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June March fühlte sich erschöpft. Sie war bestimmt vier Meilen hinter der roten Maggie hergelaufen, und wenn sie nicht in diese Demonstration hineingeraten wäre, hätte sie sie auch längst eingeholt.

Aber nun schien es doch bald geschafft. Höchstens hundert Yards trennten sie von der Rothaarigen, die natürlich längst gemerkt hatte, dass sie verfolgt wurde.

Aber das machte nichts. Solange sie keine Verstärkung erhielt, traute June sich zu, mit ihr fertigzuwerden. Und dann wollt sie ihr ein paar neugierige Fragen stellen, die sich auf ihre Oberweite bezogen. Sie war schon jetzt gespannt, was dabei herauskam.

June mobilisierte noch einmal alle Kraftreserven und glaubte sich bereits am Ziel.

Da stoppte neben der Rothaarigen ein weißer ausländischer Schlitten. Ein Italiener. Nach kurzem Wortwechsel stieg Maggie ein und brauste davon.

June stampfte enttäuscht mit dem Fuß auf. Das durfte doch nicht wahr sein. Dem 130er Fiat war sie zu Fuß natürlich nicht gewachsen.

Sie blieb neben der Straße stehen und winkte wie wild.

Zum Glück hatte sie schnell Erfolg. Ein weinroter Oldsmobile 98 Regency bremste scharf und rollte das kurze Stück zu ihr zurück.

„Kann man helfen?“, fragte ein ungefähr vierzigjähriger Mann mit lüsternem Grinsen. Es war nicht schwer zu erraten, wie er sich diese Hilfe vorstellte.

June durfte nicht wählerisch sein. Sie warf sich in die Polster und deutete nach vorne.

„Folgen Sie dem weißen Fiat! Wir müssen ihn unbedingt einholen.“

Der Mann gab Gas, bremste aber wieder ab, als ein schmaler Waldweg in Sicht kam. Er lenkte den Regency von der Straße herunter und schaltete den Motor ab.

„Du gefällst mir, Baby“, krächzte er. „Und ich glaube, ich bin dir auch nicht ganz gleichgültig.“

June wurde wütend. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Sie traute sich zu, sich den Burschen vom Leibe zu halten. Aber inzwischen fuhr der weiße Fiat mit Maggie auf und davon.

„Ich muss Sie fairerweise warnen“, presste sie hervor. „Auf Knalltüten wie Sie bin ich spezialisiert. Nehmen Sie die Finger von meiner Oberfläche, oder Ihr männliches Selbstbewusstsein erfährt eine herbe Enttäuschung.“

Der Mann bekam runde Augen und schnappte nach Luft.

„Aussteigen!“, befahl June.

„A...aber.“

June ließ ihn nicht zur Besinnung kommen. Sie verließ den Wagen, und bevor der Bursche den Motor erneut starten konnte, war sie auf seiner Seite und zerrte ihn aus dem Auto.

„Steigen Sie auf der anderen Seite ein! Aber schnell! Ich habe durch Sie schon genug Zeit verloren.“

Der Mann wusste nicht, wie ihm geschah. Er schwor sich, in Zukunft keine Anhalterin mehr mitzunehmen.

June warf sich hinters Lenkrad, drehte den Schlüssel, hieb den Rückwärtsgang rein und ließ den Wagen zurück auf die Straße rollen.

Von dem weißen Fiat war nichts mehr zu sehen. Aber die Straße verlief schnurgerade. June war zuversichtlich, Maggie wieder einzuholen.

Neben ihr stierte der Mann dumpf vor sich hin. Er verstand die Welt nicht mehr.

„Das ist Freiheitsberaubung“, murrte er. „Das kommt Sie teuer zu stehen.“

„Zeigen Sie mich getrost an“, empfahl die Blondine. „Ich fürchte aber, der Schuss geht nach hinten los. Und jetzt halten Sie den Mund! Ich muss mich konzentrieren.“

Der Mann zündete sich mit zitternden Fingern eine Zigarette an und hüllte sich in Rauch und Schweigen.

June warf ihm nur von Zeit zu Zeit einen Blick zu, aber sie hatte nichts mehr zu befürchten.

Nach wenigen Minuten tauchte der Fiat auf.

June beschleunigte. Die Tachonadel stieg auf siebzig und kletterte noch weiter. Wenn sie jetzt in eine Polizeikontrolle geriet, war sie geliefert.

„Sie sind ja wahnsinnig“, stöhnte der Mann neben ihr.

