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24.


Boris Smirnow wartete, bis der Privatdetektiv verschwunden war. Es hatte sich also doch gelohnt, ihn unauffällig zu beschatten. Geheimagenten waren für diese Arbeit trainiert, und selbst der Schnüffler hatte nichts davon bemerkt. Um ihn würde man sich auch noch kümmern müssen, aber zuerst kam dieser Ganove dran.

Boris Smirnow stieß sich vom Treppenabsatz ab, als die Schritte des Privatdetektivs verklungen waren. Leise ging er die paar Schritte hinunter, bis er vor der Tür stand und den Namen studierte. Na also! Der Schnüffler hatte ihm eine Menge Arbeit erspart. Smirnow grinste.

Er legte seinen dicken Daumen auf die Klingel und drückte lange. Es schrillte durch die ganze Wohnung.

„Ich komme schon“, murmelte eine Stimme und schlurfende Schritte ertönten. Smirnow trat einen Schritt zurück.

Die Tür wurde einen Spalt geöffnet. Skotty hatte Schuster erwartet, der vielleicht noch etwas sagen wollte, aber ehe er reagierte, war Smirnow wie eine Dampfwalze in Aktion getreten. Die Tür flog krachend auf, und Skotty taumelte gegen die Wand.

Sofort setzte Smirnow nach, packte ihn am Kragen und zog ihn hoch. Er schüttelte ihn wie einen jungen Hund. „Wo sind die Bänder?"

Skotty suchte verzweifelt nach einem Ausweg. Die Niederlage gegen diesen Schnüffler hatte ihn so verwirrt, dass er nicht einmal die einfachsten Vorsichtsmaßregeln beachtet hatte. Seine Waffe lag immer noch unter dem Schrank, eine andere besaß er nicht.

Eine körperliche Auseinandersetzung mit diesem Bullen schien ihm auch nicht geraten, zumal er noch ziemlich angeschlagen war.

„Welche Bänder?“, fragte er matt.

Smirnow schloss die Tür zum Hausflur und schleifte ihn ins Wohnzimmer. Er sah sich kurz um. „Der Schnüffler hat dich wohl ziemlich fertiggemacht“, stellte er fest. „Aber das ist gar nichts gegen das, was dir gleich passiert, wenn du nicht sofort mit der Sprache herausrückst. Ihr verdammten Schweine habt versucht, mich zu hintergehen. Dein Kumpel hat die Quittung schon, und du hast nur noch eine Chance, wenn du das Maul aufmachst.“

„Ich habe diese Mistbänder nicht“, stöhnte Skotty. Er spürte die Angst in sich hochkriechen. Dieser Kerl würde ihn erbarmungslos umbringen. Das war ein Killer, dem es Spaß machte.

„Da ihr die Bänder aus dem Tresor mitgenommen habt, müssen sie auch da sein. Versuch keine dummen Tricks mit mir, sonst bist du ein toter Mann. Wo hast du die Dinger also gelassen?

Skotty versuchte ein schwaches Grinsen. „Ich habe sie wirklich nicht. Wenn ich sie hätte, hätte ich mich längst aus dem Staub gemacht.“

Smirnow presste Skotty die Luft ab. „Lüg’ mich nicht an! Im Schuppen waren die Dinger nicht. Wir sind noch mal hingegangen, als die Polizei abgezogen war. Wir haben die ganze Bude auf den Kopf gestellt und nichts gefunden. Dort sind sie also nicht. Los! Rede!"

Skotty japste nach Luft. Ihm kam eine Idee. Eine winzige Chance, aber wahrscheinlich würde er keine weitere bekommen. „Einige sind hier, aber nicht alle!“ stieß er hervor.

Smirnow lockerte seinen Griff. „Na, also! Und wo?“

„Ich hole sie. Sie sind hier im Raum versteckt.“

„Dann los! Aber keine dummen Tricks!“, warnte Smirnow.

Skotty rieb sich den Hals, nachdem Smirnow ihn losgelassen hatte. Der andere hatte ihn auch gründlich abgetastet und befriedigt festgestellt, dass er keine Waffe bei sich trug. Wer trug auch zu Hause eine Pistole umgeschnallt?

Skotty ging in die Ecke hinüber, wo seine Waffe unter dem Schrank lag. Er hatte nur den Bruchteil einer Sekunde zum Zielen und Feuern. Seinen Gegner durfte er nicht unterschätzen. Er musste ihn treffen, sonst war er endgültig verloren.

Skotty ließ sich auf die Knie nieder und streckte die Hände aus. Er warf einen Blick über die Schulter.

Smirnow zog aus den Weiten seines schlechtsitzenden Anzuges eine großkalibrige Armeepistole mit aufgesetztem Schalldämpfer. Er ließ sich in einen Sessel plumpsen und legte die Waffe über seine Knie. „Ich warte“, sagte er.

