Читать книгу Genesis II - Alfred Broi - Страница 3
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Оглавление„Schneller, Leute, kommt schon!“ rief Jorik den Männern zu, die an ihm vorbeihasteten.
Er hatte zunächst die Führung übernommen und dabei in den Himmel auf die Anomalie geschaut. Cosco hatte verdammt Recht gehabt, das Ding zeigte deutliche Aktivität. Ein erneuter Angriff war nur noch eine Frage von Minuten.
In den Gesichtern der Männer konnte er neben großer, körperlicher Anstrengung – die Türen konnten zwar einen Verletzten sehr gut tragen, sie ließen sich aber aufgrund der nicht vorhandenen Griffe nur schwer greifen – auch Angst und Erkenntnis entdecken. Natürlich hatten auch sie die Aktivierung der Anomalie registriert.
Jorik schaute zum Ende der Schlange, wo er Doktor Mutas und Jaspas als Nachhut eingeteilt hatte. Jaspas schaute ihn an und Jorik gab ihm mit dem Kopf zu verstehen, die Leute mehr anzutreiben, damit es noch schneller ging.
Als Jaspas ihm zugenickt hatte, drehte er sich um und rannte zurück zum Kopf der Schlange, wo er Marivar sehen konnte, die die Männer ebenfalls lautstark antrieb.
„Los Männer!“ brüllte Jorik und konnte bereits die geöffnete Ladeluke der Amarula durch die Trümmer sehen. „Das sind nur noch fünfzig Meter. Das schafft ihr!“ Plötzlich ging von der Anomalie über ihren Köpfen ein deutliches Zischen aus, dass sich zu einem dumpfen Brummen verformte, dessen Lautstärke sehr schnell zunahm und dessen Tonlage stetig höher wurde. „Wir müssen es schaffen!“ fügte er noch hinzu. „Das wird eng!“ Jorik schaute zu Marivar und sein Blick war finster.
Im selben Augenblick wurde aus dem Brummen ein deutliches Pfeifen und im Inneren der Anomalie tauchten unzählige kleine Punkte auf, die rasend schnell näher kamen. „Scheiße!“ sagte Jorik mehr zu sich selbst.
Marivar aber, die mittlerweile neben ihm herlief, hatte es gehört und schaute ihn mit ernster Miene an.
„Beten sie in Tibun auch?“ fragte er.
„Natürlich!“ erwiderte sie atemlos.
„Dann sollten wir vielleicht jetzt schon mal damit anfangen!“ rief er und musste seine Stimme erheben, weil das Geräusch aus der Anomalie beinahe unerträglich anschwoll.
¤
Das hell erleuchtete Innere der Anomalie schien sich wieder zu verdunkeln, doch es waren nur die heran stürzenden Jagdmaschinen, die dicht an dicht durch sie hindurch zur Planetenoberfläche rasten.
Ein beinahe unerträgliches Pfeifen begleitete sie.
Wieder schossen sie zunächst fast senkrecht in die Tiefe, ihre metallischen Außenhäute glänzten im Licht der Anomalie und der unzähligen Feuer in Ara Bandiks teuflisch rot.
Doch diesmal kam ihre Attacke nicht überraschend, diesmal wartete schon jemand auf sie.
Die rund fünfzig Jagdmaschinen, die bereits vom Deck der Kamarulu aus gestartet waren, schossen mit hoher Geschwindigkeit in geringer Höhe über die Stadt hinweg, hatten so eine gute Ausgangsposition für die bevorstehende Schlacht und schon nach wenigen Augenblicken wurden die ersten Abwehrraketen abgefeuert, von denen einige ihr Ziel auch erreichten.
Um Ara Bandiks herum blitzten plötzlich unzählige Lichter auf, die die Stadt wie einen Ring umgaben. Es waren die Geschütze der Bodentruppen, die wie Nadelstiche schräg nach oben schossen. Die meisten von Ihnen waren auf das Ende der Anomalie gerichtet, um die Jagdmaschinen des Feindes bereits beim Austritt zu eliminieren, was auch wirklich gut funktionierte.
