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Schneebedeckte Bergriesen, soweit das Auge reichte. Urs Zimmermann liebte es die schweigende Majestät dieser Gipfel auf sich wirken zu lassen. Er gehörte nicht zu den Menschen, die sich angesichts solcher schwindelerregender Größe klein und begrenzt fühlten. Ihm vermittelte das Panorama der Walliser Alpen immer das Gefühl von Grenzenlosigkeit und Macht.

Er stand auf der Terrasse seiner kleinen Bergvilla und setzte das Fernglas an die Augen. Sorgfältig suchte er die Berghänge ab. In diesem Jahr lag die Schneegrenze deutlich tiefer als im Juni letzten Jahres. Vor wenigen Tagen hatte es hier oben sogar geschneit. Der Sommer war bis jetzt ein großer Flop.

Zimmermanns Grundstück und Haus - wenn man das kleine Schloss am Ortsrand von Zermatt so bezeichnen konnte - lagen unten im Tal, eingekreist von Schneegipfeln: Gornergrat, Oberrothorn, Matterhorn und Monte Rosa.

In den Hängen des Oberrothorns, einem schneebedeckten Dreieinhalbtausender, hatte Zimmermann sich vor zwei Jahren sein >Büro< bauen lassen, wie er das allen Ernstes nannte. Von hier oben aus, in über zweitausend Meter Höhe, machte er seine Geschäfte.

Nur die zahlreichen Antennen und Satellitenschüsseln auf dem Flachdach des Holzgebäudes ließen ahnen, dass es sich hier um mehr als nur irgendeine Berghütte handelte. Das, was Zimmermann sich hier, mitten in der schweigenden Bergwe lt für drei Millionen Franken hatte errichten lassen, war ein modernes Hochleistungsbüro. Vollgestopft mit Elektronik und mit drei Internet- und zwölf Telefonanschlüssen versehen.

Drei Millionen Franken hatte Zimmermann dafür investiert.

Von hier aus hielt er Kontakt zu seinen Geschäftspartnern in der ganzen Welt. Von hier aus verschob er Woche für Woche zwei- und dreistellige Millionenbeträge von Frankfurt nach Tokio und von Zürich an die Wall Street.

Die langsame Bewegung, mit der er das Fernglas über die Berghänge streifen ließ, stockte. Er hatte entdeckt, was er suchte. Der kleine Punkt näherte sich rasch und warf einen wachsenden Schatten auf das Schneefeld unter ihm.

Dann das typische Hämmern von Rotoren. Es schwoll rasch an und brach sich donnernd an den Hängen des Gornergrats.

Zimmermann verfolgte den Anflug des Helikopters, bis der über seinem Hubschrauberlandeplatz schwebte. Er setzte das Glas ab und beobachtete, wie die Maschine in etwa dreihundert Meter Entfernung neben seinem eigenen kleinen Helikopter aufsetzte.

Zwei Männer stiegen aus. Zimmermann zoomte ihre Gesichter heran. Er kannte sie nicht. Aber man hatte sie ihm angekündigt.

Er ging ins Haus und stellte die Kaffeemaschine an.

Eine Viertelstunde später saßen sie in dem kleinen Empfangszimmer des Bergbüros und tranken Kaffee. Die beiden Männer sahen aus, als wären sie unten im Tal direkt aus einer dunklen Luxuslimousine in den Hubschrauber gestiegen: Blütenweiße Hemden, teure Krawatten, dunkles Nadelstreifentuch.

Nach dem üblichen Small Talk kamen sie zur Sache. "Sie haben von dem Treffen in Zürich gehört?", sagte derjenige der beiden Männer, der sich mit >Dr. Bellheim< vorgestellte hatte.

Zimmermann verschränkte die Arme über der Brust und nickte. Er trug eine schwarze Lederweste über einem roten Seidenhemd. Dazu weiße Leinenhosen. Mit seinem grauen Lockenkopf und dem Kaiser-Wilhelm-Schnurrbart wirkte er eher wie der Wirt einer Cocktailbar als wie ein Finanzjongleur.

"Die Vorstandsvorsitzenden der Banken und Firmen, die sich in Zürich getroffen haben, würden gern mit Ihnen zusammenarbeiten." Bellheim musterte Zimmermann aufmerksam.

"Sie dürfen ruhig etwas konkreter werden." Zimmermann verzog keine Miene.

