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Rudi und ich genehmigten uns einen Bagel in einem Stehcafé und fuhren dann zurück zur Dienstelle.

Auf dem Flur trafen wir den Kollegen Karlheinz Brakowski. Er kam gerade aus Kriminaldirektor Hochs Büro und grüßte uns knapp. „Ich höre, dass Ihre Ermittlungen gute Fortschritte machen“, meinte er.

„Wie man's nimmt“, sagte ich. „Aber soweit ich weiß, spielt Ihre Abteilung in diesem Fall keine offizielle Rolle mehr.“

„Ganz so sehe ich das nicht“, erwiderte Brakowski. „Schließlich gehen die meisten Hinweise aus der Bevölkerung bei uns ein und nicht an das BKA.“

„Hinweise?“, echote ich.

Ich dachte nur: Schön, dass wir davon auch mal was erfahren.

Aber mit der Zusammenarbeit unterschiedlicher Polizeibehörden und -abteilungen ist das eben so eine Sache.

Es ist eher die Ausnahme, als die Regel, dass das einigermaßen funktioniert.

Brakowski sagte: “Natürlich ist das meiste nur unbrauchbare Wichtigtuerei und es bedeutet einen großen Aufwand, die Spreu vom Weizen zu trennen. Aber manchmal findet sich so ein entscheidender Hinweis.“ Er nickte auf eine fast militärisch-zackige Weise. „Sie entschuldigen mich jetzt.“

Als wir Augenblicke später Kriminaldirektor Hochs Büro betraten, war unser Chef gerade dabei zu telefonieren. Allerdings hatte er trotzdem „Herein!“ gesagt und machte uns mit einem Handzeichen deutlich, dass wir bleiben sollten.

Mir fiel das Bild einer sommersprossigen Frau auf, das auf dem Konferenztisch lag.

Kriminaldirektor Hoch beendete sein Telefongespräch.

Er sah uns an.

Streng wie immer.

So war er nunmal.

Eine Säule des Rechtsstaats eben.

„Setzen Sie sich“, sagte Kriminaldirektor Hoch. „Die Zeichnung sehen Sie ja. Wir haben die junge Frau in die Fahndung gegeben. Walter sitzt gerade daran, einige äußere Merkmale mit den Daten von Verhafteten und Verdächtigen abzugleichen, die in irgendeinem Zusammenhang mit Talabani oder Abu-Khalil stehen. Aber das ist nicht so einfach.“

Talabani und Abu-Khalil - zwei libanesische Clans aus dem Wedding, deren Mitglieder ihre Finger tief in kriminellen Geschäften hatten. Beide hatten Felmys Memoiren zu fürchten. Und beide standen im Verdacht, den ‘Killer mit der Delle’ bereits in der Vergangenheit das eine oder andere Mal engagiert zu haben.

Leider ohne, dass man ihnen das gerichtssicher nachweisen konnte.

Leider.

Aber es gilt nun mal der Grundsatz ‘im Zweifel für den Angeklagten.’

„Vom Typ her sieht sie nicht gerade so aus, wie die Frauen, die Abu-Khalil ansonsten in den Clubs beschäftigt, die er kontrolliert“, meinte Rudi.

“Aber wir wissen aus sicher Quelle, dass sie erstens in verschiedenen Abu-Khalil-Clubs beschäftigt war und zweiten, dass sie Kontakt mit Malkowski hatte”, sagte Kriminaldirektor Hoch.

“Seine Informantin in der Szene”, vermutete ich.

“Und sie kannte Felmy!”, gan Herr Hoch zu bedenken. “Nur ist sie leider im Moment nicht auffindbar.”

„Sie müsste doch eigentlich zu finden sein! Denn dass da ein Zusammenhang vorhanden sein muss, steht für mich völlig außer Frage! Und was haben Sie Neues?“

Rudi fasste ihm kurz zusammen, was unsere Ermittlungen an neuen Anhaltspunkten erbracht hatten.