Die Schiffe in der Bucht nahmen ebenfalls die Anomalie selbst aufs Korn, da die feindlichen Jäger eindeutig zu wendig waren, um sie mit ihren Geschützen zu verfolgen.
Innerhalb weniger Momente war der Nachthimmel über Ara Bandiks von unzähligen Detonationen erfüllt und beinahe wieder taghell erleuchtet.
Der Ausgang der Anomalie schien in einer einzigen gewaltigen, nie enden wollenden Explosion zu vergehen und doch schossen immer wieder neue Jäger durch den Bombenteppich hindurch zu Boden, wo nicht wenige zunächst für weitere Verwüstungen sorgten, bevor sie von den eigenen Jägern verfolgt und ausgeschaltet werden konnten.
Ohrenbetäubender Lärm, der auch körperlich deutlich zu spüren war, erfüllte das Szenario. Ein furchtbares und tödliches Blitzgewitter jagte über den Himmel hinweg, die Luft begann zu flirren, der Boden bebte unter der Wucht der Raketeneinschläge.
Und doch konnte man deutlich erkennen, dass das Stadtgebiet weitaus mehr verschont blieb, als noch beim ersten Angriff. Alle Truppenteile leisteten hervorragende Arbeit, schirmten Ara Bandiks ab, so gut es ging. Doch es war auch sehr schnell klar, dass der Feind ihnen mit seiner zweiten Angriffswelle wesentlich mehr Jäger sandte, als noch vor wenigen Stunden.
Innerhalb von nur drei Minuten schoss bereits die dritte Staffel an Jägern aus der Anomalie, vergrößerte die Zahl auf insgesamt fast vierhundert Maschinen – und ein Ende schien nicht in Sicht.
Nur eines war ganz sicher: Die Hölle war nach Ara Bandiks zurückgekehrt!
¤
„Weiter, weiter!“ brüllte Jorik. Er war wieder stehengeblieben, ließ die Männer mit ihren Tragen an sich vorbeihasten und trieb sie zu noch größerer Eile an. Immer wieder zuckte sein Blick hinauf in den Himmel, wo er das furchtbare Szenario mit verfolgen konnte. Er spürte, wie der Boden unter seinen Füßen vibrierte, doch noch waren alle Raketen weit von ihnen entfernt eingeschlagen. Jorik aber wusste, dass das nicht so bleiben würde. Dennoch durfte er noch immer keine Panik zulassen. „Ruhig. Bleibt ruhig. Dann geht es am Schnellsten!“ Er wandte seinen Blick zum Schiff und konnte sehen, dass sich bereits einige der dort Anwesenden auf den Weg gemacht hatten, um ihnen zu helfen.
„Captain?“ rief Jorik in sein Headset.
„Ja?“
„Wir sind gleich am Schiff. Lassen sie die Triebwerke schon einmal warmlaufen!“
„Fidu ist bereits im Cockpit und kümmert sich um alles!“
„Okay!“ Das Ende der Schlange hatte Jorik erreicht. Jaspas und Dr. Mutas schauten ihn mit ernster Miene an. „Wir haben es gleich geschafft!“ stieß Jorik hervor, als er wieder zu laufen begann, um mit ihnen Schritt zu halten.
¤
Kendig und Rimbo hatten in ihren Jägern Platz genommen und überprüften kurz die Instrumente. Für eine vollständige Startsequenz war jetzt keine Zeit und so gaben sie dem Tower ihr Okay.
Zehn Sekunden später bekamen sie die Startfreigabe, der Beschleunigungsschlitten hakte sich um ihr Fahrwerk. In ihrem Kopfhörer hörten sie die mechanische Stimme des Startcomputers.
