Читать книгу Genesis II - Alfred Broi - Страница 5
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„Cosco?“ Jorik hob seinen Kopf nicht an, sondern schaute weiterhin gebannt auf den Radarschirm.
„Was gibt es?“ fragte Cosco ernst, der am Tonfall von Joriks Frage erkannt hatte, dass es ein Problem geben würde.
„Ich empfange hier ein wirklich...!“ Jorik zog die Augenbrauen hoch. „...wirklich...echt beschissenes Signal!“
„Welcher Art?“ Cosco drehte sich zu Jorik herum.
„Eine gottverdammte Scheiß-Plasma-Anomalie...!“ rief plötzlich Kendig in sein Mikro. „Etwas in der Art, Dad!“
Cosco wirbelte sofort wieder zurück. „Auf den Schirm!“ befahl er und Jorik gab dem Computer das entsprechende Kommando.
Einen Augenblick später konnte sich jeder davon überzeugen, dass Kendig Recht hatte. Aus den oberen Luftschichten der Planetenatmosphäre schob sich ein fast kreisrundes, gelb und blau leuchtendes Gebilde in die Tiefe, dessen Außenhaut deutlich rotierte.
„Verdammter Mist, wo kommt die denn her?“ platzte Cosco hervor.
Jorik hatte sich als Erster von dem unheimlichen Anblick lösen können und seine Hände huschten über die Computertastatur. Er stellte eine Verbindung zu einem der zahllosen Imrix-Satelliten her, der über eine Kamera verfügte. Mit wenigen Befehlen konnte er diese Kamera so schwenken, dass sie ihren Focus auf ihren Planeten richtete.
„Jorik?“ fragte Cosco ungeduldig.
„Ich hab´s gleich!“ Er wartete noch eine Sekunde, bis ein gutes Bild zustande gekommen war, dann brachte er es auf den zweiten Schirm am Cockpit und sandte es auch an die beiden Jäger von Kendig und Rimbo.
Für einige Momente war es danach sehr still, als sich alle der Tatsache bewusst wurden, was sie dort sahen.
„Das verdammte Mistding hat sich geteilt!“ stellte Rimbo stellvertretend für alle klar.
Wieder hatte Jorik bereits am Computer weitergearbeitet. „Aus allen acht Armen des Hauptstrangs haben sich weitere Arme abgezweigt. Insgesamt zweiunddreißig. Sie sind dünner als die Hauptarme, aber...!“
„...immer noch groß genug für jede Menge hässliche Feinde!“ beendete Kendig den Satz.
„Richtig!“ erwiderte Jorik.
„Welchen Kurs hat diese Anomalie?“ fragte Cosco.
„Na welchen wohl, Dad?“ rief Kendig. „Das Ding ist im Direktanflug auf das Imrix-Gelände!“
„Jorik?“ Cosco drehte sich wieder zu ihm um.
„Ich fürchte, Kendig hat Recht!“ gab Jorik mit einem müden Nicken zurück und sein Blick wurde sehr traurig.
„Wie lange noch?“
„Wie lange noch was?“
„Bis sie Imrix erreicht hat?“
„Ich würde sagen, eine, höchstens zwei...!“ begann Jorik.
„Wie wäre es mit gar keine..!?“ platzte Rimbo dazwischen und starrte auf die Dutzende von feindlichen Jägern, die aus der Anomalie schossen.
„Mist!“ meinte Kendig. „Und ich dachte, ich wäre hier auf einem beschaulichen Ausflug durchs Ländle!“
„Blödmann!“ grummelte Rimbo. „Komm lieber nach vorn und decke meinen Arsch!“ Deutlich war zu sehen, dass der Feind zwar hauptsächlich über dem Imrix-Gelände seine tödliche Bombenfracht abwarf, doch es war allen klar, dass es nicht lange dauern würde, bis man sie entdeckt hatte.
„Ich komme zu dir...!“ erwiderte Kendig. „...aber ich werde weder deinen Arsch, noch sonst was von dir decken. Hol dir für so was gefälligst ein paar Tunten!“ Kendig erhöhte kurz seinen Schub und zischte an der Amarula vorbei neben Rimbos Jäger.
„Was machen wir jetzt?“ fragte Shamos und starrte wie alle anderen auch mit großem Entsetzen aus dem Cockpitfenster auf das sich vor ihnen ausbreitende Schlachtfeld. Etwa fünfzig Jäger donnerten über das Gelände der Imrix-Corporation und zerstörten dabei fast schon gewohnt systematisch jeden Quadratzentimeter. Auf dem Gelände gab es zwar einen Haufen Flugzeuge, doch nur wenige davon waren überhaupt bewaffnet. Irgendjemand hatte die meisten von ihnen auch noch rechtzeitig in die Luft aufsteigen lassen, doch waren die Piloten kaum erfahren im Luftkampf. Die Gegenwehr, die sie auf die Beine stellten, war absolut kläglich und sie mussten alle mit einem grausamen Tod bezahlen. Entsprechend konnte der Feind auf dem riesigen Areal schalten und walten, wie er wollte, doch machte er wie schon in Ara Bandiks nicht einmal den Hauch von Anstalten, das Gelände zu besetzen oder darauf zu landen, es zu erobern, in Besitz zu nehmen, Gefangene zu machen. Alles, was ihm wichtig erschien, war eine gnadenlose, flächendeckende und konsequente Zerstörung von allem, was sich unter ihm ausbreitete. Und das beherrschte er ganz offensichtlich nahezu perfekt.
