Читать книгу Genesis II - Alfred Broi - Страница 13
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„Kann ich dich etwas fragen?“ Shamos war aufgestanden und zu Jorik gegangen, der noch immer mit geschlossenen Augen hinter dem Computerterminal saß.
„Das kommt darauf an...!“ gab Jorik freudlos zurück, ohne seine Augen zu öffnen.
„Keine Angst, ich verstehe deine Gedanken, die du im Moment hast!“ Shamos lehnte sich mit dem Rücken gegen den Tisch und stand so Jorik beinahe gegenüber. „Mir geht es um etwas anderes!“
Jorik öffnete seine Augen und schaute Shamos ausdruckslos an.
„Ich würde dich auch nicht stören, wenn ich es nicht für wichtig hielte!“
Jorik atmete hörbar durch. „Worum geht es?“
„Kannst du dich noch daran erinnern, als wir von Imrix geflüchtet sind?“
Jorik nickte. „Kann ich!“
„Wir sind mit der Amarula voraus geflogen und Kendig und Rimbo hatten ein Gefecht mit zwei feindlichen Jägern...!“
Jorik nickte wieder. „Dann hatten auch wir einen Verfolger und konnten nichts anderes tun, als mit Höchstgeschwindigkeit zu flüchten!“
Jetzt nickte Shamos. „In Richtung Meer! Genau! Kendig kam uns dann zwar zur Hilfe, aber er hätte uns nie rechtzeitig erreicht. Wir waren dem Feind eigentlich hilflos ausgeliefert!“
Jorik schaute Shamos einen Moment musternd an, dann hellten sich seine Augen etwas auf. „Und warum leben wir dann noch?“
„Weil...weil wir in diesem Moment die Küste hinter uns gelassen hatten und auf das offene Meer geflogen waren!“
„Was hat das damit zu tun?“ fragte Jorik, als wüsste er selbst die Antwort schon darauf.
Shamos schaute Jorik direkt in die Augen. „Der feindliche Jäger folgte uns nicht mehr, sondern flog eine enge Kurve. Dann gab er doch eine Rakete auf uns frei und drehte sofort nach dem Schuss wieder ab!“
„Das klingt merkwürdig!“ meinte Jorik.
Shamos nickte. „Er hätte uns problemlos schon beim ersten Anflug abschießen können. Aber er hat es nicht getan. Es war gerade so, als...!“
„Als was?“
„Als wäre er überrascht, dass sich das Meer vor ihm auftat und er nicht, so wie wir, dort hinaus fliegen wollte!“ Shamos schien sich irgendwie selbst unsicher zu sein.
„Das klingt...albern!“ erwiderte Jorik, jedoch in einem sanften Tonlage.
Shamos nickte. „Die Rakete war hinter uns her, insofern hatte er seinen Plan doch noch ausgeführt. Kendig konnte uns nur unter Einsatz seines Lebens retten. Als er dann im Meer eintauchte und ihr ihn dort herausgefischt habt, waren wir...wie weit weg von der Küste?“
„Ich würde sagen…zwei Meilen!“
„Zu weit für einen weiteren Abschuss?“
„Wohl kaum!“
„Die Amarula lag knapp über der Wasserlinie und war mit der Bergung von Kendig beschäftigt, bewegte sich also nicht. Und mit Rimbo hatten wir nur noch einen Begleitjäger!“
„Richtig!“
„Und es waren zwei feindliche Jäger direkt an der Küste, die uns zwangsläufig auf ihrem Radar haben mussten. Du selbst hast mich darauf aufmerksam gemacht!“
Jorik nickte.
„Dann erkläre mir bitte, warum diese Bastarde sonst jede sich bietende oder auch nicht bietende Gelegenheit nutzen, um uns rigoros zu bekämpfen, und uns in diesem absolut schwächsten Moment von allen in Ruhe gelassen haben?“ Shamos schaute ihn mit großen Augen fordernd an.
Jorik hielt seinem Blick zunächst stand, dann flackerten seine Augen. „Ich weiß es nicht...!“ Er schüttelte den Kopf. „Sag du es mir!“
„Ich bin ein Mann der Wissenschaft, Jorik, der zunächst nach logischen Gesichtspunkten vorgeht!“
„Und was sagt dir die Logik!“
„Wenn unser Feind in dieser Situation anders gehandelt hat, als sonst, dann war vielleicht auch etwas anders, als sonst!“
„Und was sollte das gewesen sein?“ Wieder schien Jorik die Antwort darauf bereits zu kennen.
