Читать книгу Coltwölfe: Glorreiche Western Sammelband 5 Romane - Alfred Bekker - Страница 15
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Frank Manton schob lustlos die Karten zur Tischmitte hin. „Machen wir Schluss für heute“, meinte er und blickte in die graublauen Augen seines Gegenübers. Das von Tausenden von Fältchen überzogene Gesicht Old Joes zeigte ein verschmitztes Lächeln. Old Joe zupfte sich an den Spitzen seines Schnurrbarts und erwiderte: „Du hast auch schon eine ganze Menge verloren. Hast du keine Lust, dich zu revanchieren? Hundertfünfzig Dollar sind es. Sogar noch etwas mehr, wenn ich richtig zähle.“
„Ich habe ja gesagt, ich hab keine Lust mehr; hören wir auf.“ Manton blickte über die Schulter zur Theke hin und rief dem Keeper zu: „Noch zwei, Jim!“
Der dicke Barkeeper mit dem hochroten Gesicht hob die Hand zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Vorne an der Theke wimmelte es von Männern, die dort stehend ihr Bier oder ihre Schnäpse tranken. Die vier Tische waren voll besetzt. Überall wurde gepokert, aber meist mit kleinen Einsätzen, so wie in den Spielen, die Old Joe mit Manton gemacht hatte.
Frank Manton stützte sich mit den Ellenbogen auf den Tisch und blickte Old Joe an. „Weißt du, was mich interessiert?“, erklärte er. „Das wäre, meine Hündin von diesem sagenhaften Wolf des Texas-Rangers decken zu lassen. Das gäbe einen Wurf! Da hätte ich vielleicht eine Rasse. Teufel noch mal! Damit ließe sich Geld machen.“
„Darauf allein kommt es nicht an“, erwiderte Old Joe. „Und denke ja nicht, dass Sam sich mit jeder dahergelaufenen Hündin einlässt.“
„Dummes Zeug“, meinte Manton. „Wenn eine Hündin läufig ist, interessiert sich kein Rüde dafür, wie sie aussieht. Hauptsache, sie ist nicht zu groß oder zu klein für ihn. Meine hat genau die richtige Größe. Ich würde ja etwas ausgeben dafür. Er braucht es nicht umsonst zu tun.‘‘
Old Joe lachte. „Sam? Was soll der mit dem Geld?“
„Quatsch, der Wolf doch nicht. Aber Cadburn, der kann es doch sicher gebrauchen. Wer hat schon Geld zu viel in dieser Zeit?“
„Du vielleicht; du hast schon zweimal verloren gegen mich“, meinte Old Joe. „Willst du nicht doch Revanche?“
„Damit du mir noch mehr aus dem Kreuz leierst?“, erwiderte Manton.
Old Joe zündete sich eine Zigarre an, und als die ersten Rauchwolken aufstiegen, blinzelte er in Mantons Richtung. „Wovon lebst du eigentlich? Man erzählt sich hier eine Menge Dinge über dich.“
„Die Leute reden viel Blödsinn, wenn der Tag lang ist“, meinte Manton. „Du musst nicht darauf hören. So lange bleibst du ja nicht hier, dass dich das interessieren könnte, was die Leute von dir oder mir denken.“
„Wer sagt dir, dass ich nicht lange hierbleibe?“
Frank Manton zuckte die Schultern. „Jemand aus der Umgebung des Gouverneurs hat das erzählt. Und wenn hier einer etwas fallenlässt, das spricht sich schnell herum.“
Der Keeper brachte die Glaser. Manton nahm seines, prostete Old Joe zu und trank. Aber er merkte gar nicht, dass Old Joe nicht trank, sondern das Glas zur Seite schob und Manton beobachtete. „Wovon lebst du denn nun wirklich?“, fragte er.
„Ist das für dich wichtig?“, fragte Manton und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab.
„Ich weiß nicht, vielleicht ist es wichtig. Es kann sein, dass ich mich hier niederlasse. Du musst nicht denken, dass ich immer mitziehe, wenn Cadburn irgendwohin geht. Ich bin nicht mehr so jung wie er. Allmählich wird mir die Herumreiterei zu viel. Ich habe schon überlegt, ob ich mich irgendwo niederlassen und ein Geschäft eröffnen sollte.“
„Ein Geschäft?“, fragte Manton und witterte sofort seinerseits eine Möglichkeit, Geld an Old Joes Interessen zu verdienen.
„Was für ein Geschäft? Nun, was sich so anbietet. Was bietet sich hier denn so an?“
Frank Manton lachte und hob beschwörend die Hände. „Tausend Dinge und nichts bietet sich an. Ich glaube, da du älter bist als ich, hast du mehr ein Auge dafür. Was soll ich dir erzählen? Sieh dich um, dann weißt du‘s!“
„Und ich hatte gedacht“, erwiderte Old Joe, „du könntest mir einen Rat geben.“
„Vielleicht kann ich das, mal sehen. Aber für heute reicht‘s mir.“ Er wollte bezahlen, griff in seine Uhrtasche der Weste, aber Old Joe winkte ab.