„Wollen wir versuchen, sie zu umzingeln?“ fragte Rimbo gereizt.
„Wir müssen unseren Kurs ändern!“ sagte Cosco knapp, erhielt aber keine Erwiderung. Deshalb drehte er sich zu Jorik um. „Jorik?“
Jorik saß hinter dem Computer und starrte ausdruckslos aus dem Cockpit auf den Kampf direkt vor ihnen. Man sah ihm deutlich an, dass er in diesem Moment nur körperlich anwesend war.
„Jorik?“ Shamos drehte sich ebenfalls zu ihm. Als er seinen Freund mit traurigem Gesicht zusammengesunken sitzen sah, verspürte er wieder einen Stich im Herzen und er wusste sofort, was jetzt in Joriks Kopf vorging.
„Was immer ihr tun wollt...!“ rief Kendig, als er sehen konnte, wie vier feindlichen Jäger in einer verdächtig sanften Linkskurve aus ihrer Formation ausscherten. „...tut es verdammt etwas schneller!“
Jorik drehte seinen Kopf zu Shamos. In seinen Augen war furchtbarer Schmerz zu sehen, der sich in einem einzigen Wort manifestierte: Daria!
„Wir werden zurückkehren...!“ begann Shamos. „Wir werden sie holen! Du wirst sie begraben können, dass verspreche ich dir!“
Jorik hörte die Worte seines Freundes und schloss die Augen.
„Leute...!“ rief Rimbo, weil klar war, dass sie tatsächlich gleich ungebetenen Besuch bekommen würden. „Jetzt macht aber mal! Wir haben keine Zeit mehr!“
Cosco starrte aus dem Cockpit und sah den Feind schnell näher kommen. Er drehte sich wieder zurück. „Jorik?“ seine Stimme war fordernd.
Jorik reagierte jedoch nicht sofort darauf. Er öffnete seine Augen, schaute zu Shamos, dann nickte er leicht und mit dem traurigsten Gesicht, dass Shamos je gesehen hatte.
„Drehen sie ab!“ sagte Shamos schnell.
Cosco nickte und schnellte auf seinem Sitz herum. Doch bevor er den Steuerknüppel wieder ergreifen konnte, sah er zwei Lichtblitze aus den feindlichen Jägern hervor zucken.
„Raketen im Anflug!“ brüllte Rimbo und machte sich zusammen mit Kendig daran, sich dem Feind entgegen zu stellen.
Entgegen seines Vorhabens in das Landesinnere abzudrehen, blieb Cosco jetzt keine andere Wahl, als zur Küste zu fliegen. Er beschleunigte die Amarula wieder auf Höchstgeschwindigkeit und senkte ihre Flugbahn. Links vor ihnen tauchten die ersten Gebäude des Imrix-Konzerns auf. Wenn er es schaffte, dorthin zu gelangen, konnte er die Raketen vielleicht abschütteln.
Kendig und Rimbo hatten zunächst Frontalkurs auf die feindlichen Jäger genommen und so verhindert, dass die Amarula weiteren Beschuss hinnehmen musste. Als die ersten Geschosse dann in ihre Richtung abgefeuert wurden, verblieben sie noch einen Moment auf ihrer Flugbahn und gaben ihrerseits je einen tödlichen Schuss ab. Während sie den gegnerischen Raketen durch waghalsige Flugmanöver entkommen konnten, wurden zwei feindliche Jäger zerstört.
Den beiden gelang es schnell, in diesem Kampf die Oberhand zu bekommen. Nach wenigen Momenten hatten sie aus den verbleibenden Jägern Gejagte gemacht, die sie vor sich hertreiben konnten, um sie letztlich eiskalt vom Himmel zu holen.
Kendig war zufrieden. Ihr Einsatz war schnell und erfolgreich verlaufen. Und ganz offensichtlich keinem weiteren Feind aufgefallen.
Sie konnten wieder zurück zur Amarula fliegen.
Cosco gelang es, die riesige Amarula trotz ihrer hohen Geschwindigkeit mit einer schon gespenstischen Leichtigkeit durch die Gebäudelücken hindurch zu lenken.
Und sie hatten Glück. Eine Rakete mochte diesen Zick-Zack-Kurs ganz offensichtlich nicht und verlor ihr Ziel aus den Augen. Mit nahezu unbändiger Wucht donnerte sie in einen Wartungshangar und zerfetzte ihn in einem Augenblick.
Die zweite Rakete aber war hartnäckiger und verfolgte sie noch immer. Cosco wusste, dass ihnen nur noch wenige Sekunden blieben, bevor der Zusammenprall unvermeidlich sein würde.
Er brauchte ein weiteres Ablenkungsmanöver, einen zweiten Köder und das sehr schnell.
Die Amarula fegte aus dem weitläufigen Gebäudekomplex hinaus auf freies Feld.
Auch das noch, schoss es Cosco in den Kopf. Wo zum Teufel...?
Vor ihnen erstreckten sich unzählige Startrampen, -felder und –bahnen. Und auf ihnen befanden sich einige Flugzeuge.
Cosco drückte den Steuerknüppel nach rechts, auf eine Startbahn zu, auf der er ein großes Transportflugzeug erkennen konnte, dass sich nicht bewegte.
