Читать книгу Praxis des Bußgeldverfahrens im Kapitalmarktrecht - André-M. Szesny - Страница 51
b) Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln
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Die Durchsuchung zum Zweck der Auffindung von Beweismitteln richtet sich nach § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 102 ff. StPO, sofern sich die Maßnahme gegen den Betroffenen richtet.[158] Adressat einer Durchsuchungsmaßnahme kann der Verdächtige (§ 102 StPO) oder – unter engeren Voraussetzungen – der Nichtverdächtige (§ 103 StPO) sein.
- | Der Begriff des Verdächtigen ist nicht gleichbedeutend mit dem des Betroffenen; indes ist jeder Betroffener immer auch Verdächtiger.[159] |
- | Verdächtige i.S.d. § 102 StPO kann auch die juristische Person als Nebenbeteiligte sein. Soll gegen die juristische Person im einheitlichen oder selbstständigen Verfahren eine Unternehmensgeldbuße gem. § 30 OWiG erlassen werden, ist sie ihrerseits Trägerin des Tatverdachts.[160] Sie ist nach der Rechtsprechung des Kartellsenats des BGH „wie ein Täter“ zu betrachten.[161] Daher sind geschäftsführende Organe des Unternehmens keine nichtverdächtigen Dritten i.S.d. § 103 StPO.[162] |
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Die Anordnung der Durchsuchung verlangt zureichende tatsächliche Anhaltspunkt dafür, dass der Adressat der Durchsuchung eine bestimmte Ordnungswidrigkeit begangen hat. Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen nicht hinausreichen, genügen nicht.[163]
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Zusätzlich muss der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt werden. Da sich der Verdacht auf eine lediglich mit Geldbuße sanktionierte Tat richtet, ist die Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung einzelfallgerecht zu begründen.[164] Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz führt indes nicht dazu, dass bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten stets von Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen abzusehen ist.[165]
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Die einzelfallbezogenen Erwägungen im Durchsuchungsantrag sollten sich zu den nachfolgenden Gesichtspunkten verhalten:
- | Die Durchsuchung muss mit Blick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck Erfolg versprechend sein; es muss eine Auffindewahrscheinlichkeit der vermuteten Beweismittel gegeben sein.[166] Soll in privaten Wohnräumen (Art. 13 Abs. 1 GG) durchsucht werden, muss sich aus den Erwägungen ergeben, warum vor dem Hintergrund des vermuteten kapitalmarktrechtlichen Verstoßes gerade dort bestimmte verfahrensrelevante Beweismittel zu vermuten sind.[167] |
- | Die Durchsuchung muss zur Ermittlung und Verfolgung der Ordnungswidrigkeit erforderlich sein. Dies ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen.[168] |
- | Schließlich muss der jeweilige Eingriff in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Tat und der Stärke des Tatverdachts stehen. Die Anforderungen an die Stärke des Tatverdachts sind umso höher, je weniger schwer die dem Betroffenen zur Last gelegte Tat – wie im Fall einer Ordnungswidrigkeit[169] – wiegt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist zudem zu bedenken, dass im Bußgeldverfahren das öffentliche Interesse an der Ahndung auf Grund der Nichtgeltung des Legalitätsprinzips niedriger ist als im Strafverfahren, weshalb von Eingriffsbefugnissen nach den Wertungen des Gesetzgebers in der Regel zurückhaltender Gebrauch zu machen ist.[170] Aus Sicht der BaFin dürfte hingegen argumentiert werden, dass kapitalmarktrechtliche Ordnungswidrigkeiten gemeinhin das Potential hoher Gemeinschädlichkeit aufweisen, sodass auch erhebliche Eingriffsmaßnahmen wie Durchsuchungen zu deren Aufklärung verhältnismäßig sein können.[171] |
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Liegen die Voraussetzungen vor, können Wohnungen und andere Räume sowie die Person und die ihr gehörenden Sachen durchsucht werden. Soll das Büro oder andere von dem Betroffenen genutzte Räume in einem Firmengebäude (sog. Firmendurchsuchung) durchsucht werden, richtet sich die Maßnahme i.d.R. nach § 102 StPO. Denn es ist ausreichend, dass der Verdächtige die Räumlichkeiten tatsächlich innehat. Gleichgültig ist demgegenüber, ob er sie befugt oder unbefugt oder als Allein- oder Mitinhaber nutzt.[172]
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Die Durchsicht von Papieren und elektronischen Speichermedien steht gem. § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 110 Abs. 1 und Abs. 3 StPO grundsätzlich nur der BaFin zu. Auf deren Anordnung können die bei der Durchsuchung in der Regel mitwirkenden Polizeibeamten als Ermittlungspersonen nach § 152 GVG zur Durchsicht befugt werden.[173]