Читать книгу Fünf Mörder: 5 dicke Strand Krimis - Alfred Bekker - Страница 28
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Bernd Schuster war der tödlichen Falle gerade noch entkommen. Für diesen Tag hatte er sein Glück genügend strapaziert. Mit dem Autotelefon hatte er die Polizei über die Schießerei verständigt. Aber die Beamten würden nur noch einen Toten finden. Alle anderen Beteiligten würden sich bereits aus dem Staub gemacht haben.
Bernd analysierte die Situation ganz kühl. Die Bänder befanden sich im Kofferraum seines Wagens. Das hatten die Gangster zumindest behauptet, und es gab keinen Grund, daran zu zweifeln. Bisher hatte er noch keine Gelegenheit zum Nachsehen gehabt.
Skotty wusste, wo sich die Bänder befanden. Also würde er sich an seine Fersen heften, falls er die Auseinandersetzung mit der dritten Partei überlebt hatte. Diese Leute waren mit ziemlicher Sicherheit ausländische Agenten mit ihren Hilfstruppen. Und auch diese Leute konnte Bernd nicht zu seinen Freunden rechnen.
Da die Beteiligten wussten, wer er war oder da sie es leicht herausbekommen konnten, war sein Büro nicht sicher. Am besten, er nahm derzeit überhaupt keinen Kontakt mit Franziska auf. Sie würde sicher Angst um ihn haben, aber so war sie selbst geschützt. Doch wohin mit den Bändern?
Bernd bremste und fuhr an den Straßenrand. Er rangierte den Wagen in eine Parklücke und stieg aus. Niemand achtete auf ihn, nur der Verkehr brauste an ihm vorüber. Er öffnete den Kofferraum und starrte ins Innere. Da er genau wusste, was sich darin befand, entdeckte er den Fremdkörper sofort, einen einfachen Jutesack, der völlig unscheinbar aussah. Jeder würde ihn achtlos zur Seite legen. Er sah aus, als könnte man bestenfalls Kartoffeln darin transportieren.
Bernd nahm den Sack in die Hand und blickte hinein. Auch wenn er nicht gewusst hätte, worum es sich handelte, hätte er die Bänder erkannt. Sie enthielten Computerprogramme und Informationen über die geheimen Entwicklungen bei Romann Electronics. Sehr wertvoll sahen sie nicht gerade aus, und doch waren bereits Menschen dafür gestorben.
Wo konnte er sie am sichersten unterbringen?
Klaus Romann! Der Name schoss Bernd plötzlich durch den Kopf. Karstens Bruder schien ihm jetzt der geeignete Mann, an den er sich wenden konnte, und dort waren auch die Bänder gut aufgehoben. Im Übrigen war Klaus Romann schließlich Mitbesitzer dieser Bänder.
Bernd klappte den Kofferraumdeckel wieder zu und stieg ein. Bis zur Penthouse Wohnung brauchte er nicht lange. Er würde noch zu einer akzeptablen Zeit dort ankommen.
Eine halbe Stunde später parkte er den Wagen und nahm den Jutesack mit den Magnetbändern an sich. Es war ihm jetzt zu unsicher, sie im Wagen zu lassen. Mit einem Autodieb musste man in diesen Tagen in Berlin immer rechnen.
Wer ihn jetzt sah, würde auch kein besonderes Vertrauen zu ihm entwickeln. Durch die Gefangenschaft sah sein chices Cordjackett etwas zerknittert aus, und der Jutesack hätte einem Gammler gehören können, der die Abfalltonnen nach etwas Brauchbarem durchwühlte oder auf dem Kuh’damm bettelte.
Bernd nahm den Lift und fuhr nach oben. Er begegnete keinem Menschen. Alles war ruhig. Er klingelte.
Hinter der Tür vernahm er einen unterdrückten Aufschrei. Es klang nach einer weiblichen Stimme.
Bernd lauschte, aber er hörte kein weiteres Geräusch. Merkwürdig. Er hatte sich bestimmt nicht getäuscht.
Er klingelte ein zweites Mal und legte gleichzeitig das Ohr an die Tür. Auf der anderen Seite befand sich ein Mensch. Die heftigen Atemzüge waren nicht zu überhören. Ein Mensch, der sich in ziemlicher Aufregung befand. Was war geschehen?
„Bitte öffnen Sie", sagte er. „Mein Name ist Schuster. Ich weiß, dass jemand da ist. Ich muss Herrn Romann sprechen."