Offensichtlich wurde sein Flug nicht mehr ausgeführt. Doch das war Cosco in diesem Moment ziemlich egal. Das verdammte Ding war groß genug, um als Köder zu fungieren. Er steuerte die Amarula mit Höchstgeschwindigkeit darauf zu, während das Heckradar immer lauter und schneller piepte.
Die Augen aller Anwesenden waren längst auf ihn gerichtet oder zuckten ängstlich und nervös zur Frontscheibe.
Cosco zwang das Boot noch einmal in eine enge Rechtskurve, verschaffte sich damit einen weiteren Sekundenbruchteil Luft zwischen sich und der Rakete. Kaum hatte er das Boot danach wieder aufgerichtet, tauchte der Rumpf des Transportflugzeuges vor ihnen auf. Cosco riss sofort das Steuer an sich und konnte so den frontalen Aufprall in die Seite des Transportflugzeugs verhindern.
Hauchdünn donnerte die Amarula über den Rumpf hinweg.
In diesem Moment zischte die Rakete quasi unter dem Rumpf des Flugbootes hindurch und rauschte mit gnadenloser Wucht in das Köderziel, wo sie ihre unbändige Energie in alle Himmelsrichtungen ausbreitete.
Augenblicklich war die Amarula eingehüllt von einer gewaltigen Flammenfaust.
Coscos Freude über ihr erfolgreiches Ausweichmanöver hielt nicht lange an, als das Boot urplötzlich wie von Geisterhand getrieben weiter in die Höhe schoss und sich das Heck dabei irrsinnig schnell aufrichtete.
Die wuchtige Druckwelle, die von dem zerstörten Transportflugzeug ausging, wirkte für das Flugboot wie ein Katapult und drückte es nach oben. Die gewaltigen Kräfte wirkten jedoch hauptsächlich auf den hinteren Teil des Rumpfes, sodass das Heck förmlich in die Höhe geschleudert wurde und die Amarula über den Bug hinweg nach vorn kippte.
Alle Insassen begannen wild zu schreien, als sich die Welt vor ihren Augen auf den Kopf stellte.
Cosco schrie ebenfalls, doch er handelte auch. Sofort schaltete er die Haupttriebwerke aus. Zeitgleich versuchte er, die Amarula seitlich zu rollen, damit sie sich wieder aufrichtete.
Das gelang aber nur langsam und er musste hilflos mit ansehen, wie der Boden immer näher kam und sie zusätzlich noch mit dem Heck voran auf ein weiteres großes Transportflugzeug zuschossen.
Endlich hatte sich die Amarula wieder aufgerichtet. „Vollen Schub auf die Vertikaldüsen!“ rief er Fidu zu, der sofort die Hand auf den Schalter wuchtete.
Die Triebwerke zündeten augenblicklich und sorgten für Gegenschub, der verhinderte, dass die Amarula mit der Unterseite des Rumpfes gnadenlos in den Boden donnerte und dabei sicherlich zerstört worden wäre.
Nur einen Meter vor der Grasnarbe wurde ihr Fall abgebremst – nicht jedoch ihr Rückwärtsdrall, den sie noch immer inne hatten.
Cosco wuchtete den Schubhebel der Haupttriebwerke nach vorn und riss gleichzeitig das Steuer zu sich.
Ein gewaltiges Rütteln ging durch das Schiff, als die Triebwerke Gegenschub leisteten und die Amarula zunächst nur langsam, dann aber immer schneller nach vorn schoben.
Der Feuerstoß trieb dabei unaufhörlich teuflische Hitze auf den Rumpf des Transportflugzeuges hinter ihnen, dessen Außenhülle dadurch zu schmelzen begann und sich der Treibstoff in den Tanks sofort entzündete. Einen Wimpernschlag später explodierte auch dieses Flugzeug in einer gewaltigen Flammenfaust.
Dieses Mal aber war die Amarula bereits weit genug außer Reichweite, um erneut in Gefahr zu geraten. Zwar wurde das Schiff nochmals derbe durchgeschüttelt, doch Cosco hatte alles unter Kontrolle.
Jorik prustete die Luft aus den Lungen. „Sie können einem die Freude am Fliegen echt vermiesen...!“ stieß er hervor.
Cosco drehte sich zu ihm und grinste breit. „Ich habe mir wirklich alle Mühe gegeben!“
Jorik nickte säuerlich. „Und nebenbei mal eben rund 180 Millionen Korinthos zerschossen!“ Er spielte auf den Wert der beiden Transportflugzeuge an.
Cosco lachte einmal laut auf. „Ziehen sie es vom Lohn ab!“
„Geile Show Dad!“ hörten sie plötzlich Kendig über Lautsprecher sagen.
„Ja, dein Alter ist genauso irre, wie du!“ stimmte Rimbo freudig zu.
„Danke Jungs...!“ gab Cosco lächelnd zurück. „Aber ihr könnt mir später die Füße küssen! Wie stehen die Dinge bei euch?“
„Wir haben unsere Feinde abgeschüttelt und sind gleich bei euch!“ sagte Kendig.
„Also dann...!“ Cosco drehte sich zu Jorik. „Wohin?“
Jorik hatte sich darüber bereits Gedanken gemacht. „Wir müssen dorthin, wo wir ein Krankenhaus haben. Die Verletzten brauchen Hilfe!“
Cosco nickte.
