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„Carringo!“

Der Ruf tönte von meinem Haus über die Straße. Die Menschen schauten sich um. Duncan neben mir reckte sich auf.

Ich eilte durch die Menge und hörte, dass der Agenturleiter mir auf dem Fuß folgte.

Die Menschen schoben sich nach den Seiten. Am Anfang der Straße stand ich allein mitten auf der Fahrbahn, aber zu weit vom Haus entfernt, als dass sie mich mit einer Revolverkugel erledigen konnten.

„Ja?“, rief ich laut zurück. „Was wollt ihr?“

„Wir haben drei Geiseln!“ Der rufende Bandit musste von der Gardine verborgen am ersten Fenster stehen.

„Das wissen wir.“

„Um so besser. Wir wollen dir ein Geschäft vorschlagen. Du kommst in dein Haus. Für die drei Geiseln!“ Duncan griff nach meinem Arm und zog mich mit sanfter Gewalt zurück.

Empörtes Murmeln ging durch die Menge.

Mir war es, als durchlebte ich die Szene nur im Traum, als bewegte sich der Boden unter meinen Füßen, und als wäre mir so elend, dass ich jeden Augenblick umfallen müsste.

„Das tun Sie nicht!“, stieß Duncan hervor. „Die bringen Sie um und die anderen mit dazu.“

Ich befreite meinen Arm durch eine heftige Bewegung und trat wieder vor. „Wann lasst ihr sie für mich frei?“ Meine Stimme klang mir selbst fremd.

„Wenn wir dich für sie haben!“

„Darauf dürfen Sie nicht eingehen!“, rief Duncan, der schon wieder dicht hinter mir stand. „Das ist doch keine Garantie!“

„Und wir verlangen freien Abzug!“, rief der unsichtbare Bandit.

„Da haben wir schon die nächste Forderung“, sagte Duncan wütend.

„Ist doch klar, dass die lebend aus der Stadt verschwinden wollen“, erwiderte ich.

„Du hast eine Stunde Bedenkzeit!“, tönte es über die Straße. „Danach erschießen wir die Geiseln. Eine nach der anderen!“

Sie zogen mich zurück in die Menge. Ich spürte Hunderte von Augenpaaren. Alle warteten darauf, dass ich etwas sagte.

„Das dürfen Sie nicht tun“, sagte Henry Duncan eindringlich. „Es rettet die anderen nicht, Carringo.“

„Woher wollen Sie das wissen?“

„Solche Kerle schwören das Blaue vom Himmel herunter und denken keinen Augenblick daran, es auch zu halten. Das wissen Sie doch so gut wie ich.“

„Weil sie sich ja an den Fingern ausrechnen können, dass sie ohne die Geiseln augenblicklich von uns mit Blei versorgt würden.“

Ich rieb mir über die Stirn. Duncan tauchte auf. „Mit dem Kaffee, das dauert noch. War kein Feuer im Herd.“

„Sollten wir nicht in die Agentur gehen?“, fragte einer der Transportbegleiter. „Hier starrt uns alles an. Und gleich werden die Leute Dutzende von Fragen stellen.“

„Ja, gehen wir“, sagte Henry Duncan.

Ich schloss mich Duncan und zweien seiner Leute beinahe willenlos an. Sie stellten mir im Warteraum der Station einen Stuhl an die Barriere und behandelten mich beinahe wie ein krankes Kind.

„Ich kümmre mich mal um Kaffee.“ Duncan wandte sich den rückwärtigen Räumen zu.

Die anderen umstanden mich. Wie belagert erschien ich mir. Aber ich musste nachdenken. Ich musste einen Weg finden, der meinen Gang zu den Banditen – falls ich den Mut aufbrachte, ihn anzutreten – nicht zu einem sinnlosen Unterfangen werden ließ, das den anderen tatsächlich nichts brachte.

„Für die Banditen geht es um Kopf und Kragen. Und das wissen diese Schurken.“ Einer der Männer setzte sich neben mich. „Duncan hat recht, Carringo. Die versprechen uns alles, was wir hören wollen, und leisten hundert heilige Eide darauf.“

„Das weiß ich doch alles selbst!“, herrschte ich den jungen Mann nervös an.

„Entschuldigen Sie.“ Der Transportbegleiter stand erschrocken auf.

„Es war nicht so gemeint“, murmelte ich.

„Wenn Sie sich jedenfalls dem Haus bis auf ein paar Yards nähern, knallen die Sie ab“, fuhr der junge Mann fort. „Das ist das einzige, was wir von deren Tun genau berechnen können.“

„Dann schieben sie die Geiseln vor sich her, verlangen Pferde und nehmen die Geiseln mit“, sagte der andere.

9 ungewöhnliche Western April 2020: Western Sammelband 9006

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