Читать книгу DIE SIEBTE SÄULE (Project 3) - Alex Lukeman - Страница 8
Kapitel 3
ОглавлениеUnter der gnadenlosen Sonne Afrikas hockten Ronnie Peete und Lamont Cameron in einem mitgenommenen, blauen Toyota Pick-up. Die Temperatur lag über 40 Grad im Schatten und die Türgriffe waren heiß genug, um sich daran die Finger zu verbrennen. Ronnie schien die Hitze nichts auszumachen, doch über Lamonts braune Züge rann der Schweiß. Das Rinnsal folgte der Linie aus Narbengewebe, die quer über sein Auge und seinen Nasenrücken reichte, und tropfte auf seinen sandfarbenen Burnus. Es sah zu seinem Partner hinüber. »Wie kommt es, dass du nicht schwitzt?«
»Das ist doch nicht heiß. Du solltest mal eine Schwitzhütte ausprobieren. Da drin ist es heiß.«
Ronnie war ein Navajo und in einem Reservat aufgewachsen, bevor er zu den Marines ging. Er war bei der Aufklärung gewesen, in derselben Einheit wie Nick. »Eine Schwitzhüttenzeremonie geht über drei Tage«, erklärte er. »Klar, wir konnten dann und wann rausgehen und uns abkühlen.«
»Kennst du auch eine Schattenzeremonie?«
Ronnie grinste.
Lamont hob sein Fernglas. »Da tut sich was.« Er konzentrierte sich auf einen niedrigen, zweistöckigen Betonbau mit Flachdach, der von einem mit Stacheldraht gekrönten Drahtzaun umgeben war. Er sah kahl, schmutzig und langweilig aus. Lamont gab das Fernglas weiter. »Sie laden etwas in den Lastwagen.«
Der Lastwagen war gestern aufgetaucht, zusammen mit einem Kerl mit weißem Vollbart und grünem Turban, der sich mit bewaffneten Wachen umgab. Lamont hatte drei schnelle Fotos gemacht und sie an Stephanie geschickt. Der Laster sah aus wie viele tausend andere Lastwagen in Afrika. Man nutzte sie, um so ziemlich alles zu transportieren, von Ziegen bis zu Soldaten. Er hatte keine besonderen Kennzeichen, aber die Nummernschilder stammten aus dem Sudan. Da sie sich direkt außerhalb von Khartoum befanden, war das keine große Überraschung. Fünf bärtige Männer mit AK-47-Sturmgewehren standen in der Nähe und wirkten angespannt. Zwei weitere hoben einen olivfarbenen Metallcontainer von der Größe einer Seekiste zu jemandem im Inneren des Lastwagens hinauf. Zwei weiße Toyota Pick-ups mit fest montierten Degtjarjov-MGs warteten in der Nähe. Die russischen Waffen waren in diesem Teil der Welt ziemlich populär. Das Gebäude ähnelte einer der Chemiefabriken, die das US-Militär hier vor Jahren bombardiert hatte. Dort wurde damals VX produziert, ein tödliches Nervengas, das aus Pestiziden synthetisiert wurde. Die ausgebombte Ruine war in Khartoum zu einer Touristenattraktion geworden. Vielleicht produzierte wieder irgendjemand VX. Deshalb brieten Ronnie und Lamont jetzt in der afrikanischen Sonne: Um herauszufinden, ob etwas an der Sache dran war.
»Sie gehen sehr behutsam mit dieser Kiste um. Als würden sie rohe Eier transportieren.« Ronnie justierte sein Fernglas. Das Sonnenlicht reflektierte von den Linsen und tanzte über die Frontscheibe. Ronnie fluchte lautlos. Jemand zeigte in ihre Richtung. Bei den Pick-ups entstand hektische Aktivität. »Scheiße, wir sind aufgeflogen. Zeit zu verschwinden.«
Lamont startete den Motor. Er wendete, fädelte auf die Straße nach Khartoum ein und trat das Gaspedal durch. Ronnie wandte sich um und sah, dass die bewaffneten Pick-ups ihnen folgten. Ihr Toyota raste durch die Ausläufer von Khartoum. Die Verfolger näherten sich und die Schützen an den MGs eröffneten das Feuer. Kaum, dass die ersten Schüsse fielen, rannten die Anwohner in Deckung und die breite Straße leerte sich. Jeder im Sudan kannte das Geräusch von Gewehrfeuer.