„Ich schlage daher vor, wir fliegen nach Kimuri!“
„Das hört sich gut an!“ Cosco nickte noch einmal. „Das sind rund sechshundert Meilen. Das müssten wir in gut einer Stunde hinkriegen!“
„Dann also auf nach Kimuri!“ sagte Fidu bestätigend und schien zufrieden.
„Aber sehen sie zu, dass sie diesmal die Kiste gerade halten!“ rief Jorik zu Cosco und schnallte sich ab.
„Wo wollen sie hin?“
„Ich schaue mal hinten nach dem Rechten und informiere sie über die derzeitige Lage!“
„Ich komme auch mit!“ Shamos schnallte sich ebenfalls ab und folgte Jorik aus dem Cockpit in den Frachtraum.
„Kendig?“ fragte Cosco, nachdem er Jorik einen Moment nachgeschaut hatte.
„Ja?“
„Und was macht ihr?“
„Wir geben euch noch Geleitschutz, bis ihr das offene Meer erreicht habt. Dann müssen wir zurück nach Ara Bandiks. Unser Treibstoff geht zur Neige. Bis nach Kimuri schaffen wir es ganz sicher nicht!“
„Alles klar!“ Cosco atmete einmal tief durch und urplötzlich war die ganze gewaltige Anspannung der letzten Minuten in seinem Gesicht sichtbar. Dann schaute er zu Fidu. „Übernehmen sie mal...!“ Er schnallte sich ab und erhob sich.
„Wo wollen sie hin?“
„Ich muss mal dringend pissen!“ erwiderte Cosco trocken. „Und kotzen muss ich glaube ich auch mal!“
Als Jorik aus dem Gang hinter dem Cockpit in den Laderaum trat, drang ihm der Geräuschpegel von fast vierhundert erregten Menschen entgegen.
Jedoch waren es keine panischen Laute und sie wurden bereits wieder deutlich leiser.
Er war sofort erstaunt, wie gut sich die Menschen hier unter diesen Umständen im Griff hatten. Immerhin konnten sie ja nicht das sehen, was man im Cockpit sehen konnte und wussten daher nicht, was in der Zwischenzeit passiert war. Das war sicherlich in den Momenten, wo man eine Rakete auf sich zukommen sah, von Vorteil, ansonsten aber doch eher ein großer Nachteil.
Shamos trat zu ihm und er schaute ihn mit einem müden Lächeln an. Dann ging er wortlos die Treppe in den Frachtraum hinunter und suchte sich einen Weg zu Marivar, die er vor den beiden Krankenräumen der Amarula ausgemacht hatte.
Als er an den ersten Flüchtlingen vorbei ging, bemerkte er, dass sie in ihren Bewegungen inne hielten und ihn anstarrten. Natürlich erkannten sie ihn und wussten, dass er ihnen Informationen geben konnte. Doch er konnte und wollte sich jetzt nicht vor die Menge stellen und ihnen Rede und Antwort stehen.
Er drehte sich deshalb zu Shamos und schaute ihm in die Augen.
Shamos wusste sofort, was Jorik von ihm wollte. Er grinste ihn müde an und nickte. „Ich mach das!“ sagte er, klopfte Jorik auf die Schulter und drehte sich um, um sich einen erhöhten Punkt zu suchen, von dem aus er über die Köpfe hinweg sprechen konnte, damit ihn alle sehen und verstehen konnten.
Jorik sah ihm dankbar hinterher und machte sich dann weiter auf den Weg zu Marivar.
Kurz bevor er sie erreicht hatte, hatte sich Shamos auf eine festgezurrte Kiste an der Außenwand des Flugbootes gestellt. Er hielt sich mit dem linken Arm an einer Strebe fest und begann zunächst um Ruhe und Aufmerksamkeit zu bitten.
Nach ein paar Sekunden wurde es merklich leiser im Frachtraum.
Jorik hatte Marivar erreicht, die gerade einem Verletzten einen neuen Verband angelegt hatte und ihn mit Klebeband fixierte. Als sie Shamos Stimme erkannte, schaute sie auf und war überrascht und scheinbar erfreut zugleich, dass sie Jorik vor sich sah.
„Hallo!“ sagte Jorik mit einem schmalen Lächeln.
„Hallo Jorik!“ erwiderte Marivar und lächelte offen zurück.
„Wie geht es ihnen?“ Im Hintergrund konnte Jorik hören, wie Shamos begann, die Menschen hier zu informieren.
Marivar pustete die Luft aus den Lungen. „Unser Chauffeur fliegt nach meinem Geschmack etwas ruppig!“
Jorik zeigte keine Regung. „Unsere Flucht ist nicht unbemerkt geblieben! Aber ich denke, wir haben es überstanden!“
Marivar nickte. „Wo sind wir jetzt?“
„Wir haben Ara Bandiks verlassen und sind zum Imrix-Gelände geflogen, weil wir gehofft hatten, hier Hilfe zu bekommen!“ Jorik stoppte, weil er hörte, dass Shamos gerade genau das gleiche erzählte.
Marivar schaute ihn fragend an. „Aber...?“
Jorik blieb jedoch stumm und hob den Zeigefinger.
