Читать книгу Siebenmal ermittelt: Krimi Paket 7 Krimis - Alfred Bekker - Страница 21
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ОглавлениеLast Chance hieß der Ort sinnigerweise, den sie gerade passierten. Letzte Chance. Für wen war dies die letzte Chance?
Bount hatte sich mit June mit dem Schlafen abgewechselt und fühlte sich frisch und ausgeruht. Die Sorgen aber konnte er nicht abstreifen. An keiner Station hatte eine Nachricht von Pink Solman für ihn vorgelegen.
Inzwischen hatte er Gelegenheit gehabt, sich die beiden Männer, die in McCook zugestiegen waren, näher anzusehen. Er hatte mit beiden sogar ein paar belanglose Worte gewechselt.
Dabei war ihm besonders der Grauhaarige ziemlich dumm gekommen. Er fühlte sich mit seiner blutjungen Eroberung gestört.
Der Lange benahm sich dagegen ausgesprochen freundlich. Fast kriechend schleimig. Solche Leute mochte Bount nicht. Aber er gab zu, dass auch seine Art nicht jedermanns Sache war.
Trotzdem behielt er den Langen im Auge, während sich June mehr um Maggie kümmerte, die aber zu keinem Misstrauen mehr Anlass gab. Die Rothaarige hatte sich wieder in der Gewalt.
Als der Truck vor ihnen auftauchte, schöpfte Bount noch keinen Verdacht.
Während der bisherigen Fahrt waren ihnen stündlich viele Trucks begegnet. Die verschiedensten Typen mit den unterschiedlichsten Ladungen. Mit keinem hatte es irgendwelchen Ärger gegeben.
Als Bount einen zufälligen Blick auf den Langen warf, stieß er June an.
„Es geht los“, flüsterte er.
June begriff nicht sofort. Nach ihrer Auffassung gab es dafür keinen Anhaltspunkt.
Doch dann merkte auch sie, dass der Lange angestrengt nach vorne starrte und den Truck nicht mehr aus den Augen ließ. Dabei tastete er nach seiner Jackentasche und ließ die Hand darin verschwinden.
„Ein FBI-Beamter?“, vermutete sie.
Bount lächelte böse. Nein! Daran glaubte er nicht. Er dachte an Pink Solmans Warnung. Brad Corner sollte ermordet werden. Von McCook war die Rede gewesen. Alles fügte sich mosaikartig zum Ganzen zusammen.
Und da ging es auch schon los.
Der Truck scherte aus, bremste und stellte sich quer.
Der Busfahrer wurde grau unter der dunklen Haut. Er brachte den Bus zum Stehen und sah, wie vier vermummte Gangster aus dem Auflieger sprangen. Jetzt sollte es ihm also an den Kragen gehen. Aber er war entschlossen, sein Leben zu verteidigen.
Bount eilte durch den Mittelgang nach vorne und warnte den Mann: „Machen Sie keine Dummheiten! Gehen Sie in Deckung! Mit den Kerlen ist nicht zu spaßen.“
Auch der Lange war aufgestanden und redete beschwichtigend auf ihn ein.
„Die sollen nur kommen. Mit denen werden wir schon noch fertig. Ich war bei der Army. Lassen Sie mich nur machen.“
Die Tür schwang zurück. Zwei weitere Gangster eilten herbei. Sie kümmerten sich um die Gepäckfächer.
„Aussteigen!“, brüllte ein anderer.
Der Lange kam der Aufforderung als Erster nach. Bount folgte ihm dichtauf.
Er hatte begriffen. Die Gangster waren zwar alle durch Masken unkenntlich gemacht, doch eine Maske unterschied sich von allen anderen in der Farbe. Darunter sah Bount blonde Stoppelhaare. Brad Corner hatte auf den Fotos diese Frisur. Und auch seine Kleidung stimmte mit Francis’ Beschreibung überein.
Jetzt bückte er sich widerstrebend. Offenbar hatte er sich den Verlauf des Überfalls anders vorgestellt.
Der Lange reagierte blitzschnell, und keiner der Gangster mit ihren Maschinenpistolen hinderte ihn daran, obwohl es für sie eine Kleinigkeit gewesen wäre, ihn niederzumähen.
Er riss einen Revolver aus der Tasche und legte auf den Stoppelhaarigen an.
Bount versetzte ihm einen Stoß und schlug ihm die Waffe aus der Hand.
Im gleichen Moment zog auch Brad Corner in höchster Angst einen Revolver und drückte ab.
Der Lange bäumte sich auf und schrie.
Bount warf sich zur Seite. Direkt gegen Brad Corner, den er damit vor der Rache der Killer schützen wollte.
Er warf einen faustgroßen Gegenstand zwischen die Gangster. Eine Magnesiumgranate.
Ihr greller Blitz tauchte die ganze Szenerie für einen Moment in ein blendendes Licht.
Bount, der ja damit gerechnet hatte, schloss die Augen und sprang auf. Er stürzte genau dorthin, wo gerade noch der Wortführer gestanden hatte, bekam die Maschinenpistole zu fassen, und drückte sie nach oben.