„Drei, zwei, eins, und ab!“
Innerhalb eines Wimpernschlages beschleunigte der Startschlitten die Jäger auf über dreihundert Meilen die Stunde. Wie eine rasende Kanonenkugel fegten sie über das Startdeck hinweg. Rimbo schrie, um diese extremste Belastung des Körpers besser zu ertragen, Kendig entspannte sich und ließ die Schmerzen so quasi an sich abprallen.
Als sie das Ende des Startdecks erreicht hatten, klinkte sich der Startschlitten aus und zeitgleich donnerten sie über die Kante hinweg in den Himmel über Ara Bandiks.
Obwohl die Triebwerke entsprechenden Vorwärtsschub leisteten, verringerte sich ihre Geschwindigkeit für eine Sekunde ruckartig und sie sackten etwa fünfzig Meter in die Tiefe. Danach hatten die Stabilisatoren den Jäger wieder im Griff und die beiden konnten ihre Maschinen problemlos manövrieren.
Sie vollführten in aller Eile einige kurze Flugmanöver, um sich an die Jäger vom Typ MF-4 zu gewöhnen.
Dann aber gingen sie sofort zum Angriff über, nahmen je einen feindlichen Jäger ins Visier und konnten beide nach kurzer Zeit einen Abschuss verzeichnen, während sich hinter ihnen feindliche Maschinen angenähert hatten und sie zunächst ihre Verfolger abschütteln mussten, bevor sie selbst wieder angreifen und Beute machen konnten.
Wieder war es so, wie Kendig es erwartet hatte. Der Feind war durchaus schlagbar, sein größtes Plus war jedoch die schier wahnsinnige zahlenmäßige Überlegenheit, die trotz des mörderischen Speerfeuers der Bodentruppen und der Marine noch immer vorherrschte und zwangsläufig zu eigenen Verlusten führte.
Kendig und Rimbo würden mehr als ihr Bestes geben müssen, um diesen Zustand deutlich zu ihren Gunsten zu verändern.
¤
Als sie endlich die Laderampe der Amarula erreicht hatten, waren viele helfende Hände sofort damit beschäftigt, die Menschen auf den Tragen in das Innere zu bringen.
„Sind das alle?“ fragte Cosco.
Jorik nickte. „Wir laden ein, sie gehen ins Cockpit. Wir müssen hier gleich einen Blitzstart hinlegen!“
„Sie kümmern sich um die Leute, ich werde fliegen!“ Cosco nickte ihm zu und rannte ins Cockpit.
Jorik verschnaufte kurz, während das Einladen schnell voranging.
Innerhalb von nur einer Minute befanden sich alle Menschen aus der Krankenstation im Laderaum der Amarula, während sich die Raketeneinschläge deutlich näherten.
„Wir sind soweit!“ rief Jorik von seinem Platz auf der Ladeluke in sein Mikro und schaute Shamos und Marivar ausdruckslos an. „Schließen sie die Luke und dann nichts wie weg hier!“
„Aye!“ gab Cosco zurück und schon bewegte die Hydraulik die Ladeluke. „Sagen sie den Leuten, sie sollen sich sehr gut festhalten. Ich werde keine Zeit für einen beschaulichen Flug über Land haben!“
„Tun sie, was sie können, Captain!“ erwiderte Jorik, während er langsam in das Innere des Schiffes kam. „Bringen sie uns hier raus!“
„Kein Sorge! Das werde ich!“
Innerhalb eines Wimpernschlages jaulten die Vertikal-Triebwerke der Amarula wild auf, ein Rütteln ging durch das Schiff und es hob vom Boden ab.
Jorik stand noch immer auf der sich immer weiter schließenden Ladeluke und schaute noch einmal hinaus auf den Flughafen. Sie hatten hier vierhundert Überlebende gefunden und vielleicht würden sie sie auch in Sicherheit bringen können, doch Gott allein wusste, wie viele Menschen hier noch verschüttet, eingeschlossen, eingeklemmt oder bewegungsunfähig verwundet waren, die sie nicht gefunden hatten. Er erkannte knallhart, dass die Leichenhalle des Todes heute ganz sicher noch lange nicht geschlossen sein würde. Dann hob sich die Luke immer weiter und er ließ sich von ihr endgültig in der Innere der Amarula treiben.
