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ОглавлениеDie furchtbare Schlacht über Ara Bandiks war weiterhin in vollem Gange. Alle Truppenteile taten ihr Bestes, um den Feind am Abwurf von Bomben und Raketen zu hindern, doch was sie mit ihrem Können und ihrer Taktik aufbauten, riss die unglaubliche Überlegenheit an schier unendlichen Jagdmaschinen wieder ein.
Zwar wurden die Explosionen im Stadtgebiet deutlich weniger, als noch beim ersten Angriff der Fremden, doch jeder Einschlag in das furchtbare Trümmerfeld schien dafür doppelt wuchtig und schrecklich zu sein.
Es war gerade so, als wäre Ara Bandiks ein schwerkranker Patient mit aufgeschlitztem Bauch, in dessen frische Wunde der Feind immer weiter gnadenlos hinein hämmerte.
Und doch würden die Fremden so wieder keinen vollständigen und endgültigen Sieg davontragen, es sei denn, ihr Kontingent an Maschinen war tatsächlich unerschöpflich.
Alles schien wieder nur eine Frage der Zeit zu sein, in der die Menschen einfach nur durchhalten mussten, bis der Angriff irgendwann wieder verebbte.
Doch es schien nur so...
Niemand bemerkte die Veränderung an der Außenhülle der Anomalie. Doch das war auch kein Wunder, denn sie geschah an einer Stelle, die sich weit ab von ihrem Ende befand, in den obersten Luftschichten des Planeten, dort wo die Atmosphäre von Santara in den Weltraum überging.
Alle Augen, alle Aufmerksamkeit, alle Konzentration waren aber auf das Ende der Anomalie gerichtet, das noch immer unzählige Jagdmaschinen ausspuckte.
Eine Veränderung wäre nur hier, höchstens aber im weiteren, sichtbaren Teil aufgefallen, nicht jedoch dort, wo sie jetzt auftrat.
In diesem Teil war die Anomalie längst nicht so hell erleuchtet, wie im sichtbaren Teil nach dem Eintritt in die Atmosphäre des Planeten, hier schimmerte sie nur relativ schwach gegen den schwarzen Hintergrund des Universums.
Und doch – genau da – zeigte sich urplötzlich Bewegung.
Die ansonsten fast perfekt runde Außenhaut der Anomalie schien an mehreren Stellen punktförmig aufzuweichen. Es war, als würde sie auf einer Länge von etwa fünfhundert Metern vier Pickel an unterschiedlichen Stellen bekommen.
Dort, wo sich die Hülle aufweichte, begann sie etwas heller zu leuchten.
Dann schien es so, als würde etwas von innen gegen diese Stellen drücken und die Außenhaut wölbte sich anfangs nur schwach, dann jedoch immer deutlicher und vor allem schneller heraus.
Die Pickel wurden immer weiter in die Länge gezogen, während sich alle vier zwar in unterschiedliche Richtungen, dennoch gleichsam in einem Abwärtsbogen ebenfalls auf die Atmosphäre von Santara zu bewegten und sie durchdrangen.
Es war, als hätte dieser Teil der Anomalie wie ein Baum neue Triebe bekommen, die sich als immer schneller wachsende Äste auf den Planeten zu bewegten.
Doch nicht nur in an diesem Teil der Anomalie, sondern an jedem der acht Hauptarme, die sich über dem Planeten verteilt hatten, ging diese Veränderung vor sich und sandte jeweils vier weitere Triebe in die Tiefe.
Triebe, die jedoch kein neues Leben bringen sollten, sondern nur den Tod, denn aus dem Hauptstrang der Anomalie, der sich quer durch das Sternensystem zog, schossen dunkle Schatten auf Santara zu und drängten auch in diese neu geschaffenen Tunnel des Grauens.
¤
Kaleena erhob sich von der Toilettenschüssel und zog ihren Slip und ihre Hose in die Höhe.
Gerade als sie den Hosenknopf schließen wollte, schoss ihr ein widerlich flaues Gefühl durch den Magen und auch in ihren Kopf.
Mist, dachte sie. Bestimmt hatte sie zu schnell gegessen. Sie war ohnehin die ganze Zeit über nervös gewesen, denn eigentlich wäre sie am liebsten schon in der Luft und auf dem Weg nach Ara Bandiks und zu Vilo gewesen. Es machte sie halb wahnsinnig, dass sie hier noch warten musste.
