Читать книгу DIE SIEBTE SÄULE (Project 3) - Alex Lukeman - Страница 9
Kapitel 4
ОглавлениеAm folgenden Tag trafen sich Nick und Selena mit Stephanie in ihrem Büro. Ronnie und Lamont befanden sich mittlerweile auf einem Flugzeugträger der US-Navy, zweihundert Meilen vor der Küste. Wegen der Evakuierung aus Khartoum schuldeten sie der CIA jetzt einen Gefallen. Das PROJECT hatte kein Personal rund um den Globus. Langley schon. Zu Nicks großer Überraschung hatten sie kooperiert. Carter war erleichtert, dass sich sein Team jetzt in Sicherheit befand, aber er wusste auch, dass Langley eine Gegenleistung fordern würde.
Es gab eine neue Entwicklung, aber sie war nicht gut. Stephanie brachte sie auf den neuesten Stand. »Senator Randolph wurde ermordet. Drei Agenten des Secret Service befanden sich bei ihm. Auch sie sind tot, ebenso seine Frau und ihr Hund. Sie fanden ein Symbol bei seiner Leiche, das dem von London glich. Der Präsident hat mich angerufen und erwartet Antworten.«
Randolph war einer der führenden Gegenkandidaten von Präsident Rice in den kommenden Wahlen gewesen. Er hatte sich für eine vorbeugende Militärintervention im Iran ausgesprochen und gegen jeden anderen, der sich Nuklearwaffen verschaffen wollte. Also hatte gerade jemand einen Anschlag auf den Mann verübt, der der nächste Präsident der USA hätte werden können. Nick sprach nur aus, was sie alle bereits wussten: »Es ist wahrscheinlich, dass man wegen des Symbols eine Verbindung zu den Schiiten erwarten würde. Randolph wollte harte Sanktionen gegen Teheran. Genau wie der britische Außenminister. Jeder wird annehmen, dass der Iran hinter den Attentaten steckt.«
»Vielleicht entspricht das ja der Wahrheit.« Stephanie trommelte mit den Fingern auf ihren Schenkel.
»Das ergibt doch keinen Sinn, Steph. Warum sollten die Iraner ihre Beteiligung öffentlich bekanntgeben? Das ist doch gar nicht ihr Stil.«
»Die öffentliche Meinung wird das für uns entscheiden. Das ist Sache der Politik, das weißt du genau. Man sucht nach einem Schuldigen. Wenn erst jemand die Verbindung herstellt, könnte das Krieg bedeuten.«
»Ich glaube nicht, dass es Teheran war«, sagte Selena. Sie hielt das Foto des Symbols hoch. »Ich habe mich daran erinnert, wo ich es schon einmal gesehen habe. Kaum zu glauben, dass es jetzt wieder auftaucht.«
»Was meinst du damit?« Carter war ungeduldig.
»Es ist das Zeichen des Geheimbundes der Hashashin. Davon leitet sich das Wort Assassine ab. Sie waren eine schiitische Sekte, die vor siebenhundert Jahren einfach verschwand.«
»Waren das die Typen, die Haschisch rauchten und dann dachten, sie wären schon im Paradies?«
»Genau.«
»Lass mich raten«, sagte Nick. »Sie kamen aus dem Iran.«
»Wieder richtig. Nur hieß er da noch Persien. Sie hatten eine Festung im Nordwesten des heutigen Iran, an einem Ort namens Alamut. Diese Festung steht noch immer, wurde aber im 13. Jahrhundert von den Mongolen erobert.«
»Was geschah mit ihnen? Du hast gesagt, sie seien einfach verschwunden.«
»Sie glaubten an eine Herrschaftsfolge geheimer Imame und durchliefen einen Prozess, den sie selbst Auflösung nannten. Sie gingen in den Untergrund, bis ihre Imame sie wieder zum Kampf riefen. Aber das sollte angeblich erst geschehen, wenn Gott ihnen ein Zeichen schickt.«
»Und was für eine Art Zeichen wäre das?«
»Da müsste ich raten. Ich nehme an, sie werden es wissen, wenn sie es sehen.«
»Vielleicht haben sie ihr Zeichen bereits erhalten. Vielleicht sind sie wieder da.«
»Du denkst, dass es diesen Kult immer noch gibt?«, fragte Steph.
»Es ist ihr Symbol«, antwortete Selena achselzuckend. »Und der Dolch war ihre bevorzugte Waffe, auch wenn sie hin und wieder Gift einsetzten. Sie wurden von frühester Kindheit an in jeder Art des Tötens ausgebildet. Stell sie dir als muslimische Ninjas vor, dann bekommst du den richtigen Eindruck. Sie waren Fanatiker, eine kleine, isolierte Sekte innerhalb der Schiiten. Sie glaubten, dass sie der einzig richtigen Interpretation von Mohammeds Lehren folgten.«
»Wie viele von ihnen gab es?«
»Das weiß niemand.«
Carter rieb seine pochenden Schläfen.