„...hier erfolgte leider auch ein Angriff der Fremden und...!“
„Die Anomalie hat sich weiter geteilt!“ fuhr Jorik dann weiter fort. „Es sind jetzt zweiunddreißig Arme. Einer davon befindet sich gerade über dem Imrix-Komplex und macht ihn dem Erdboden gleich!“
„Und was machen wir jetzt?“
„Wir können nicht helfen. Wir müssen erst uns selber helfen. Wir haben unseren Kurs geändert und fliegen nach Kimuri!“ Jorik sah, dass Marivar nicht wusste, was er meinte. „Das ist eine Inselgruppe etwa sechshundert Meilen westlich von uns. Wir könnten sonst nur noch nach Süden und müssten dort wieder an Ara Bandiks vorbei. Das ist zu riskant. Und wir brauchen ja einen Platz mit einem Krankenhaus. Auf Kimuri gibt es eines. Ein sehr gutes übrigens. Und ich hoffe, dass die Fremden dort noch nicht hingelangen!“
„Wie lange werden wir dahin brauchen?“
„Bei unserer jetzigen Geschwindigkeit eine gute Stunde!“
Marivar nickte. „Das hört sich gut an! Einige brauchen wirklich ein Krankenbett. Wir können von Glück reden, dass noch niemand weiter gestorben ist. Ich hoffe nur, der Pilot kann das Schiff jetzt senkrecht halten. Ich kann nur für mich sprechen, aber ich war mehrmals kurz davor, mich hemmungslos zu übergeben. Und es macht die Sache auch nicht einfacher, wenn man eben noch einen Verband angelegt hat und im nächsten Moment wie ein Gummiball durch den Laderaum poltert!“ Sie grinste säuerlich.
„Keine Angst, wir haben es vorerst überstanden!“
Kaum hatte Jorik die Worte ausgesprochen, als über ihnen vier rote Lampen zu blinken begannen und das hektische Piepen des Radars ertönte, dass in dem großen Raum widerlich hohl nachhallte.
„Das scheint sich aber noch nicht ganz rumgesprochen zu haben...!“ bemerkte Marivar trocken und klammerte sich instinktiv an der Liege des Mannes vor ihr fest. „Kommen sie...!“ Sie schaute Jorik an. „Bevor sie auch zum Gummiball werden!“
Kendig und Rimbo hatten wieder den Geleitschutz der Amarula übernommen. Während Kendig die Vorhut darstellte, bildete Rimbo die Nachhut.
Schnurgerade hielten sie mit gut dreihundert Meilen die Stunde auf das Meer zu – und niemand rechnete mehr mit einem Angriff.
Und doch erfolgte er.
Es waren zwei feindliche Jäger, die aus ihrer Formation ausscherten und sie verfolgten. Doch diese beiden Piloten schienen ihr Handwerk besser zu verstehen und hielten sich zunächst unterhalb des kleinen Konvois in Bodennähe, sodass sie für das Radar nicht zu erkennen waren.
Erst als sie Schussreichweite erreicht hatten, zogen sie ihre Flugbahn steil nach oben und gaben jeweils einen Schuss ab.
Während in der Amarula, als auch bei Kendig und Rimbo die Alarmglocken schrillten, hielten ihre Verfolger ihren Kurs und bereiteten sich auf einen weiteren Abschuss vor.
„Wir kümmern uns darum!“ sagte Kendig nur knapp, reduzierte sofort seine Geschwindigkeit und riss das Steuer zu sich. Die Amarula schoss unter ihm davon und er rollte über den linken Flügel, während er seinen Jäger um hundertachtzig Grad wendete. Rimbo hatte es ihm gleich getan und war bereits auf Frontalkurs zu den beiden feindlichen Jägern.
Kendig hätte ihm gern zur Seite gestanden, er wusste aber, dass er sich zunächst mit den Raketen beschäftigen musste. Und diesmal hatte er weit mehr Glück, als noch in Ara Bandiks, wo es eine Sache von Sekundenbruchteilen gewesen war. Innerhalb weniger Momente hatte er hier die beiden Flugkörper kompromisslos vom Himmel geholt.
Rimbo jedoch hatte diesmal große Schwierigkeiten, die beiden feindlichen Jäger zu stellen und er war dankbar, dass Kendig sich ihm so schnell anschließen konnte. Doch auch zu zweit war es nicht einfach, sie von der Amarula fern zu halten und zu jagen. Trotz einiger gewagter Flugmanöver hielt sich der Gegner hartnäckig im Kampf.
Kendig und Rimbo mussten ihre volle Konzentration aufbringen, um siegreich zu sein.
Cosco hatte die Geschwindigkeit der Amarula erhöht, um schnell Abstand zum Kampfgeschehen zu bekommen und sie flogen weiterhin direkt auf das Meer zu.
Plötzlich schrillte erneut das Radar und Cosco erschrak fürchterlich. Er hatte sich derart fest auf den Kampf seines Sohnes und Rimbo mit den beiden feindlichen Jägern konzentriert, dass er auf seinem Sitz förmlich zusammenzuckte.
Das gegnerische Flugzeug war bereits verteufelt dicht hinter ihnen, mit Sicherheit schon in Schussweite. Instinktiv donnerte er den Schubhebel ganz nach vorn und die Amarula beschleunigte auf weit über vierhundert Meilen die Stunde. Den Abstand zu ihrem Verfolger konnten sie dadurch jedoch nicht vergrößern, ganz im Gegenteil, sie konnten lediglich die Verringerung etwas hinauszögern.
„Kendig...?“ rief Cosco in sein Mikro.
