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Lord Kenneth of Ferristeen schloss das Buch, in dem er gelesen hatte. Wieder einmal war seine Suche vergeblich gewesen. Schon seit vielen Jahren versuchte er, die Geschichte des wohl berühmtesten, aber auch schlimmsten aller Erbstücke zu erforschen. Der Diamant von hundert Karat, seit fast 180 Jahren im Besitz seiner Familie war ein Gegenstand, der dem Geschlecht derer von Ferristeen bisher nicht viel Glück gebracht hatte. Viele seiner Vorfahren waren nach relativ kurzer Zeit in bewusstem Besitz des Edelsteins gestorben. Nur er selbst hatte diese Serie durchbrochen, wobei ihm nicht ganz klar war, wie das hatte geschehen können. Vielleicht gab es jedoch auch gar keinen Fluch, und der frühzeitige Tod seiner Ahnen beruhte wirklich in jedem Fall auf Zufall. Lord Kenneth war jedoch weit davon entfernt an Zufälle zu glauben. Nach allem, was er bisher hatte ermitteln können, waren es bis auf einen Fall immer die männlichen Mitglieder seiner Familie gewesen, die ein früher Tod ereilt hatte – eben bis auf Lady Margaret, die erste Besitzerin des Schmuckstücks. Sie hatte den Stein jedoch von ihrem Gatten als Hochzeitsgeschenk erhalten, und es war Lord Emerson gewesen, der unbedingt den Edelstein hatte haben wollen. Die Lady war fünf Jahre später im Kindbett gestorben. Also hatte auch hier im Grunde der Verlust den Lord getroffen, wie schon bei den Besitzern vorher, über deren Geschichte jedoch nicht viel bekannt war.

Jetzt war es ganz einfach so, dass Lord Kenneth keine männlichen Erben besaß. Er hatte Töchter, Zwillinge, um genau zu sein, und er vermutete, dass der Fluch damit zusammenhing, dass nicht auch er vorzeitig hatte aus dem Leben scheiden müssen, obwohl sich der verfluchte Stein noch immer in seinem Besitz befand.

Das erschien ihm jedenfalls als eine einleuchtende Antwort, immer vorausgesetzt, man glaubte wirklich an einen Fluch. Doch nun hatte sich Lord Kenneth entschlossen, endlich sein Testament aufzusetzen. Er war nicht mehr der Jüngste mit seinen 53 Jahren. Eigentlich hätte er längst daran denken müssen, seinen letzten Willen zu verfassen. Doch wie viele Menschen hielt er ein Testament für etwas sehr Endgültiges, so als würde er selbst sein Leben damit beenden.

Deshalb hatte er diese Aufgabe immer vor sich her geschoben. Aber nun war es dringend geworden. Seine Ärzte hatten ihm die schreckliche Eröffnung gemacht, dass er nicht mehr lange zu leben hatte. Viel zu lange hatte Seine Lordschaft auch die Untersuchungen hinausgezögert – so als habe er schon vorher gewusst, dass sein Herz nicht mehr lange würde durchhalten können. Doch nun hatte er seine Töchter gebeten, ihn an diesem Wochenende hier auf Castle Ferristeen zu besuchen.

Candarel und Vivian waren so gegensätzlich, wie man es bei Zwillingen kaum für möglich halten würde. Candarel war um zehn Minuten älter als ihre Schwester, damit würde sie den Titel erben. Eine Besonderheit in der Familie und verbrieftes Recht seit dem 16. Jahrhundert. Der Mann, den sie einmal heiraten würde, musste sich damit einverstanden erklären, ihren Namen anzunehmen.

Lord Kenneth hoffte nur, dass es sich dabei nicht um den jungen Jeffrey Carpenter handeln würde, mit dem sie letztens hier aufgetaucht war. In den Augen des älteren Mannes handelte es sich dabei um einen Mitgiftjäger, der seine Tochter mit Sicherheit unglücklich machen würde.

Die beiden jungen Frauen waren jetzt vierundzwanzig, eigentlich ein gutes Alter zum Heiraten. Doch Candarel schien bisher noch keine festen Absichten auf Carpenter zu haben. Überhaupt war seine ältere Tochter ein wenig aus der Art geschlagen, dachte der Lord mit einem Seufzer. Candarel hatte ein Studium aufgenommen, nach weniger als einem Jahr bereits wieder abgebrochen, und seitdem lebte sie mehr oder weniger in den Tag hinein. Sie war nur auf ihr Vergnügen bedacht, und es erschien ihrem Vater ein wenig fraglich, ob sie jemals in der Lage sein würde, die Ländereien und auch die dazu gehörigen Betriebe zu führen. Deshalb hoffte er darauf, dass sie wenigstens einen klugen verständigen Mann finden würde. Doch in den Kreisen, in denen die junge Frau sich vornehmlich aufhielt, war das eher unwahrscheinlich.

Ganz anders war dagegen Vivian, die jüngere. Bedauerlich, dass es keine Möglichkeit gab, die Erbfolge frei zu bestimmen. Diese Tochter war so recht nach dem Geschmack des Lords. Sie hatte zielstrebig ein Studium aufgenommen, und sie stand jetzt kurz vor ihrer Doktorarbeit als Psychologin. Nun gut, es war vielleicht nicht unbedingt das, was Lord Kenneth sich vorgestellt hatte, doch Vivian hatte sich dieses Fach bewusst gewählt und schien große Freude daran zu haben. Doch obwohl sie gute Kontakte in der Gesellschaft pflegte, hatte sie bis heute noch keine Anstalten gemacht, ihrem Vater einen möglichen Schwiegersohn zu präsentieren. Er konnte nicht wissen, dass seine Lieblingstochter ihn bei diesem Besuch ein wenig überraschen wollte.

Nun, Seine Lordschaft hatte dieses Wochenende sehr sorgfältig geplant. Er würde seine Töchter vorsichtig damit vertraut machen, dass er sie bald verlassen musste. Und er würde die letzten Bestimmungen in seinem Testament treffen müssen – ganz speziell über den fluchbeladenen Diamanten.

Noch ahnte er nicht, dass alle seine Pläne im Nichts aufgehen würden.

Romantic Thriller Sommer 2020: 9 Romane um Liebe und Geheimnis

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