"Nun - wie Sie wissen hat der amerikanische Kongress den US-Bundesstaaten empfohlen, ihre Geschäfte mit Schweizer Banken und Firmen zu boykottieren. Solange, bis unsere Großbanken Ersatzzahlungen für die Goldgeschäfte mit den Nazis während des zweiten Weltkrieg leisten."

Er griff in Tasche seiner Anzugjacke und holte eine Packung Benson & Hedges heraus. "Und Sie kennen auch die Summen, die diesbezüglich im Gespräch sind."

Wieder nickte Zimmermann. Schweigend beobachtete er Bellheim, der sich von seinem Begleiter Feuer geben ließ. Dieser zweite Mann, ein gewisser Baumgart, hatte noch kein Wort gesprochen.

"Noch mehr steht allerdings auf dem Spiel, wenn auch nur ein Bruchteil der Geschäfte platzt, die im Augenblick kurz vor dem Abschluss stehen", fuhr Bellheim fort. "Sie, Herr Zimmermann, haben in Yale studiert, Sie haben an der Wall Street gearbeitet, Sie haben sich zwischen 1988 und 1996 auf dem Parkett der Finanzwelt Manhattans bewegt. Mit einem Wort: Niemand verfügt über derart gute Kontakte zu den New Yorker Geschäftspartnern unserer Auftraggeber wie Sie."

Wieder machte er eine Pause und beobachtete Zimmermanns Reaktion. Der verriet mit keiner Geste und keinem Mienenspiel, dass er begriffen hatte: Sie wollten ihn als Unterhändler engagieren.

"Anfang nächsten Monats werden sich die Finanzchefs der amerikanischen Bundesstaaten in New York treffen und über die Empfehlung des Kongresses beraten. Wir haben keinen Zweifel daran, dass einige Staaten sich zu einem Boykott entschließen werden."

"Das glaube ich allerdings auch", sagte Zimmermann betont langsam.

"Giuliani in New York City hat leider schon entsprechendes signalisiert."

"Ich weiß." Zimmermann kannte den Bürgermeister von New York City persönlich. Wenn es darum ging, eine harte Linie zu fahren, stand er gewöhnlich in der ersten Reihe.

"Vier Prozent vom Gewinn jedes Geschäftes, das Sie retten können." Bellheim verständigte sich durch einen Blick mit seinem Begleiter. Der zog ein Kuvert aus der Innentasche seines Jacketts und legte es vor Zimmermann auf den Tisch. "Hier ist eine Liste mit den Projekten, um die es geht, und mit den Namen der Leute in New York City, die Sie besuchen sollten."

Sekundenlanges Schweigen. Zimmermanns Hirn arbeitete auf Hochtouren. Er verfügte über gute Insiderkenntnisse und hatte in etwa den Überblick über die Geschäfte, die Schweizer Banken und Firmen zurzeit in New York City abwickelten.

Vier Prozent vom Gewinn eines jeden Geschäfts, dass er retten würde ... Er überschlug die Zahlen und kam auf eine Summe, die sich der Zwanzig-Millionen-Grenze näherte.

"Sechs Prozent", forderte er. Bellheim leistete keinen großen Widerstand. Eine halbe Stunde später war man sich einig - fünf Prozent. Zimmermann begleitete die Männer zurück zu ihrem Hubschrauber und sah der Maschine nach, bis sie sich ins Tal hinabsenkte und aus seinem Blickfeld verschwand.

Danach ging er zurück in sein Bergbüro, setzte sich an einen PC und buchte für Zürich - New York über Frankfurt für das kommende Wochenende. Die Suite im >Carlyle< in der Upper East Side mietete er zunächst für einen Monat.

Anschließend fischte er in seiner Datenbank nach der Adresse eines Mannes, dessen Geschäftsmethoden er wegen ihrer Wirksamkeit schätzte. Der Name >Frank Scalio< flimmerte über seinen Monitor. Anders als Scalio würde Zimmermann niemals einem Mann das Ohr abschneiden, seine Kinder entführen, oder seine Leiche im Hudson versenken. Solche Methoden waren absolut rufschädigend. Abgesehen davon, dass man vom Gefängnis aus keine Finanzgeschäfte abwickeln konnte.

Aber manchmal musste man einfach auf solche Methoden zurückgreifen. Und dann war es günstig einen Spezialisten dafür an der Hand zu haben ...

Krimi Doppelband 2222

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