„Ja, Dad?“ kam als gestresste Antwort zurück.
„Junge, wir haben ein Problem!“
Kendig schaute auf seinen Radarschirm und erkannte den Verfolger des Flugbootes sofort. „Scheiße!“ sagte er mehr zu sich selbst. „Gib mir eine Sekunde!“
„Ich fürchte, wir haben keine Sekunde mehr!“ erwiderte Cosco.
„Ah...verdammt!“ brüllte Kendig genervt, während er zum x-ten Mal versuchte, den Jäger vor sich ins Visier zu nehmen. Doch diese Piloten waren sehr gut und konnten ihm jedes Mal ausweichen. Jetzt aber hatte Kendig keine Zeit mehr. Er betätigte den Abschussknopf für eine Rakete am Steuerknüppel. Er hatte noch keine Zielerfassung gehabt, doch das war ihm egal. Das Geschoss löste sich mit einem Zischen von seiner Tragfläche und jagte auf den Jäger vor ihm zu. Doch sein Gegner reagierte schnell und kompromisslos, zuckte mit einem kurzen Flügelschlag nach links und konnte so der Rakete entgehen.
Darauf hatte Kendig jedoch nur gewartet, denn er hatte nicht damit gerechnet, dass sein Projektil wirklich treffen würde. Aber auf die absehbare Reaktion seines Opfers hatte er gehofft und sofort donnerte er seinen linken Daumen auf den Abzug für die Bordkanone unter ihm. Die Geschosse jagten durch den Nachthimmel und erfassten den feindlichen Jäger mitten in seinem Ausweichmanöver. Die rechte Tragfläche explodierte, der Pilot verlor die Kontrolle und rauschte als gleißender Feuerball zu Boden.
„Rimbo!“ rief Kendig sofort.
„Zisch ab!“ erwiderte sein Freund. „Ich pack das hier jetzt allein!“
„Dad ich komme!“
„Das musst du auch!“ brüllte Cosco, der wusste, dass der Abschuss der feindlichen Rakete nur noch Sekundenbruchteile entfernt war. Sie hatten gerade die Küste überflogen und schossen aufs Meer hinaus.
Aber urplötzlich vergrößerte sich der Abstand zu ihrem Verfolger. Doch das konnte nicht an ihnen liegen, die Amarula flog bereits Höchstgeschwindigkeit. Und Kendig war noch nicht dicht genug bei ihnen, um etwas getan haben zu können. Der Grund musste bei ihrem Verfolger liegen.
„Was zum Teufel...?“ fragte Cosco überrascht und zog die Augenbrauen zusammen. Hatte ihr Gegner etwa Probleme mit seiner Maschine?
Der feindliche Jäger aber verringerte seine Geschwindigkeit nur geringfügig, dann ging er in Höhe des Küstenstreifens in eine Rechtskurve.
„Was tut er da?“ fragte Fidu.
„Ich weiß es nicht!“ erwiderte Cosco. „Er hätte uns mit Leichtigkeit abschießen können!“
„Was ist los bei euch?“ rief Kendig.
„Er hat abgedreht!“ antwortete Cosco.
Kendig schaute auf die Amarula, die er über dem Meer erkennen konnte und sah auch den feindlichen Jäger, der seine Rechtskurve fast beendet hatte. „Achtung...!“ rief er dann. „Er nimmt wieder Kurs auf euch!“ Kendig beschleunigte seinen Jäger und verringerte die Distanz innerhalb weniger Momente deutlich.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ihr Gegner die Amarula bereits wieder angepeilt und nur eine Sekunde später zischte eine Rakete aus dem unsichtbaren Abschussschacht. Sofort nach dieser Aktion ging der Jäger jedoch erneut in eine enge Rechtskurve.
Kendig registrierte dieses merkwürdige Verhalten, doch musste er sich zunächst auf den Abschuss seines Gegners konzentrieren.
Da er scheinbar unbemerkt geblieben war, konnte er ihn mit einem kurzen, ruckartigen Flugmanöver ins Visier fassen und vernichten. Als der Jäger in einer Flammenwolke explodierte, war Kendig schon auf Kurs der Amarula, um die feindliche Rakete zu erwischen, bevor sie das Flugboot erreichte.
Aus dem Lautsprecher konnte er Rimbo freudig lachen hören, als er auch seinen Gegner eliminiert hatte. Sein Freund kam nun ebenfalls auf Direktkurs mit Höchstgeschwindigkeit hinter ihnen her,
Kendig hatte die Rakete fast erreicht und sie ins Visier genommen. Wieder war ihm klar, dass er hier nur mit der Bordkanone würde agieren können. Also drückte er ab. Und donnerten die ersten Schüsse auch ermutigend dicht an dem feindlichen Geschoss vorbei, so verstummte die Kanone nach nicht einmal zehn Schuss abrupt.
„Was zum Geier...?“ stieß Kendig hervor, doch konnte er sofort die rote Warnleuchte, die das leergeschossene Magazin der Kanone deutlich anzeigte, erkennen. „Scheiße...!“ fügte er langgezogen und ziemlich entmutigt hinzu.
„Was ist los?“ fragte Cosco.
