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Mavis spürte ganz deutlich die ständig wachsende Mischung aus Nervosität, Anspannung und auch Neugier, die sich in seinem Körper breit machte, je näher sie der Universität kamen.

Aber das war ja auch absolut kein Wunder, würde er doch gleich keinem geringeren gegenüberstehen, als einem ihrer Gegner. Einem Wesen einer fremden Rasse. Einem derer, die so unfassbar brutal Tod und Vernichtung über sie alle gebracht hatten.

Ja, in wenigen Minuten würde ihr Gegner endlich nicht mehr nur ein unsichtbares Grauen sein, sondern ein Gesicht bekommen, wie auch immer es aussehen mochte.

Als der Transporter dann landete, musste sich Mavis erst kurz sammeln, bevor er ausstieg. Pivos folgte ihm.

Sie schritten zügig über ein kleines freies Feld auf einen jungen Captain zu, der vor dem abgestürzten feindlichen Jäger stand.

„Sir!“ Der Mann salutierte zackig.

Mavis nickte und betrachtete aufmerksam das Wrack. „Rühren!“ sagte er beiläufig. Der Jäger hatte sich im vorderen Drittel schräg in den Boden gebohrt. Die Cockpitkanzel war geöffnet und gab den Blick auf eine Art Pilotensitz frei. Instrumente konnte Mavis keine erkennen, alles lag in einem metallisch anmutenden Schwarz im Halbdunkel. Die Kanzel selbst schimmerte ebenfalls schwarz und schien vollkommen undurchsichtig, doch erinnerte sie Mavis an die Gläser, die sie selbst für ihre Jäger verwendeten. Zwei kurze, ziemlich massig wirkende Seitenflügel verliehen der Maschine eine gewisse Kompaktheit. Am Heck konnte er an beiden Seiten je einen Triebwerksschacht erkennen, auf der Oberseite des Rumpfes drei senkrechte Steuerleitwerke, von denen das mittlere etwa doppelt so groß war, wie die beiden anderen.

Bomben und Raketen konnte er keine sehen. Entweder der Jäger war bereits leergeschossen worden oder die Bewaffnung befand sich an anderer Stelle.

Der ganze Jäger glänzte auch im fahlen Licht des Mondes Ondurin teuflisch rot und einige kleinere Brandherde in der Nähe sorgten dafür, dass die Oberfläche zu pulsieren, ja fast lebendig schien.

Mavis war fasziniert und sogar ein wenig beeindruckt.

„Sorgen sie dafür, dass der Jäger umgehend auf die Kamarulu gebracht wird!“ sagte er dann zu dem Captain. „Wir dürfen keine Zeit verlieren. Wenn wir ihre Technik verstehen lernen könnten, bringt uns das vielleicht einen entscheidenden Vorteil!“

Der Captain nickte. „Ich kümmere mich sofort darum!“

„Wo ist...ähm...der Pilot?“

Der Captain deutete hinter Mavis auf das nur noch in Ruinen vorhandene Innere des Gebäudes.

Mavis nickte ihm zu und wandte sich von ihm ab. Während er hören konnte, wie der Mann Kontakt zur Kamarulu aufnahm, trat er mit Pivos langsam durch den Türbogen.

Vor ihnen lag ein ziemlich großer Raum, der früher einmal als Wohnzimmer gedient haben mochte. Jetzt waren alle Möbel, die sich einmal dort befunden hatten, zerstört und in aller Eile entfernt worden, um einen gewissen Freiraum zu schaffen.

Es befanden sich drei Soldaten im Inneren, zwei untere Dienstgrade und ein Offizier. Als Mavis eintrat, blickte der Mann von einigen Papieren in seinen Händen auf und schien bei seinem Anblick erleichtert zu sein.

„Commander!“ Er steckte die Papiere zurück in seine Uniform, trat zu Mavis und salutierte.

„Captain!“ Mavis nickte ihm zu. „Sie haben etwas für mich?“

Der Captain nickte ebenfalls. „Wir haben auf unserer Runde den Jäger draußen entdeckt. Als wir uns ihm näherten, öffnete sich plötzlich das Cockpit und dieser Bastard...!“ Er deutete mit dem Kopf in die hintere Ecke des Raumes, wo seine beiden Kameraden mit entsicherten Gewehren im Anschlag eine Gestalt bewachten, die Mavis zunächst nur schemenhaft erkennen konnte. „...sprang mit einem widerlichen Gebrüll heraus. Er hatte den Überraschungseffekt auf seiner Seite und tötete zwei meiner Männer mit bloßen Händen, bevor wir ihn überwältigen konnten!“

Mavis schaute den Captain einen Moment lang ausdruckslos an. „Okay. Ich kümmere mich um ihn!“

Der Captain nickte wieder und schien erneut erleichtert, dass er die Verantwortung für ihren Gefangenen an den Commander abgeben konnte.

