stimme war tief und voll, überraschend sanft für einen so großen Mann.
»Ja, Herr Oberst. Für einen Vortrag bei der Internationalen Islamkonferenz in Istanbul.«
»Die Konferenz ist doch erst in zwei Jahren.«
»Die Vorbereitungen sind oft langwierig.«
Carter hörte einfach zu. Das war mehr als ein Willkommenskomitee.
»Wie lange wollen Sie bleiben?« Samake lächelte und zeigte dabei breite, weiße Zähne.
»Schwer zu sagen. Eine Woche vielleicht. Wir wollten uns auch ein wenig in Ihrem Land umsehen. Ich war bisher noch nie in Mali.« Ein wenig Small Talk.
»Und Mr. Depp? Ist er Ihr Assistent?«
»Ja. Er hilft mir dabei, meine Forschungsunterlagen zu organisieren und kümmert sich um die Reisevorbereitungen, die Unterkunft und solche Dinge.« Sie wandte sich Nick zu. »Nicht wahr, Johnnie?«
Nick sah nach unten. »Natürlich, Doktor.«
Sie wandte den Blick ab, noch bevor er den Satz beendet hatte. Herablassend. Nick bewunderte ihr Schauspieltalent. Er war nur ein Lakai unter der Fuchtel einer Frau. Keine Bedrohung für Samake oder sonst jemanden. Beinahe hätte Nick gelächelt.
»Herr Oberst, es ist wirklich sehr freundlich von Ihnen, uns persönlich zu begrüßen.« Selena massierte das Ego des Mannes. Flirtete beinahe mit ihm.
Samake faltete seine großen Hände vor sich auf dem Tisch und lehnte sich zu ihr. Sein Gesichtsausdruck wirkte ehrlich. Ein guter Freund, der nur einen Ratschlag gibt. Schwachsinn, dachte Carter bei sich.
»Ich muss Sie darauf hinweisen, dass Sie den Norden meiden sollten, wenn Sie mit dem Gedanken spielen, Timbuktu zu verlassen.«
»Wieso das?«
»Es gibt vorübergehend Schwierigkeiten mit Banditen in dieser Gegend. Es ist für Ausländer dort nicht sicher. Es wäre doch eine Schande, wenn einer so bekannten Besucherin bei uns etwas zustoßen würde.«
Carter traute seinen Ohren nicht. Es war eine kaum verhüllte Drohung. Bei normalen Touristen hätte das vielleicht nach einer freundlichen Warnung geklungen. Für sie aber war die Nachricht klar und deutlich: Geht nicht in den Norden!