Kendig antwortete nicht sofort, sondern überlegte fieberhaft, was er jetzt noch tun konnte. „Ach nichts!“! erwiderte er dann fast schon belanglos. „Ich muss nur meinen Plan ändern!“ Und das musste er wirklich und der Gedanke, der ihm durch den Kopf schoss, gefiel ihm überhaupt nicht, doch wusste er, dass er keine andere Wahl hatte. Hier ging es um mehr als vierhundert Menschenleben, da durfte er nicht zögern.
Sofort beschleunigte er seinen Jäger aufs Äußerste und begann, sich neben die Rakete zu setzen.
„Was tust du da?“ hörte er Rimbo über Funk fragen.
„Ich werde ein Held!“ stieß Kendig hochkonzentriert hervor, während er sich immer dichter neben die Rakete schob.
„Du bist verrückt!“ rief Rimbo.
„Kendig, was tust du?“ brüllte sein Vater, der jetzt ebenfalls erkannte, worauf das hinauslief.
„Ich halte euch die Rakete vom Leib!“ Er hatte seinen Jäger bis auf einen halben Meter an das Geschoss herangeführt und flog jetzt so, dass sich die linke Tragfläche seines Jägers über die Rakete schob.
„Das ist Irrsinn!“ brüllte Rimbo. „Das schaffst du nicht!“
„Kendig! Hör auf! Tu es nicht!“ brüllte auch Cosco völlig aufgelöst.
Doch Kendig war sich seiner Sache sehr sicher. „Ich liebe dich Dad!“ rief er noch, dann ließ er die linke Tragfläche ruckartig nach unten zucken und betätigte fast gleichzeitig den Schleudersitz.
Während so Kontakt zwischen seinem Jäger und Rakete hergestellt wurde, wurde die Pilotenkanzel aufgesprengt und der Pilotensitz zunächst ausgeklinkt und dann durch einen Treibsatz kurzfristig beschleunigt.
In diesem Moment war die Rakete bereits explodiert und hüllte den Jäger in einen grellen Feuerball, der ihn wild aus der Flugbahn warf und vollständig zerstörte.
Die Wucht der Explosion trieb die Flammenfaust torpedogleich in alle Himmelsrichtungen und erreichte auch Kendigs Fallschirm, der sich vorschriftsmäßig geöffnet hatte. Das Feuer erfasste sowohl den Schirm, als auch die Schnüre und Kendigs Körper, der leblos und schlaff am Ende herabbaumelte.
„Nein!“ brüllte Cosco, während er zusehen musste, wie sein Sohn viel zu schnell und völlig unkontrolliert in die Tiefe schoss.
„Schnell, sie müssen ihn bergen!“ rief Rimbo.
Cosco reagierte nicht, also übernahm Fidu das Ruder, drosselte die Geschwindigkeit der Amarula deutlich und flog eine sanfte Rechtskurve.
In dem Moment, da Kendig auf die Wasseroberfläche schlug und eintauchte, überflog Rimbo die Stelle.
„Jemand muss ihn da rausholen!“ rief Fidu.
Cosco sah ihn entgeistert an.
„Captain...!“ forderte Fidu eindringlich.
Und Cosco kam zurück in die Wirklichkeit. Sofort schnallte er sich ab und sprang auf. „Ich mach das!“
Fidu nickte. „Ich bringe sie so nahe ich kann heran!“
Während Cosco in den Laderaum lief, schwenkte Fidu die Amarula ganz sanft zur Seite und ging immer tiefer herab. Obwohl das Meer ziemlich aufgewühlt war, ließ Fidu das Boot bis auf die Wasseroberfläche sinken und hielt es dann, so gut es ging im Schwebflug.
Cosco stürmte die Treppe hinab in den Laderaum und raste zur Einstiegsluke.
Jorik bemerkte ihn und trennte sich sofort von Marivar.
„Was ist los?“ rief er Cosco zu.
„Wir müssen einen Verletzten bergen!“ gab er zurück und donnerte seine Hand auf den Öffnungsmechanismus der Ladeluke.
„Nun macht schon!“ rief Rimbo über Funk, der sehen konnte, dass Kendig sich noch immer nicht bewegte und weiter zu sinken drohte.
Die Ladeluke hatte sich gänzlich geöffnet und Wasser schwappte in den Innenraum. Die Menge wurde sofort unruhig.
„Wo?“ brüllte Cosco verzweifelt.
„Da!“ Jorik deutete auf den zerfetzten Fallschirm, der auf der Wasseroberfläche tanzte.
Cosco rannte ohne zu zögern die Ladeluke entlang und sprang ins Wasser.
„Sag Fidu, er soll noch näher ran!“ brüllte Jorik zu Shamos und folgte dem Captain dann.
Beide tauchten ins Wasser ein und schwammen, so schnell sie konnten zu Kendig.
Shamos stellte über ein Mikro an der Wand eine Verbindung zu Fidu her und dirigierte ihn näher an die Absturzstelle heran.
Cosco und Jorik erreichten Kendig gleichzeitig und tauchten sofort ab. Während Cosco sich um seinen Jungen kümmerte, zog Jorik ein Messer aus seinem Gürtel und begann die Fallschirmleinen zu kappen.
Als Cosco Kendig wieder an der Wasseroberfläche hatte, hatte er ihn von seinem Ballast befreit und Cosco konnte ihn im Rettungsgriff vor sich festhalten.
Jorik sah, dass Kendigs Gesicht ziemlich ramponiert und blutverschmiert war und einige Verbrennungen aufwies. Ansonsten lag er leblos in den Armen seines Vaters.
