Читать книгу Killer gesucht: 7 Strand Krimis - 1500 Seiten Spannung - Alfred Bekker - Страница 42
Zugriff in Kattenvenne
Оглавление„Ich schätze, wir werden Tornhöven heute noch freilassen müssen“, meinte Raaben, der auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte. Sie hatten Kattenvenne fast erreicht. Sven Haller war gefahren wie der Teufel, während Raaben per Handy Verstärkung angefordert hatte – weniger, weil man damit rechnete, dass Timothy Winkelströter großartigen Widerstand leisten würde als vielmehr deshalb, weil man Unterstützung bei der Durchsuchung seiner Wohnung und vielleicht auch des Lagers brauchte, wo er die Waren seines Internet-Shops lagerte.
„Abwarten“, meinte Haller. „'Im Verlauf des nächsten Tages' ist noch nicht vorbei, würde ich sagen.“
„Aber du kennst den Staatsanwalt, der wird das nicht mitmachen.“
„Wir haben bis dahin ja vielleicht auch einen anderen Verdächtigen, auf den noch sehr viel mehr Indizien hindeuten.“
„Auch schon mal darüber nachgedacht, dass diese Taten vielleicht irgendeine Art Mutprobe oder ein Einführungsritual innerhalb dieser Sekte sein könnte, um in der internen Hierarchie vielleicht eine Stufe höher zu steigen.“
„Ich persönlich glaube ja auch, dass ein Verein, der Fliegen mit Stinkmorcheln anlockt, und mit so einem Zeug die Teilnehmer für irgendwelche absolut unappetitlichen magischen Rituale einreibt, damit die Fliegen sie umschwirren, als wären es Leichen, zu allem fähig ist. Aber ...“
„Aber?“
„Kevin, das ist alles reine Spekulation. Halten wir uns einfach an die Fakten und die werden wir gleich in Augenschein nehmen, indem wir uns die Motorhaube von Timothy Winkelströters Wagen ansehen.“
*
Sie erreichten das Haus, in dessen Obergeschoss Winkelströter sich eingemietet hatte.
Sein Wagen stand vor dem Haus – und sein Vermieter Herr Möller ganz in der Nähe.
„Na, da haben wir doch schon mal das Wichtigste beieinander“, meinte Haller und stellte den Motor ab.
„Wollen wir nicht auf die anderen warten?“
„Nein.“
Haller überprüfte den Sitz von Waffe und Handschellen. Es klapperte. Alles dabei. Gut so.
Sie stiegen aus.
Herr Möller sah ihnen stirnrunzelnd entgegen. Seine Mutter sah Haller schließlich auch. Sie stand – mit ihrem grün geblümten Hauskleid außerordentlich gut getarnt – in einem der Beete, die sie angelegt hatte, und da ein paar Sträucher etwas die Sicht behinderten, war sie zunächst für Haller gar nicht zu sehen gewesen. Aber für Haller stand es außer Frage, dass sie ziemlich schnell merken würde, dass etwas im Gange war, das man besser mitbekommen sollte.
„Issoben!“, sagte Herr Möller in der ihm eigenen Sprechweise.
„Hinführen!“, äffte Haller seine Einwort-Sprechweise nach.
„Hä?“
„Jetzt!“
„Echt?“
„Echt!“
„Washattergemacht?“
„Das können Sie demnächst in der Zeitung nachlesen.“
*
Raaben warf unterdessen einen Blick auf die Motorhaube des Geländewagens. Der Kuhfänger hatte einige Kratzer und auch auf der Haube waren ein paar Striemen zu sehen. „Tja, ob das nun von einem Schwert kommt oder davon, wenn man hängenden Ästen zu nahe kommt, weiß ich natürlich nicht.“
„Da sollten wir mal ganz unseren Laborratten vertrauen“, meinte Haller, der bereits Möller zum Eingang folgte.
Möllers Mutter war aus ihrer Anpflanzung hervorgetaucht und rief: „Was ist denn passiert?“
Aber im Moment war niemand gewillt, ihr eine Antwort zu geben.
Herr Möller führte Haller und Raaben ins Haus.
„Treppehoch“, sagte er.
„Danke“, sagte Haller.
„Nichtschießen. Nixdreckigmachen.“
„Wir geben uns Mühe“, versicherte Raaben.
