Читать книгу Romantic Thriller Sommer 2020: 9 Romane um Liebe und Geheimnis - Alfred Bekker - Страница 44

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In den nächsten Tagen hatte Maggie die ganzen Vorfälle eigentlich vergessen können, doch sie und Kevin brauchten allein schon drei Tage, um das Haus wieder aufzuräumen und wohnlich zu machen. Dazu kam, dass sie bei jedem Hausbesuch an Felton erinnert wurde, denn sie fuhr ja seinen Wagen. Und auch die Polizei gab noch keine Ruhe.

So konnten einfach kein Frieden und keine geregelte Arbeit einkehren. Zu allem Überfluss wurde der Einbruch von Patienten und Nachbarn mit Wonne durchdiskutiert. Endlich geschah mal etwas!

Kevin und Maggie waren es nach diesen drei Tagen so leid, immer wieder aufs Neue darauf angesprochen zu werden, dass sie schließlich jeden, der noch fragte, mit dem Hinweis auf polizeiliche Ermittlungen abspeisten. Wer mehr wissen wollte, sollte sich doch bitte an Constable Mulrooney wenden.

Gegen Abend kam ein Anruf von George Felton und brachte Maggie schlagartig wieder die Geschichte mit dem versteckten Goldschatz in Erinnerung. Ob Felton auch davon wusste? Ganz bestimmt.

Konnte sie ihn darauf ansprechen? Ganz bestimmt nicht. Mit welcher Begründung denn? Nun, vielleicht wollte einfach sie mal etwas neugierig sein.

Auf jeden Fall musste sie jetzt noch hinfahren, eines der Pferde schien eine Kolik zu haben.

Doch Sinclair würde bis dahin schon das Richtige tun, das Tier tränken und bewegen.

Kevin war noch unterwegs, und sie hinterließ ihm eine Nachricht.

Auf Clarion Manors wunderte sie sich dann auch nicht, dass sie den Stallmeister mit dem Pferd am Halter auf dem Hof antraf. Bewegung war auf jeden Fall sehr wichtig.

Felton kam ihr entgegen, als sie aus dem Wagen stieg.

„Ich glaube, es war gar nicht so schlimm“, lächelte er sie an. „Aber bei diesen teuren Tieren kann man ja gar nicht vorsichtig genug sein, das verstehen Sie sicher. Ich habe schon überlegt, einen Tierarzt hier ganz einzustellen.“

Dieser Wortschwall brachte Maggie fast in Rage, sie hatte ihre Zeit doch nicht gestohlen. Aber sie beherrschte sich. Felton war ein guter Kunde, und es würde wenig Sinn machen, ihn zu verärgern. Also lächelte sie unterkühlt.

„Ich werde mir das Tier auf jeden Fall ansehen, dafür bin ich ja hier.“

Es war so, wie Felton gesagt hatte, die Geräusche im Leib des Tieres klangen schon fast wieder normal, und Maggie mutmaßte, dass die kleine Unpässlichkeit nur als Vorwand gedient hatte.

Felton lud sie auch gleich darauf zu einem Tee ins Haus, und als er ihren besorgten Blick zur Uhr bemerkte, lachte er.

„Sie werden doch fünf Minuten Zeit für einen Tee haben, Maggie? Übrigens sehen Sie ziemlich gestresst aus. McBride nimmt Sie wohl hart ran, was? Vielleicht sollten Sie es sich überlegen, ganz bei mir auf dem Gestüt anzufangen. Sie sind sehr fähig, Maggie, solche Leute kann ich brauchen.“

Jetzt nur diplomatisch bleiben, beschwor sie sich selbst. Eigentlich mochte sie Felton, er war immer ein Gentleman ihr gegenüber, seine Art war gewinnend und sympathisch, und doch hatte sie plötzlich ein ungutes Gefühl.

Was, wenn dieser Mann aus ihr unbegreiflichen Gründen wusste, dass sie die Schachfigur hatte. Vielleicht war er nur drauf aus Vertrauen zu gewinnen und damit das Spiel um das Gold.

Sie schalt sich selbst eine dumme Pute. Er wollte vermutlich nichts weiter als ein bisschen freundlich sein und vielleicht noch zu günstigen Konditionen einen Tierarzt engagieren.

Maggie war noch nicht so lange im Beruf, dass sie große Ansprüche an einen Angestelltenvertrag stellen konnte. Ja, genau das musste es sein.

