Читать книгу Romantic Thriller Sommer 2020: 9 Romane um Liebe und Geheimnis - Alfred Bekker - Страница 45

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Maggie hatte die beiden Männer etwas mühsam wieder zur Ruhe gebracht.

Es war fast zu Streit zwischen den beiden gekommen, als Felton den Tierarzt unterschwellig verdächtigte, hinter dem weißen Turm hergewesen zu sein.

„Natürlich war mir mehr oder weniger klar, dass Sie eine Figur hatten, ebenso wie ich. Schließlich stammen sie von unseren Vorfahren, Ihren ebenso gut wie meinen“, hatte Kevin wütend hervorgestoßen. „Aber bis jetzt habe ich nicht vorgehabt, nach dem Gold zu suchen. Doch als Maggie mit Ihrem Turm auftauchte, erlangte die ganze Sache plötzlich eine neue Bedeutung. Jemand außer uns weiß davon und macht augenscheinlich vor nichts Halt, um daran zukommen.“

„Wer sagt mir denn, dass Sie es nicht sind? Sie kennen die Geschichte ebenso gut wie ich“, warf Felton ihm dann vor, und McBride war aufgebraust.

„Und wer sagt mir, dass Sie hier nicht eine ganz geschickte Falle aufgebaut haben? Sie haben uns beide jetzt hier. Wollen Sie die dritte Figur aus dem Nichts hervorzaubern und uns vielleicht beseitigen?“

„Schluss jetzt!“, hatte Maggie dazwischengerufen und war aufgesprungen. „Seid Ihr zwei denn noch zu retten? Was sollen diese gegenseitigen Verdächtigungen? Wenn George die dritte Figur hat, kann er sie ja herausholen. Wir machen Sie dann zusammen auf und sehen, was sich daraus entwickelt. Wenn George sie nicht hat, weiß ich nicht, was dieses Theater soll.“

Empört blickte sie beide an, und wie auf Kommando senkten beide Männer schuldbewusst den Kopf.

„Tut mir leid“, sagte Felton leise. „Diese Figur war für mich so eine Art Rückversicherung. Ich fand sie rein zufällig und erinnerte mich natürlich an die Geschichte. Sie galt als verschollen, und ich habe niemandem etwas davon gesagt, dass sie wieder aufgetaucht ist. Aber dass sie jemand gestohlen hat, hierin meinem Hause, das macht mir schwer zu schaffen. Ich entschuldige mich, wenn meine Worte wie eine Verdächtigung geklungen haben, Doktor.“

„Ich ebenfalls“, sagte Kevin und reichte dem anderen die Hand. „Ich glaube, da ist etwas mit uns durchgegangen.“

Felton hatte Feuer im Kamin entzündet, und unter dem Prasseln der Äste beratschlagten die drei jetzt.

Noch immer etwas misstrauisch hatte Kevin seine Figur und den Zettel hervorgeholt. Maggie tat das ebenfalls, und nun spielten die beiden Männer die Partie nach, indem sie von einem andern Spiel die fehlende Dame ersetzten. Sie gingen die Züge streng nach der Vorgabe durch, doch im Grunde war das sinnlos, es fehlte der Rest, auch wenn beide in der Lage waren, die begonnene Partie gedanklich fortzuführen. Aber es gab der Möglichkeiten so viele.

Kevin paffte wieder an seiner Pfeife, und der Duft des aromatischen Tabaks vermischte sich mit dem milden Geruch von gutem Whisky, den der Gutsherr großzügig eingeschenkt hatte.

„Ich hätte schon dreimal Schach bieten können“, stellte Kevin nach einer Weile unzufrieden fest.

„Und ich hätte mich ebenso oft wieder befreien können, das hätte keinem von uns etwas gebracht. Und das wussten die Spieler von damals auch“, erwiderte Felton.

Maggie wandte ihre Aufmerksamkeit vom Spiel ab und musterte intensiv die Wände. Die Regale waren in die Wandnischen eingepasst, und als sie jetzt bewusst darauf achtete, stellte sie fest, dass jede Wand acht Unterteilungen besaß.

