Читать книгу Das Naturwiesland der Schweiz und Mitteleuropas - Andreas Bosshard - Страница 26
2.4.3 Mahd oder Beweidung und Artenvielfalt
ОглавлениеMahd beziehungsweise Beweidung wirken in vielerlei Hinsicht unterschiedlich auf Flora und Fauna des Wieslandes (Abb. 19 und 20). Die für die Artenvielfalt wichtigsten Unterschiede sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Bei gleicher Nutzungsintensität und bei jeweils guter fachlicher Praxis sind Weiden tendenziell artenreicher als Mähwiesen. Dies gilt insbesondere für den mittelintensiv genutzten Bereich (Abb. 21). Die Ursachen liegen unter anderem darin, dass durch Beweidung die Vegetation niedriger gehalten wird aufgrund der höheren Nutzungsfrequenz verglichen mit der Mahd, und so mehr Licht in die tieferen Vegetationsschichten gelangt (BORER et al. 2014). In dieselbe Richtung wirkt der Tritt der Herbivoren und ihr selektiver Frass, die auf engem Raum unterschiedliche Bedingungen schaffen im Gegensatz zur homogenen Mahd (SCHMID et al. 2001; KLIMEK et al. 2007). Auch können seltenere Arten bei mittelintensiver Nutzung eher in Weiden überdauern als in Wiesen (Abb. 21). Die höhere Artenvielfalt in Weiden zeigt sich sowohl auf der Ebene einzelner Weideschläge als auch für die Summe der auf Weiden beziehungsweise Wiesen einer Region vorkommenden Arten (SCHMID et al. 2001). Der Hauptgrund liegt darin, dass die Beweidung über Tritt, punktuelle Kot- und Urinabgabe und ungleichmässigen und teilweise selektiven Frass lokal unterschiedliche Nischen schafft, während die Mahd flächig einheitlich wirkt.
Die Wachstumsbedingungen und damit die Artenzusammensetzung und Artenvielfalt werden von zahlreichen Faktoren der Beweidung beeinflusst. Die Zahl dieser Faktoren ist wesentlich grösser als bei Mähwiesen. Was das Weidemanagement anbelangt sind Bestossungszeitpunkt, Besatzstärke, Länge der Bestossung und Zahl der Umtriebe die wichtigsten Faktoren. Einen grossen Einfluss übt auch die Art der Weidetiere aus. Art, Rasse, Alter, Genetik innerhalb der Rasse, individuelle Gewohnheiten können sehr unterschiedliche Auswirkungen auf Flora und Fauna einer Weide haben, wobei insbesondere Unterschiede im Frassverhalten, im Verbiss, in der Präferenz beziehungsweise Selektion einzelner Pflanzenarten eine wichtige Rolle spielen. Schafe, aber auch Pferde, reduzieren insbesondere in Standweiden durch ihren «scharfen Biss» die Artenvielfalt. Doch auch mit diesen Tierarten können bei guter Beweidungsführung sehr artenreiche Weiden erhalten werden oder entstehen. Wichtig sind genügend lange Regenerationsphasen zwischen den Bestossungen sowie eine nicht zu starke Abweidung des Pflanzenbestandes.
Abb. 21. Pflanzenartenvielfalt – ein Vergleich zwischen Wiesen und Weiden bei mittelintensiver Nutzung in Nordrhein-Westfalen. N=60 (30 Wiesen/30 Weiden). Während bei den gewöhnlichen Wieslandarten sich zwischen Wiesen und Weiden kein Unterschied in den durchschnittlichen Artenzahlen zeigt, weisen Weiden insgesamt mehr Arten auf, insbesondere mehr seltene Arten. Quelle: KLIMEK et al. 2007.
Tab. 1. Für die Artenvielfalt besonders relevante Wirkungen von Mahd im Vergleich zur Beweidung. + wirkt im Vergleich positiv, – wirkt im Vergleich negativ. ++/—: Besonders bedeutsame Interaktionen.
Sowohl Wiesen wie Weiden sind Lebensräume, die zudem je ihre spezifisch angepassten Arten von Pflanzen, Tieren, Pilzen und niederen Organismengruppen aufweisen. Wichtig ist deshalb im Hinblick auf die Erhaltung der Biodiversität, einerseits ein Mosaik beider Nutzungsformen zu erhalten und zu fördern, aber ebenso, langjährige Mähwiesen beziehungsweise Weiden nicht in die jeweils andere Nutzungsform umzuwandeln, weil ein Wechsel immer mit einem Artenverlust einhergeht.