Читать книгу Krimi Doppelband 2222 - Alfred Bekker - Страница 14

7

Оглавление

Wir standen am Bug eines Bootes der New York Port Authority Police. Zweihundert Meter rechts von uns die Südspitze von Roosevelt Island. Links, etwas doppelt so weit entfernt, der Yachthafen von Long Island City.

"Sie haben ihn." Milo stieß mich an und deutete auf die beiden Taucher, die eben an der Oberfläche des East Rivers erschienen. Sie winkten den Männer zu, die am Heck des großen Bergungsschiffes gewartet hatten. Der Kranarm des Bergungsschiffes schwenkte herum. Quietschend sprang dessen elektrische Seilwinde an, und vier hakenbewehrte Stahltrossen senkten sich ins Wasser hinab.

Gleichzeitig sprangen drei weitere Taucher in den East River. Gemeinsam mit ihren Kollegen steuerten sie die Stahltrossen auf den Grund des Flusses, wo sie offensichtlich das Motorboot entdeckt hatten, das Zeugen gestern Vormittag an dieser Stelle sinken gesehen haben wollten.

Milo und ich interessierten uns brennend für das gesunkene Boot. Seit einigen Wochen musste sich unser New Yorker FBI-District Office mit einen Ring von Waffenhändlern beschäftigten, den wir in Verdacht hatten, nicht nur Waffen osteuropäischer Herkunft an die Unterwelt des Big Apples zu verkaufen, sondern auch mit spaltbarem Material zu handeln. Nicht erst seit Oklahoma waren unsere Behörden auf diesem Ohr besonders hellhörig.

Einer der Verdächtigen jedenfalls hatte sich unserem Observationsteam entzogen. Wir wussten, dass er häufiger mit dem Motorboot von Queens nach Manhattan übersetzte. Ihn in dem verunglückten oder sabotierten Boot zu finden, hätte uns nicht überrascht.

Es dauerte fast drei Stunden, bis die Trossen des Kranbootes endlich den Bug des Motorbootes an die Wasseroberfläche zogen. Und noch einmal zwei Stunden, bis die Leiche eines Insassen geborgen war.

Der Tote war wesentlich jünger, als der Mann, den wir zu finden gehofft hatten. Und er hatte ein scheußliches Loch im Hinterkopf. Ein Loch, wie es großkalibrige Waffen in Schädeldächer zu reißen pflegen.

Milo und ich sahen uns enttäuscht an. "Also - dann lass uns zurück zum Hafen fahren", brummte Milo und blickte auf seine Armbanduhr. Es war nach halb zwei. "Zeit für einen kleinen Imbiss."

Zwei Detectivs im Hafen von Long Island City hatten über Funk die Identität des Toten ermittelt. "Lassen Sie hören, Kollegen." Ich lehnte mich gegen das zivile Dienstfahrzeug der beiden Polizisten. Der eine saß auf dem Beifahrersitz und verschlang einen Hotdog. Der andere stand neben Milo und mir an der offenen Tür. Er hielt noch das Mikro des Autotelefons in der Hand.

"Der Mann an Bord des Motorbootes ist ein bekannter Immobilienhändler aus Lower Manhattan", berichtete er. "Eine Vermisstenanzeige ist erst heute Morgen eingegangen."

"Okay", brummte Milo. "Dann können wir ja gehen." Ich sah meinem Partner an, dass ihm der Magen knurrte. Wir wandten uns ab.

"Vielleicht auch nicht." Unser Kollege von der New York City Police gab uns mit einer Handbewegung zu verstehen, noch zu warten. "Gehört Erpressung nicht auch auf euern Dienstplan?", fragte er, während er seinem Partner das Mikro in den zivilen Dienstwagen hineinreichte.

Ich nickte. "Ist der Mann erpresst worden?"

"Sieht fast so aus. Mel Wyndham", er machte eine Kopfbewegung zu dem Zinksark, den zwei Beamten der Hafenpolizei gerade von Bord des Polizeibootes trugen, "hat Geschäfte mit Übersee gemacht. Und irgendjemandem passte das nicht. Er hat sich vor drei Tagen bei der Polizei gemeldet, weil er sich bedroht fühlte. Ziemlich komplizierte Sache. Am besten, ihr besorgt euch mal die Akte."

Wir taten mehr als das. Noch von Queens aus fuhren wir nach Lower Manhattan herunter und statteten dem Büro des Toten einen Besuch ab.

Ein ziemlich großes Büro in einem Hochhaus in der Fulton Street. Ich zählte mindestens zwanzig Mitarbeiter. Die Leitungsebene hinter den Türen ihrer Exclusiv Büros bekamen wir nicht zu Gesicht.