Mavis wandte sich von ihm ab und ging zu den beiden gemeinen Soldaten, die zur Seite traten, als er näher kam, ohne das Wesen in der Ecke jedoch aus den Augen zu lassen.

Etwa drei Meter vor ihm blieb Mavis stehen und betrachtete es. Und er stellte sofort fest, dass er ziemlich überrascht war. Er hatte zwar keine Ahnung, was er sich unter dem feindlichen Wesen vorgestellt hatte, aber als er einen Körper erkannte, der zumindest in großen Teilen menschenähnlich war, wusste er, dass er das nicht erwartet hatte.

Das Wesen besaß einen Kopf, einen Rumpf, offensichtlich zwei Arme und wohl auch zwei Beine.

Die Hautfarbe war dunkel, beinahe anthrazitfarben und glänzte leicht. Es besaß keine Haare auf dem Kopf und der Körper steckte in einer Art Rüstung oder Uniform aus einem lederähnlichen Material, die seinen Körper massiger und bedrohlich erscheinen ließ.

Das Gesicht war beinahe oval und zeigte ausgeprägte Knochenwölbungen. Mavis konnte eine Art platte Nase und einen lippenlosen Mund erkennen. Auch schien es zwei Augen zu haben, die jedoch geschlossen waren.

Ein sehr kurzer Hals endete in einem muskulösen Rumpf. Von ihm gingen zwei Arme aus, die zumindest im Bereich der Oberarme deutlich massiger waren, als beim Menschen. Den weiteren Verlauf und speziell die Hände, als es denn überhaupt welche hatte, konnte er nicht mehr erkennen, da die Männer sie fest auf dem Rücken gefesselt hatten. Deutlich aber konnte er ein Gelenk ausmachen, das den Rumpf mit den Armen verband und ein zweites innerhalb des Armverlaufs, dass jedoch um einige Zentimeter höher angebracht war, als beim Menschen.

Auch die Oberschenkel der Beine waren mit einem Gelenk am Rumpf verbunden und anfangs ebenfalls sehr massig. Mehr konnte Mavis nicht erkennen, denn das Wesen kniete auf dem Boden.

Alles in allem schätzte er es jedoch auf eine Größe von etwa 180 – 200 Zentimeter und auf ein Gewicht von rund zwei Zentnern.

Der muskulöse Rumpf, die massigen Oberarme und Oberschenkel verliehen ihm ein sehr kompaktes und dralles Erscheinungsbild, gepaart mit der dunklen Hautfarbe und der außergewöhnlichen Kopfform wirkte es einschüchternd und bedrohlich.

Die ganze Zeit über waren seine Augen geschlossen und sein Atem ging hörbar, aber ruhig und regelmäßig, wobei sich der Brustkorb immer wieder leicht spannte.

Mavis betrachtete es eine ganze Zeit lang ausdruckslos und es gelang ihm, selbst eine gewisse Ruhe wiederzufinden.

„Wie ist dein Name?“ fragte er dann laut und deutlich.

Doch er schien zunächst keine Reaktion zu erhalten. Erst nach einigen Sekunden öffnete das Wesen langsam seine Augen.

Mavis erschrak fast ein wenig, als er die dunkelgrünen Augäpfel erkannte, aus denen ihn grell gelbe Pupillen direkt anstarrten. Doch mehr geschah nicht. Eine weitere Reaktion blieb aus. Der Atem des Wesens ging weiterhin ruhig, auch blinzelte es nicht ein einziges Mal.

Es schaute Mavis nur direkt an, bis es seine Augen wieder schloss und ansonsten weiterhin bewegungslos verharrte.

„Na, der ist ja was gesprächig!“ meinte Mavis mehr zu sich selbst, was jedoch ein kurzes Lächeln in die Gesichter der Männer huschen ließ. Er selbst war eher verärgert, weil schon jetzt eindeutig klar war, dass es kein sonderlich erbauliches Gespräch werden würde, auch ungeachtet der Tatsache, dass das Wesen sicherlich nicht ihre Sprache sprach. Für einen Moment war er daher unschlüssig, was er tun sollte.