Die beiden Kripo-Beamten gingen die Treppe hinauf und kamen wenig später an Timothy Winkelströters Wohnungstür.
Haller klopfte.
„Herr Winkelströter? Machen Sie bitte auf. Hier ist die Kriminalpolizei.“
Keine Antwort. Aber hinter der Tür waren jetzt Geräusche zu hören. Schritte. Etwas fiel zu Boden. Dann ein Laut, der wie ein unterdrückter Fluch klang.
„Herr Winkelströter, bitte machen Sie die Tür auf. Wir wissen, dass Sie da sind. Zwingen Sie uns nicht, die Tür aufzubrechen!“
Ein Schuss ertönte. Faustgroß war das Loch, das im nächsten Moment in der Tür klaffte. Die Kugel ging genau zwischen den Köpfen von Haller und Raaben hindurch und schlug hinter ihnen in die Wand ein.
Haller und Raaben griffen nach ihren Dienstwaffen und gingen in Deckung. Sie pressten sich links und rechts der Tür gegen die Wand.
„Herr Winkelströter, lassen Sie den Unfug!“, rief Haller. „Das bringt doch alles nichts!“
Das Wort 'nichts' ging bereits im nächsten Schuss unter, der etwas tiefer durch die Holztür krachte.
„Istdawaskaputt?“, rief Möller von unten.
„Jetzt reichts, Herr Winkelströter!“, rief Haller. Er schnellte vor, öffnete mit eine wuchtigen Tritt die Tür und stand dann mit der Dienstpistole in der Hand Timothy Winkelströter gegenüber. Der stand mit weit aufgerissenen Augen da. Man brauchte kein Drogenexperte zu sein, um zu sehen, dass er irgendetwas genommen haben musste. Seine Pupillen waren so sehr geweitet, dass die Iris kaum noch zu sehen war.
Er hielt ein Jagdgewehr in den Händen.
„Runter damit!“, rief Haller.
Timothy war für einen Moment etwas unschlüssig. Was immer ihm im Moment auch die Sinne vernebeln mochte, es schien nicht gerade seine Entscheidungsfreude zu befördern.
Zwei schnelle Schritte und Haller war bei ihm. Er bog den Gewehrlauf zur Seite.
„Ich habe nichts gemacht!“, rief Timothy Winkelströter.
„Klar doch!“, meinte Haller und entwand ihm das Gewehr. Raaben legte Timothy Handschellen an, was er teilnahmslos über sich ergehen ließ.
„Herr Winkelströter, falls Sie mich verstehen: Sie sind wegen des Verdachts des Mordes an Nadine Schmalstieg vorläufig festgenommen“, sagte Raaben. „Falls Sie einen Anwalt benachrichtigen wollen ...“
„Nadine?“, echote er. Seine Stirn umwölkte sich. Das Gesicht verzog sich zu einer Grimasse und die Augen schienen beinahe aus ihren Höhlen herauszutreten. Er war offensichtlich nicht ganz beieinander.
Raaben wollte mit seinen Belehrungen fortfahren, aber Haller schüttelte den Kopf.
„Hat keinen Zweck“, meinte er. „Erst nach einer vorläufigen Entgiftung, so wie ich das sehe.“
Ein intensiver Geruch hing in der Luft. Aber Haller konnte nicht sagen, was es war.
„Vor siebeneinhalb Jahren wurde Jana Buddemeier das erste Opfer des Barbiers“, sagte Haller. „Erschossen mit einem Jagdgewehr - Herr Winkelströter, falls Sie das noch mitbekommen sollten und noch nicht völlig in irgendwelchen anderen Sphären schweben: Wir werden innerhalb relativ kurzer Zeit wissen, ob Sie das gewesen sind ...“
*
Anna brachte Branagorn doch nicht nach Kinderhaus. Stattdessen machte Anna ihm einen anderen Vorschlag. Sie fuhren zu ihrer Praxis, um den Rundum-Videoschwenk anzusehen, der auf dem Mittelalter-Markt in Telgte gemacht worden war.
„Man hat mir das Material auf meinen Stick geladen“, sagte Anna und deutete auf einen Datenstick, der an ihrem Schlüsselbund hing, aber aussah wie ein gewöhnlicher Schlüsselanhänger. „Gut, dass ich den gestern dabei hatte, sonst würde ich die Daten erst heute oder morgen bekommen“, meinte sie.