Der Gangster betätigte den Abzug, aber die Garbe peitschte in den Himmel.
Bount kreiselte herum und versetzte dem Mann einen furchtbaren Schlag. Gleichzeitig entwand er ihm die MPi und gab einen Feuerstoß über die Köpfe hinweg ab.
Das war aber schon nicht mehr nötig. Die Gangster hatten es plötzlich mächtig eilig. Sie rannten wild durcheinander, behinderten sich zum Teil gegenseitig und erreichten schließlich doch den Auflieger.
Keine Sekunde zu spät, denn der Truck fuhr gerade an. Einer hatte sich in die Fahrerkabine geworfen. Der unerwartete Fehlschlag hatte sie alle aus dem Konzept gebracht. Niederlagen waren sie nicht gewöhnt. Damit wurden sie nicht fertig.
Bount ballerte hinter dem Sattelzug her. Er wollte die Reifen treffen. Er hatte nicht beobachten können, ob auch Brad Corner eingestiegen war. Ihn musste er unbedingt heraushauen.
Doch er traf nur einen der hinteren Zwillingsreifen des Aufliegers. Damit konnte er die Gangster nicht stoppen. Sie verschwanden in der Ferne.
Bount ließ die MPi sinken und drehte sich um.
Neben dem Bus herrschte Aufregung. Ein Mann lag vor der geöffneten Tür. Er bewegte sich nicht. Es war der Lange. Sein Revolver lag drei Schritte neben ihm.
„Er ist tot“, sagte der Fahrer dumpf. „Er hat sich für uns geopfert. Der Mörder ist entkommen, weil Sie alles verdorben haben. Es ist Ihre Schuld, Mister. Wenn Sie nicht die Maschinenpistole fallen lassen, jage ich Ihnen eine Kugel durch Ihren verdammten Schädel.“
Er hielt einen großkalibrigen Revolver in der Faust und zielte damit auf Bount.
Bount legte den Sicherungsgürtel herum, bevor er die Waffe fallen ließ.
„Stecken Sie die Kanone weg!“, sagte er. „Es verhält sich alles ganz anders. Dieser Mann dort gehörte zu den Gangstern. Er hatte den Auftrag, einen Mann zu töten. Wo ist der Mann hin, der geschossen hat?“
„Er nutzte das Durcheinander“, wusste der Fahrer, „und rannte davon. Quer über die Straße.“
Der Grauhaarige hatte noch mehr beobachtet.
„Ein Van kam aus der Gegenrichtung“, stieß er hervor. „Der Mann ist während der Fahrt aufgesprungen. Den sehen wir nie wieder.“
Bount beugte sich über den Killer. Der Mann war tot. Er konnte bei der Suche nach den anderen Gangstern nicht mehr von Nutzen sein. Brad Corner hätte ihn nicht besser treffen können.
Bount hob den Kopf und fragte den Fahrer: „Ist Ihr Funkgerät in Ordnung?“
„Ich denke schon.“
„Setzen Sie sich sofort mit der Polizei in Verbindung. Sie müssen die Straße in beiden Richtungen sperren. Allerdings verspreche ich mir nicht viel davon. Die Halunken haben zweifellos ein Schlupfloch vorbereitet.“
Während der Schwarze seine CB-Box bearbeitete und die Fahrgäste sich allmählich von dem Schrecken erholten, fand Bount Zeit, sich endlich nach June umzusehen. Ihm fiel auf, dass sie überhaupt nicht in Erscheinung getreten war.
Ihr Platz war leer, und auch sonst konnte er sie nirgends entdecken.
Wieder wusste der Grauhaarige Bescheid.
„Ihre Freundin ist Ihnen durchgebrannt“, erklärte er nicht ohne Spott. „Sie waren anscheinend nicht ihr Typ.“
„Was heißt durchgebrannt? Wollen Sie behaupten, sie sei zu Fuß hinter dem Van hergelaufen?“
„Das können Sie sehen, wie Sie’s wollen. Jedenfalls stieg das rothaarige Girl plötzlich aus und rannte davon. Anscheinend hatte es beim Anblick der Gangster die Nerven verloren. Als Ihre Freundin das merkte, flitzte sie hinterher.“
„In welche Richtung?“
Der Grauhaarige zuckte mit den Schultern. „Dafür habe ich mich nicht interessiert. Schließlich musste ich diese junge Dame vor den Gangstern beschützen.“ Er fasste das Mini-Mädchen zärtlich am Kinn und verdrehte die Augen.
Bount blickte sich nach allen Seiten um. Von June war weit und breit nichts zu sehen.
Er machte sich schwere Sorgen. Nicht nur wegen June. Vor allem fürchtete er, dass Brad Corner jetzt völlig durchdrehte. Er hatte einen Mann getötet und konnte nicht ahnen, dass er zu den Killern gehörte und auf ihn angesetzt worden war.
Jetzt befand er sich auf der Flucht. Vor der Polizei, aber auch vor der Gang, die den Tod ihres Mitglieds bestimmt nicht tatenlos hinnehmen würde.