Читать книгу Arbeits- und Tarifrecht - André Mangion - Страница 11
2.4BESONDERHEIT DES „GÜNSTIGKEITSPRINZIPS“
ОглавлениеUnter Kapitel 2.3 (u. a. „Normenpyramide“) haben Sie gelernt, dass die Regelungsinhalte einer höherrangigen Rechtsquelle eine zwingende Bindungswirkung für die rangniedrigeren Rechtsquellen entfaltet.
Das Günstigkeitsprinzip beschreibt nun eine Ausnahme von dieser Regel. Es besagt, dass die rangniedrigere Regelung entgegen der Normenhierarchie dann anwendbar ist, wenn sie für den Arbeitnehmer günstiger ausfällt. Es dient also dem Schutz des Arbeitnehmers.
Eine gesetzliche Regelung für das Günstigkeitsprinzip findet sich nur in § 4 Abs. 3 TVG und bezieht sich auf das Verhältnis von Tarifverträgen zu rangniedrigeren Rechtsquellen. Es ist aber von der Rechtsprechung für die Anwendung auf allen Ebenen des Arbeitsrechts anerkannt.
Anhand des folgenden Beispiels soll dies verdeutlich werden:
Der Bundesgesetzgeber hat in der Vorschrift des § 3 des Bundesurlaubsgesetzes für Arbeitnehmer einen Mindesturlaubsanspruch von 24 Werktagen pro Jahr (bei einer Sechstagewoche) festgelegt. Dies entspricht einer Dauer von vier Wochen.
In § 26 Abs. 1 TVöD haben die Tarifvertragsparteien für jedes Kalenderjahr einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen (bei einer Fünftagewoche), somit einer Dauer von sechs Wochen, vereinbart.
Das Bundesurlaubsgesetz ist höherrangig als der TVöD, es enthält allerdings nur die Festlegung eines Mindestanspruchs, der – dem Günstigkeitsprinzip folgend – im Tarifvertrag für den Arbeitnehmer vorteilhafter gestaltet werden durfte.
FALL 2.3
Angenommen, ein Behördenleiter würde sich bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für deren außergewöhnlich gute Leistungen bedanken wollen, dürfte er ihnen dann einen über die Regelungen des Tarifvertrags hinausgehenden Urlaub gewähren, z. B. zwei Tage „Extra-Urlaub“?
Zumindest nach arbeitsrechtlichen Vorschriften wäre dies zulässig, denn die Arbeitnehmer würden durch diese Maßnahme ja begünstigt.
Als Faustformel für die Anwendung des Günstigkeitsprinzips kann man sich den Ausspruch „Der Großzügigkeit des Arbeitgebers sind keine Grenzen gesetzt“ einprägen.