Sie stiegen aus dem Wagen, nachdem Anna in der Achtermannstraße geparkt hatte. Anna brachte Branagorn allerdings nicht zu ihrer Praxis, sondern zu ihrer Wohnung, ein Stock höher.
„Ihr zeigt mir Eure Privatgemächer?“, fragte Branagorn sichtlich überrascht.
„Ich habe dort eine Kinoleinwand. Da können wir die Aufnahme in der entsprechenden Vergrößerung ansehen und all die Kleinigkeiten, auf die Sie so gerne achten, sind dann viel besser zu sehen.“
„Das ist gut“, nickte Branagorn.
„Wollen Sie etwas trinken?“
„Nein danke.“
„Nicht einmal Wasser?“
„Ich brauche im Moment nichts.“
Anna führte den Elbenkrieger in ihren privaten Mini-Kinosaal. Dort konnte sie von den emotional anstrengenden Erlebnissen ausspannen, die ihr Beruf nun einmal mit sich brachte. Die Videodaten auf dem Stick überspielte sie auf die Festplatte, auf der sich auch ihre gesammelten Filme befanden.
Branagorn setzte sich in einen sehr bequemen Ledersessel und wartete ab.
„Einen Augenblick noch“, sagte Anna dann, nahm ihr Handy und ging hinaus auf den Flur. Zwei oder drei kurze Gespräche führte sie. „Ich musste noch ein paar Termine absagen“, erklärte sie, als sie zurückkehrte.
„Ihr weist Hilfesuchende ab?“
„Die Verfolgung des Barbiers hat im Moment Vorrang, finde ich.“
„Ja, gewiss, das verstehe ich.“
„So, und jetzt haben wir unseren Kinoabend, wenn man das denn so nennen will. Na ja, vielleicht ist das auch geschmacklos. Sie haben jedenfalls alle Zeit, die Sie brauchen. Sehen sie sich das Material immer wieder an, wenn es sein muss. Sie können die Aufnahme stoppen, einzelne Bilder heranzoomen – was Sie wollen!“
„Ich mache mir Sorgen um Euch, Cherenwen.“
„Um mich?“
„Ihr wart unvorsichtig.“
„Branagorn, Sie sprechen in Rätseln! Davon abgesehen kann ich sehr gut auf mich selbst aufpassen.“
„Sagt mir, habt Ihr schon vom Traumhenker geträumt? Ist er bereits in Eure nächtliche Sphäre des Schlafes eingedrungen? Sagt mir die Wahrheit!“
Anna sah ihn verwundert an. Wie kann er von meinen Alpträumen wissen?, ging es ihr durch den Kopf. Oder hat er das nur geraten? Sieht er mir an, wie sehr mich dieser Fall mitnimmt und habe nur ich umgekehrt einfach seine Sensibilität stark unterschätzt?
Branagorn wartete die Antwort gar nicht erst ab.
Sie schien für ihn bereits festzustehen.
„Es ist also wahr“, einte er.
In Annas Ohren klang das wie ein Todesurteil. Ein Schauder erfasste sie, ohne dass sie dafür wirklich einen auch nur halbwegs nachvollziehbaren Grund hätte nennen können.
„Ich schlage vor, Sie konzentrieren sich jetzt erst mal auf das hier!“, meinte sie und betätigte die Fernbedienung.
*
Branagorn saß mit starrem Blick und praktisch regungslos da, während die Video-Aufzeichnung vom Tatort auf der Planwiese lief.
„Halt!“, forderte er plötzlich.
„Sie haben etwas entdeckt?“
Branagorn stand auf und deutete auf einen bestimmten Bereich des Standbildes. Für Anna war da kaum etwas erkennbar, außer den Köpfen zahlloser Schaulustiger.
„Ich werde es vergrößern“, kündigte sie an.
Sie ging an den Computer, der an ihre Kino-Anlage angeschlossen war. Wenig später stand eine Vergrößerung des Bildausschnitts zur Verfügung.
Nun glaubte auch Anna zu erkennen, um was es sich handelte.
„Das ist die Frau, mit der ich gesprochen habe! Melanie Aufderhaar!“, war sie überzeugt.