Mit einem Mal aber erkannte er dicht neben dem Mund des Wesens eine kleine, unscheinbare Ausbuchtung in seinem Gesicht. Bei genauerem Hinsehen entpuppte sich diese Ausbuchtung als ein mechanisches Teil von der Größe einer Perle, das etwa einen Zentimeter vom eigentlichen Gesicht entfernt war und von dem ein dünner Draht an die Seite des Kopfes bis zu der Stelle führte, wo das Wesen eine Art Knorpelwuchs besaß, der Mavis entfernt an ein menschliches Ohr erinnerte, und daran befestigt war.

Ein Headset! schoss es ihm sofort in den Kopf und seine Laune besserte sich etwas.

„Sehen sie das Ding an seinem Mund?“ fragte er Pivos neben sich.

Der verzog leicht das Gesicht. „Sieht aus wie ein...!“

„...Headset?“ unterbrach ihn Mavis.

Pivos nickte. „Ja, könnte sein!“

„Nehmen sie ihm dieses Ding ab, Captain!“

Überraschte und leicht geschockte Augen blickten ihn an. Damit hatte Pivos nicht gerechnet.

„Geben sie mir solange die Waffe...!“ beharrte Mavis jedoch und streckte die Hand danach aus, doch folgte Pivos nur widerwillig seinen Anweisungen. „Nun machen sie schon. Wir passen auf, dass nichts passiert. Es wird schon schief gehen!“

Pivos drückte ihm das Gewehr in die Hand und ging langsam und vorsichtig auf das Wesen zu.

Während Mavis die Waffe locker über seine rechte Schulter legte, sodass der Lauf gen Himmel zeigte, erkannte er, dass das Wesen unbemerkt seine Augen wieder geöffnet hatte und ihn erneut ausdruckslos anschaute. Dabei konnte er sehen, dass es Pivos, der sich auf ihn zu bewegte dennoch nicht außer Acht ließ. Unwillkürlich fasste Mavis den Gewehrkolben fester.

Pivos hatte das Wesen erreicht und kniete sich neben es. Seine Hände zitterten leicht, als er sie an das vermeintliche Headset führte, um es zu entfernen.

Es war totenstill geworden, als seine Bewegungen von allen Anwesenden genau beobachtet wurden.

Dann – urplötzlich – schoss der Kopf des Wesens ruckartig und extrem wuchtig zur Seite und erwischte Pivos an der Schläfe. Ein dumpfes Knacken war zu hören, als der Knochen dort brach. Pivos erschrak höllisch, ob der blitzartigen Bewegung des Wesens und musste dann schmerzvoll aufschreien. Wie ein gefällter Baum kippte er aus dem Sitz heraus zur Seite.

In diesem Moment aber hatte sich das Wesen irrsinnig flink auf seine Beine gewuchtet und stemmte sich weiter gegen ihn und verpasste ihm einen zweiten knüppelharten Schlag gegen den Kopf, wodurch wieder sehr deutlich hörbar das Jochbein brach. Ein erstickter, gurgelnder Schrei entfuhr ihm und er fiel hinterrücks zu Boden.

Erst jetzt kam Bewegung in die anderen Personen, doch als Erster reagierte Mavis. Blitzschnell riss er das Gewehr von seiner Schulter und hielt es direkt vor das Gesicht des Wesens, das bisher trotz der flinken Bewegungen noch keinen Ton von sich gegeben hatte.

Lediglich der Mund war geöffnet und gab den Blick auf zwei nebeneinander liegende, kräftige und scharfe Zahnreihen wieder, die bläulich schimmerten und eindeutig zu einem Fleischfresser gehörten.

„Stop!“ rief Mavis zusätzlich noch, dann berührte der Gewehrlauf leicht den Kopf des Wesens in Stirnhöhe.

Für den Bruchteil einer Sekunde trafen sich wieder ihre Augen, bis sich die Pupillen des Wesens kaum merklich verengten und es einen Schritt nach vorn tat, offensichtlich nicht beeindruckt von Mavis Waffe.