„Sie sorgen hier unten für Ruhe!“ sagte er zu Jaspas, Danzis und Dr. Mutas. „Wollen sie mit?“ fragte er Marivar.
Sie schüttelte den Kopf. „Ich bleibe hier bei meinen Patienten!“
Jorik nickte und gab Shamos ein Zeichen. „Komm!“ Gemeinsam mit ihm lief er ins Cockpit.
„Ladung ist sicher verstaut!“ sagte er, als er Cosco und Fidu sehen konnte. Er bekam keine Antwort. „Haben sie schon einen Plan, wie wir hier rauskommen können?“ fragte er.
„Ha!“ Cosco lachte laut auf. „Wie kommen sie denn darauf? Ich fliege grundsätzlich intuitiv!“
Und das musste er hier auch. Die Vertikaltriebwerke hatten vollen Schub und wuchteten den riesigen Rumpf der Amarula dennoch anfangs nur quälend langsam in die Höhe. Cosco wäre am liebsten ausgestiegen und hätte geschoben.
Doch ihr Aufstieg war nicht das vordringliche Problem, wenn sie genügend Flughöhe erreicht hatten, würden sie auch anfangs nur schleppend vorankommen, bevor die Horizontaltriebwerke entsprechend Schub liefern würden. Diese rund zwanzig Sekunden würden ihnen am Ende zum Verhängnis werden, dessen war sich Cosco sicher. Aufgrund ihrer Größe war die Amarula wohl kaum zu übersehen und es war nichts leichter, als diesen dicken Käfer mit einem nicht mal notwendigerweise gut gezielten Schuss vom Himmel zu blasen.
Nein, sie mussten in schneller Bewegung bleiben, so wie jetzt, da die Vertikaltriebwerke die Amarula endlich sehr schnell in die Höhe drückten.
Und...ja, genau! fuhr es Cosco ins Gehirn. Das ist es!
„Behalten sie vollen Schub auf die Vertikaltriebwerke!“ befahl er Fidu.
„Was haben sie vor?“ fragte Jorik, während sie immer weiter und immer schneller senkrecht in die Höhe schossen und das Kampfgeschehen dort erreichten.
„Schnallen sie sich an!“ rief Cosco und Schweiß sammelte sich auf seiner Stirn. „Das wird ihnen gefallen!“
Im nächsten Moment waren sie mittendrin im Krieg der Welten, fremde und eigene Jäger zischten um sie herum, jagten sich, zerstörten sich.
Plötzlich war sich Cosco nicht mehr ganz so sicher, ob seine Eingebung nicht eine verdammt beschissene Idee gewesen war, denn er rechnete jeden Moment mit einem Treffer, doch noch bevor irgendjemand ihre Anwesenheit bemerken konnte, war die Amarula auch schon über sie hinweg gestiegen und ließ das Kampfgetümmel unter sich.
Coscos Plan schien aufzugehen.
¤
„Was zum Teufel ist denn das?“ rief Kendig irritiert aus, als er den riesigen Rumpf aus dem Trümmerfeld des Flughafens aufsteigen sah. Die Form konnte er nicht zuordnen.
„Was meinst du?“ fragte Rimbo.
„Am Flughafen!“ erwiderte Kendig, peilte das Schiff an und sandte ein Scan-Signal aus.
„Das kann keines von unseren sein. Das sieht ganz anders aus!“ sagte Rimbo. „Los schnappen wir uns die dicke Mama!“
Kendig wollte ihm zustimmen, doch da erschien auf seinem Display plötzlich die Kennung des Schiffes. „Halt!“ stieß er hervor.
