Читать книгу Krimi Doppelband 2222 - Alfred Bekker - Страница 17

10

Оглавление

Jonathan McKee schob uns den Bericht der Pathologie über den Tisch. "Wyndham war schon tot, bevor er sein Boot betreten konnte." Wir saßen in der Konferenzecke des Chefbüros. Es war Freitagnachmittag. Milo und ich hatten die letzten Tage damit zugebracht, den Bekanntenkreis und die Geschäftspartner des Immobilienmaklers zu durchleuchten. Ohne auf einen Anhaltspunkt für ein Mordmotiv zu stoßen.

"Und das Wrack?", fragte ich. "Ein Toter wird eine Motoryacht kaum versenkt haben."

"Eine kleine Sprengladung am Bug." Unser Chef reichte mir einen weiteren Bericht. "Innen unter der Wasserlinie angebracht. Wyndhams Mörder müssen das Boot per Fernsteuerung auf den East River gelenkt haben. Oder sie haben das Steuerruder festgeklemmt, und sind unterwegs abgesprungen."

"Keiner der Zeugen hat Taucher gesehen", sagte Milo.

Der Chef zuckte mit den Schultern. "Vielleicht ein zweites Boot, vielleicht haben sie die Yacht von der Anlegestelle aus auf Kurs gebracht."

Milo zückte sein Notizbuch. "Wir haben versucht, sämtliche private und geschäftliche Kontakte zu rekonstruieren, die der Tote in den letzten drei Wochen hatte." Er blätterte in seinen Notizen.

"Der Gentleman hat ein ziemlich wildes Leben geführt. Fast jeden dritten Abend verbrachte er im >Blue Window<, einer Schwulenkneipe in SoHo. Kokain hat er konsumiert wie unsereiner seinen Kaffee. Zweimal in diesen drei Wochen besuchte der >La Nouvelle Justine<, ein ziemlich perverses Restaurant in Chelsea."

Die Brauen des Chefs wanderten nach oben. Fragend sah er meinen Partner an.

"Wie soll ich sagen, Sir ..." Milo suchte nach Worten. "Das Lokal gilt in den exzentrischen Kreisen unserer Stadt als der letzte Schrei. Dort steht nicht nur französische Küche auf der Karte, sondern auch eine ganze Reihe sado-masochistischer Dienstleistungen."

Er zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus seinem Notizbuch und reichte es dem Chef. "Den Bericht haben mir Kollegen von der Sittenpolizei angefertigt. Man kann sich dort gegen Bezahlung beleidigen lassen, dem Koch die Stiefel ablecken, oder, wenn man sich nicht benimmt, seine >Canard à L'Orange< in einer Hundehütte aus dem Blechnapf zu sich nehmen."

Der Unterkiefer unseres Chefs wanderte nach unten. Fassungslos schüttelte er den Kopf. "Das glaub' ich nicht ...", flüsterte er, "… das glaub' ich nicht ..."

"Die New York Times hat vor drei Wochen darüber berichtet." Ich grinste müde. "Ich hab's auch nicht glauben wollen."

"Ungeheuerlich." Jonathan McKee reichte Milo den Bericht der Sitte. "Wird gegen die Betreiber ermittelt?"

"Dazu gibt es offensichtlich keinen Anlass, Sir. Die Leute dort sind zwar total bescheuert, aber sie tun offensichtlich nichts, was der Gesetzgeber ausdrücklich verbietet."

"Und unsere eigenen Ermittlungen ergaben keinerlei Anlass, dass Wyndham in dieser Szene Feinde oder offene Rechnungen hatte", ergänzte ich. "Ebenso wenig wie in der Schwulenszene oder im Drogenmilieu."

"Und die geschäftlichen Kontakte?" Jonathan McKee gewann seine Fassung zurück.