„Haben Sie vor kurzem erst renoviert?“, fragte sie dann. Die Zwischenstollen, wie auch der Stuck über der Tür und dem Kamin wirkten sauber und neu.

„Ja, der Stuck war schmutzig und grau geworden“, erklärte Felton.

An der Seite stand eine Trittleiter, sie wurde benutzt, um die oben in Deckennähe liegenden Regale zu erreichen.

Maggie stellte sie jetzt kurzerhand vor die Tür und kletterte hinauf.

„Maggie, was machen Sie da? Wollen Sie Spinnweben fegen?“, fragte Kevin spöttisch.

„Sie haben keinen Sinn für verborgene Schönheiten“, gab sie trocken zurück.

„Unter dem Stuck und der Farbe?“, forschte auch Felton.

„Pah, Männer. George, selbst wenn wir die dritte Figur hätten, wüssten wir noch nicht alles. Ihr könnt euch ja mal den Kopf da unten zerbrechen, ich suche einen Hinweis.“

„Sie könnten sogar ein klein wenig recht haben“, stellte Kevin fest.

Maggie stand nun da und fuhr mit den Fingerspitzen sanft über die Wand.

„Können Sie sich vielleicht erinnern, ob es irgendwelche Sprüche, Zeichen, Buchstaben oder was auch immer auf den Wänden gab, bevor die neue Farbe darauf kam?“ erkundigte sie sich dann bei Felton.

„O ja, es waren Bilder da, ziemlich kitschige, und ich fand das stillos. Nichts für meinen Geschmack.“

„O George, sehen Sie denn nicht, da waren unsere Hinweise versteckt“, seufzte sie kopfschüttelnd.

„Haben Sie vielleicht noch Fotos?“, wollte Kevin hoffnungsvoll wissen.

„Ja, sicher. Und Sie glauben wirklich...?“

„Natürlich, das ist es. Das muss es sein.“

Wenig später hatte Maggie eine Lupe und einen Stapel Fotos in der Hand.

Es war schon spät, als Maggie am anderen Morgen erwachte. Eine Schmiede schien sich in seinem Kopf angesiedelt zu haben, mit jedem Herzschlag dröhnte es. Einen Augenblick blieb sie ganz ruhig liegen.

Das hatte sie doch alles nicht geträumt in der Nacht? Nein, bestimmt nicht. Sie drei hatten heute wirklich einen Versuch zu unternehmen, die höchst wahrscheinlich vorhandenen Geheimtüren auf gut Glück zu erforschen. Kevin hatte bestimmt, dass sie heute hier auf Clarion Manors bleiben sollte, um sich auszuruhen. Es wäre keine Hilfe für die Praxis, wenn sie mit einem Brummschädel zu den Patienten hinausführe. Und außerdem redeten die Leute ohnehin schon zuviel.

Natürlich hatte Maggie zuerst protestiert, aber auch Felton hatte sich auf McBrides Seite geschlagen, und so hatte sie schließlich nachgegeben.

Mit einem Blick zur Uhr stand sie auf, fast acht, eine unerhörte Zeit.

Unten begegnete sie als erstes dem Butler.

„Wünschen Sie Frühstück, Madam?“

„Danke, nein, nur Kaffee“, bat Maggie, sie war ein ausgesprochener Frühstücksmuffel, was ihr schon lange Diskussionen mit McBride eingebracht hatte.

Felton ließ ihr ausrichten, dass er in die Stadt gefahren sei und gegen Mittag zurückkehren würde.

So hatte sie im Grunde den ganzen Vormittag für sich allein und nichts zu tun. Ein Gefühl, mit dem sie zuerst gar nichts anfangen konnte, denn ihr Leben war sonst immer ausgefüllt. So wusste sie zunächst gar nichts mit sich anzufangen.