Wahrscheinlich rächten sich diese Umstände jetzt. Ja, Kaleena war sicher, dass dies der Grund für ihr flaues Gefühl war, das in ihr herumschlich.
Sie räusperte sich einmal, knöpfte die Hose zu und trat an das Waschbecken, um sich die Hände zu waschen und sich ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht zu werfen. Ersteres gelang auch problemlos, doch beim Aufrichten mit nassem Gesicht, schoss ihr ein weiterer Schmerz in den Magen und trieb seinen Inhalt durch ihre Speiseröhre nach oben.
Kaleena schnellte herum, fiel vor der Toilettenschüssel auf die Knie und übergab sich lautstark.
Der Würgereiz war widerlich und nicht nur das gesamte Essen von eben klatschte in die Tiefe, außerdem noch jede Menge bittere Gallenflüssigkeit. Sie keuchte und atmete schwer.
Plötzlich klopfte es an der Badezimmertür. „Kaleena?“ Es war Esha. „Alles okay mit dir?“
„Ja...!“ japste sie und musste doch im nächsten Moment wieder den Mund öffnen. „...mir geht es gut!“ schloss sie ihren Satz danach noch ab.
„Wir sind soweit!“ sagte Esha. „Wenn du fertig bist, können wir losfliegen!“
Na endlich! freute sie sich stumm. „Ich komme gleich!“ rief sie und ein erneuter Magenkrampf ließ sie zusammenzucken.
Hiernach jedoch fühlte sie sich schon viel besser. Die Übelkeit war fast verflogen, der Kopf dröhnte noch ein wenig.
Kaleena erhob sich, spülte die Toilette und ging zurück zum Waschbecken, wo sie ihren Mund kräftig ausspülte und sich nochmals das Gesicht wusch.
Als sie sich abtrocknete, sah sie ihre Augen im Spiegel über dem Waschbecken und sie verharrte in ihrer Bewegung.
„Es war nur die Aufregung!“ sagte sie zu sich selbst, doch zeigte ihr Blick in ihre eigenen Augen etwas ganz anderes. „Nur die Aufregung…!“ Dann schaute sie weg, weil sie ihr eigenes Spiegelbild nicht mehr ertragen konnte.
Ja, sie wusste, sie machte sich etwas vor, aber sie musste es doch tun. Alles, was jetzt wichtig war, war Vilo. Das andere konnte sie im Moment weiß Gott überhaupt nicht gebrauchen.
„Alles okay?“ fragte Esha noch einmal besorgt, als Kaleena zurück in das Esszimmer kam.
Kaleena nickte, schaute sie dabei aber nur flüchtig an.
Esha nahm ihre Antwort zur Kenntnis. Für einen Sekundenbruchteil verengten sich dabei ihre Augenlider, dann erhob sie sich von ihrem Stuhl.
„Wo ist Kabus?“ Kaleena erkannte, dass er nicht mehr da war.
„Er startet schon einmal die Triebwerke!“ erwiderte Biggs, der gerade aus der angrenzenden Küche kam.
„Liva und Malis sind bei ihm!“ sagte Esha und trat zu ihr.
„Sind sie hier fertig?“ fragte Biggs freundlich.
Kaleena nickte.
„Dann wollen wir keine Zeit mehr verlieren!“ Er nickte den beiden Frauen zu und schob sie aus dem Haus.
Draußen war es merklich dunkler geworden, auch der Wind hatte deutlich aufgefrischt.
Biggs übernahm die Führung und legte ein erstaunliches Tempo vor. Er führte sie weg vom Haupthaus auf eine der hinteren Scheunen zu, in der Licht brannte.
Während Kaleena stumm, mit gesenktem Kopf und ernstem Gesicht neben ihr her schritt und so wie sie versuchte, an Biggs dran zu bleiben, war sich Esha ziemlich sicher, dass irgendetwas mit ihrer Freundin nicht stimmte.
Plötzlich wurde sie von einem Geräusch weit hinter ihr aus den Gedanken gerissen. Warum sie darauf aufmerksam wurde, konnte sie nicht sagen, aber instinktiv drehte sie sich zurück in Richtung Haupthaus, hinter dem man den hellerleuchteten Stützpunkt erkennen konnte.
