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Zwei Stunden später saß Johann Feldmann in einem unserer Vernehmungsräume. Er war allerdings nicht allein gekommen, sondern hatte insgesamt drei Anwälte mitgebracht. Eigentlich war er ja selbst Anwalt und sicher versiert genug, um eine Zeugenvernehmung ohne Hilfe hinter sich zu bringen, ohne sich dabei irgendeine juristische Blöße zu geben. Dieser Anhang diente ganz offensichtlich dazu, uns von vorn herein einzuschüchtern.

Außer Feldmann, seinen Anwälten und Kriminaldirektor Hoch waren auch Rudi und ich bei dieser Vernehmung anwesend.

„Wir haben ein paar Fragen an Sie, die Amadeo Felmy betreffen, der vor kurzem ermordet wurde“, begann ich. „Sie werden sich vermutlich an ihn erinnern.“

„Ich möchte zunächst daran erinnern, dass ich freiwillig hier bin und dass ich mir vorbehalte, nichts von dem, was hier gesagt wurde, vor Gericht zu wiederholen“, erwiderte Feldmann.

„Sie werden als Zeuge vernommen – nicht als Beschuldigter, das ist richtig. Aber das entbindet Sie weder von der Pflicht, auszusagen, noch von der Pflicht zur Wahrheit. Sie dürfen schweigen, falls die Gefahr besteht, dass Sie sich selbst belasten. Aber das ist auch alles.“

“Gelaber, Gelaber!”

“Nein, das ist kein Gelaber.”

“Ach, nein?”

“Das sind die rechtlichen Grundlagen unseres Gesprächs.”

“Schön, dass Sie das jetzt nochmal zusammengefasst haben.”

“Dann schießen Sie los.”

„Ein informelles Gespräch – das ist alles, wozu ich mich bereit erklärt habe!“, beharrte Feldmann.

Kriminaldirektor Hoch nickte mir zu.

„Also, wie ist das mit Herrn Felmy?“, fragte ich.

„Er ist tatsächlich mal für mich tätig gewesen, das ist richtig. Aber das ist schon Jahre her.“

„Aus einer recht authentisch wirkenden Quelle haben wir erfahren, dass in dem Buch, das Felmy zusammen mit dem Reporter Arthur Malkowski geschrieben hat, auch ein Kapitel Ihnen gewidmet war.“

„So?“, fragte Johann Feldmann und sein Gesicht verzog sich. Er trug ein dunkles Jackett zu einem weißen Hemd und einer Krawatte.

„Unser Mandant verlangt, dass ihm, der Text des Buches vorgelegt wird, bevor er sich dazu äußert“, meldete sich einer der Anwälte zu Wort. Es handelte sich um einen kleinen, kompakt wirkenden Mann mit dünnem Haarkranz.

„Das ist uns leider nicht möglich“, musste ich gestehen.

„Dann dürfte dieses Gespräch beendet sein, denn wir haben in diesem Fall nichts mehr zu besprechen, wenn ich das richtig sehe.“

„Das sehen Sie falsch!“, schritt nun Kriminaldirektor Hoch ein. „Wir haben Ihre Verwicklung in den Felmy-Fall bisher mit größtmöglicher Diskretion behandelt. Falls Sie hier und jetzt für einen Eklat sorgen, wird das schon deshalb nicht unter der Decke gehalten werden können, weil wir dazu eine Erklärung herausgeben müssten...“ Kriminaldirektor Hoch, der bisher gestanden hatte, ging zum Tisch, stützte sich mit den Händen ab und beugte sich etwas vor, während sein Blick Feldmann fixierte. „Ich dachte, nach unserem Telefongespräch wäre klar gewesen, dass Sie in unser aller Interesse sich kooperativ verhalten wollten!“

Der Anwalt mit dem Haarkranz wollte gerade wieder das Wort ergreifen, da hob Feldmann eine Hand und bedeutete ihm damit zu schweigen.