Schließlich aber ging sie hinaus in die Stallungen. Wenn sie schon mal hier war, wollte sie die Gelegenheit nutzen sich die Tiere in Ruhe ohne Zeitdruck näher anzusehen.

Im Stall roch es gut nach Heu und Stroh, gepflegtem Leder und eben nach Pferd, Maggie mochte diese Mischung. In den Boxen standen nicht sehr viele Tiere, die meisten waren draußen auf der Koppel. Aber Dalrina und ihr Fohlen waren da, und die Tierärztin wurde von der Stute mit einem freundlichen Schnauben begrüßt.

„Dalrina mag Sie.“ Maggie zuckte zusammen wie ein ertapptes Schulmädchen. Aber es war nur Sinclair, der Stallmeister.

„Sie ist ein sehr schönes Tier“, stellte Maggie bewundernd fest.

Sinclair machte sich an einem Sattel zu schaffen, und Maggie schaute eine Weile seinen sicheren Handgriffen zu.

„Wie lange arbeiten Sie schon hier?“, fragte sie dann.

„Mehr als dreißig Jahre. Ich kam gleich nach der Schule her und kenne Mister Felton auch schon so lange, obwohl er ja seine Ausbildung in Edinburgh gemacht hat. Er war nicht sehr oft hier.“

„Gefällt Ihnen Ihre Arbeit?“

„Ja, sicher. Ich liebe Pferde. Sehen Sie, ich kam damals her, als es auf diesem Gut außer ein paar Ackergäulen nur Nutzvieh gab. Als Mister Felton das Anwesen erbte und beschloss, ein Gestüt daraus zu machen, wurde ihm von allen Seiten bescheinigt, dass er verrückt sei. Ich fand die Idee gar nicht dumm und habe ihn unterstützt, soweit ich konnte. Ja, er ist schon ein feiner Mann. Er hat sehr viel Geld in das Gestüt gesteckt, und ich helfe mit, dass es sich lohnt.“

„Sie haben ihn wohl sehr gern, was?“, fragte sie leichthin.

„Ja, wie einen Bruder“, bestätigte Sinclair, machte aber gleich eine abwehrende Handbewegung. „Nicht, dass Sie mich falsch verstehen, Miss Maggie. Er ist der Chef und ich bin der Angestellte, aber ich...“

„Ich verstehe Sie sehr gut“, sagte Maggie weich. „Und ich finde es schön, dass Sie so empfinden. Mister Felton kann sich auf Sie verlassen, das muss sehr beruhigend für ihn sein.“

„Das hoffe ich doch sehr, Miss.“ Er räusperte sich und kratzte sich dann am Kopf. „Hätten Sie vielleicht Lust einen kleinen Ausritt zu machen? Ich bin sicher, Mister Felton hätte nichts dagegen, und Devil muss ohnehin bewegt werden.“

Maggie überlegte kurz, doch dann lehnte sie ab.

„Ich warte lieber auf Mister Felton. Ich bin mir nicht sicher, ob es ihm recht. Schließlich bin ich Gast hier im Hause.“

„Wie Sie wünschen, Miss“, gab Sinclair gleichmütig zurück.

Maggie machte noch einen Spaziergang zu den Koppeln, wo sie die Pferde begutachtete und genoss die wärmende Sonne, die durch einen leichten Dunst hervorlugte. Der Wind war sanft an diesem Tag, nicht so schneidend wie sonst häufig.

Gegen Mittag kehrte Felton zurück, und wenig später tauchte auch Kevin auf.

„Ich habe die Sprechstunde für heute abgesagt“, erklärte er. „Wir haben also Zeit, trotzdem hoffe ich, dass keine ausgesprochenen Notfälle eingehen, während wir nicht erreichbar sind.“

„Nun, Doktor, Sie kennen hier oben doch jedes Tier. Abgesehen von unvorhersehbaren Unfällen werden Sie doch alles im Griff haben“, beschwichtigte Felton.

Wenig später verschlossen die drei die Tür zur Bibliothek und begannen mit der Suche nach einem Phantom, wie Maggie es scherzhaft nannte.

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