„Was?“
„Das ist die Amarula vom Imrix-Konzern! Das ist eines unserer eigenen Schiff!“
„Das ist aber ein verdammt merkwürdiges eigenes Schiff. Und was zum Teufel macht es da?“
„Das haben wir gleich!“ Kendig betätigte das Funkgerät. „Captain Kendig an Amarula! Amarula bitte melden!“
Im Cockpit der Amarula starrte Cosco plötzlich wie versteinert auf den Lautsprecher. Fidu wandte seinen Kopf zu ihm und sein Gesicht zeigte Überraschung. Shamos schaute interessiert, aber auch total nervös nach vorn. Jorik blickte auf Coscos Gesicht und er konnte sich vorstellen, was jetzt in seinem Inneren vor sich ging.
„Hier Amarula!“ sagte Cosco kurz in sein Mikro.
„Was zum Teufel machen sie da am Flughafen?“
„Wir sind im Rettungseinsatz und haben fast vierhundert Verwundete an Bord!“
„Und was treiben sie jetzt?“ Kendigs Frage war ziemlich rüde.
„Wir versuchen unbeschadet aus diesem scheiß Schlamassel wieder rauszukommen, Junge!“ Das letzte Wort war Cosco einfach so rausgerutscht und er wünschte sich sofort, es wäre nicht passiert.
Kendig blieb einen Moment stumm. „Mit wem spreche ich? Wer ist der Captain dieses...was auch immer?“ In seiner Stimme schwang deutlich eine Vorahnung mit.
Cosco grinste kurz. „Dein Vater!“
„Dad!“ Kendig konnte seine Freude nur schwer unterdrücken. „Verdammt, Dad. Scheiße Dad!“
„Deine Begrüßungen waren auch schon mal freundlicher!“
„Ja, aber da konnte ich auch keine feindliche Staffel sehen, die direkt auf euch zuhält!“
Cosco riss entsetzt seinen Kopf in die Höhe und sofort erkannte er die Wahrheit in den Worten seines Sohnes.
Während sich die Amarula immer weiter in den Himmel schraubte und bereits eine Höhe von sechshundert Metern erreicht hatte, zog sie die Aufmerksamkeit von vier gegnerischen Jägern auf sich, die im Formationsflug eine sanfte Schleife geflogen waren und jetzt direkt auf sie zuhielten.
„Verdammt!“ entfuhr es ihm halblaut. Er schätzte, dass sie noch etwa zehn Sekunden hatten, um zu reagieren, bevor der Feind sie wegpusten würde.
„Dad, ihr...!“ setzte Kendig an.
„Triebwerke aus!“ rief Cosco, ohne auf seinen Sohn zu reagieren. Seine Hände umklammerten den Steuerknüppel ganz fest, seine Augen waren starr auf die heran peitschenden Jäger gerichtet.
Im Cockpit war absolute Stille und auch Kendig sagte nichts mehr.
Dann blitzte es unterhalb der feindlichen Maschinen kurz auf, als vier Raketen zeitgleich aus den Waffenkammern der Jäger zuckten und sich auf ihren tödlichen Weg zur Amarula machten. Ihre Flugzeit würde bei höchstens fünf Sekunden liegen.
„Festhalten!“ brüllte Cosco und hämmerte im selben Moment das Ruder des Schiffes nach vorn rechts und unten. Durch das Abschalten der Triebwerke hatten sie bereits deutlich an Fahrt verloren, hingen quasi nur noch wie eine fette Monsterfliege in der Luft. Als Cosco das Ruder dann betätigte, reagierte die Amarula sofort und erstaunlich schnell, kippte über ihre rechte Seite hinweg nach unten, trieb den Männern ihr Blut ins Gehirn.
Alle vier mussten aufschreien, um das Spiel der Kräfte zu ertragen, konnten sie die Raketen doch auch schnell näherkommen und erst im letzten Moment über sich hinweg zischen sehen.
Dann gewannen sie sehr schnell wieder an Geschwindigkeit, als die gewaltige Masse der Amarula den Rumpf im freien Fall rasant beschleunigte.
Kendig sah das riskante Flugmanöver, das sein Vater da mit diesem riesigen Fluggerät vollführte und konnte im ersten Moment nur staunen.