Lamont und Ronnie duckten sich. Das Heckfenster explodierte in einem Hagel aus Glassplittern. Kugeln durchlöcherten die Frontscheibe, ließen den Staub um sie herum hochspritzen und schlugen in die weißgekalkten Wände der umliegenden Gebäude ein. Ein paar Geschosse prallten vom Kabinendach ab. Es klang, als schlüge jemand mit einem Hammer auf den Stahl. Hinten auf der Ladefläche, unter einer Segeltuchplane, lag ein Granatwerfer. Aber da hinten nützte er ihnen nichts. Ronnie stieß seine Tür auf. »Ich schnapp' mir den Granatwerfer.« Er kletterte nach draußen und hielt sich am Dachrahmen fest, wo eben noch das Heckfenster gewesen war. Glassplitter schnitten in seine Handfläche. Er fluchte, schwang ein Bein über die Ladekante und rollte sich auf die Ladefläche. Er kroch zu dem Granatwerfer und schlug die Plane beiseite. Sie wurde vom Fahrtwind erfasst und landete auf der Straße hinter ihnen. Er öffnete die Transportkiste, holte das lange Abschussrohr heraus und lud die erste Granate.
Einer der Schützen zielte auf ihre Hinterreifen. Sie zerplatzten mit hörbarem Knall und verwandelten sich in verbogene Felgen und zerfetztes Gummi. Lamont rang mit der Lenkung des Pick-ups. Ronnie kam hoch, kniete sich hin und feuerte. Die Granate zog eine Rauchspur hinter sich her. Er spürte den heißen Wind der Schüsse, die ihn verfehlten und die Kabine trafen. Lamont schrie auf. Das vordere der sie verfolgenden Fahrzeuge verschwand in einem Feuerball. Der zweite Pick-up passierte das brennende Wrack. Das charakteristische Hämmern des russischen MGs hallte von den umliegenden Hauswänden wider. Ronnies zweite Granate zerfetzte den Pick-up, nachdem sie dessen Frontscheibe durchschlagen hatte. Der Wagen wurde von der Straße gehoben, kippte um und explodierte dann. Ihr eigener Wagen geriet ins Schleudern, rammte seitlich eines der Gebäude und schrammte an der Außenwand entlang, bis er schließlich zum Stehen kam.
Ronnie sprang von der Ladefläche, öffnete die Fahrertür und zog Lamont hinter dem Lenkrad hervor. Seine Schutzweste hatte zwei der Kugeln aufgehalten. Eine dritte hatte seinen Arm getroffen. Blut durchtränkte seinen Burnus. Seine braunen Züge hatten jetzt die Farbe von dünnem Milchkaffee und waren schmerzverzerrt. Er drückte den verletzten Arm gegen seinen Körper. Dünne Flammen züngelten unter der Motorhaube ihres Pick-ups hervor. Jetzt, wo die Schießerei vorbei war, kamen die Anwohner wieder aus ihren Häusern und Geschäften.
Lamont hatte die Hautfarbe eines Äthiopiers, aber blaue Augen. Ronnie hatte indianische Züge. Sie trugen einheimische Kopfbedeckungen, Umhänge und hatten Bärte. Sie gingen nicht als Sudanesen durch, aber niemand würde sie für Amerikaner halten. Ronnie zog seine Pistole, um unnütze Diskussionen zu vermeiden. Niemand sprach sie an. Sie rannten die Straße hinunter und verschwanden in einem Labyrinth aus Hinterhöfen und schmalen Gassen, das sich zwischen den Häuserzeilen erstreckte. Hinter ihnen ging der Wagen in Flammen auf und schickte eine schwarze Rauchsäule in den wolkenlosen Himmel.
Ronnie hielt in einer menschenleeren Seitenstraße an. Ein dünner Strahl Sonnenlicht fiel zwischen den schmutzfarbenen Wänden herab. Er schnitt Lamonts Ärmel auf. Über dem Ellbogen zeigte sich ein gesplitterter Knochen, wo die Kugel den Arm durchschlagen hatte.
»Wie schlimm sieht's aus?« Lamonts Stimme war ganz rau vor Schmerz.
»Nicht gut. Muss die Blutung stoppen. Das wird wehtun.« Ronnie schnitt Streifen aus seinem Burnus und verband die Wunde. Er improvisierte eine Schlinge. Lamont biss die Zähne zusammen. Ronnie behielt die Straße im Auge und drückte eine der Tasten an seinem Telefon. Der Anruf konnte zwar abgehört werden, aber ohne den richtigen Chip am anderen Ende konnte man nichts verstehen.
Es entstand eine kurze Verzögerung, als der Anruf über den Satelliten weitergeleitet wurde. Stephanie antwortete. »Ja, Ronnie?«
»Wir haben ein Problem. Wurden von zwei Fahrzeugen verfolgt. Haben uns um sie gekümmert, aber unser Wagen ist im Eimer. Lamont hat eine Kugel abbekommen. Ich bin nur leicht verletzt.« Er sah auf seine blutige Hand hinunter. »Holt uns hier raus. Lamont muss sofort in ein Krankenhaus.«
»Geht zum sicheren Haus. Wir evakuieren euch von dort.«
»Sie haben etwas auf einen Siebeneinhalbtonner geladen. Wir haben den Laster letzte Nacht verwanzt.«
»Wir werden sie orten. Ruft wieder an, wenn ihr in Sicherheit seid.«
»Geht klar.« Ronnie legte das Telefon beiseite.