„Schon gut, ich brauche Ihre Unterstützung im Moment nicht, Herr Wilder.“

Der Anwalt zuckte mit den Schultern. „Wie Sie meinen, Herr Feldmann.“

Der Anwalt verdrehte die Augen.

Ich auch.

Manchmal geschehen eben Dinge parallel.

Ich fand das erheiternd. Mein Kollege Rudi auch.

Aber sowohl Herr Feldmann als auch sein Anwalt schienen einen anderen Begriff von Humor zu haben.

So ist das eben.

Jedem Tierchen sein Plaisirchen - oder auch nicht.

„Nächste Frage, bitte!“, murmelte Feldmann und lehnte sich dabei zurück. Die arrogante Lässigkeit, die er dabei zur Schau stellte, gefiel mir ganz und gar nicht. Er lockerte noch etwas den Hemdkragen. Offenbar wurde ihm die Situation im wahrsten Sinn des Wortes etwas zu heiß.

Er rang erstmal nach Luft.

Wie eine alte Dampflok schnaufte er.

„Amadeo Felmy wollte ein paar wenig schmeichelhafte Dinge über Sie schreiben“, sagte ich.

“Meine Güte, ich bin nicht aus Zucker!”

„Es ging um Drogen, Callgirls und dergleichen.“

“Ja, und?”

“Ja, wie wär’s denn, wenn Sie uns dazu mal was sagen!”, meinte ich.

Er sah mich an wie ein Auto.

Dann machte er plötzlich eine heftige, wegwerfende Handbewegung. Eine Bewegung, die wohl ausdrückte, dass er diese ganze Angelegenheit am liebsten mit einem Wisch zum Verschwinden gebracht hätte.

Aber so einfach war das nicht.

Die Vergangenheit holte ihn jetzt ein. Und das schmeckte ihm nicht. Das konnte ich sogar bis zu einem gewissen Grad verstehen.

„Das mit dem Kokain liegt lange zurück“, sagte Feldmann. „Ich war jung und habe viel gearbeitet. Da bin ich nicht der einzige, der mal eine Nase voll genommen hat – aber das ist vorbei! Ich bin los von dem Zeug! Meine Güte, ich spende eine Menge Geld für Drogenrehabilitationszentren und setze mich für die Drogenaufklärung an unseren Schulen ein, was wollen Sie mehr?“

„Und was ist mit den Call Girls?“, hakte Rudi nach.

“Prostitution ist doch in Deutschland legal.”

“Das schon.”

“Na, also! Wie hätte man mich dann damit erpressen können?”

“Ja, die Frage ist nur, ob die Wähler das auch so locker sehen.”

„Für das, was Sie sagen, gibt es keine Beweise!“, erklärte Feldmann. „Und sollte irgendjemand auch nur ein Wort in diese Richtung veröffentlichen, wird er ganz bestimmt in den nächsten Jahren jede freie Minute vor irgendeinem Gericht verbringen müssen!“

„Worum ging es denn dann bei der Erpressung, aus der Ihnen Felmy herausgeholfen hat?“

Diese Frage traf offenbar eine wirklich wunden Punkt bei ihm. Ich konnte das daran erkennen, wie sich sein Gesicht veränderte. Es wurde ganz starr und sein Blick schien mich in diesem Moment regelrecht zu durchbohren.

„Das alles ist lange her. Sehen Sie, ich habe Ihnen schon gesagt, ich war jung und kein Kind von Traurigkeit, wenn Sie verstehen, was ich meine!“

„Vielleicht erklären Sie uns das etwas genauer!“

„Ich denke gar nicht daran!“

„Herr Feldmann, es geht uns darum, den Mörder von Amadeo Felmy und Arthur Malkowski dingfest zu machen! Wenn das Enthüllungsbuch, das die beiden geschrieben haben, ein Kapitel über Sie enthielt, dann ist darin sicherlich auch von dieser Erpressung berichtet worden. Niemand weiß, wer noch davon erfahren hat – und niemand garantiert Ihnen, ob nicht doch noch irgendwo eine Kopie der Manuskriptdatei aus der Versenkung auftaucht. Für jemanden in Ihrer Position ist das eine Zeitbombe und wenn Sie die noch entschärfen wollen, dann ist jetzt vielleicht der richtige Zeitpunkt, um reinen Tisch zu machen!“