Doch während die anderen Männer wieder schrien, behielt Mavis die Ruhe. Er riss die Waffe vom Kopf des Wesens, ließ sie links zur Seite zucken, gab einen Schuss auf eine aus welchem Grunde auch immer noch intakte Vase auf einem staubübersäten Beistelltisch ab, sodass diese lautstark zerbarst und donnerte das Gewehr wieder vor das Gesicht seines Gegners, während er gleichzeitig durchlud. „Versuchs noch mal!“ raunte er schnarrend.

Das Wesen verharrte in seiner Bewegung und schaute auf die zerstörte Vase. Ganz offensichtlich erkannte es nun doch, dass Mavis mit dem Gewehr eine Waffe in der Hand hielt, die ihm gefährlich werden konnte.

Mavis wechselte seine Waffe in die linke Hand, ohne ihre Position zu verändern und riss mit einer kurzen, ruckartigen Bewegung das Headset vom Kopf des Wesens. Es verzog daraufhin den ekligen Mund, blieb jedoch weiterhin stumm.

Mavis betrachtete das kleine Gerät, erkannte aber schnell, dass es durch den Angriff auf Pivos zerbrochen und somit kaputt war. Bevor er es mit einem unzufriedenen Schniefen achtlos zur Seite warf, schaute er noch auf die dunkle, violette, fast schwarze Flüssigkeit, die vom Ende des Metalldrahts tropfte. Offensichtlich war es das Blut des Fremden.

Mavis sah ihm ins Gesicht, nahm aber keine Reaktion darin wahr.

Das Wesen entspannte lediglich seine Muskeln, schloss seinen Mund, atmete wieder ruhiger, starrte Mavis noch einen Moment direkt in die Augen und schloss sie dann wieder.

Mavis verzog gereizt das Gesicht und schaute für einen Moment auf den stöhnenden Pivos und dessen blutverschmierten Kopf. Ein Soldat kümmerte sich bereits um ihn.

„Bringen sie ihn raus und versorgen sie ihn!“ befahl er knapp.

Der Mann hob Pivos an und beide verließen den Raum.

„Sie sagten...!“ Mavis wandte sich an den Offizier. „...er habe geschrien, als er aus dem Cockpit sprang?“

„Ja, hat er...und dann zwei meiner Männer getötet!“ erwiderte er verächtlich.

„Dann...!“ Mavis schaute zunächst den Offizier ausdruckslos an, dann wieder das Wesen, bis er plötzlich das Gewehr ruckartig sinken ließ. Und gerade so, als habe das Wesen diesen Luftzug gespürt, öffnete es wieder seine Augen und starrte Mavis an. Doch es war zu spät. „...will ich es auch hören!“ sagte er noch, dann verharrte der Lauf vor dem rechten Kniegelenk des Wesens und Mavis drückte ungerührt ab.

Der Schuss peitschte durch die Ruinen und die Kugel zerfetzte Knochen, Fleisch und Sehnen im Körper des Fremden. Und mitten hinein erklang der kehlige, tiefe und schmerzvolle Schrei des Wesens, wie das Gebrüll eines Ungeheuers.

Der starre Blick wurde augenblicklich gebrochen und wich einer Art Verwirrung, bevor das verwundete Knie unter seinem eigenen Gewicht nachgab und das Wesen in die Tiefe sackte. Doch nicht vollständig. Gerade noch rechtzeitig konnte es das linke Bein anwinkeln und in den Boden stemmen, sodass es halb aufrecht blieb.

„Sie hatten Recht!“ sagte Mavis ungerührt zu dem Offizier, der ziemlich überrascht über seine Handlung war. „Er kann reden!“ Er drehte sich wieder zu dem Wesen, dessen Atem jetzt stoßweise ging. „Aber ich verstehe ihn nicht!“ Mavis lud die Waffe erneut durch und kniete sich gleichsam neben seinen Widersacher. Er schob seinen Kopf nach vorn, bis sein Gesicht dicht neben dem des Fremden war. Er konnte seinen Atem und seine Haut riechen. Ersteres roch frisch, fast wie Pfefferminz, letzteres leicht salzig, aber nicht unangenehm.

Das Gewehr hielt er senkrecht in die Höhe und drückte den Lauf unter das Kinn des Wesens, den Finger am Abzug.

„So und nun erzähl mir von dir und deinen Freunden!“ begann Mavis in ruhigem Ton. „Was wollt ihr hier? Und was plant ihr als nächstes?“

Das Wesen hob seinen Kopf an und starrte Mavis mit schmerzverzerrtem Gesicht aus nur wenigen Zentimetern Entfernung direkt in die Augen. Wut und Hass ließen sich eindeutig erkennen.