Doch Esha konnte in der ersten Sekunde dort nichts Ungewöhnliches ausmachen und wollte ihren Kopf bereits wieder zurückdrehen, als sie das Geräusch erneut vernahm. Es war wie ein entferntes Donnern, als würde sich ihnen ein Gewitter nähern. Wieder rein instinktiv hob sie ihren Kopf dann zum Himmel und blieb urplötzlich wie angewurzelt stehen. Nein, das war kein Gewitter, das sich ihnen näherte, das war die Ausgeburt des Teufels!
„Oh mein Gott!“ entfuhr es ihr und erst jetzt wurde Kaleena auf sie aufmerksam. Sie blieb stehen, drehte sich zu Esha und schaute ihr fragend ins Gesicht. „Was ist los?“ Dabei folgte sie ihrem Blick zum Himmel. Und als auch sie dort deutlich die Plasma-Anomalie sehen konnte, die rasend schnell über dem Stützpunkt immer größer wurde, stieß sie einen erschreckten Schrei aus und ihre Augen wurden vor Entsetzten riesengroß.
„Hey Ladies!“ Biggs hatte die Scheune erreicht und sich zu ihnen umgedreht. „Was ist denn nun?“
Während Kaleena scheinbar starr vor Schreck war, zwang sich Esha zu antworten. „Wir haben ein Problem!“
„So? Welches?“
Esha drehte sich zu ihm, schaute ihm direkt in die Augen und riss dann ihren rechten Arm in die Höhe. „Das da!“
Biggs folgte ihrem Zeichen und erstarrte ebenfalls in seiner Bewegung. „Oh Scheiße!“ Er atmete einmal tief durch. „Wir...!“ Weiter kam er nicht. Urplötzlich war die Luft erfüllt von einem immer lauter werdenden Rauschen aus dem Inneren der Anomalie. Während sich fast gleichzeitig etwa zwei Dutzend Flugzeuge von den Startbahnen des Stützpunktes erhoben und auf die Anomalie zuhielten, konnte Biggs unzählige kleine Punkte in ihrem Inneren erkennen, die immer größer wurden.
Esha nahm Kaleena am Arm und zog sie mit sich zu Biggs. „Was ist das?“ rief sie ihm zu und blickte erneut zur Anomalie in den Himmel.
Biggs antwortete nicht sofort, sondern wartete eine Sekunde, bis aus dem Rauschen ein widerliches Pfeifen wurde. „Jäger!“ sagte er dann nur knapp. Dann drehte er sich um und begann damit, das Scheunentor zu öffnen. „Gehen sie rein!“ rief er Esha zu. „Sagen sie Kabus, er soll sich beeilen!“ Mit all seiner Kraft stemmte er den linken Torflügel so schnell er konnte auf.
Esha nickte und zog Kaleena mit sich.
Im Inneren der Scheune gab es sechs Flugzeuge, doch nur eines hatte die Triebwerke gezündet. Es war ein mittelgroßer Truppentransporter, der etwa zwei Dutzend Personen Platz bot. Er sah mit seiner eher eckigen Form etwas klobig aus und war wohl auch nicht für hohe Fluggeschwindigkeiten ausgelegt, aber er wirkte intakt und stabil. Die seitliche Einstiegsluke war geöffnet. Esha drückte Kaleena hinein und schob sich dann an ihr vorbei zum Cockpit. Malis und Liva, die ihr zunächst freundlich zugelächelt hatten, verstummten, als sie ihr ernstes Gesicht sahen.
„Ah...!“ begrüßte sie Kabus im Cockpit. „...sind sie endlich fertig!“
„Mehr als das!“ erwiderte Esha tonlos und setzte sich auf den Copilotensitz.
Kabus erkannte an ihrem Tonfall, dass etwas nicht stimmte. „Was ist los?“
„Sie sollten sich ein wenig beeilen!“
„Warum?“ fragte er Böses ahnend und gab leichten Schub auf die Vertikaltriebwerke, sodass der Transporter sanft einige Zentimeter vom Boden abhob und er ihn herumdrehen konnte.