Jorik half Cosco, seinen Sohn durch die aufgewühlte See zurück zum Flugboot zu schaffen.
Mit Shamos Hilfe hatte Fidu das riesige Schiff keine fünf Meter neben sie bringen können.
Die unverletzten Insassen bildeten Menschenketten, sodass sie Kendig sofort nach Erreichen der Ladeluke in Empfang nehmen und in das Innere bringen konnten.
Auch Cosco und Jorik wurden schnell geborgen. Während Jorik am Eingang zunächst verschnaufte und Shamos ein Zeichen gab, die Luke wieder zu schließen, lief Cosco schnaufend und hustend hinter seinem Sohn her, der sofort zu Marivar gebracht wurde.
Als er ihn erreichte, lag er bereits auf einer Bahre und die Ärztin kümmerte sich um ihn. Mit flinken Händen überprüfte sie seinen Zustand und begann dann ohne zu zögern mit den Wiederbelebungsmaßnahmen. Sie drückte rhythmisch und bestimmt mit beiden Händen auf seinen Brustkorb und legte nach jedem dritten Stoß ihren Mund auf seinen, während sie ihm die Nase zuhielt, um ihm Luft in die Lungen zu blasen.
Cosco wollte eingreifen, doch Jorik erschien hinter ihm und hielt ihn zurück. Bei Marivar war Kendig in den besten Händen.
Marivar führte ihre Arbeit unbeirrt weiter und die Sekunden verrannen. Im Inneren des Laderaums wurde es merklich stiller.
Dann urplötzlich, als Marivar zu einer weiteren Mund-zu-Mund-Beatmung ansetzen wollte, krampfte sich Kendigs Körper zusammen und bäumte sich auf. Er begann zu husten und Wasser rann ihm aus dem Mund. Wie in einem Schockzustand krallte er seine Hände in die umstehenden Personen und zog sich an ihnen hoch. Dabei stöhnte und schrie er.
Marivar heilt ihn sofort zurück. „Ruhig, junger Mann! Beruhigen sie sich!“
„Kendig!“ rief Cosco erfreut und seine Augen waren feucht.
Sein Sohn starrte ihn zunächst mit großen Augen an, dann schien er ihn zu erkennen.
„Legen sie sich wieder hin. Sie brauchen Ruhe!“ sagte Marivar noch einmal.
„Ich hab es doch geschafft, Dad!“ Kendig quälte sich ein Lächeln hervor und legte sich zurück auf die Liege.
„Ja...!“ Cosco trat zu ihm und hielt seine Hand. „...das hast du. Du bist ein Teufelskerl. Du hast uns allen das Leben gerettet!“
„Prima!“ stieß er hustend hervor. „Aber nochmal...!“ Seine Augen begannen zu flackern. „...mach ich so was...!“ Seine Stimme wurde leiser und langsamer. „...bestimmt nicht!“ Dann schlossen sich seine Augen und sein Körper entspannte sich. Ängstlich schaute Cosco zu Marivar, doch die schaute ihn mit einer Spritze in der Hand ausdruckslos an.
„Er braucht jetzt Ruhe, damit ich ihn weiter untersuchen und ihm seine Wunden verbinden kann!“ sagte sie knapp und machte sich an die Arbeit.
Cosco nickte und drehte sich zu Jorik.
Der schaltete sein Headset ein. „Rimbo?“
„Ja?“
„Ihr Freund weilt weiterhin unter den Lebenden!“ In der nächsten Sekunde musste er den Kopfhörer vom Ohr weghalten, weil Rimbo vor Freude laut aufschrie.
Gemeinsam mit Cosco und Shamos eilten sie zurück ins Cockpit. Fidu hatte die Amarula inzwischen wieder auf Flughöhe gebracht. Zufällig zeigte der Bug des Bootes in Richtung Küste zurück und sie konnten einen Blick auf den erleuchteten Nachthimmel über dem Imrix-Gelände werfen, wo die brutale Zerstörung noch immer in vollem Gange war.
Jorik konnte auch deutlich erkennen, dass sich zwei feindliche Jäger parallel zur Küstenlinie bewegten. Das erschien ihm merkwürdig, denn so mussten sie die Amarula ohne Zweifel erkennen können. Dass sie jedoch nicht angriffen, war ihm rätselhaft. Er stupste Shamos in die Seite und machte ihm auf diesen Umstand aufmerksam, doch sein Freund verzog nur ratlos die Mundwinkel.
„Welcher Kurs?“ fragte Fidu.
„Kimuri!“ sagte Jorik bestimmt.
Fidu nickte, schwenkte die Amarula langsam in die entsprechende Richtung und beschleunigte dann zügig.
„Rimbo?“ fragte Jorik noch einmal.
„Ja?“
„Sie fliegen zurück nach Ara Bandiks?“
„Ich muss!“ erwiderte er. „Ich bin fast trocken und ohne Munition. Ich muss auftanken!“
Jorik nickte. „Dann viel Glück, Captain. Und vielen Dank für ihre Hilfe. Ohne sie hätten wir es nicht geschafft!“
Rimbo grinste müde. „Keine Ursache. Bringen sie mir nur Kendig gesund zurück, damit ich diesen Mistkerlen mit ihm zusammen noch mal kräftig in den Arsch treten kann!“
„Das werden wir. Mein Wort darauf! Jorik Ende!“