Читать книгу 9 ungewöhnliche Western April 2020: Western Sammelband 9006 - Alfred Bekker - Страница 37
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ОглавлениеMeine Hand lag auf dem Revolverkolben, als der Wagen an der Ecke auftauchte und in die Phoenix Street einbog.
Chaco stand mit mir schräg unserem Haus gegenüber an einer Wand im Dunkel, unmöglich zu sehen für die Banditen. Über der Straße brannten zwei trübe Laternen, die nur spärliches Licht verbreiteten.
Der Wagen hielt noch vor dem Haus an. Der Mann im Buggy stieg ab.
„Fahren Sie ihn bis vor das Haus“, befahl Duncan an der Ecke der Station.
„Sie bezahlen mich nicht dafür, Kugelfang zu spielen“, maulte der Kutscher. „Und überhaupt, so was gehört nicht zu meinem Job.“
„Zur Hölle, stellen Sie sich nicht so an. Die Banditen möchten die Stadt verlassen. Die riskieren jetzt kein Blutbad mehr.“
Ich war nahe daran, auf den Kutscher zuzugehen und ihm die gefährliche Arbeit abzunehmen.
„Du nicht“, murmelte Chaco, der meine Gedanken zu ahnen schien. „Dir verpassen sie doch noch eine Kugel, wenn es sich so glücklich für sie fügt!“
Schimpfend führte der Mann das Pferd vor dem Buggy weiter, geriet in den Lichtkreis der zweiten Laterne vor dem Haus mit den zerschossenen Fensterscheiben, ließ es dort los und eilte zurück.
In meinem Haus rührte sich nichts. Nur manchmal verriet das leise Wackeln der Gardine, dass die Banditen wachsam blieben.
„Wo bleiben die Pferde, verdammt?“, brüllte die Banditenstimme.
„Die werden gleich gebracht“, versicherte Duncan. „Wir wissen immer noch nicht, was Sie mit den Geiseln vorhaben.“
„Wir lassen die beiden zurück, sobald wir die Stadt ein Stück hinter uns haben und sicher sind, dass keine Verfolger auf unseren Fersen sitzen!“
„Der muss denken, wir ziehen die Hosen mit der Feuerzange an“, sagte ich leise.
„Was meinst du?“
„Die würden Manuela und Jellico mitschleppen, so weit sie die beiden lebend nur bringen können“, sagte ich überzeugt. „Aber die kommen mit ihnen keinen Yard weit vom Haus fort.“ Ich zog den Revolver und spannte den Hammer, und ich war in dieser Minute bereit, ein Ende mit Schrecken jeder anderen Lösung vorzuziehen. Wenn es so sein sollte, würde sich unser Schicksal in diesen Minuten vollenden. Die Banditen jedoch würden nicht entwischen, nicht mit den beiden Geiseln.
Der Mietstallbesitzer tauchte mit den drei gesattelten Pferden an der Ecke auf.
„Hierher mit den Gäulen!“, rief der Bandit hinter dem ersten Fenster.
Chaco zog ebenfalls seinen Colt unter dem Poncho hervor und spannte den Hammer.
„Gehen Sie, es geschieht nichts“, sagte Duncan an der Ecke.
Der Mietstallbesitzer schritt mit den Pferden weiter und ließ neben dem Buggy die Zügel aus der Hand gleiten. So hastig wie der Kutscher suchte er das Weite.
Minuten reihten sich aneinander. Nichts geschah, nichts bewegte sich. Doch auf einmal wurde das Hoftor nach innen geschoben.
Meine Spannung konnte sich kaum noch steigern.
Zwei Banditen zerrten Manuela auf die Straße. Ich meinte ihr verzerrtes, graues Gesicht zu erkennen und die Angst in ihren großen Mandelaugen.
Der dritte Kerl schleifte Jellico mit sich, der sich wütend sträubte, dem Halunken in die Hand biss, sich dadurch befreite und davonrannte.
Kopflosigkeit bemächtigte sich der Banditen.
„Ich habe doch gesagt, man darf denen die Fesseln nicht abnehmen!“, brüllte einer.
Manuela sank in den Armen der anderen zusammen, weil die Anstrengung für sie zu groß wurde.
Konfus ließen die Halunken los und stürmten zu den Pferden.
„Halt!“ Ich verließ die Wand und lief los.
Chaco begleitete mich und feuerte.
„Jellico, lauf zur Ecke!“, rief ich dem Jungen zu, weil ich mich nicht um ihn kümmern konnte.
Die Banditen schossen aus Colts auf uns und trieben die Pferde an. Wir erwiderten das Feuer.
Regan wurde getroffen, stürzte kopfüber vom Pferd und blieb liegen.