Also lächelte sie freundlich und erklärte: „Ich fühle mich wohl bei Doktor McBride. Er bürdet mir wirklich nicht zuviel auf. Er verlangt nichts, was er nicht selbst auch zu tun bereit wäre. Es ist ganz einfach viel Arbeit für uns beide. Ich glaube auch nicht, dass es zu diesem Zeitpunkt gut für mich wäre, wenn ich meine Stelle bei Doktor McBride aufgeben würde. Ich lerne immer noch sehr viel von ihm.“

Felton grinste. „Das war eine äußerst diplomatische Antwort, Frau Doktor. Ich verstehe schon.“

Er reichte ihr eine Tasse Tee, und sie suchte nach einem unverfänglichen Gesprächsstoff. „Wie geht es dem Fohlen von Dalrina? Hat es schon einen Namen?“, wollte sie dann wissen.

„Es heißt Pendragon, nach seinem Vater Profi.“

„Ein beziehungsreicher Name“, stellte sie fest.

„Ich hoffe, dass er mal so gut wird wie sein Vater und so gut gebaut wie seine Mutter.“

„Fromme Wünsche“, spöttelte sie.

„Ich hätte da noch ein paar Wünsche“, sagte er plötzlich und schaute sie mit einem merkwürdigen Blick an.

„Haben wir die nicht alle?“ erwiderte sie leichthin und stellte die Tasse weg. „Ich muss wieder los. Einen schönen Abend noch, George.“

„Wollen Sie nicht noch nach Pendragon sehen?“, drängte er sanft, doch sie schüttelte den Kopf.

„Tut mir leid, beim nächsten Mal vielleicht.“

Dann stand sie oben auf der großen Freitreppe und wartete, dass Felton das Licht einschaltete, doch er stieß eine leise Verwünschung aus und bewegte mehrmals den Schalter, ohne dass etwas geschah. „Tut mir leid, irgendetwas stimmt da nicht“, sagte er erklärend und kam zu ihr, um sie die Treppe hinunter zu geleiten.

Maggie kam nie ganz dahinter, ob es Absicht war, oder ob er selbst stolperte. Auf jeden Fall bekam sie einen heftigen Stoß in den Rücken und segelte mit einem erstickten Aufschrei die ganze lange Treppe hinunter. Wie durch dicken Nebel in ihrem Kopf hörte sie Felton rufen.

„Maggie?!? Ist Ihnen etwas passiert? So antworten Sie doch! Sind Sie verletzt?“

Mühsam bewegte sie sich und stellte fest, dass ihre Knochen erbärmlich schmerzten und ihr Kopf wie ein Dampfhammer dröhnte. Sie griff sich an die Stirn, und ihre Finger waren blutig, als sie zurückzog.

Zwei kräftige Arme legten sich um sie und zogen sie sanft hoch.

„Können Sie aufstehen und laufen? So sagen Sie doch etwas. Oh, ich werde mir ewig Vorwürfe machen. Maggie, Sie bluten ja! Kommen Sie, lassen Sie mal sehen. Soll ich den Arzt rufen lassen?“

„Nein, nein, ich glaube, so schlimm ist es nicht“, murmelte sie noch immer benommen.

Widerstandslos ließ sie sich die Treppe wieder hinaufführen, wo wie durch ein Wunder das Licht wieder funktionierte.

„Rufen Sie bitte Kevin an“, bat Maggie, doch Felton winkte ab.

„Ganz sicher müssen wir Doktor McBride nicht beunruhigen. Sie bleiben heute Nacht ganz einfach hier. Ihre Verletzungen werden wir hoffentlich selbst versorgen können.“

„Rufen Sie Kevin an“, beharrte Maggie, und Felton tat seufzend, was sie verlangte.

Wenig später tauchte McBride auf, er musste regelrecht geflogen sein. Mit grimmigem Gesicht versorgte er Maggies Wunden, die sich zum Glück als nicht schwerwiegend erwiesen. Dabei sparte er nicht mit bissigen Kommentaren, die alles und jeden treffen konnten.

Felton blieb ganz ruhig dabei.

„Ich habe Miss Maggie angeboten, die Nacht hier zu verbringen. Wenn es Sie beruhigt, dann können Sie selbstverständlich ebenfalls bleiben, Doktor.“

Kevin überlegte kurz, dann nickte er.

Wenig später befand er sich in einem behaglich eingerichteten Gästezimmer, nur durch eine unverschlossene Verbindungstür von Maggie getrennt.