„Lass mal, ich mach das schon.“
Manton stand auf, tippte an die Hutkrempe und stapfte auf die Pendeltür zu. Als er in Höhe des Keepers war, nickte er grüßend und verschwand dann nach draußen. Er spürte förmlich die bohrenden Blicke Old Joes in seinem Rücken. Aber er gab der Versuchung, sich umzudrehen, nicht nach. Dann, als er draußen im Dunkeln stand, sog er die frische Luft tief in seine Lungen, breitete die Arme aus und brummte: „Nun ja, das Geld von heute sind eben auch Betriebskosten. Aber das kommt wieder rein.“ Dann ging er los.
Er marschierte auf den Mietstall zu. Dann, als er glaubte, so weit vom Saloon entfernt zu sein, dass ihn von dort in der Dunkelheit niemand mehr sehen konnte, da bog er nach links ab und ging auf das Stadthaus zu, das die Snyders sich an erhöhter Stelle in Catulla gebaut hatten. Im Grunde war es nicht nur ein Gebäude, sondern drei. Das große, villenartige, in dem Snyder wohnte, und dann ein Stück entfernt das ältere Gebäude, in dem seit heute Snyders Mutter wohnte: sie und ihre Katzen.
Das dritte Gebäude barg den Pferdestall. Das Ganze war von einer hohen Mauer und einer dichten Hecke umgeben. Innerhalb dieses Areals wachten vier abgerichtete Hunde darüber, dass niemand hereinkam, der nicht hineingehörte.
Manton wusste aber eine ganze Menge, wie es hinter den Mauern aussah. Ihm war zum Beispiel bekannt, dass wegen der Katzen diese vier Hunde an langen Leinen liefen, so dass sie doch nicht überall hin konnten.
Was Manton aber am meisten beschäftigte, war die Frage, wo sich Sam aufhalten mochte. Er hatte so direkt Old Joe nicht fragen wollen und von ihm auch auf ähnliche Fragen keine Antwort bekommen. Im Gegenteil! Eine Zeitlang hatte er befürchtet, Old Joe hätte ihn durchschaut. Aber dann, so sagte sich Manton, war wohl das Misstrauen des Alten wieder geschwunden. Vielleicht, meinte Manton frohlockend, weil ich verloren habe.
Aber Manton hatte Helfer. Er besaß unter den Dienstboten des Gouverneurs ein paar gute Freunde, vor allen Dingen eine Freundin. Das Zimmermädchen der alten Lady. Und sie war es auch, die Frank Manton erwartete.
Sie stand in einer finsteren Ecke der Mauer, zischte Frank Manton zum Zeichen des Erkennens zu, trat dann aus der Schwarze des Schlagschattens heraus und murmelte: „Da kommst du ja endlich! Ich warte schon die ganze Zeit.“
„Ich hatte noch wichtige Dinge zu tun“, erwiderte er leise. „Wie sieht es aus?“
„Sie sind zu dritt; drei Texas-Ranger, aber einer von ihnen ist jetzt nur im Dienst, sitzt vor der Tür vom Zimmer des Gouverneurs. Der Gouverneur ist schon im Bett.“
„Was macht Cadburn?“
„Er ist in seinem Zimmer, ganz oben. Dort schläft er mit den anderen zusammen. Aber von denen sind jetzt zwei auf Wache. Der eine, wie ich schon sagte, vor dem Zimmer des Gouverneurs, der andere befindet sich im Hof. Ich hätte ihn vorhin fast übersehen. Es war ein Glück, dass ich ihn dann doch noch entdeckt hatte. Er sitzt an der Pferdetränke, direkt vor dem Stall.“
„Und er hat dich nicht bemerkt? Und die Hunde, wo sind die?“
„Das ist es ja. Sie haben die Hunde nicht mehr an der Leine. Die laufen frei herum, seit die alte Lady drüben im kleinen Hause wohnt. Und die Katzen sind eingesperrt. Aber mich kennen die Hunde, bei mir bellen sie nicht. Und so hat niemand gemerkt, dass ich durch die kleine Pforte ganz hinten vom Grundstück herunter gegangen bin.“
„Hoffentlich stimmt es, was du sagst. Nicht, dass die misstrauisch werden. Dann beobachten sie dich und horchen dich aus!“
„Von mir erfahren sie nichts.“
Manton blickte auf die Frau. Er sah nur die Umrisse von ihr. Sie war ziemlich füllig, nicht mehr sehr jung, und Manton erinnerte sich an die Zeit, da sie bei ihm noch gearbeitet hatte. Und nicht nur gearbeitet. Selbst jetzt konnte er von ihr noch alles verlangen, was er wollte.