„Das Meer!“
Jorik schaute Shamos einen Moment ausdruckslos an, dann nickte er zustimmend. „Und woran denkst du?“
„Was wäre, wenn unser Feind so etwas wie das Meer nicht kennt? Vielleicht sogar Wasser überhaupt! Vielleicht ist er unsicher, um was es sich dabei handelt. Vielleicht weiß er nicht, wie er damit umzugehen hat! Vielleicht kennt er es aber auch ganz genau und er hat Angst davor. Vielleicht...!“ Shamos schaute Jorik an und wartete, bis sein Freund auch ihn ansah. „...weiß er nämlich, dass diese Angst nicht unbegründet ist!“
Jorik erwiderte nichts, schaute Shamos nur an und schien zu überlegen. „Und was jetzt?“
„Ich weiß es nicht!“ Shamos schien zweifelnd und unsicher. „Aber ich denke, wir haben einen Ansatz!“
¤
„Geben sie mir ein Bild der Anomalie!“ rief Vilo.
Ein paar Sekunden später sah er auf dem großen Wandbildschirm den Himmel über Ara Bandiks im Licht der aufgehenden Sonne aus dem Blickwinkel einer am Boden installierten Kamera. Wie nicht anders zu erwarten, war natürlich keine Anomalie mehr zu sehen.
„Nicht so!“ raunte Vilo sofort. „Nutzen sie den Satelliten!“
Ein junger Offizier tippte hektisch in sein Display ein paar Befehle ein und noch bevor der Nuri richtig sauer werden konnte, hatte er die Verbindung hergestellt und das Bild der Anomalie aus dem Weltraum erschien.
Noch immer war der riesige Hauptstrang, der sich durch zwei Galaxien gewunden hatte und von dem sich die vier Hauptarme auf die größten Zentren dieses Planeten abteilten, vorhanden. Der Strang, der auf Ara Bandiks ausgerichtet war, war deutlich zu erkennen und auch die vier kleineren Arme, die von ihm kurz oberhalb der oberen Luftschicht abzweigten und die unter anderem zu den Angriffen auf Kos Kampalot und dem Imrix-Gelände geführt hatten, waren noch immer präsent.
Doch unterhalb von Ihnen endete der weitere Verlauf der Anomalie abrupt. Tatsächlich hatte sie sich nach der gewaltigen Explosion durch das heiße Plasma soweit es ging zurückgezogen.
Während alle Teile der Anomalie blau-gelb schimmerten, war dieser kurze Stumpf dunkel und wirkte fehl am Platz, ja beinahe leblos.
Vilo betrachtete das, was er sah und war zunächst zufrieden damit.
Wenn sie die Anomalie so zerstören und damit die Angriffe auf Ara Bandiks tatsächlich beenden konnten, dann wurde es Zeit, den anderen Angriffszielen überall auf dem Planeten davon zu berichten und den Schlachtfeldern im eigenen Land Verstärkung in Form der hier stationierten Jäger zukommen zu lassen.
Zum ersten Mal seit Beginn der Angriffe hatte Vilo nicht mehr das Gefühl, nur auf die Aktionen des Feindes reagieren, sondern auch aktiv gegen ihn agieren zu können.
Das ständige Gefühl der Hilflosigkeit wich einer schwachen Zuversicht und erweckte sein großes Kämpferherz zu neuem Leben.
Alles, was er brauchte, war ein Ansatz, eine Möglichkeit, eine Hoffnung. So wie es aussah, hatte ihnen Mavis mit seiner irrwitzigen Idee dazu auch verholfen. Jetzt galt es, nicht zu zögern, sondern durch Konsequenz, Mut und Tatkraft ein Bollwerk gegen den Feind zu errichten, mit dessen Erstürmung er nun seinerseits nur zur Reaktion verdammt war.
Vilo atmete einmal tief durch und nickte. Die Zeit zum globalen Gegenangriff war gekommen.
„Captain?“ rief er den Diensthabenden zu sich.
„Ja Sir?“
„Geben sie die Informationen über die Zerstörung der Anomalie hier an alle anderen Schlachtfelder weiter. Sagen sie ihnen, was sie tun müssen, um die Angriffe zu beenden!“
„Jawohl Sir!“
„Sagen sie ihnen aber auch...!“ fuhr Vilo weiter fort. „...auf was sie sich einstellen müssen, wenn sie heißes Plasma einsetzen!“
Der Diensthabende nickte.
„Und sagen sie ihnen, dass die Wahrscheinlichkeit, unseren Gegner damit völlig auszuschalten zwar gegeben, nicht aber besonders groß ist. Möglicherweise...nein ...sehr wahrscheinlich sogar wird er zurückkehren. Doch haben wir jetzt die Chance, selbst einen Gegenangriff vorzubereiten. Und diese Chance sollten wir nutzen!“
Wieder nickte der Diensthabende und machte sich sofort daran, Vilos Befehle auszuführen.
„Verbinden sie mich mit Admiral Lobos!“ sagte Vilo dann zu dem Kommunikationsoffizier.
„Ja, hier Lobos!“ hörte Vilo die Stimme des Admirals wenige Momente später aus dem Lautsprecher.
„Admiral, hier spricht Commander Vilo!“
„Was kann ich für sie tun, Nuri?“
„Wenn ich sage, dass wir dem Feind mit dem Einsatz von heißem Plasma einen ernsten Schaden zugefügt haben, würden sie mir dann zustimmen?“
„Alle Daten und Bilder weisen darauf hin!“ bestätigte Lobos.
