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3. Zurückweisung eines Verteidigers

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Gemäß § 60 OWiG i.V.m. § 121 WpHG entscheidet die BaFin über die Zurückweisung eines Verteidigers (Wahl- und Pflichtverteidiger).

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Der Verteidiger darf zur Vermeidung von Interessenkollisionen weder gleichzeitig mehrere Betroffene derselben (prozessualen) Tat noch mehrere Betroffene unterschiedlicher (prozessualer) Taten in demselben Bußgeldverfahren verteidigen (Verbot der Doppel- und Mehrfachverteidigung, § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 146 StPO).

Beispiel

Hat ein Rechtsanwalt die Verteidigung von zwei Betroffenen einer Ordnungswidrigkeit in demselben Bußgeldverfahren übernommen, ist zu differenzieren. Bei gleichzeitiger Beauftragung des Verteidigers durch mehrere Betroffene ist der Verteidiger insgesamt zurückzuweisen. Bei nicht gleichzeitiger, sukzessiver Beauftragung ist der Verteidiger lediglich hinsichtlich der später übernommenen Verteidigung zurückzuweisen, die zuerst übernommene Verteidigung bleibt zulässig.

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Weiter dürfen sich aus Gründen der Verfahrensvereinfachung für denselben Betroffenen nicht mehr als drei Verteidiger bestellen, § 137 Abs. 1 S. 2 StPO.[109] Wird dagegen verstoßen, ist der (Wahl-)Verteidiger gem. § 146a Abs. 1 S. 1 StPO von der BaFin durch Bescheid zwingend zurückzuweisen.

Beispiel

Für den Betroffenen legitimiert sich eine auf das Kapitalmarktrecht spezialisierte Anwaltssozietät zur Akte. Nach der Rechtsprechung des BGH in Zivilsachen[110] ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Mandatsübernahme durch einen einer Anwaltssozietät angehörenden Rechtsanwalt auch seine Sozien verpflichtet.[111] Diese Rechtsprechung steht dann nicht im Konflikt mit der strafprozessualen Regelung des § 137 Abs. 1 S. 2 StPO, solange in der Kanzlei nicht mehr als drei Rechtsanwälte tätig sind. In diesem Fall können alle in der Vollmacht benannten Rechtsanwälte als beauftragte Verteidiger desselben Betroffenen angesehen werden.[112] Die förmliche Zurückweisung eines Verteidigers durch die BaFin allein aufgrund einer auf die Gesamtkanzlei/-sozietät ausgestellten Verteidigervollmacht scheidet daher jedenfalls solange aus, wie rein tatsächlich nicht mehr als drei Verteidiger für den Betroffenen tätig geworden sind.[113] Sind hingegen mehr als drei Rechtsanwälte auf dem Briefkopf der Kanzlei aufgeführt, ist bei der bevollmächtigten Sozietät durch behördliches Anschreiben unter Hinweis auf die Rechtsfolge des § 137 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 146a Abs. 1 S. 1 StPO zu ermitteln, welcher Rechtsanwalt die Verteidigung des Betroffenen übernommen hat. Wird die Unklarheit seitens der Bevollmächtigten nicht beseitigt, ist „die Sozietät“ bzw. sind alle unter der Kanzlei benannten Rechtsanwälte als Verteidiger gem. § 60 S. 2 OWiG zurückzuweisen.

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Wegen des Gleichlaufs der Interessen soll es im Bußgeldverfahren zulässig sein, wenn der Verteidiger im einheitlichen Verfahren sowohl den persönlich Betroffenen als auch die nebenbeteiligte juristische Person oder Personenvereinigung i.S.d. § 30 OWiG gemeinschaftlich verteidigt.[114] Das soll jedenfalls dann gelten, wenn sich die bußgeldrechtliche Ahndung der Gesellschaft – wie bei § 30 OWiG – von der dem Betroffenen vorgeworfenen Ordnungswidrigkeit ableitet. Ausgeschlossen ist ein Verteidiger demgegenüber von der Vertretung mehrerer Nebenbeteiligter dann, wenn diese Teil eines Konzernverbunds sind. Werden etwa wegen Verstößen gegen die Stimmrechtsmeldepflichten (§§ 33 ff. WpHG) Bußgeldverfahren gegen mehrere Konzernunternehmen eingeleitet, ist für jede Gesellschaft ein eigener Verteidiger zu bestellen.

Praxis des Bußgeldverfahrens im Kapitalmarktrecht

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