McBride lehnte es ab, mit Felton zusammen zu Abend zu essen, er wollte bei seiner Assistentin bleiben, die gar keinen Hunger hatte.

Der Abend verlief sehr schweigsam zwischen den beiden. Maggie lag auf dem Bett, und Kevin saß in einem Sessel daneben. Das Feuer prasselte im Kamin, denn selbst im Sommer wurde es abends empfindlich kühl.

„Sind Sie sehr müde?“, fragte er nach einer scheinbar unendlich langen Zeit.

Nur eine Stehlampe verbreitete noch mildes Licht, draußen waren die Sterne längst aufgegangen, und der Wind pfiff um das Gebäude. Dieser Zustand kam Maggies Ansichten von Romantik sehr nahe.

„Eigentlich nicht“, murmelte sie dann auf seine Frage. „Haben Sie noch irgendetwas vor?“

„Ich würde zu gerne in der Bibliothek ein bisschen Ausschau halten“, gestand er.

„Kevin!“ rief sie empört. „Sie sind Gast in diesem Haus, haben Sie das vergessen? Wie können Sie da nur auf die verrückte Idee kommen herumzuschnüffeln?“

„Ich weiß nicht, Maggie. Ich finde, da wir beide im Besitz von zwei Schlüsseln zum Schatz sind, gibt uns das doch auch gewisse Rechte. Außerdem kennen Sie doch auch den schottischen Wahlspruch für Gäste hier in den Highlands: Mein Haus ist dein Haus.“ Er grinste spitzbübisch.

Sie seufzte. „Dieser Wahlspruch ist nicht schottisch. Und außerdem beinhaltet das nicht, diesen Satz wörtlich zu nehmen. Ich muss mich doch sehr über Sie wundern.“

„Was ebenfalls nicht heißt, dass Sie nicht auch neugierig sind“, erklärte er befriedigt, und sie seufzte erneut.

„Ja, schon, aber...“

„Kein aber. Wir wollen weder etwas beschädigen, noch etwas wegnehmen. Wir sind einfach neugierig und wollen nur die Augen aufhalten.“

„Wir - ja? Das ist eine sehr fadenscheinige Begründung, Kevin, und das wissen Sie ebenso gut wie ich.“

„Nun suchen Sie doch um Himmels Willen nicht noch mehr Behinderungen. Sagen Sie einfach ja und wir gehen.“

„Mir gefällt das nicht. Wenn ich Felton darum bitte, wird er mir den Raum von oben bis unten zeigen.“

„Ja, wahrscheinlich. Aber was erreichen Sie damit? Wollen Sie ihn aufklären?“

„Sie haben recht“, musste sie zugeben.

Zwei Stunden später herrschte absolute Nachtruhe in Clarion Manors.

Kevin trug in einer seiner vielen Westentaschen eine Taschenlampe, und im scharf gebündelten Strahl des Lichtfingers schlichen sich die beiden lautlos durch das Haus bis in die Bücherei.

Maggie griff dann nach dem Lichtschalter, doch Kevin hielt ihre Hand fest. „Besser nicht“, murmelte er.

Er ließ den Lichtstrahl über die Wände gleiten, bewunderte hier und da einen besonders schönen Einband, hielt sich aber nicht lange damit auf. Schließlich verharrte das Licht der Taschenlampe auf dem Schachbrett, und Kevin trat näher. Er musterte die Figuren, als könne er ihnen so ihr Geheimnis entreißen, doch eine Erleuchtung kam ihm nicht.

Er nahm eine Figur nach der anderen hoch, betastete sie und stellte sie zurück an ihren Platz. Maggie hatte derweil ihre Augen ebenfalls durch den Raum schweifen lassen.

„Sagen Sie, Kevin, wenn die Wände die Buchstaben eines Schachbrettes bilden, und vermutlich jede Wand noch einmal unterteilt ist in acht Felder, wie auch immer - wo ist da eigentlich der Anfang?“

Verblüfft hielt er inne und starrte sie an.

„Was haben Sie da eben gesagt?“

„Wo ist A oder Anfang - also welches ist die erste und die letzte Wand? Und zählt man links oder rechts herum? Wie will jemand dahinter kommen, wenn er das alles nicht weiß? Was würde Ihnen und mir oder auch Felton das komplette Spiel nützen, wenn wir immer noch keinen Anfang hätten?“

„Das ist die Preisfrage an der ganzen Geschichte, meine liebe Miss O’Connor“, erklang plötzlich die Stimme von George Felton.