„Wer sind Sie?“ Die Stimme war eindeutig weiblich.
„Schuster. Ich bin Privatdetektiv.“
Es war wieder Stille. Dann: „Ich kann Ihnen nicht öffnen.“ Die Worte wurden von Schluchzen unterbrochen. „Sie können Herrn Romann nicht sprechen. Nie mehr.“
„Was ist passiert?“
Das Schluchzen wurde stärker, und die Worte waren kaum noch zu verstehen. „Er ist tot. Erschossen!"
Bernd brauchte ein paar Sekunden, um die Information zu verdauen. „Ich helfe Ihnen, öffnen Sie endlich! Herr Romann hat mich gekannt. Ich wollte ihm etwas bringen."
Nach einer langen Pause öffnete sich die Tür zögernd. Im schmalen Spalt erschien ein wohlbekanntes Gesicht, Tränenspuren auf den Wangen.
„Susanne Wille!“, stellte Bernd nur leicht überrascht fest. „Ich hätte mir denken können, dass Sie es sind.“
Sie zog die Tür weiter auf, und Bernd starrte auf den Toten. Er trat rasch ein und drückte die Tür hinter sich wieder ins Schloss. Er sah auf und blickte ihr ins Gesicht. „Wer hat es getan? Sie?" Bernd Schuster hatte mit einem raschen Blick ihren Aufzug gemustert und die geknotete Bluse und den freien Bauch bemerkt. ‚Ein Liebesdrama, das aus dem Ruder gelaufen ist?‘, überlegte er rasch.
Im Hintergrund spielte Musik der Bee Gees.
Sie schlug die Hände vors Gesicht und begann wieder zu weinen. Nur langsam beruhigte sie sich. „Ich? Sie denken das doch nicht wirklich! Ich habe Klaus geliebt. Wir wollten uns heute einen gemütlichen Abend machen. Alles war vorbereitet. Er hat für uns gekocht. Und nun ist er tot.“
„Wer hat es getan?“
Ihre Schultern zuckten noch. Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, und die frisch aufgetragene Schminke verwischte. „Ich weiß es nicht. Ich war im Bad, als es passierte.“
„Kommen Sie."
Er nahm sie beim Arm und führte sie ins Wohnzimmer, das er von seinem ersten Besuch her schon kannte, und schaltete den Plattenspieler aus. „Setzen Sie sich und beruhigen Sie sich. Sie haben nichts zu befürchten. Ich helfe Ihnen. Warten Sie einen Moment und trinken Sie etwas."
Er ging wieder in den Vorraum und beugte sich zu dem Toten nieder. Die Einschüsse lagen dicht nebeneinander. Beide Schüsse mussten tödlich gewesen sein. Bernd veränderte die Position der Leiche nicht, aber er registrierte, dass die Augen geschlossen waren. Vermutlich hatte sie dafür gesorgt. Eine Waffe war nirgends zu sehen. Der Mord konnte nicht sehr lange her sein, aber das würde sie ihm gleich erklären.
Schuster ging ins Wohnzimmer zurück. Susanne saß noch an der gleichen Stelle, die Hände im Schoß gefaltet und den Kopf gesenkt. Er setzte sich ihr gegenüber.
„Wir müssen die Polizei holen“, begann er. „Aber vorher sollten wir noch ein paar Dinge klären.“
Sie nickte. „Fragen Sie nur.“
„Was genau ist passiert?“
Mit stockender Stimme erzählte sie ihm den Hergang. Wie sie sich im Bad zurechtgemacht hatte und wie es plötzlich klingelte. Auch der Dialog zwischen Klaus Romann und dem fremden Besucher war fast wortwörtlich in ihrer Erinnerung vorhanden.
„Klaus hat also den Besucher gekannt?", unterbrach Schuster.
„Ja, in jedem Falle. Er war überrascht, und es gab offensichtlich eine Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden.“
„Das ist klar. Klaus hatte etwas Bestimmtes vor, von dem ihn der Besucher abbringen wollte. Aber Klaus hatte nicht die Absicht, nachzugeben. In diesem Augenblick sah der Fremde keine andere Möglichkeit, als Romann umzubringen. Er musste damit gerechnet haben, sonst hätte er wohl kaum die Pistole eingesteckt. Wir haben es also mit einem vorsätzlichen Mord zu tun.“
Susanne Wille begann wieder leise zu weinen. Bernd kam für einen Augenblick der flüchtige Gedanke, dass Karsten Romann der Besucher gewesen sei, aber dessen Stimme hätte die Wille in jedem Falle erkannt. Er verwarf diesen Gedanken wieder.