„Tut es weh?“ fragte Mavis zufrieden. „Ja? Du kannst Schmerz empfinden, das macht dich verwundbar. Weißt du das? Ich kann dich verletzten, also kann ich dich auch töten. So wie ihr uns...! Hast du das nicht gewusst? Hast du gedacht, wir würden uns nicht wehren? Wir wären leichte Beute, über die ihr ungehindert hinwegfegen könnt? Aber das ist nicht so. Wir werden uns wehren, siehst du? Glaubt ihr wirklich, ihr könnt hierherkommen und uns alle abschlachten?“ Mavis hielt einen Moment inne und atmete einmal tief durch. Dabei senkte er den Kopf und so sah er nicht, dass sich genau in diesem Moment ein leichtes, aber deutliches Lächeln im Gesicht des Fremden zeigte.

Doch die Worte, die er sofort danach unfassbar deutlich und klar aussprach, die hörte er sehr deutlich und würde sie niemals wieder vergessen.

„Wir können...und wir werden!“

Mavis Kopf zuckte in die Höhe und er starrte den Fremden mit großen, entsetzten Augen an.

Doch noch bevor er das Grinsen im Gesicht des Wesens erkannte, sah er, wie es seine Hände, die doch eigentlich auf dem Rücken gefesselt sein sollten, zur Seite riss und Mavis den Anblick auf seine fleischigen mit kurzen, scharfen Krallen besetzten vier Fingern ermöglichte.

Mavis war jetzt doppelt geschockt und hatte keine wirkliche Chance zu reagieren. Das Wesen ergriff den Gewehrkolben mit beiden Händen und donnerte ihn rückwärts gegen Mavis Kopf. Aus der Hocke heraus fiel er mit einer blutenden Stirnwunde hinten über und verlor für eine Sekunde die Orientierung.

Zur selben Zeit hatte sich das Wesen wieder vollständig aufgerichtet, ließ das Gewehr fallen und trieb dem letzten Soldaten seine beiden Pranken schonungslos in den Brustkorb. Scheinbar spielend leicht durchstießen sie die Haut und die Rippenknochen. Während der Soldat vor Entsetzen keinen Schrei hervorbrachte, schlossen sich die Hände um seine Rippen zusammen. Das Wesen brüllte bösartig auf und riss dann mit einer irrsinnigen Kraft beide Arme ruckartig auseinander, wodurch es den gesamten Brustkorb des Mannes unter bestialischem Brechen von Knochen aufbrach und Blut und Gedärme hervorquollen. Achtlos ließ das Wesen von ihm ab und sein Körper klatschte zu Boden.

In diesem Moment donnerte ein weiterer Schuss durch den Raum. Der Offizier hatte angelegt und abgedrückt. Die Kugel traf das Wesen an der rechten Rumpfseite und riss eine blutige Wunde. Doch konnte er den Vormarsch ihres Gegners so nicht stoppen. Wütend kam es auf ihn zu und bevor er nachladen konnte, stand es direkt vor ihm.

Er hatte gerade noch Zeit für einen letzten panischen Blick in die furchtbaren Augen des Wesens, dann schlossen sich seine Pranken um seinen Kopf und es wirbelte ihn aus dem Stand heraus daran wild durch die Luft. Innerhalb eines Wimpernschlags brach sein Genick wie ein Streichholz. Durch die Rotation seines Körpers riss die Haut am Hals auf und nur wenige Momente später wurde schließlich sein Kopf vom Rumpf getrennt. Während der Körper wuchtig gegen die Seitenwand der Ruine klatschte, hielt das Wesen seinen Kopf in den Händen und schaute ihn hasserfüllt an.

Mavis wurde durch den Schuss wieder wachgerüttelt. Zunächst tief geschockt über die Art und Weise, wie der Soldat starb, erkannte er, dass dessen Gewehr einen Schritt neben ihm zu Boden fiel. Während sich das Wesen auf den Offizier zu bewegte, hechtete er zu ihm und nahm es an sich. Er lud es durch, doch noch bevor er schießen konnte, war der Offizier bereits grausam hingerichtet worden.

Dann aber drückte Mavis ab und seine Kugel zerfetzte die rechte Schulter des Wesens.

Der Fremde strauchelte und schrie erneut, doch setzte er bereits einen Augenblick später wieder zum Angriff auf Mavis an, der sich gerade aufrichtete und dabei durchlud.