„Wir haben Besuch bekommen!“
„Besuch?“ Jetzt war er doch etwas überrascht. Der Transporter hatte sich mit dem Cockpit in Richtung Eingang gedreht. Kabus erkannte Biggs, wie er eigentlich viel zu hektisch und wild den zweiten Torflügel aufstemmte. „Wen?“ Sanft gab er Schub auf die Horizontaltriebwerke und der Transporter schob sich aus der Scheune.
„Die Handlanger des Teufels!“ Esha deutete mit ihrem Arm auf die Anomalie, die sich zu ihrer vollen Größe ausgebreitet hatte und aus der immer wieder feindliche Jäger herausschossen und sich zu den anderen gesellten, die bereits dabei waren, den Stützpunkt und die angrenzende Stadt systematisch und erschreckend effektiv zu bombardieren. Es war nur noch eine Frage von Sekunden, bis sie sich auch in ihre Richtung bewegen würden.
„Verdammter Mist!“ fluchte Kabus und schaute gebannt auf die Schlacht. Aus den Augenwinkeln beobachtete er dabei Biggs, der das Scheunentor gänzlich geöffnet hatte und zu ihnen rannte. Kabus hatte den Transporter dicht an ihn heran geschoben, sodass er nur wenige Schritte zu machen brauchte. Seine Augen waren noch immer auf das Schlachtfeld gerichtet und gerade in dem Moment, da Biggs sich in Bewegung setzte, hatten sich zwei Jäger aus ihrer Formation gelöst und rasten direkt auf sie zu.
„Anschnallen!“ sagte er nur kurz und emotionslos und Esha beeilte sich damit. Über Lautsprecher hatten es auch Kaleena, Malis und Liva im hinteren Raum gehört und ließen sich ebenfalls nicht lange bitten.
Kabus aber bewegte ihren Transporter keinen Millimeter von der Stelle, sein Blick war nur starr geradeaus auf den heran rauschenden Feind gerichtet.
Esha neben ihm wurde zusehends nervöser, ihr Blick zuckte zwischen Kabus und den Jägern hin und her.
Biggs hatte mittlerweile den Transporter erreicht und hechtete prustend in den Innenraum. Kaum war er dort auf dem Boden aufgekommen, wirbelte er blitzschnell herum und betätigte die Schließhydraulik. „Der alte Sack ist an Bord!“ rief er atemlos aus und ließ sich zurückfallen, um ausgestreckt auf dem Boden zu verschnaufen.
Doch Kabus ließ ihm dazu absolut keine Zeit. Kaum hatte Biggs ihm das Okay zum Start gegeben, donnerte er den Schubhebel des Transporter bis zum Anschlag nach vorn, während er das Steuer zurückriss.
Im selben Moment zuckte unterhalb der Flügel der feindlichen Jäger je ein kleiner, gleißender Blitz auf und zwei tödliche Raketen schossen auf sie zu.
Zu diesem Zeitpunkt ruckte der Transporter durch die maximale Schubleistung nach vorn. Fast zeitgleich hob sich die Nase innerhalb eines Wimpernschlages senkrecht in die Höhe, nur um sofort weiter nach hinten über zu kippen.
Esha und der Rest der Besatzung schrien aus Leibeskräften, weil irrsinnige Kräfte auf ihre Körper wirkten. Malis wurde ohnmächtig. Esha wurde schlagartig schwindelig, sie verlor augenblicklich die Orientierung.
Biggs krallte sich mit all seiner Kraft an eine Sitzlehne, um nicht wie ein lebender Kegel durch das Flugzeug zu poltern.
Kabus verzog ebenfalls sein Gesicht und unterdrückte einen Schrei. Auch auf ihn hatten derartig wilde Kräfte lange nicht mehr gewirkt. Doch es war die einzige Chance, hier lebend herauszukommen.
Kabus ließ den Transporter über die Senkrechte hinweg kippen, dann rollte er das Flugzeug über den linken Flügel wieder in eine annähernd aufrechte Position und überflog mit Höchstgeschwindigkeit die Scheune in die andere Richtung. Kaum hatten sie sie hinter sich gelassen, donnerten die beiden Raketen in sie hinein und zerfetzten in einem gewaltigen Feuerball alles, was sich in ihr befand.