„Ich weiß jetzt, wie ich es mache“, sagte er. „Dazu musst du mir helfen!“
„Was soll ich tun?“, fragte sie. „Ist es sehr gefährlich?“
„Völlig ungefährlich. Alles was wir brauchen, ist, die Zeit herauszufinden, wann Cadburn auf dem Hof Wache hält. Denn dann wird er mit dem Wolf dort sein. Ich möchte wissen, wie das dann weitergeht. Ob sich sein Wolf mit den Hunden verträgt, oder was sein wird.“
„Ich weiß es“, sagte die Zofe. „Er hat es heute erklärt. Bei Tisch war es. Ich kam herüber und sollte für die alte Lady noch etwas holen. Da konnte ich hören, wie Cadburn sagte, wenn er mit dem Wolf auf den Hof käme, sollten die Hunde eingesperrt werden. Sein Wolf, sagte er, genüge völlig. Wenn der da wäre, bräuchten die Hunde nicht zu wachen.“
„Um so besser. Das war eine glorreiche Idee von ihm. Dann wird alles wie am Schnürchen klappen. Wie viele Katzen hat die alte Lady?“
„Du lieber Himmel“, sagte die Zofe. „Es sind zwölf. Aber zwei sind ihre Lieblingskatzen. Die sind ganz zahm. Die schmusen am liebsten. Und ein Kater ist dabei. Mit dem ist sie zur Zeit böse, den hat sie ausgeschimpft. Der ist neulich auf den Hof hinaus und da sind ihm die Hunde nach. Aber er ist schnell. Da ist in der Pforte unten ein kleiner Schlitz, da fegt er immer durch.“
„In der hinteren kleinen Pforte, durch die du gekommen bist?“, fragte Manton.
„Genau!“
„Macht er das immer so?“
„Ja. Dem macht das Spaß, auf den Hof zu laufen, wenn die Hunde da sind und nachher durch das Pförtchen zu fliehen.“
„Besser kann es bald nicht kommen. Wenn das stimmt, was du sagst“, erklärte Manton, „dann haben wir ein Glück, das wäre phantastisch. Und wann, glaubst du, übernimmt Cadburn die Wache?“
„Nach Mitternacht“, erwiderte sie.
„Ich werde nach Mitternacht da sein. Und deine Aufgabe ist es, wenn ich dir ein Zeichen gebe, den Kater irgendwie in den Hof zu lassen.“
„Welches Zeichen gibst du mir?“, wollte sie wissen.
„Du weißt, dass ich den Eulenschrei sehr gut nachmachen kann. Wenn du also kurz nach Mitternacht den Eulenschrei hörst, lässt du den Kater hinaus. Mehr brauchst du nicht zu tun. Und wenn wir dann ein bisschen Glück haben, klappt es.“
„Dieser Wolf soll sehr gefährlich sein. Der Gouverneur hat wahre Wunderdinge von ihm berichtet. Pass gut auf dich auf, Frank!“
„Mach dir keine Sorgen. Im Einfangen wilder Tiere bin ich sehr gut.“
„Er ist trotzdem sehr gefährlich.“
„Übrigens“, meinte er, „kannst du mich mal wieder besuchen. Wann hast du wieder einen freien Tag?“
„Jetzt, am nächsten Wochenende. Ich habe gesagt, dass ich zu meiner Mutter gehen muss. Ich habe schon daran gedacht, einmal zu dir herauszukommen.“
„Nicht zu mir heraus. Betty wird dir Bescheid sagen. Ich mache es am liebsten über Betty, das ist unverfänglich, verstehst du? Und dann machen wir uns mal ein paar schöne Stunden. Vielleicht sogar zwei schöne Tage.“
„Du hast mir versprochen“, sagte sie, „mich zu heiraten. Wann wird das sein?“
„Du weißt doch, ich habe ein großes Geschäft vor. Wenn uns das gelingt, dann können wir heiraten. Dann ziehen wir von hier weg. Nach San Antonio, oder nach Houston.“
„Ach, das wäre himmlisch!“
„Nicht so laut. Wenn dich einer drinnen hört. Die Hunde! Wundert mich sowieso, dass die noch nicht bellen.“
„Wenn sie frei herumstreichen und nicht an der Leine sind, bellen sie nie. Und bei mir bellen sie sowieso nicht.“
„Also gut, wir haben noch eine Stunde bis Mitternacht. Ich muss noch den Käfig holen. Und dann, denk an mein Zeichen! Dass du mir ja nicht einschläfst! Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe!“
„Nichts werde ich vergessen. Denk du nur dran, was du mir versprochen hast!“
„Ich denke immerzu daran“, behauptete er.