„Nein“, widersprach Branagorn. „Das ist nicht Melanie Aufderhaar – sondern Sarah.“
„Woher wollen Sie das wissen?“
„Es ist die Frau, die auf dem Foto war, das im Buch der Gesichter stand!“, erklärte Branagorn. „Und genau mit jener Frau habe ich gestern gesprochen, als ich das Haus aufsuchte. Es gibt feine Unterschiede in den Linien des Gesichts. Und die Haare ...“
„Mit den Haaren von Melanie Aufderhaar war irgendetwas seltsam.“
„So?“
„Keine Ahnung, wie ich es Ihnen beschreiben soll, aber ich habe im ersten Moment gedacht, es wäre eine Perücke. War nur so ein Gefühl. Außerdem hatte Melanie irgendetwas am Bein, dass sie beim Gehen behinderte. Sie stützte sich dauernd auf den Handlauf.“
„Dies ist Sarah Aufderhaar“, beharrte Branagorn. „Auch wenn ich Melanie bisher nicht begegnet bin, weiß ich doch, wem ich begegnet bin! Da gibt es keine Zweifel.“
„Nun, ich verstehe nicht, weshalb Melanie sich mir gegenüber so eigenartig verhalten hat. Und da ist noch etwas. Ich habe sie auf das Facebook-Foto angesprochen und sie schien sich überhaupt nicht zu wundern!“
„Natürlich nicht“, sagte Branagorn.
„Was?“
„Sie ist doch auch auf dem Bild. Auch wenn ihr Gesicht nicht zu sehen ist.“
„Und wo ist sie dann?“
„Es gibt noch einen Ritter und einen Pest-Arzt. Beide Gesichter sind nicht zu sehen. Geht man von der Körpergröße aus, dann kommt nur die Maske des schwarzen Todes infrage und nicht der Ritter mit seinem geschlossenen Helmvisier.“
Anna schluckte und nickte leicht. Er hat recht!, ging es ihr schlagartig durch den Kopf. Diejenigen, die die Kommentare zu dem Bild abgegeben hatten, waren sich wohl nicht sicher gewesen, ob die Frau mit dem offen sichtbaren Gesicht nun Melanie oder Sarah war. Schließlich sahen Zwillinge sich in der Regel zum Verwechseln ähnlich.
„Ihr könnt die Bilder sich wieder bewegen lassen“, sagte Branagorn. „Wer weiß, vielleicht entdecke ich noch irgendein anderes Detail, das von Interesse ist.“
„Wonach suchen Sie überhaupt?“, fragte Anna.
„Nach einem Augenpaar. Ein Augenpaar, das mir in Lengerich begegnete. Ich habe Euch davon berichtet.“
„Ich habe übrigens Kontakt mit jemandem in Lengerich aufgenommen“, sagte Anna. „Einem Arzt, den ich gut kenne und der an die Patientendaten herankommt, sodass man herausfinden könnte, wer damals mit Ihnen zusammen dort war.“
Branagorn wandte den Kopf und sah Anna erstaunt an. „Das habt Ihr für mich getan?“, stieß er hervor und Anna stoppte sogleich den Fortgang der Aufzeichnung, denn schließlich wollte sie, dass Branagorn sich die ganze Sequenz ansah.
„Ich habe das nicht Ihretwegen getan, sondern weil ich mir vorstellen könnte, dass Sie vielleicht tatsächlich etwas gesehen haben, das für die Lösung dieses Falles bedeutsam sein kann.“
Branagorn sprach mit belegter Stimme. Er schien innerlich tief berührt zu sein. „Ich weiß, wie groß Eure Scheu davor ist, Regeln zu verletzten. Ihr fürchtet dann den unweigerlichen Einbruch des Chaos – und ich kann Euch diese Furcht noch nicht einmal guten Gewissens nehmen! Denn tatsächlich ist es so, dass die Missachtung von Regeln die Urquelle des Chaos ist. Für Eure Profession der Seelenkunde gilt das genauso wie für die Magie ... Und doch habt Ihr Euch überwunden und seid über diesen breiten Schatten gesprungen. Das beeindruckt mich sehr, werte Cherenwen!“
„Hören Sie auf, mich zu analysieren.“
„Das tue ich nicht.“
„Das tun Sie sehr wohl! Und Sie machen das noch nicht einmal schlecht.“
„Ich gebe lediglich meiner tief empfundenen Bewunderung und Hochachtung für Eure innere Größe Ausdruck, Cherenwen.“
„Wollen wir jetzt fortfahren?“
Branagorn nickte. „Ja, gerne.“
Die Aufzeichnung lief weiter. Branagorn sah mit angestrengter Miene auf die Leinwand und fragte plötzlich: „Wann wird Ihr befreundeter Heiler aus Lengerich Euch Bescheid geben?“
„Vielleicht heute noch. Wer weiß.“
„Welcher von den Heilern, die dort zurzeit ihres Amtes walten, ist es?“
„Es ist besser, wenn Sie das nicht wissen, Branagorn.“
„Ja, vielleicht habt Ihr Recht ...“ Ein paar Augenblicke vergingen und die Polizeikamera schwenkte ganz nach rechts und dann wieder zurück. „Halt!“, sagte Branagorn. „Ein Stück zurück! Zeigt mir den Moment, bevor zurückgeschwenkt wird, teure Cherenwen!“
„Ich versuche es hinzubekommen“, gab Anna zurück.