Dann fing er sich wieder, weil er die Raketen erkannte, die dicht an der Oberseite des Rumpfes vorbeischossen. Sie hatten ihr Ziel verfehlt und würden weit außerhalb von Ara Bandiks detonieren.
Kendig war erfreut und schaute der Amarula bei ihrem Sturzflug zum Boden weiter zu.
Plötzlich sah er die vier feindlichen Jäger, wie ihre Flugbahn ebenfalls nach unten abknickte und sie im eigenen Sturzflug das Schiff verfolgten.
„Rimbo!“ stieß er entsetzt hervor.
„Bin schon dabei!“ erwiderte sein Freund und beide zogen ihre Maschinen in einer engen Kurve hinter den Gegner.
Kaum hatten sie ihre Schreie aufgrund des ersten Manövers beendet und waren froh, den tödlichen Raketen entkommen zu sein, konnten sie sehen, wie sie erneut auf die Luftschlacht unter ihnen zusteuerten und wieder brüllten alle, was das Zeug hielt. Um sie herum schienen plötzlich eigene und feindliche Jäger wie die Schmeißfliegen herumzuschwirren, doch wieder nur für wenige Augenblicke, dann hatten sie dieses Gebiet durchstoßen.
Fast gleichzeitig ertönte wieder das Warnsignal des Radars, das deutlich zu verstehen gab, dass sie erneut angepeilt wurden. Wieder waren es die vier feindlichen Jäger, die sich ihnen von schräg oben schnell näherten.
Scheiße! dachte Cosco, Das war es!
Die Amarula war bei weitem nicht wendig genug, hier jetzt noch ein zweites überraschendes Manöver hinzulegen. Wenn er nicht bald ihren Sturzflug beendete, war es sowieso Aus mit ihnen und absolut völlig egal, ob da noch gegnerische Raketen auf sie abgefeuert wurden, denn dann würden sie mit fast sechshundert Meilen die Stunde so was von geradewegs in den Boden rauschen, dass nur noch Staubkörnchen von ihnen übrigbleiben würden.
Mittlerweile hatten auch die anderen die Radarwarnung gehört und alle starrten Cosco mit entsetztem Gesicht an, als hofften sie, dass er gleich wieder irgendetwas aus der Trickkiste holen würde.
Doch das konnte er nicht. Nicht noch einmal.
Kendig und Rimbo waren in Schussweite gelangt und ihre Zielsucher hatten ihre Opfer geortet. Ohne zu zögern gaben sie je eine Rakete frei, nahmen sofort danach die beiden anderen verbleibenden Jäger aufs Korn und während das Zielradar erneut Kontakt anzeigte, explodierten die ersten beiden Jäger fast zeitgleich in einer gleißenden Flammenfaust. Einen Wimpernschlag später waren zwei weitere Raketen freigegeben, die sich präzise und tödlich die anderen beiden Jäger als Opfer suchten.
In dem Moment, wo sie wuchtig einschlugen, konnte Kendig jedoch sehen, wie aus dem rechten Flugzeug seinerseits eine Rakete aus dem Waffenschacht gespuckt wurde und sich unaufhaltsam auf die Amarula zu bewegte.
Cosco gelang es, die Amarula abzufangen und aufrecht zu setzen. Mehr konnte er nicht tun.
In den Augenwinkeln registrierte er zunächst zwei Explosionen, nur wenige Momente später zwei weitere Detonationen und ihre Verfolger wurden in alle Winde zerfetzt.
Offensichtlich waren sie in ihrem Kampf nicht allein gewesen.
Doch genauso offensichtlich war ihr Problem noch nicht gänzlich gelöst, denn jetzt ertönte das Heckradar und zeigte an, dass eine Rakete von dort auf sie zuraste.
Kendig hatte sofort gehandelt und seine Maschine auf das Äußerste beschleunigt. Die Amarula war ein wirklich stolzes und mächtiges Schiff, aber hatte im Kampf gegen die wendigen Jäger keine und gegen eine bereits abgefeuerte und zielerfasste Rakete nun überhaupt keine Chance.
