Читать книгу Krimi Doppelband 2222 - Alfred Bekker - Страница 15
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Оглавление"Sollen wir mit dem Abendbrot auf dich warten?" Die Frau zog die Haustür des Einfamilienhauses auf und ließ den massigen, großen Mann hinaus auf den Gartenweg treten.
"Lieber nicht", brummte Jack McCall und beugte sich hinunter, um seine so viel kleinere Frau auf den Mund zu küssen. "Ich habe den letzten Termin auf fünf Uhr nachmittags gelegt. Man weiß nie, wie die Dinge sich entwickeln. Esst ohne mich, bring die Kinder ins Bett, und wenn ich um neun zurückkomme, machen wir uns einen schönen Abend. Okay?"
Er winkte und ging über den Kiesweg am Haus entlang auf die Garage zu. "In Ordnung, Jack. Mach's gut!"
McCall drückte auf den Signalknopf seines Autoschlüssels, und das Garagentor hob sich scharrend. Er schloss seinen nagelneuen Mercury auf und warf den Aktenkoffer auf den Beifahrersitz. Seufzend schob er seinen über zwei Meter langen Körper hinter das Steuer. Wie fast jeden Morgen steckte er sich eine Zigarette zwischen die Lippen, bevor er den Zündschlüssel umdrehte.
Seine Frau hatte Rauchen im Haus schlichtweg verboten. Vor zwei Jahren. Als sie erfuhr, dass sie mit dem Kleinen schwanger war. Also musste Jack McCall wohl oder übel mit seiner Ersten warten, bis er ins Büro fuhr.
Er ließ den Wagen aus der Garage rollen. Am Hauseingang hatte sich seine dreijährige Tochter zu seiner Frau gesellt. Sie winkten ihm zu. Der Kleine schlief noch.
McCall hupte kurz, bog in die Straße ein und fuhr aus dem Villenviertel am Nordrand Albanys in Richtung Stadtmitte.
Der Tag, der heute vor ihm lag, wollte ihm nicht so recht schmecken. Die Bankhäuser und Chefetagen der Firmen abklappern, um die Bosse auf den Sanktionsbeschluss der Regierungen von New York State und New York City einschwören - das kam ihm albern vor. Die Wirtschaftsbosse waren entweder Hardliner, oder der Regierung oder irgendeiner jüdischen Organisation verpflichtet und würden ihm deswegen kämpferisch und mit einem verschworenen Gesichtsausdruck auf die Schultern klopfen - so wie David Cohn zum Beispiel.
Oder sie würden freundlich nicken und schließlich doch tun, was sie für richtig hielten - so wie Washington Miller von der >International Merchant Instituts< zum Beispiel.
McCall fragte sich, was die Regierung gegen Banken und Firmen zu unternehmen gedachte, die den Boykott boykottierten. Wenn sie nicht gerade in profitable Geschäfte mit der Stadt oder dem Staat New York verwickelt waren - wie das >International Merchant Institut< - würde es gar nicht so einfach sein, Druck auf sie auszuüben.
Und vor allem fragte er sich, warum Stanley Morrison den Job in Manhattan nicht selbst übernommen hatte. Sonst ließ er selten eine Gelegenheit aus sich in den Chefetagen der Wall Street herumzutreiben.
"Sieh es von der positiven Seite, Jacky", sagte er sich schließlich. "Auf diese Weise kommst du mal wieder aus Albany raus und siehst eine vernünftige Stadt."
Fast zu spät sah er die Ampel in seiner Fahrtrichtung auf Rot springen. Er trat auf die Bremse. Der Mercury verlangsamte nur zögernd. Erst kurz vor der Stoßstange seines Vordermann stand er still. "Teufel auch, was ist mit dir los, du Prachtschlitten?"
Der Fahrer des vorderen Wagens drehte sich um. McCall erwartete, dass der Mann ihm den Stinkefinger zeigen würde. Aber er beließ es bei einem ärgerlichen Kopfschütteln.
McCall überlegte kurz, ob er an einer Werkstatt anhalten sollte, um die Bremsen überprüfen zu lassen. Die Ampel sprang auf Grün. Er bog in die Ausfallstraße nach New York City ab. Auf der halben Meile vor der nächsten Werkstatt machte er zwei Bremsproben. Der Wagen reagierte einwandfrei.
Eine leise Unruhe blieb, aber McCall beschloss den Werkstattbesuch auf den nächsten Tag zu verschieben. Es war schon kurz nach acht und um zehn hatte er den ersten Termin in Manhattan.
Er passierte die Stadtgrenze Albanys und gab Gas.
Die Interstate 9 durch das östliche Hudsontal war an diesem Morgen nur mäßig befahren, und McCall fuhr mit knapp 80 Meilen pro Stunde auf der Überholspur. Mit der Lichthupe schaffte er sich Platz und kam leidlich gut voran.
Er war ungefähr eine halbe Stunde unterwegs, als es passierte: Ein Truck setzte zum Überholen an und scherte auf die linke Fahrspur aus, bevor er blinkte.
McCall trat auf die Bremse. Nichts tat sich. "Verfluchte Kiste!", brüllte er und stampfte seinen Fuß gegen das Bremspedal, während der Anhänger des schweren Trucks größer und größer wurde. "Oh Scheiße!" McCall zog das Steuer herum und versuchte nach rechts an den Fahrbahnrand zu steuern.
Er sah sofort, dass es ihm nicht mehr reichen würde - sein rechter Kotflügel schob sich knirschend unter die Ladefläche des Trucks auf der rechten Fahrspur. McCall hob schreiend die Arme vor sein Gesicht. Das Heck seines Mercurys brach nach rechts aus, der Wagen wurde herumgerissen, und das Letzte, was McCall halbwegs bewusst wahrnahm, war der archaische Kühlergrill eines entgegenkommenden Sattelschleppers ...