Wenige Augenblicke später hatte Branagorn gefunden, was er suchte. Es war ein Bildausschnitt, der nur für einen winzigen Moment zu sehen war. Branagorn deutete auf einen bestimmten Ausschnitt mitten in der Menschenmenge. „Dies vergrößern“, forderte er.
Für Anna war dort zunächst nicht mehr als ein undeutlicher Schatten zu sehen. Erst in der Vergrößerung erkannte sie, worum es Branagorn dort eigentlich ging. Eine maskierte Gestalt war – halb verdeckt durch die breiten Schultern eines als Mönch verkleideten Mannes – zu sehen. „Der Schwarze Tod“, murmelte sie.
Die Maske war deutlich zu erkennen, allerdings war von dem langen Schnabel an der Vorderseite nichts zu erkennen, da er nahezu vollkommen verdeckt wurde. Aber dennoch erkannte auch Anna, dass es sich um die Maske eines Pest-Arztes handelte. Anna glaubte zu erkennen, dass es sich um eine jener Masken handelte, die Timothy Winkelströter in seinem Internet-Shop vertrieb.
„Da ist irgendetwas am Auge“, stellte Branagorn fest.
„Ich kann das Bild noch etwas vergrößern, aber ich glaube, jetzt sind schon die einzelnen Pixel zu sehen.“
„Versucht es trotzdem, teure Cherenwen!“
„Ganz wie Sie wollen.“
Nachdem Anna den Ausschnitt noch etwas weiter herangezoomt hatte, erkannten sie beide, was es war. Anna runzelte die Stirn.
„Mich dünkt, die Apparatur, die da ans Auge gehalten wird, dient der Fernsicht und wird Zielfernrohr genannt“, stellte Branagorn fest. „Oder sollte ich mich da irren, Cherenwen.“
„Nein“, murmelte Anna tonlos. „Sie irren sich keineswegs. Das sieht so aus, als würde der Pest-Arzt die Szenerie durch ein Zielfernrohr beobachten. Das ist wirklich ... eigenartig.“
„Sie“, stellte Branagorn klar.
„Was?“
„Es ist eine Pest-Ärztin, wie wir jetzt wissen“, erklärte er. „Genau, wie es wohl auch auf dem Bild im Buch der Gesichter der Fall zu sein scheint.“
In diese Moment klingelte Annas Handy. „Wir haben Timothy Winkelströter festgenommen, Anna. Ein Jagdgewehr wurde sichergestellt, das jetzt einer ballistischen Laboruntersuchung zugeführt wurde. Und in seiner Wohnung und in seinem Mittelalter-Warenlager haben wir auch mehrere Dolche und Drahtschlingen gefunden, die als Tatwaffen für die Morde infrage kommen. Wir gehen inzwischen davon aus, dass wir ihm auf jeden Fall den Mord an Nadine Schmalstieg auch nachweisen können werden.“
Der Kriminalhauptkommissar machte einen geradezu euphorischen Eindruck.
„Das freut mich sehr“, sagte Anna.
„Es wäre schön, wenn du nachher im Präsidium sein könntest.“
„Gerne.“
„Der Fall steht unmittelbar vor seiner Lösung. Und du solltest unbedingt dabei sein, wenn der Sack zugemacht wird.“
„Danke“, murmelte Anna.
„Bis nachher.“
„Bis nachher.“