Читать книгу Siebenmal ermittelt: Krimi Paket 7 Krimis - Alfred Bekker - Страница 12
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ОглавлениеBrad Corner hatte sich verändert. Innerhalb nur weniger Tage war aus dem begeisterungsfähigen Burschen mit den großen Idealen ein verbitterter Mann geworden, der nur noch sein Recht wollte. Alles andere interessierte ihn vorläufig nicht mehr.
Da man ihm den letzten Dollar gestohlen hatte, musste er vor allem wieder flüssig werden. Ohne Geld konnte er seinen Rachefeldzug gleich in den Rauch schreiben.
Er scheute sich nicht davor zu arbeiten. Jetzt während der Erntezeit war er auch sicher, hier in Nebraska einen Job zu bekommen.
Doch das dauerte ihm für seine Pläne zu lange. Er hatte keine Zeit. Es musste schnell etwas geschehen, eine schnelle Methode, zu Geld zu kommen, war ihm aber nicht bekannt.
Brad Corner dachte natürlich an redliche Methoden. Er hatte nicht die Absicht, einen krummen Weg einzuschlagen. Dazu war er nicht berechtigt, und das verbot ihm auch seine ganze Lebenseinstellung. Büßen sollten nur die Schuldigen.
Der Zufall kam ihm zu Hilfe. Er erschien in Gestalt eines zerlumpten Burschen, der ihn in der Nacht aus der Hütte vertreiben wollte, die er sich als Übernachtungsstelle auserkoren hatte. Der Kerl beanspruchte sie als seinen Stammplatz.
Der Fremde, der sich Winky nannte, lenkte jedoch schnell ein. Brads gute Kleidung brachte ihn wohl auf die Idee, dass hier etwas zu holen sein konnte. Hinterlistig schlug er ein Spielchen vor.
„Wir spielen um einen Dollar und das Recht, hier zu schlafen“, sagte er und holte ein Päckchen unappetitlicher, speckiger Karten aus seiner löchrigen Jackentasche.
Er wollte nicht glauben, dass Brad völlig blank war. Als er dann aber erfuhr, was geschehen war, rückte er noch ein Stück näher und raunte: „Das ist eine schlimme Geschichte, Kumpel. Wenn ich dir ’nen Rat geben kann, dann höre dich mal auf den Truck Stops um. Die Jungs hören das Gras wachsen. Außerdem stehen sie mit ihren CB-Boxen in ständiger Verbindung. Ich wette, dass die längst ahnen, was da gespielt wird. Natürlich hüten sie sich, das laut zu sagen. Das sind zum großen Teil arme Schweine, die nichts weiter besitzen als ihren geliebten Truck. Und auch der ist oft erst angezahlt, oder sie fahren überhaupt nur für ’n paar Dollar für ’ne Frachtgesellschaft. Die riskieren nichts. Und den Bullen geben sie auch keinen Hinweis, denn mit denen sind sie wie Katz und Maus. Wegen der Strafzettel, die sie manchmal verpasst kriegen. Aber geredet wird natürlich ’ne Menge. Am besten wäre es natürlich, wenn du mit einem von ihnen mitfahren könntest. Trucker untereinander haben keine Geheimnisse. Die sind wie eine verschworene Gemeinschaft.“
Diese Bemerkung ließ Brad Corner nicht mehr los. Du brauchst einen Truck, sagte er sich. Damit kannst du die Gang überlisten. Aber kein Trucker wird dir seine Zugmaschine leihen.
Winky erklärte sich einverstanden, dass Brad statt des Dollars seine letzten Zigaretten als Einsatz in dem Spiel gab, und mischte die Karten.
Brad hob ein paarmal ab und ließ den Landstreicher geben. Die Partie dauerte nur wenige Augenblicke, dann besaß Brad einen Dollar und teilte dafür mit dem Verlierer eine Zigarette.
Winky runzelte die Stirn. „Ich will dir ja nicht zu nahe treten“, sagte er zäh. „Aber mich würde interessieren, wo du das gelernt hast. Wenn ich mische, ist mir nämlich der Einsatz normalerweise sicher.“
Brad grinste ihn an. „Und wenn ich abhebe, wendet sich das Blatt“, erklärte er. „Hör mal! Diese Tricks habe ich schon als Zehnjähriger beherrscht. In der Bronx lernt man das.“
„Was ist das? Ein Gefängnis?“
„Du spinnst wohl? Das ist ein Stadtteil von New York, einem steinernen, seelenlosen Ungeheuer. Als ich fünfzehn wurde, zogen meine Eltern nach Manhattan. Dort war es etwas besser. Aber ich hielt es dort trotzdem nicht aus. Ich brauche ein freies Leben.“
Winky lachte schwindsüchtig.
„Frei bist du ja nun. Frei von all deinem Ersparten.“
Brad zeigte ihm den gewonnenen Dollar und widersprach: „Was du hier siehst, ist der Grundstock für achtzigtausend. Das schwöre ich dir.“
In dieser Nacht schliefen sie beide in der Hütte. Jeder in einer Ecke, denn Brad fürchtete, dass der andere Ungeziefer hatte.
Am Morgen wachte Brad durch eine sanfte Berührung auf. Er spürte, wie eine schmale Hand in seine Gesäßtasche kroch und sich geschmeidig wieder zurückzog.
Er wartete genau fünf Sekunden mit geschlossenen Augen und gleichmäßigem Atem. Dann schnellte er in die Höhe und schlug zu.
Winky heulte auf. Er hielt den gestohlenen Dollar noch zwischen den Fingern.
„Er gehört mir“, jammerte er. „Du hast falsch gespielt.“
„Du etwa nicht, du Kanaille?“, schrie Brad und packte den Burschen am Kragen.
Winky wurde himmelangst. Bisher hatte er sich immer auf seine Schnelligkeit verlassen. Das Zuschlagen war nicht seine Stärke.
„Lass mich laufen!“, bat er. „Was hast du davon, wenn du mich zusammendrischst? Ich bin ein genauso armes Schwein wie du.“
Brad ließ von ihm ab. „Das werden wir gleich sehen“, sagte er finster. „Wie viel Geld hast du noch?“
Winky förderte dreieinhalb Dollar zutage.
„Die kannst du mir nicht wegnehmen.“
Brads Augen blickten entschlossen. „Ich bin kein Dieb“, erklärte er.
„Wir werden um das Geld spielen. Wenn du Glück hast, holst du dir deinen Dollar zurück. Dann lasse ich dich gehen. Du hast mein Wort darauf.“
„Aber ich bin dir nicht gewachsen.“
„Wer sagt das, Kumpel? Du weißt doch jetzt, woran du mit mir bist. Versuch’s, besser zu machen.“
Brad Corner legte seinen Dollar auf den Boden der Hütte und streckte die Hand aus. „Dein Einsatz und die Karten!“, befahl er.
Winky wand sich. Am liebsten wäre er davongelaufen. Er wusste aber, dass das sinnlos gewesen wäre.
So fügte er sich in das Unabänderliche, verspielte den nächsten Dollar und anschließend den Rest seines bescheidenen Kapitals.
Erst als er sich im Besitz von viereinhalb Dollar befand, ließ Brad ihn gehen. Er fühlte sich miserabel, aber er sah keinen anderen Weg.