Esha zuckte erschrocken zusammen, als der Explosionsdonner die Triebwerkgeräusche zu einem Flüstern verkommen ließ und wilde Flammen um sie herum schlugen.
Kabus trieb den Transporter in die Tiefe, ließ ihn nur zwei Meter über dem Boden dahin rasen, machte sich jedoch keine Hoffnungen, den Feind irgendwie abgehängt haben zu können. Das schrille Piepen des Heckradars bestätigte seine Annahme, beide Jäger rauschten durch die schmutzige Flammenkugel der zerberstenden Scheune und hielten Kurs auf sie. Kabus riss den Transporter nach rechts in eine enge Kurve, um hinter einer weiteren Scheune erst einmal außer Sicht zu gelangen. Lange würde er dieses Versteckspiel aber nicht durchhalten.
„Esha!“ rief er und schaute zu ihr herüber. „Esha!“
Esha hatte sich in die Sitzlehnen gekrallt. Sie hörte Kabus Worte, doch sie hatte nicht das Gefühl, dass ihr Körper darauf reagieren würde.
„Esha, sie müssen mir helfen!“ sagte Kabus erneut.
„Ich...!“ Esha fand kaum Luft zum Atmen. „Ich kann nicht!“
„Doch, sie können!“ widersprach Kabus entschieden. „Sie müssen! Ohne sie schaffe ich es nicht!“
„Ich...!“ begann sie wieder, dann schluckte sie und drückte sich aufrechter in den Sitz. „Okay,...was soll ich tun?“
„Sehen sie den roten Hebel rechts vor sich?“
Esha erkannte ihn unter einer durchsichtigen Schutzkappe und nickte.
„Entfernen sie die Schutzkappe und drücken ihn auf mein Kommando!“
Esha nickte. „Das kriege ich hin!“ Sofort klappte sie die Schutzkappe nach oben.
„Dann Achtung jetzt...!“ Kabus sondierte kurz das Gelände. „Auf mein Kommando!“ Rechts von ihnen konnte er eine weitere Scheune erkennen, deren Tore auf einer Seite ebenfalls geöffnet waren. Offensichtlich hatte Biggs dort an einer Maschine gearbeitet, bevor sie angekommen waren. Das würde ihre Chance sein – oder ihr aller Tod.
Kabus flog eine enge Linkskurve, bis er den Transporter so gestellt hatte, dass er frontal auf diese Scheune zuflog. Dabei musste er einer weiteren Rakete ausweichen, die Gott sei Dank nur halbherzig gezielt schien und dicht neben ihnen einschlug.
Kaum hatte Kabus den Transporter in eine aufrechte Position gebracht, verlangsamte er die Geschwindigkeit. Die beiden feindlichen Jäger rückten sehr schnell näher.
„Kabus?“ Esha hatte bemerkt, dass sie langsamer wurden und wurde sofort sehr nervös.
„Hebel umlegen!“ rief Kabus, ohne sie zu beachten. Seine Augen waren auf das Heckradar und die Scheune vor ihnen gerichtet.
Esha tat, was ihr befohlen wurde und drückte den Hebel nach rechts. „Was genau tue ich hier eigentlich?“ fragte sie unsicher.
„Sie lassen Treibstoff ab!“ erwiderte Kabus tonlos und trocken.
„Aber...!“ Eshas Augen weiteten sich augenblicklich.
„Keine Angst. Sie machen das prima!“ Kabus grinste kurz und stellte zufrieden fest, dass der Treibstoff aus den Tanks den Boden unter ihnen tränkte. „Schalten sie ihn wieder ab auf mein Kommando!“
„Alles klar!“ bestätigte Esha und machte sich bereit.
Kabus flog unbeirrt auf die Scheune zu, während sich die beiden Jäger weiter näherten. Nun macht schon! flehte er stumm. Die Scheune rückte bedrohlich näher.
Da jaulte das Heckradar erneut auf und zeigte an, dass einer der Jäger eine weitere Rakete auf sie freigegeben hatte.
„Was war das?“ fragte Esha.
Wieder grinste Kabus scheinbar zufrieden. „Eine Rakete!“
Esha starrte ihn verwirrt an. „Ihr Männer steht auf so was, oder?“
„Klar!“ gab Kabus zurück und starrte auf das Heckradar. Sie waren jetzt noch etwa hundert Meter, also rund zwei Sekunden von der Scheune entfernt. Die feindliche Rakete hatte sie fast erreicht, das Heckradar schrillte immer lauter und schneller.
