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4.3BETEILIGUNG NACH DEM SGB IX
ОглавлениеBei der Lektüre der Überschrift werden Sie sich möglicherweise fragen, warum sich ein Lehrbuch zum Arbeits- und Tarifrecht mit Inhalten eines Sozialgesetzbuchs, nämlich des SGB IX, beschäftigt. Aus dem ersten Kapitel ist Ihnen hoffentlich in Erinnerung geblieben, dass das Arbeitsrecht eine Ausprägung des grundgesetzlich garantierten Sozialstaatsprinzips darstellt. Bekanntermaßen geht es darum, einen Interessenausgleich zwischen wirtschaftlich Stärkeren und Schwächeren, nämlich Arbeitgebern und Arbeitsnehmern, herzustellen. In genau diesem Kontext ist der Regelungsinhalt des SGB IX zu sehen. Hier geht es nämlich u. a. darum, die gleichberechtigte Teilhabe von schwerbehinderten Menschen am Arbeitsleben zu garantieren und sie vor unzulässigen Benachteiligungen zu beschützen.
Um dieses Ziel zu erreichen, hat der Gesetzgeber im Kapitel 5 des 3. Teils des SGB IX (§§ 176–183) die Aufgaben, Rechte und Verantwortlichkeiten der betrieblichen Schwerbehindertenvertretung festgelegt (bitte nachlesen!).
In Betrieben und Dienststellen, in denen mindestens fünf schwerbehinderte Menschen beschäftigt sind, ist eine Vertrauensperson nebst Stellvertretung zu wählen. Die Wahlmechanismen sind an die Personalratswahl angelehnt, die Wahlperiode von vier Jahren ebenso.
In allen Angelegenheiten schwerbehinderter Menschen, die mit der Beschäftigung im Zusammenhang stehen, muss der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung unverzüglich und umfassend unterrichten und vor einer Entscheidung anhören. Er hat ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen. Eine ohne diese Beteiligung getroffene Entscheidung eines Arbeitgebers ist auszusetzen und die Beteiligung innerhalb von sieben Tagen nachzuholen. Danach erst ist endgültig zu entscheiden.
Doch was bedeutet das nun ganz konkret für die tägliche Arbeitspraxis von Personalverwaltung und Betroffenen? Sofern Sie sich einmal eine Stellenausschreibung angesehen haben, wird Ihnen höchstwahrscheinlich ein solche oder eine ähnliche Formulierung aufgefallen sein: „Schwerbehinderte Bewerberinnen/Bewerber werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt.“
Diese Formel hat ihren rechtlichen Ursprung in den Schutzvorschriften des SGB IX. Und um die Rechte von Schwerbehinderten beispielsweise in einem Bewerbungsverfahren zu wahren, hat der Gesetzgeber die Schwerbehindertenvertretung mit gewissen Kontrollfunktionen ausgestattet.
So hat sie im Falle von Bewerbungen schwerbehinderter Menschen das Recht auf Einsicht in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen und auf Teilnahme an den Vorstellungsgesprächen. Dies bedeutet, dass die Schwerbehindertenvertretung in jedem Stellenbesetzungs- und Auswahlverfahren, bei dem schwerbehinderte Menschen als Bewerber involviert sind, zu beteiligen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob nun am Ende ein behinderter oder nichtbehinderter Mensch tatsächlich eingestellt werden soll.
Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte die eventuell rechtlich gebotene Beteiligung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung in Personalangelegenheiten schriftlich dokumentiert werden.
Auch an den Sitzungen des Personalrats darf die Schwerbehindertenvertretung mit beratender Stimme teilnehmen.
FALL 4.2
Angenommen, auf eine ausgeschriebene Stelle bewerben sich Frauen und Männer, behinderte und nichtbehinderte Menschen. Welche Funktionsträger Ihrer Verwaltung würden Sie als Personalverantwortlicher zur Teilnahme an den Vorstellungsgesprächen einladen?