Feldmann lächelte. „Sie brauchen sich um mich und meine Karriere keine Sorgen zu machen, Herr...“

„Kubinke“, erinnerte ich ihn an meinen Namen, der ihm zwar genannt worden war, den er sich aber nicht gemerkt hatte. Oder hatte merken wollen.

Ich bin da nicht nachtragend.

Er beugte sich wieder etwas vor, schien einen Moment nachzudenken und sagte dann: „Also gut, ich werde es Ihnen sagen, worum es ging. Ein Verrückter hat gedroht, meine damalige Freundin so zuzurichten, dass sie sich selbst nicht wiedererkennt, wenn ich ihm nicht eine bestimmte Summe zahle...“

„Und das hat Felmy für Sie geregelt?“, hakte Kriminaldirektor Hoch nach.

„Ja.“

„Und wie?“

„Ich habe ihn nicht gefragt. Ehrlich gesagt, wollte ich das so genau auch gar nicht wissen.“ Er machte eine Pause und fuhr schließlich doch noch fort. „Ich nehme an, Felmy hat ihn ordentlich verprügelt. Dafür war er damals bekannt. Aber davon abgesehen, hat er einige Informationen über den Kerl gesammelt, die ihn in den Knast gebracht hätten, weil er einiges an kriminellen Geschäften laufen hatte. Naja, und so hatte ich ihn der Hand. Er hat es nicht noch einmal versucht, sich mit mir anzulegen oder mein Geld zu bekommen!“

„Wie heißt dieser Mann?“

Feldmann wandt sich. „Hören Sie, ist das wirklich so wichtig?“

„Das müssen Sie schon uns überlassen“, meinte Kriminaldirektor Hoch.

Feldmann zögertet. Dann winkte er einen seiner Anwälte zu sich. Er flüsterte ihm etwas ins Ohr. Feldmann nickte anschließend. „Also gut, der Kerl hieß Norbert Barettko. Ein Junkie, der auf ein halbes Dutzend Drogen auf einmal stand und nicht genug davon kriegen konnte. Aber ich sehe nicht, wie Ihnen das weiterhilft, Amadeo Felmys Mörder zu finden!“

„Wir müssen einfach so viel wie möglich über jeden herausfinden, der ein Motiv haben könnte, Felmys Buch verhindern zu wollen. Die Datei ist verschwunden, das Laptop von Arthur Malkowski ebenfalls und daher nehmen wir an, dass das das eigentliche Ziel der beiden Morde war.“

„Und da denken Sie an so einen Junkie wie Norbert Barettko? Ich bitte Sie! Der liegt wahrscheinlich in irgendeiner Gosse und erwacht erst wieder zum Leben, wenn er sich die nächste Ladung Crack einschieben kann!“

„Wir dachten nicht an Barettko“, erwiderte ich kühl. „Sondern an Sie.“

„Schluss jetzt!“, fuhr erneut der Anwalt mit dem Haarkranz dazwischen. „Herr Feldmann hat nichts mehr zu sagen. Meine Herrschaften... Guten Tag!“

„Sie haben ein Motiv, Herr Feldmann“, fuhr ich unbeirrt fort. „Das können Sie nicht leugnen. Und wir würden Sie gerne von der Liste streichen, wenn die Fakten das hergeben! Aber dazu müssen Sie mit uns zusammenarbeiten.“