„Dann möchte ich, dass sie so viele Jäger, wie sie im Moment entbehren können, sowohl nach Kos Kampalot, nach Pincadux, nach Alacora...!“ Vilo betrachtete auf der Karte an der Wand diese beiden Großstädte mit jeweils mehr als einer Million Einwohner in der nördlichen bzw. südlichen zentralen Ebene von Poremien, die durch die beiden anderen kleineren Ausleger der Anomalie ebenfalls zu Angriffszielen wurden, „...als auch zum Imrix-Gelände entsenden, damit die dortigen Verbände in ihrem Kampf die notwendige Unterstützung bekommen, ohne...!“ Vilo stockte plötzlich in seinen Ausführungen, da er glaubte, am Hauptarm der Anomalie, kurz oberhalb der Stelle, wo sich die vier Nebenarme von ihr abgezweigt hatten, eine farbliche Veränderung erkennen zu können. „... unsere eigenen Truppen über Gebühr zu schwächen!“ vervollständigte er seinen Satz jedoch zunächst.
„Ich verstehe!“ erwiderte Lobos. „Ich gebe jedoch zu bedenken, dass alle Piloten schon viel zu lange in der Luft waren und dringend Ruhepausen benötigen!“
Vilo antwortete nicht sofort, sondern war auf die Anomalie konzentriert. Für ihn ganz deutlich zu erkennen, wurde der Bereich oberhalb der vier Nebenarme ganz schwach immer heller und es schien ihm so, als würden die Wände leicht pulsieren. Außerdem bildete sich dort eine Art Gegenstrom senkrecht zu der eigentlichen Rotationsrichtung der Außenhülle. „Ich weiß...!“ Vilo nickte verständnisvoll, aber abwesend. „...aber wir müssen den anderen zur Seite stehen. Sprechen sie mit ihnen und stellen sie fest, wie groß ihr Bedarf ist. Geben sie ihnen aber nur, was wir selbst entbehren können, ohne uns zu sehr auszudünnen!“ Noch immer war er sich nicht ganz sicher, was er da sah und ob das überhaupt geschah, was er zu sehen glaubte.
„Verstanden!“ Lobos nickte. „Ich werde mich darum kümmern!“
Vilo wollte sich bedanken und das Gespräch beenden, als die Farbveränderung in der Außenhülle der Anomalie abrupt sehr deutlich wurde und der Gegenstrom mehr als eindeutig zu erkennen war. Viele Anwesende bemerkten diesen Vorgang jetzt ebenfalls und blickten besorgt zum Bildschirm.
„Sehen sie das auch, Admiral?“ fragte Vilo.
Lobos nickte. „Was geschieht da?“
„Captain?“ rief Vilo dem Diensthabenden zu.
„Ich…weiß nicht, aber es hat verdammte Ähnlichkeit mit...!“ Er schaute auf den großen Wandbildschirm, wo sich gerade eine Ausbuchung in der Anomalie zeigte, die sich immer weiter nach außen drückte und dabei wesentlich größer war, als die vier Nebenarme in ihrer Nähe. „Oh Mann...!“ stieß er hervor, als ohne jeden Zweifel erkennbar war, dass sich dort ein neuer großer Hauptstrang bildete. „...wie ich mich hasse, wenn ich recht habe!“
Und er hatte Recht. Langsam und unaufhörlich bildete sich ein ähnlicher Strang, wie der, der die Hölle über Ara Bandiks gebracht hatte.
Offensichtlich hatten die Fremden den zerstörten Strang eingefahren, um jetzt mit einem neuen Arm eine neue Welle der Zerstörung zu bringen.
„Admiral?“
„Ja Sir?“
„Vergessen sie meinen letzten Befehl und setzen sie alle Staffeln in Alarmbereitschaft. Wir werden gleich selber wieder alle Hände voll zu tun haben!“
„Aye Sir!“
Doch entgegen aller Erwartungen richtete sich dieser neue Arm nicht auf Ara Bandiks aus.
Gespannt verfolgten unzählige Augenpaare den Weg der Anomalie durch die Luftschichten von Santara, bis sie schließlich knapp unterhalb der Wolkendecke etwa drei Meilen östlich von Ara Bandiks über einer kaum bewohnten, spärlich mit Grasbüscheln bewachsenen Hügellandschaft zum Stillstand kam.
„Was zum Teufel soll das?“ fragte Vilo mehr zu sich selbst, da er sich dieses Verhalten der Fremden nicht erklären konnte.
Doch schon im selben Moment hörte er die Worte des Diensthabenden.
„Sir, ich empfange wieder Signale!“
„Wie viele?“ fragte Vilo sofort.
„Eines!“
Vilo drehte sich zu ihm und schaute ihn verwirrt an. „Nur ein Jäger?“
Der Captain schaute auf und ihm direkt in die Augen. „Das ist kein Jäger! Das ist etwas viel Größeres!“