Das Wesen preschte nach vorn, begann zu schreien und zu rennen, um bei Mavis zu sein, bevor er wieder schießen konnte.

Mavis erkannte das in den Augenwinkeln, wurde ein wenig hektisch, hatte letztlich eine neue Kugel in den Lauf befördert, riss das Gewehr in die Höhe, sah einen großen, dunklen Schatten rasend schnell auf sich zukommen, musste jetzt ebenfalls schreien und drückte dann einfach ab, während er von dem Körper des Fremden nach hinten geschleudert wurde.

Mavis schlug rüde zu Boden, doch sah er noch, wie der Körper des Wesens über ihn hinwegschoss und sein Schrei plötzlich erstarb.

Sofort wirbelte er herum und schaute hinter dem Fremden her, wie er wuchtig, aber völlig unkontrolliert in einen Trümmerhaufen donnerte.

Mavis spritzte in die Höhe und lud das Gewehr noch einmal durch, während er auf den Fremden zulief.

Doch er sah die große klaffende Wunde kurz unterhalb der Schädeldecke und konnte im Inneren eine glibberige Gehirnmasse entdecken. Der Körper des Wesens zuckte unkontrolliert, sein Atem ging rasselnd und schwer.

Mavis keuchte und ließ das Gewehr sinken. Sein Feind war geschlagen, sein Tod nur noch eine Frage von Sekunden. „Du willst mich töten?“ fragte er außer Atem. „Ich werde dich töten!“

Für eine Sekunde trafen sich wieder ihre Augen und Mavis glaubte schmerzvolle Erkenntnis bei dem Fremden dort zu erkennen, doch dann schüttelte er leicht, aber deutlich den Kopf.

„Warte...!“ Seine Worte waren trotz des nahen Todes noch sehr deutlich. „...bis du meine Freunde siehst!“

Mavis war geschockt. Er hatte nicht erwartet, dass das Wesen noch einmal reden würde und die offensichtliche und unverhohlene Drohung in ihnen jagten ihm einen eiskalten Schauer durch den Körper.

Dann sah er, wie das Wesen wieder grinste und fast gleichzeitig erkannte er, wie die rechte Pranke ein kleines, quaderförmiges Gerät in der Größe einer Zigarettenschachtel aus seiner Uniform holte und sofort auf einen Knopf dort drückte. Mehrere rote Lichter flammten auf und ein leises Fiepen ertönte.

„Du tötest mich?“ stieß das Wesen noch einmal hervor. „Ich töte uns beide!“ Und dann begann es sogar zu lachen.

Mavis brauchte nicht lange zu überlegen, um zu wissen, was geschehen würde.

Er ließ das Gewehr fallen, machte auf dem Absatz kehrt und rannte, so schnell er nur konnte aus dem Haus.

Hinter sich hörte er noch immer das Lachen des Fremden und den Piepton, der immer lauter wurde.

„Weg!“ brüllte er zu den Männern am Wrack des feindlichen Jägers, dann sagte ihm der Ton, dass die Zeit um war und er hechtete über einen kleinen Trümmerhaufen, während hinter ihm das ohnehin schon zerstörte Haus noch einmal von einer irrsinnig wuchtigen Explosion zerrissen wurde.

Mavis rappelte sich mühsam wieder auf. Während sich der Rauch der Explosion langsam verzog, sah er, dass den drei anderen Männern nichts passiert war.

Er drehte sich wieder um und ließ sich erschöpft zu Boden sinken.

Urplötzlich zeigte sich eine unendliche Last auf seinem Gesicht. Er atmete tief und schwer durch und schloss seine Augen.

Die Begegnung mit dem fremden Wesen war völlig anders verlaufen, als er es auch nur annehmen konnte. Alles, was schief gehen konnte, war schief gegangen.

Und ihr Feind entpuppte sich als schrecklicher, grausamer und stärker, als er es je befürchten konnte.

Ja, diese Wesen würden nicht eher ruhen, bis sie die gesamte Menschheit auf diesem Planeten ausgerottet hatten.

Und urplötzlich war sich Mavis überhaupt nicht mehr sicher, ob sie diesem Hass wirklich gewachsen waren.

„Gott steh uns bei!“ sagt er müde und kraftlos und seine Gedanken waren wieder bei Melia, wo immer sie jetzt auch sein mochte.

Genesis II

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