»Sie können unmöglich noch existieren«, sagte Stephanie. »Ich denke da an die Lehren von Sherlock Holmes.«
»Das hier ist kein Spielfilm, Steph.«
»Sei kein Idiot, Nick. Holmes sagte, dass wenn alle denkbaren Möglichkeiten eliminiert wurden, nur das Unmögliche übrig bleibt. Oder so ähnlich. Wenn es wirklich diese Assassinen sind, dann existieren sie in der modernen Welt, obwohl jeder das für unmöglich halten würde.«
»Wenn sie noch existieren und sich jahrhundertelang versteckt haben, dann sind sie darin vermutlich ziemlich gut. Wie sollen wir sie finden?«
Selena runzelte die Stirn. »Wir brauchen mehr Informationen. Und ich weiß, wo wir anfangen könnten.«
»Wo?«
»In Mali.«
»Mali? Was gibt es denn in Mali?«
»Das Ahmed-Baba-Institut. Es ist eine Bibliothek in Timbuktu, die eine Sammlung von Schriften in arabischer Sprache besitzt, die bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht. Wenn du etwas über die muslimische Geschichte im Mittelalter wissen willst, dann ist das die Quelle.«
Nick kannte diese Begeisterung. Grundlagenforschung an vergessenen Schriften, das war jahrelang ihr Steckenpferd gewesen. Es hatte ihr einen respektablen Ruf in der akademischen Welt verschafft.
»Du willst also nach Timbuktu?«
»Wenn es überhaupt historische Referenzen darüber gibt, was mit den Hashashin geschah, dann ist das der Ort, an dem sie zu finden sind. Sonst findest du überall nur die gängige Geschichtsschreibung und die hilft uns nicht weiter.«
Stephanie schnippte eine Fluse von ihrem dunklen Kostüm. Nick konnte sich noch gut erinnern, wie sie früher in bunten Sportklamotten zur Arbeit erschienen war. Jetzt gab sie sich geschäftsmäßig.
Selena war noch nicht fertig. »Steph, ich brauche eine Forschungsgenehmigung. Die sind sehr zurückhaltend, wenn es um den Zugang zu uralten Handschriften geht. Aber mit meiner Vita sollte es nicht allzu schwierig werden. Vor zwei Jahren hielt ich bei einer internationalen Konferenz einen Vortrag über islamische Geschichte und arabische Sprachen. Ich wurde bereits für die nächste Konferenz als Rednerin eingeladen. Ich könnte meine wahre Identität nutzen und vorgeben, für den Vortrag zu recherchieren.«
Stephanie machte sich Notizen. »Das lässt sich arrangieren.«
»Sie kann doch nicht allein gehen, Steph. Ich begleite sie. Wir haben Militärberater in Mali und die Regierung ist uns freundlich gesonnen. Wir können unsere Waffen mit dem Diplomatengepäck ins Land bringen.«
»Verdammt, Nick. Du bist jetzt einer der Direktoren. Du solltest nicht einfach losziehen, wo du erschossen oder gekidnappt werden könntest. Außerdem werden jetzt alle Geheimdienste der Welt nach diesen Kerlen suchen. Die werden sie schon finden.«
»Die anderen Dienste haben aber keine Selena. Es ist eine taktische Entscheidung, und die liegt in meiner Verantwortung. Sie hat noch nicht genug Erfahrung im Außeneinsatz, um allein zu gehen. Ronnie und Lamont sind aus dem Rennen. Also bleibe nur ich.«
Selena winkte ab. »Entschuldige mal. Ich sitze hier direkt vor dir.« Ihr Gesicht war zornesrot. »Denkst du etwa, ich kann nicht auf mich selbst aufpassen?«
»Darum geht es nicht. Du bist eine Anfängerin. Es wäre dein erster Einsatz in Afrika. Betrachte es als Teil deiner Ausbildung.« Selena musterte ihn und nickte dann kurz. Er wusste, dass die Sache noch nicht ausgestanden war.
»Nick …«
»Ich gehe mit ihr, Steph.«
Stephanie seufzte. Sie wusste, dass es hoffnungslos war, wenn Nick sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. »In der muslimischen Welt bist du bekannt wie ein bunter Hund. Du brauchst eine glaubwürdige Tarnung, eine andere Identität.«
Das stimmte. Nach Jerusalem war er mit Sicherheit das bevorzugte Ziel eines jeden Fanatikers. »Wir denken uns etwas aus«, sagte er knapp.