„Machen Sie sich keine Vorwürfe“, sagte er. „Sie konnten nichts tun, um diesen Mord zu verhindern. Im Gegenteil: Vielleicht hätte der Fremde Sie auch noch getötet. Und Sie haben seine Stimme wirklich nicht erkannt?“
„Nein“, antwortete sie leise. „Aber das ist auch kein Wunder. Ich kannte längst nicht alle Leute, mit denen Klaus zu tun hatte. Wir sahen uns nicht so häufig, wie wir gern wollten. Außerdem mussten wir auch darauf achten, dass sein Bruder nichts davon erfuhr."
„Wie lange dauert Ihre Beziehung schon?“
Sie hob den Kopf. „Warum wollen Sie das wissen?“ Sie bemerkte seinen Gesichtsausdruck. „Schon gut. Es ist ja kein Geheimnis. Unsere Beziehung, wie Sie es ausdrücken, dauert jetzt ein gutes Jahr. Es war ein schönes Jahr. Irgendwann wollten wir heiraten.“
„Wie haben Sie sich kennengelernt?“
„Es war im Werk. Klaus hat seinen Bruder besucht. Er sah mich beim Hinausgehen und fragte mich, ob er mich zum Essen einladen darf. Ich habe ja gesagt. Das ist alles.“
Bernd nickte. „Ihr Chef hat nichts davon gemerkt?“
Sie schüttelte den Kopf. „Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich war sehr vorsichtig. Im Übrigen konnte sich Karsten Romann nie über meine Arbeit beklagen. Er ist sehr zufrieden mit mir. Mit Klaus habe ich über die Firma fast nie gesprochen. Wir hatten weiß Gott andere Themen. Nur neulich einmal...“
„Ja?“ Bernd beugte sich vor.
„Das war nach dem Einbruch. Das war natürlich auch eine außergewöhnliche Sache. Sicher haben wir darüber ein paar Worte gewechselt. Aber sonst haben wir das Thema ausgespart. Ich hätte sonst auch ein schlechtes Gewissen gehabt. Schließlich ist Karsten Romann mein Chef, und es liegt mir nicht, hinter dem Rücken meines Arbeitgebers über die Firma zu reden, egal mit wem.“
Bernd nickte. „Ich habe Sie neulich gesehen. Es war an dem Abend, als ich ebenfalls bei Klaus Romann war. Wir sind sehr gut miteinander ausgekommen.“
„Das sagte er mir. Er meinte, Sie würden helfen können, diese Angelegenheit aufzuklären, aber nun ist es zu spät.“
„Oh, nein. Der Fall ist für mich nicht erledigt. Jetzt erst recht nicht. Ich werde herausfinden, wer Klaus umgebracht hat. Ich bin sicher, dass es mit diesem Fall zusammenhängt.“
Sie hob die Schultern. „Ich weiß es nicht. Klaus ist tot, und niemand kann ihn wieder lebendig machen. Erledigen Sie Ihren Auftrag und kümmern Sie sich nicht um einen Toten, der Sie nichts angeht.“
Bernd stutzte. Das war ein eigenartiger Beiklang. Was meinte das Mädchen damit? Wollte sie ihn davon abhalten, diesen Mord aufzuklären?
„Sie haben wirklich nicht mitbekommen, wer der Mörder war?“, fragte er noch einmal.
„Nein, das sagte ich doch schon.“ Ihre Stimme klang ungeduldig.
„Nun gut, ich werde ihn finden. Dieser Mord gehört zu meinem Fall, und deswegen geht er mich auch an, ob Sie wollen oder nicht.“
„Wie Sie meinen. Ich bitte Sie nur um eines: Erzählen Sie meinem Chef nichts von meinem Verhältnis mit seinem Bruder.“
Bernd nickte. „Das wird auch nicht notwendig sein. Ich möchte Ihnen keine Schwierigkeiten machen. Dennoch würde ich Ihnen empfehlen, sich bald einen neuen Posten zu suchen. Die Belastung wird auf die Dauer zu groß für Sie werden, glauben Sie mir.“
Sie schien durch ihn hindurchzusehen, und ihre Augen blickten träumerisch in die Ferne. „Ich werde mir eine neue Arbeitsstätte suchen.“
Bernd ging zum Telefon. „Ich benachrichtige jetzt die Polizei.“