Unser Chef vergrub seine Hände in den Taschen seiner Flanellhose und machte ein ziemlich nachdenkliches Gesicht. „Wir wissen inzwischen, dass Amadeo Felmy mal für Muhammad Abu-Khalil gearbeitet und Johann Feldmann einen Erpresser vom Leib gehalten hat... Das ist wirklich interessant! Aber damit nimmt der Fall auch eine andere Dimension an.“

„Wegen Abu-Khalil – oder deswegen, weil ein Kandidat für den Bundestag darin verwickelt ist?“

„Wegen beidem! Aber um ehrlich zu sein, dachte ich in erster Linie an Feldmann. Ein kleiner Anwalt, der es nach oben geschafft hat, so stellt er sich gerne dar. Aber er hat exzellente Verbindungen.“

„Stimmt es, dass er früher Mafia-Verbindungen hatte und sich von seinen Unterwelt-Freunden mit Kokain und Call Girls versorgen ließ?“

„Gerichtsverwertbar war da wohl nichts. Aber angenommen, jemand könnte belegen, dass der Anwalt der kleinen Leute in Wahrheit von der Mafia ausgehalten wurde, dann wäre das sicher das Ende für seine politische Karriere.“

„Wir könnten ihn ja vielleicht einfach mal einen Besuch abstatten.“

„Nein, nicht in diesem Stadium der Ermittlungen!“, widersprach Kriminaldirektor Hoch. „Das würde zu viel Staub aufwirbeln. Ich schlage etwas anderes vor.“

Rudi und ich wechselten einen kurzen, überraschten Blick.

„Wie lautet Ihr Vorschlag?“, fragte Rudi.

„Lassen Sie mich etwas telefonieren. Wir werden ihn hier vernehmen.“

„Wie Sie meinen, Herr Hoch“, sagte ich. „Ach, eine Frage hätte ich da noch. Was wollte eigentlich Karlheinz Brakowski hier?“

„Ist es so ungewöhnlich, dass sich der stellvertretende Chef der Berliner Kripo mit dem Chef einer BKA-Abteilung trifft?“

„Nein – aber falls er Sie über den Fortgang der Ermittlungen in unserem Fall ausgefragt haben sollte, zeigt das ein ungewöhnlich großes Interesse, würde ich sagen.“

Kriminaldirektor Hoch lächelte mild. „Erstens lasse ich mich nicht ausfragen und zweitens haben Sie recht. Er hat nach dem Stand unserer Ermittlungen gefragt.“

“Und warum?”

Kriminaldirektor Hoch sah mich verwirrt an.

“Wieso nicht? Er unterstützt unsere Ermittlungen.”

“Tja, so kann man das natürlich auch sehen.”

“Sehen Sie das etwa anders?”, fragte Kriminaldirektor Hoch und dabei zeigte sich auf seiner Stirn ein ganz besonderes Stirnrunzeln. Ein Stirnrunzeln, dass sehr spezifisch war und das ich in dieser Form bisher noch bei keinem anderen Menschen bemerkt hatte.

Ihm war meine Skepsis gegenüber dem ach so interessierten Kollegen Karlheinz Brakowski nicht entgangen.

Hoch und ich kannten uns inzwischen eine halbe Ewigkeit.

So lange war er schon mein Vorgesetzter hier in Berlin.

Und das bedeutete, dass er mich ziemlich gut einzuschätzen vermochte.

Ich ihn umgekehrt allerdings auch, wenngleich sich mein Chef immer große Mühe gab, alles, was in seinem Inneren vor sich ging, möglichst vor der Außenwelt zu verbergen.

“Ich bin vielleicht etwas zu misstrauisch geworden”, sagte ich.

“Ja, vielleicht”, nickte Herr Hoch.

“Eine Art Berufskrankheit. Man beginnt, das Gras wachsen zu hören.”

“Solange Sie nur das Gras wachsen hören und nicht auch noch damit beginnen, weiße Mäuse zu sehen, habe ich dagegen nichts einzuwenden, Herr Kubinke.”

“Na, dann.”

“Halten Sie trotzdem Ihre Augen offen und folgen Sie Ihrem Instinkt.”

“Dazu brauchen Sie mich nicht extra auffordern.”

“Ich weiß.”

“Es ist einfach so: Besonderes Interesse muss einen besonderen Grund haben. So denke ich jedenfalls, Herr Hoch. Mein Instinkt sagt mir das. Und der irrt sich selten.”

Killerland: Krimi Koffer 10 Krimis auf 1300 Seiten

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