„Herr Feldmann, davon kann ich Ihnen aus juristischer Sicht nur abraten“, schaltete sich nochmals der Anwalt ein. Aber Feldmann machte eine wegwerfende Handbewegung. „Schon gut!“ Er wandte seine gesamte Aufmerksamkeit jetzt mir zu. „Was wollen Sie noch wissen, Herr Kubinke? Ich nehme an, wenn ich Ihnen für jeden beliebigen Zeitpunkt der letzten Wochen ein Alibi liefern kann, wird Sie das kaum zufriedenstellen, weil Sie ja vermuten, dass ich einen Killer beauftragt haben soll!“

„Waren Sie jemals in einem Lokal namens MAMMA MIA!!!, das einem gewissen Firat Amri gehört?“

“Was soll das sein? Eine Pizzeria, die einem Türken oder Araber gehört?” Er zuckte mit den Schultern. “Warum eigentlich nicht? Ich kenne auch eine Döner-Bude, deren Betreiber in Wahrheit Italiener ist...”

“Sie weichen aus!”

“Ach kommen Sie!”

“Beantworten Sie meine Frage: Waren Sie schonmal in diesem Lokal?”

„Ich glaube nicht. Ich esse fast nur auswärts, seit ich in der Politik etwas zu bewegen versuche. Glauben Sie, da kann ich mir jedes Lokal merken, in dem ich so tun muss, als würde es mir schmecken?“

„MAMMA MIA!!! mit drei Ausrufungszeichen.“

„Dann lautet die Antwort nein, denn etwas so Bescheuertes wäre mir im Gedächtnis geblieben.“

„Kannten Sie Jimmy Talabani?“

“Der ist jetzt auch tot, oder?”

“Ja.”

“Na, sowas!”

“Also - kannten Sie ihn?”

“Ich habe von ihm gehört. Aber haben viele. Der Talabani-Clan ist ja durchaus bekannt.”

“Weiter!”

Er atmete tief durch und lehnte sich zurück. „Fangen Sie jetzt wieder mit den alten Geschichten an?“

„Ja oder nein?“

„Sagen wir: Ich kannte ihn flüchtig. Es gab da mal einen Club, in den ich früher öfter gegangen bin. Ich glaube, ich habe mal einen von Talabanis Angestellten vor Gericht vertreten, weil ein betrunkener Gast sich beschwert hat, dass er zu grob angefasst wurde. Aber das ist wirklich schon lange her.“

„Haben Sie Amadeo Felmy in diesem Club kennen gelernt?“

„Nein, wie kommen Sie darauf? Der ist mir empfohlen worden als jemand, der diskret arbeitet. War wohl ein Irrtum, wie sich später herausgestellt hat. Aber ich nehme an, dass dieser Reporter ihm den Floh mit dem Buch ins Ohr gesetzt hat. Und wahrscheinlich brauchte Felmy auch Geld...“

„Sie scheinen die Sache mit dem Buch ja doch sehr intensiv verfolgt zu haben“, stellte Rudi klar.

„Hören Sie, ich hatte keine Ahnung, dass er auch über mich schreiben wollte! Ich dachte, es ginge da eher um die Prominenten, die er zeitweilig begleitete.“

„Sie sind inzwischen auch ein Prominenter“, gab Rudi zu bedenken.

„Tut mit leid, mehr kann ich dazu nicht sagen.“

„War es zufällig Muhammad Abu-Khalil, der Ihnen Felmys Dienste vermittelt hat?“

„Ja, der war es!“, gab Feldmann genervt zu und lockerte die Krawatte gleich noch etwas mehr.

„Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt zu Abu-Khalil?“, hakte ich nach.

„Jahre her. Das muss gewesen sein, als dieser Talabani umgebracht wurde und es erst so schien, als würde nun die Justiz vielleicht gegen den Abu-Khalil-Clan ermitteln. Muhammad hat mich gefragt, ob ich ihn vertreten würde, aber ehrlich gesagt hatte ich damals schon andere Pläne und habe das abgelehnt. Seitdem sind wir uns nicht mehr begegnet.“

“Schön, dass Sie sich plötzlich wieder erinnern können!”, sagte ich.

Killerland: Krimi Koffer 10 Krimis auf 1300 Seiten

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