"Da gibt es ein paar Ansatzpunkte." Wieder blätterte Milo in seinem Notizbuch. "Er hat natürlich immens viel telefoniert in den vergangenen drei Wochen. Die Telefongesellschaften haben gestern erst den Befehl des Richters bekommen, und vor heute Abend wird die Liste mit Wyndhams Telefonaten nicht auf unseren Schreibtischen liegen. Aber er hat zweimal Besuch von einem gewissen Urs Zimmermann gehabt. Einem Schweizer Finanzmakler. Und beide Male ging es um Geschäfte mit Schweizer Banken. Wyndham wollte wohl von einem Geschäft zurücktreten, das kurz vor dem Abschluss stand."

"Weil die Stadtregierung sich an den Sanktionen gegen Schweizer Großbanken beteiligen will?", fragte der Chef nach. Seine Augen verengten sich plötzlich. Ich hatte den Eindruck, dass er plötzlich hellhörig geworden war.

"Sieht ganz so aus, Sir", sagte ich, "Wyndhams Stellvertreter behauptet, sein Chef sei in dieser Sache erpresst worden. Er kann es aber nicht beweisen."

Jonathan McKee lehnte sich zurück. Seine aufeinandergelegten Fingerspitzen berührten seine schmalen Lippen. Eine typische Geste für unseren Chef, wenn er konzentriert nachdachte.

Plötzlich stand er auf, ging zu seinem Schreibtisch und kehrte mit einem gelben Blatt Papier zu uns zurück. Er legte es vor uns auf den Tisch. Es war das Gesprächsprotokoll eines Telefonates. >10.7.< stand am linken oberen Rand, das heutige Datum, und die Uhrzeit.

"Keine halbe Stunde, bevor Sie zu mir ins Büro kamen, Gentleman, erhielt ich einen interessanten Anruf aus dem Rathaus von Albany. Vom stellvertretenden Finanzchef des Staates New York." Er deutete auf das Gesprächsprotokoll."

>Stanley Morrison< las ich. Und: >Verkehrsunfall auf der Neun, Höhe Valatie, Jack McCall, Sanktionsbeschluss, Mord?< Ich sah unseren Chef fragend an.

"Dieser McCall war Sekretär der Finanzdezernats", erklärte der SAC. "Morrison hatte ihn nach Manhattan geschickt, um auf verschiedenen Chefetagen wegen des Boykotts gegen die Schweiz anzuklopfen."

Unten auf dem Gesprächsprotokoll waren zwei Namen mit Uhrzeiten notiert: >Dr. David Cohn / Transatlantik Traffic Bank / fünf Uhr< und >Washington Miller / International Merchant Instituts / zwölf Uhr<. "Das sind die Leute, die er besuchen sollte?"

"Er hatte noch mehr Namen auf seinem Terminplan stehen, aber die beiden waren die wichtigsten."

"Das heißt: Diese beiden Banken machen die dicksten Geschäfte mit der Schweiz?", hakte Milo nach.

"So ist es", bestätigte der Chef. "Angeblich geht es um Milliardenbeträge."

"Und auf dem Weg zu diesen Bankern hat der Regierungsvertreter zufällig einen Unfall …", dachte ich laut nach.

"Dieser Morrison glaubt an Mord." Unser Chef machte eine skeptische Miene. "Ehrlich gesagt, ich habe seinen Anruf nicht ganz erst genommen. Der Mann ist ein wenig merkwürdig. Vor drei Jahren hat er uns schon mal auf Trab gehalten, weil er glaubte, Terroristen würden nachts in seinem Garten herumschleichen. Am Ende war es der Geliebte seiner Frau." Jonathan McKee lächelte wehmütig. "Aber jetzt, nachdem Sie Wyndhams geschäftliche Kontakte in die Schweiz erwähnt haben ..."

Er sah uns nachdenklich an. "Wir sollten uns die beiden Bankdirektoren näher ansehen. Und diesen Schweizer. Klemmen Sie sich dahinter, Gentlemen ..."

Krimi Doppelband 2222

Подняться наверх