Das Deckenlicht flammte auf und beleuchtete gnadenlos die beiden Neugierigen, die jetzt einigermaßen verlegen dastanden.

„Ich freue mich, dass Ihnen meine Bücherei so gut gefällt, und ich will zu Ihrer Entlastung annehmen, dass Sie nicht schlafen konnten und sich daher eine Lektüre für die Nacht holen wollten“, fuhr Felton fort, wobei sein Tonfall die Färbung von sanftem Sarkasmus annahm.

Kevin sah sofort den rettenden Strohhalm, zögerte aber dennoch, den Worten des Gutsherrn zuzustimmen.

Maggie war beherzter, sie unterstellte Felton einen sauberen Charakter und gesunden Menschenverstand. Außerdem war es nicht ihre Art zu lügen. Sie trat dicht an den Mann heran, lächelte entschuldigend und zog ihn dann in einen Sessel, sie selbst setzte sich gegenüber.

„Sie wissen, dass wir nicht hier sind, um uns ein Buch auszusuchen, George“, sagte sie sanft und eindringlich. „Und wie ich Ihren Worten vorhin entnehme, wissen Sie über diese versteckte Tür ebensoviel wie ich und Kevin, oder genausowenig. Ebenso über den versteckten Schatz und das vertrackte Schachspiel. Ist das richtig?“

Felton blickte Maggie offen ins Gesicht, schaute dann zu McBride hinüber, der etwas trotzig stocksteif dastand. Offensichtlich billigte er Maggies Vorpreschen nicht. Und doch war es besser so, wie er vor sich selbst zugab.

George Felton seufzte nun. „Ich besaß einen weißen Turm, in dem ein Teil eines Schachspiels aufgezeichnet war. Er wurde mir vor einigen Tagen gestohlen, aber ich habe keinen Hinweis, wer es gewesen sein könnte. Verstehe ich das richtig, dass er sich in Ihrem Besitz befindet? Wie kommen Sie an die Figur? Wenn ich recht verstanden habe, besitzen Sie ebenfalls eine Figur, Doktor? Nun gut, das habe ich allerdings vermutet. Familienerbstück, ja?“

Kevin nickte stumm, und Felton sah Maggie auffordernd an.

Etwas stockend berichtete sie, wie der Turm den Besitzer gewechselt hatte.

„Warum haben Sie der Polizei nichts davon erzählt?“, forschte Felton.

Sie zuckte mit den Schultern. „Zuerst habe ich in der Aufregung nicht daran gedacht, und dann, als ich mehr darüber erfuhr, wollte ich nicht mehr. Und Sie? Haben Sie der Polizei den Diebstahl gemeldet?“

„Um dann endlose Fragen zu beantworten, warum jemand eine Schachfigur stehlen sollte? Billigen Sie mir bitte etwas mehr Verstand zu.“ Dann wurde er plötzlich sehr ernst. „Sie sagten, vor dem Unfall hat Sie ein Wagen verfolgt und gerammt. Könnte es sein, rein hypothetisch, dass der Fahrer des Wagens hinter der Schachfigur her war? Die befand sich ja zu dem Zeitpunkt noch im Besitz Ihres Beifahrers.“

Maggie wurde leichenblass. „Aber dann hätte er doch - ich meine, als wir im Graben lagen - er hätte sie doch einfach nehmen können.“

„Nun, Sie waren bei Bewusstsein und konnten ihn identifizieren. Und wahrscheinlich konnte man auch das Licht von Clarion Manors erkennen. Vielleicht hatte der Kerl auch die Befürchtung, dass wir schon den Krach gehört hatten und auf dem Weg waren? Ich weiß es nicht, aber so zumindest würde das Ganze einen logischen Sinn ergeben. Oder warum sonst sollte Sie jemand rammen?“

„Das ist kühn gedacht“, bemerkte Kevin. Er rührte sich jetzt und setzte sich in einen weiteren Sessel.

„Wir wollten wirklich nur etwas neugierig sein“, erklärte er nun entschuldigend. „Keinesfalls wollten wir Ihnen schaden. Und außerdem war das ganze meine Idee. Nehmen Sie es Maggie also nicht übel.“

Felton lächelte. „Ich denke, solange niemand mit der dritten Figur auftaucht, werden Sie allein ebenso vor den Wänden stehen wie ich. Sie haben übrigens die freie Auswahl“, bot er großzügig an. „Vielleicht erwischen Sie ja durch Zufall die richtige?“

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