Skottys Hände zitterten. Er prägte sich die Richtung genau ein. Für einen gut gezielten Schuss befand er sich in denkbar schlechter Position. Der Gegner befand sich schräg hinter ihm, und er musste von unten nach oben zielen. Dabei versperrte auch noch ein kleiner Tisch einen Teil der Sicht.

Skotty gab sich einen Ruck. Jetzt oder nie! Er musste es wagen und die Überraschung ausnutzen. Seine Hände krochen unter den Schrank, und seine Fingerspitzen berührten das Leder des Halfters. Er hätte sich denken können, dass er heute seinen Unglückstag hatte. Natürlich lag das verdammte Ding in einer äußerst unglücklichen Position unter dem Schrank. Er musste das Halfter erst drehen.

„Nun mach’ schon!“ drängte Smirnow.

„Ich muss erst ein Brett lösen", erklärte Skotty, während seine Finger das Halfter vorsichtig drehten. Endlich berührten sie das Metall. Seine Rechte schloss sich um den Kolben, und langsam glitt die Pistole aus der ledernen Umhüllung. Sein Zeigefinger legte sich um den Abzug.

Jetzt kam der gefährlichste Teil der Übung. Er musste sie entsichern, um sofort feuern zu können, und das ging nicht geräuschlos. Ein geschultes Ohr würde das metallische Knacken richtig identifizieren.

Es musste alles in einer fließenden Bewegung gehen. Entsichern, die Waffe hervorreißen, herumfahren, zielen und schießen.

Auf Skottys Stirn traten Schweißperlen. Er wusste, dass es um sein Leben ging. Der kleinste Fehler, und er war ein toter Mann.

Eine Diele knarrte. Skotty regte sich nicht. Der andere war aufgestanden und hatte sich unmittelbar hinter ihm aufgebaut. Dann spürte er das kalte Metall im Nacken, und seine Nackenhaare richteten sich auf.

„Könnte es sein, dass du mich schon wieder aufs Kreuz legen willst?", erkundigte sich Smirnow mit freundlicher Stimme. „Wenn du einen Teil der Bänder dort unten versteckt hast, wo sind dann die anderen? Du wirst es mir sofort sagen, sonst verpasse ich dir eine Kugel. Den Schrank kann ich notfalls selbst auseinandernehmen. Also?“

Skotty zitterte. Er spürte, dass er dem Tode noch nie so nahe gewesen war wie jetzt.

„Der Privatdetektiv hat die Bänder“, sagte er leise. Die kalte Mündung blieb wo sie war. „Alle?“

Skotty wagte nicht zu nicken. „Ja.“

Er begriff gar nicht so schnell, dass er damit sein Todesurteil ausgesprochen hatte. Er wusste es erst in der tödlichen Sekunde, als sein Gegner fragte: „Und was machst du da unten?“

Es war, als ob für einen winzigen Augenblick die Zeit den Atem anhielt. Es war die Zeit, die man brauchte, um einen Zeigefinger zu krümmen, die Zeit, die erforderlich ist, eine Pistole unter einem Schrank hervorzuziehen und sie abzufeuern. Es war das kleine bisschen Zeit zwischen Tod und Leben.

Skotty wusste es in diesem nicht messbaren Augenblick, als er in einer blitzschnellen Bewegung die Waffe hervorriss und sich wegzudrehen versuchte.

Der Abschuss der schallgedämpften Pistole klang nicht lauter als eine zufallende Tür.

Der Aufprall des schweren Kalibers warf Skotty zur Seite. Sein Blick wurde schon glasig, als er versuchte, seine Pistole in die richtige Schussrichtung zu bringen. Die Waffe wurde plötzlich tonnenschwer. Er wollte etwas sagen, aber es wurde nur ein Stöhnen daraus.

Smirnow trat einen Schritt zurück, hob die Pistole mit unbewegtem Gesichtsausdruck und drückte noch einmal ab.

Skotty fiel zurück. Der Griff seiner Hand löste sich, und die Pistole rutschte auf den Boden.

Smirnow steckte seine Waffe wieder ein und sammelte die beiden ausgeworfenen Patronenhülsen ein. Es war immer besser, möglichst wenig Spuren zu hinterlassen. Er machte sich allerdings nicht die Mühe, unter dem Schrank nachzuschauen. Er wusste, dass Skotty die Wahrheit gesagt hatte. Dieser Schnüffler hatte also die Bänder, und er hatte ihn vor wenigen Minuten erst die Treppe hinuntergehen lassen.

Smirnow warf einen letzten Blick auf den Toten. Hier hatte er nichts mehr verloren. Er verließ die Wohnung und dachte auf dem Treppenabsatz schon nicht mehr an Skotty.

Er beschäftigte sich schon mit dem nächsten Fall.

Fünf Mörder: 5 dicke Strand Krimis

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