Das einzige, was sie noch retten konnte, war er – und das wusste er.
Also jagte er hinter ihr her, holte aus seinem Jäger, was immer er herzugeben bereit war, konnte den Abstand zu dem Geschoss verringern. Gleichzeitig gelang es ihm sich unter die Rakete zu setzen und als er nahe genug heran war, riss er den Steuerknüppel zu sich.
Auf das Zielradar konnte er hier nicht bauen, also war eine eigene Rakete nicht das richtige Mittel.
Alles, womit er überhaupt eine Chance haben würde, war die Bordkanone.
Und die betätigte er jetzt im Dauerfeuer. Sein Jäger schoss schräg in die Höhe, direkt auf die Rakete zu, verringerte die Entfernung zu ihr drastisch, doch noch zischten alle Kugeln an ihr vorbei und Kendigs Hoffnung, die Amarula von ihrem tödlichen Verfolger befreien zu können, schwand rapide.
„Komm schon!“ sagte er, um sich selbst Mut zu machen, doch noch immer konnte er keine Treffer landen. Die Rakete war jetzt keine dreißig Meter mehr von ihrem Ziel entfernt, Kendig hatte nur noch wenige Sekunden.
„Komm schon....verdammt!“ brüllte er hinaus und genau in diesem Moment traf eine Kugel aus der Bordkanone seitlich gegen die Rakete und sie zerbarst in einem Feuerball.
„Juch-hu!“ rief Rimbo aus der anderen Maschine laut aus. Er hatte die feindliche Rakete zu spät bemerkt, sodass er keine Chance zum Handeln hatte. Ihm blieb nur, Kendig vor feindlichen Angriffen anderer Jäger zu schützen und ansonsten mit schweißnassen Händen den Rettungsversuch seines Freundes zu verfolgen. Als die Rakete zerstört wurde, musste er seine Freude darüber hinausschreien.
Das Heckradar verstummte.
„Was ist los?“ fragte Fidu und schaute zu Cosco.
„Was los ist?“ hörten sie Rimbo über Lautsprecher rufen. „Kendig hat es geschafft. Er hat die Rakete zerstören können!“
In der nächsten Sekunde konnte man vier Männer mit dicken Backen sehen.
„Danke!“ sagte Cosco dann und auf seinem Gesicht war ein Lächeln zu sehen.
„Sonst alles okay bei euch?“ Kendigs Frage schien emotionslos, aber auch er grinste dabei.
„Ja, alles okay! Wir machen uns auf den Weg zurück zu Imrix!“
„Moment!“ Kendig hatte eine Idee. „Captain Kendig an Kamarulu!“
„Hier Kamarulu!“
„Ich erbitte Genehmigung, die Amarula mit vierhundert Flüchtlingen aus Ara Bandiks zur Imrix-Corporation zu geleiten!“
Einen Moment herrschte Stille in der Leitung. „Sie haben die Genehmigung zum Geleitschutz! Kehren sie unverzüglich zurück, sobald sie ihre Mission erfüllt haben!“
„Ja Sir!“ erwiderte Kendig fröhlich und kappte die Leitung. „Ihr habt es gehört, Leute. Ihr habt jetzt zwei Babysitter. Lehnt euch zurück. Das wird ein Kinderspiel! Rimbo?“
„Ja?“
„Übernimm du die Vorhut. Ich bleibe hinter ihnen!“
„Du und deine Vorliebe für anale Spielereien!“ gab Rimbo zurück.
„Was?“ Das war Cosco, der ihr Gespräch verfolgt hatte und jetzt doch ziemlich irritiert war.
„Hör nicht auf ihn, Dad! Rimbo ist einfach nur total irre!“ Kendig lachte und schüttelte den Kopf.
Cosco blies entnervt die Luft durch die Wangen. „Warum hab ich mich eigentlich nicht schon längst pensionieren lassen?“