June March achtete nicht auf ihn. Sie erkannte, dass jetzt auch der Fiat sein Tempo erhöhte. Vermutlich hatte Maggie dem Fahrer eine faustdicke Lüge aufgetischt.

Die Jagd ging weiter. Sie näherten sich einer Ortschaft. Der Verkehr in beiden Richtungen wurde dichter. Der Fiat rast mit unvermindertem Tempo auf den Außenbezirk zu.

June blieb dichtauf und schob sich immer weiter heran. Jetzt konnte sie schon Maggies entsetztes Gesicht erkennen, die sich immer öfter nach ihr umdrehte.

Dann kam June der Zufall zu Hilfe. Aus einer Seitenstraße schob sich ein Lastzug. Er hatte Langholz geladen und wollte in die Durchfahrtsstraße einbiegen. Er scherte weit aus und versperrte Maggie den Fluchtweg.

Die Rothaarige begriff, dass sie geliefert war, wenn sie jetzt nicht handelte. Sie sprang aus dem noch rollenden Fiat und rannte davon.

June fuhr ihr hinterher, bis auch sie aussteigen musste. Ohne sich weiter um den Besitzer des Oldsmobiles zu kümmern, hetzte sie hinter der Frau her.

Der Fahrer des Fiats versuchte, sich ihr in den Weg zu stellen.

June schlug einen Haken und schlüpfte ihm durch die Finger. Sie hätte sich zugetraut, den Burschen aufs Pflaster zu legen, doch das hätte sie wertvolle Zeit gekostet.

Maggie verschwand in einem Hauseingang.

June stürmte hinterher und hörte harte Absätze die Treppe emporklappern.

Sie nahm drei Stufen auf einmal. Im dritten Stockwerk stellte sie die Flüchtende.

Maggie erwartete sie mit einer blitzenden Pistole in der Hand.

„Kommen Sie nicht näher“, schrie sie heiser.

June tauchte bis auf den Boden und riss der anderen die Füße weg.

Der Schuss ging mit einem dumpfen Plopp los. Tränengas!

June kniff die Augen zusammen und hielt den Atem an. Dann zerrte sie die Rothaarige in Windeseile die Stufen hinunter.

Etwas klapperte an ihr vorbei.

Maggie heulte vor Wut auf. Sie versuchte, sich loszureißen, doch gegen June, die in den wichtigsten asiatischen Kampftechniken geschult war, konnte sie nichts ausrichten.

June griff ihr ungeniert in den Ausschnitt. Nichts!

Verdammt! Sie konnte sich doch nicht so geirrt haben. Hatte das Biest das Zeug, was auch immer es war, im Fiat gelassen, um es sich später zu holen?

Da sah June die beiden Leinensäckchen auf der untersten Stufe liegen.

Wie eine Furie sprang Maggie sie an, als sie sich danach bückte.

Vergebens. June ließ sich die Beute nicht mehr entreißen.

Als sie einen der Beutel öffnete, verschlug es ihr die Sprache. Es glitzerte und funkelte. Sie hielt ein Vermögen in der Hand.

„Fifty, fifty!“, sagte Maggie lockend. „Wir teilen und trennen uns. Es reicht für uns beide.“

„Der Vorschlag ist nicht schlecht“, fand June und verschloss den Beutel sorgfältig. „Allerdings brauchen wir dazu einen Sachverständigen. Ich lasse mich nicht gerne betrügen.“

„Ich kenne einen.“

„Ich auch“, behauptete June. „Ich rufe ihn gleich mal an.“

Sie stieß die Rothaarige vor sich her bis zur nächsten Tür. Dort läutete sie.

Eine unfrisierte Frau mit misstrauischem Gesicht öffnete und wollte die Tür gleich wieder zuschlagen.

June stellte geistesgegenwärtig den Fuß dazwischen.

„Wir wollen Ihnen nichts verkaufen“, beteuerte sie. „Dürften wir wohl bei Ihnen telefonieren? Es handelt sich um einen Notfall.“

„Aber bezahlen“, forderte die Frau. June drückte ihr einen halben Dollar in die Hand und schob Maggie in die Wohnung.

Der Telefonapparat stand im Flur. Sie hob den Hörer ab und wählte. Als sich ein Mann meldete, sagte sie kühl: „Spreche ich mit der Polizei? Ich habe eine Juwelendiebin für Sie. Wären Sie wohl so freundlich, sie abzuholen?“

Maggie heulte vor Wut auf, aber das half ihr nichts mehr.

Siebenmal ermittelt: Krimi Paket 7 Krimis

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