Ich erreichte einen der Kerle, ehe dessen wieherndes Pferd gehorchte, ließ die Waffe fallen, sprang und erfasste gerade noch das Bein des Schurken.
Ich riss ihn vom Pferd, stürzte mit ihm zu Boden und erhielt einen Tritt, der mich zurückwarf. Dennoch war ich schneller als er auf den Beinen und schmetterte ihm die Faust entgegen. Mit rudernden Armen stolperte er, prallte gegen das Pferd, federte zurück und griff an. Aber mir gelang es, seinen Schlag mit dem Unterarm abzulenken und noch einmal seine Stirn zu treffen. Diesmal war die Wucht so groß, dass er steif umkippte.
Andere Leute eilten herbei. Doc Walter gab Befehl, Manuela aufzuheben und ins Haus zu tragen.
Ich war unentschlossen, ob ich folgen oder mich erst einmal um den Banditen kümmern sollte, gelangte aber zu dem Ergebnis, dass jetzt sowieso Doc Walter zusehen musste, was für Manuela zu tun blieb.
Chaco hastete hinter dem dritten Kerl her, der zum Ende der Straße sprengte.
Menschen bildeten dort eine Mauer. Der Halunke feuerte. Die Masse spritzte auseinander. Aber ein paar beherzte Bürger schossen zurück, was das Tier so sehr nervte, dass es auf der Hinterhand herumflog und im Galopp die Straße wieder zurückpreschte. Der Halunke schrie, schlug dem Tier zwischen die Ohren, erreichte aber nur, dass es in die Höhe stieg und die Hufe wirbeln ließ. Hart schrammten die Hufe gegeneinander. Funken sprühten von den Eisen.
Ein Sprung brachte Chaco zu dem Kerl.hinauf. Er holte ihn aus dem Sattel und schleuderte ihn von sich. „Das ist der Anführer. Luck nennen ihn seine Kumpane!“
Chaco schleuderte mir Older entgegen, und er taumelte in meine Faust. Luck fiel in eine tiefe Ohnmacht.
Duncan ging mit Jellico an der Hand vor der Menschenmenge die Straße herauf. Ich nahm ihm den weinenden Jungen ab und hob ihn hoch. „Es ist alles vorbei, Söhnchen.“
„Holt jemand den Marshal“, befahl Duncan. „Und sagt ihm gleich, dass er nur tun wird, was wir ihm sagen!“
Chaco durchsuchte die beiden Halunken, die noch am Leben waren. Regan hatte Gut und Böse hinter sich. Chaco förderte einen Stadtplan von Prescott ans trübe Lampenlicht, was uns alle mit großem Staunen erfüllte.
„Da!“, rief Duncan und deutete auf das Kreuz an meinem Haus.
Der hässliche Curtis kam als erster wieder zu sich. Chaco hatte ihn inzwischen gefesselt und trat ihm auch gleich auf die Schulter, als der Bandit aufstehen wollte.
„Schön flach bleiben!“
„Wer seid ihr?“ Ich setzte Jellico ab und ging in die Hocke. „Warum wolltet ihr mich töten? Wer hat das befohlen?“
Der Halunke presste die Lippen zusammen, was mir deutlich verriet, dass es schwer, vielleicht unmöglich sein würde, aus diesen hartgesottenen Kerlen etwas herauszuholen.
„Hängt sie doch auf!“, rief jemand.
Zustimmung wurde laut.
Ich richtete mich auf. „Wollt ihr genauso schäbig und gesetzlos wie die sein?“, fragte ich scharf.
Betreten traten die Rufer zurück.
Der Marshal schob sich auf leisen Sohlen, geduckt und kleinlaut in den Kreis, und mich überfiel die Hoffnung, er könne an diesem ereignisreichen Tag doch noch etwas hinzugelernt haben.
„Sperren Sie die beiden ein“, sagte ich, ohne den Mann mit dem großen Stern an der Jacke eines Blickes zu würdigen. „Aber so, dass sie auch noch da sind, wenn ich sie mir noch mal ansehen will.“
Ein paar Männer halfen dem Marshal, die beiden Gefangenen und den Toten abzutransportieren.
Der Mietstallbesitzer führte die drei gesattelten Pferde weg. Duncan ließ seinen Kutscher den Buggy holen.
Die Menge zog größtenteils mit dem Marshal davon.
Chaco und ich schauten uns an. Mit Jellico zwischen uns steuerten wir mein Haus an, in dem Licht brannte. Das emsige Treiben darin, eine dicke Frau, die Feuer im Herd entzündete und Wasser in Kessel füllte, verrieten mir, dass uns nichts Gutes erwartete.