Abgesehen vom Stellvertreter Wyndhams. Er bat uns in ein Empfangszimmer. "Furchtbar", er schüttelte unablässig den Kopf. "Furchtbar." Er wies auf zwei Ledersessel. "Nehmen Sie doch bitte Platz, Gentlemen. Ist er ..."

Aus erschrockenen Augen sah er uns abwechselnd an und vergaß sogar sich hinzusetzen. "… ist er umgebracht worden?" Im Zeitlupentempo ließ er sich uns gegenüber auf einer Ledercouch nieder.

"Wie kommen Sie darauf?" Milo machte ein skeptisches Gesicht.

"Mr. Wyndham ist bedroht worden." Der Mann sprach plötzlich leise und mit heiserer Stimme. "Unser Büro vermittelt den Verkauf eines großen Fabrikkomplexes an einen deutschen Autobauer. Für die Finanzierung des Umbaus konnten wir eine Schweizer Bank gewinnen."

Ich horchte auf. "Als sich dann Anfang des Monats New York City dem Boykott Schweizer Banken anschloss, entschied sich Mr. Wyndham einen neuen Finanzierungsplan aufzustellen."

Sarah Boyle fiel mir ein. Und die Nachrichten über die Nazigoldaffaire. In den letzten zwei Wochen wollte dieses Thema nicht mehr aus den Schlagzeilen verschwinden. "Er weigerte sich also mit Schweizer Banken zusammenarbeiten?"

"Gemäß der Kongressempfehlung, jawohl", bestätigte der Stellvertreter des Maklers vorsichtig. "Verschiedene Geschäftsleute waren hier, um ihn umzustimmen." Er lächelte wehmütig. "Aber wenn unser Chef sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte ..."

"Verstehe", brummte Milo. "Aber aus dem, was Sie bisher erzählten, kann ich noch keine Bedrohung ableiten."

Der Mann breitete hilflos die Arme aus. "Ich weiß nicht viel darüber, wirklich nicht", beteuerte er. Nach meinem Geschmack etwas zu heftig, um noch glaubhaft zu wirken.

"Mr. Wyndham hat nur angedeutet, dass man gedroht hatte, sein Privatleben in der Presse auszubreiten, wenn er das Geschäft mit neuen Geldgebern abwickelt."

"Hatte er denn Grund so etwas zu fürchten?", wollte ich wissen.

Wieder die ausgebreiteten Arme. Diesmal verbunden mit einem Schulterzucken. "Mr. Wyndham war nicht das, was man einen braven Bürger nennt. Er hatte - nun, wie soll ich sagen - sehr ausgefallene Interessen und äußerst liberale Ansichten." Er räusperte sich. "Außerdem war er homosexuell."

Wir beließen es dabei. "Und was werden Sie jetzt tun?", fragte ich beim Abschied. "Mit welchen Banken werden Sie jetzt das Geschäft abwickeln?"

Wieder die in hilfloser Geste ausgebreiteten Arme. "Unsere Juristen haben inzwischen festgestellt, dass wir den Vertrag mit den Schweizern gar nicht so ohne Weiteres kündigen können ..."

Wir sahen uns an. "Aha", sagte wir fast synchron.

Mit dem Terminkalender des Toten in der Tasche verließen wir das Firmenbüro. "Was hältst du davon, Partner?", wollte ich auf dem Weg in die Federal Plaza von Milo wissen.

"Hast du gesehen, wie hilflos und unschuldig dieser mickrige Yuppie getan hat?" Milo schüttelte den Kopf. "Als könnte er kein Wässerchen trüben."

Ich bog in den Broadway ein. Die abendliche Rushhour würde in frühestens einer Stunde einsetzen, und ich konnte einigermaßen zügig fahren. "Ja", bestätigte ich Milos Eindruck. "Manche Leute lügen mit jeder Geste. Und wie denkst du über die Geschäfte mit der Schweiz und die angebliche Erpressung?"

"Ich mag es nicht besonders die Scherben politischer Auseinandersetzungen aufräumen zu müssen", brummte er. "Außerdem fällt es unseren Saubermännern an der Spitze ziemlich spät ein, den Schweizer Banken auf die gierigen Pfoten zu klopfen. Ich werd' den Eindruck nicht los, sie tun das, weil sie genauso gierig sind." Er sah mich an. "Und du? Wie siehst du das?"

"Abgesehen davon, dass ich immer misstrauisch werde, wenn unsere Häuptlinge sich wie Revolverhelden benehmen, beunruhigt mich die Sache sehr. Wir sollten uns Wyndhams Terminkalender und Geschäftspartner sehr genau anschauen. Mein Gefühl sagt mir, dass wir gerade dabei sind, in ein Wespennest zu stechen ..."

"Na dann viel Spaß", brummte Milo und hielt vor einer Imbissbude.

Krimi Doppelband 2222

Подняться наверх