Kabus zählte in Gedanken eine Sekunde ab und als das Piepen unerträglich wurde, riss er das Steuer des Transporters herum und er vollführte eine schnelle horizontale 360-Grad-Drehung. Während alle Insassen wieder mit sich selbst zu kämpfen hatten, registrierte Kabus zufrieden, dass die Rakete an ihnen vorbei gerauscht war und in die Scheune donnerte. Bevor sie dort nur einen Wimpernschlag später im hinteren Teil wuchtig explodierte, hatte der Transporter das vordere Tor erreicht und flog hindurch.
„Hebel abschalten!“ brüllte Kabus und donnerte den Schubhebel wieder ganz nach vorn.
Esha reagierte trotz des irrwitzigen Flugmanövers und der extremen Nervenbelastung sehr schnell und stoppte den Treibstoffverlust.
In der nächsten Sekunde rauschte der Transporter in die höllische Flammenwand, die die gesamte Scheune einnahm.
Esha und diesmal auch Kabus schrien.
Zeitgleich entzündete dieselbe Flammenfaust das abgelassene Flugbenzin und eine Feuerschneise rauschte in die andere Richtung. Die beiden feindlichen Jäger, die dem Transporter dichtauf gefolgt waren, wurden davon erfasst und die Piloten offensichtlich davon überrascht. Der vordere Pilot verriss das Steuer und anstatt sauber durch die Scheune hindurch zu fliegen, donnerte er seitlich in die ausrangierten Flugmaschinen, in denen sich noch genug Flugbenzin befand, um sie in Explosion zu versetzen. Der vordere Jäger wurde komplett zerrissen, der nachfolgende Pilot hatte keine Chance mehr, der Mischung aus Flammen und Trümmerteilen noch zu entgehen und starb ebenfalls in einem Feuerball, der letztlich die komplette Scheune wie einen Luftballon zerplatzen ließ und in einem Feuersturm vollständig zerstörte.
Zu diesem Zeitpunkt hatte der Transporter die Flammenwand am anderen Ende bereits hinter sich gelassen und rauschte mit Höchstgeschwindigkeit dicht über dem Boden davon.
„Boa!“ stieß Esha schweratmend hervor. „Das war knapp!“
Kabus nickte. „Ging so!“ Zufrieden nahm er zur Kenntnis, dass sie ihre Verfolger abgeschüttelt hatten und noch keine neuen hatten. Damit das auch so blieb, steuerte er direkt nach Westen die Küste in etwa drei Kilometern Entfernung an.
„Sie sind ein verdammter Teufelskerl!“ Esha lächelte erleichtert.
Kabus nickte stumm und deutete mit seiner rechten Hand an Esha vorbei aus der Frontscheibe.
Esha folgte seinem Blick und sofort verschwand ihr Lächeln wieder, als sie die furchtbare Zerstörung des Stützpunktes und der Stadt quasi von einem Logenplatz aus mit verfolgen konnte.
„Was jetzt?“ fragte sie nach ein paar Sekunden und drehte sich zu Kabus.
„Wir fliegen zur Küste und werden uns von dort nach Norden bewegen. Ich hoffe, dass niemand auf uns aufmerksam wird. Nach Ara Bandiks sind es dann noch etwa vierzig Minuten!“
Esha nickte. „Danke!“
„Ich wurde für derartige Dinge ausgebildet!“ erwiderte Kabus mit ausdruckslosem Gesicht. „Aber hey...!“ Ein kurzes Lächeln huschte über seine Lippen. „...es war auch mein Leben, das in Gefahr war!“ Er schaute Esha für eine Sekunde direkt in die Augen. „Biggs?“ rief er dann.
„Ja?“ Eine gestresste Antwort kam aus dem Passagierraum.
„Mach mal die Stewardess und reiche unseren Gästen ein paar Drinks. Ich such derweil was fürs Bordkino!“ Kabus grinste breit.
„Du kannst mich am Arsch lecken!“ donnerte Biggs entnervt.
Und bei seinen Worten mussten Esha und Kabus laut loslachen.