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Die Gedanken sind frei …

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Während der Arbeit an diesem Buch schlich sich eines Abends bei mir ein Ohrwurm ein: »Die Gedanken sind frei, kein Mensch kann sie wissen«, ein Flugblattlied aus der Zeit der Französischen Revolution, das ich als Jugendlicher am Lagerfeuer oft gesungen hatte. Was ich auch unternahm, ich wurde diese Textzeile einfach nicht los. Schließlich schlief ich spät in der Nacht endlich ein, doch am nächsten Morgen ging es gleich wieder los: »Die Gedanken sind frei …«

Dabei waren meine Gedanken offensichtlich alles andere als frei. Von Gedanken fast schon verfolgt zu werden, hat sicher jeder von uns schon öfter erlebt. Wir alle wissen: Es hat keinen Sinn, immer und immer wieder darüber nachzudenken, wie das Vorstellungsgespräch wohl laufen wird, ob die Frau, in die ich mich frisch verliebt habe, mich auch so toll findet wie ich sie oder warum ich neulich so blöd war und diesen kleinen Unfall verursacht habe. Das Nachdenken darüber ist oft zwecklos, doch es hört einfach nicht auf. Wie eine CD, die sich aufgehängt hat, hören wir immer wieder dieselben Gedanken in einer Endlosschleife: »Warum hast du nicht besser aufgepasst? … Hättest du eine Sekunde eher gebremst, dann wär jetzt alles gut, so blöd kannst doch nur du sein. … Jetzt stuft die Versicherung dich höher, dabei ist dein Konto gerade sowieso schon leer …« Oft hören wir von Freunden dann die Empfehlung: »Denk einfach nicht mehr drüber nach!«, doch einen unsinnigeren Tipp gibt es nicht. Könnten wir unsere Gedanken wirklich anhalten, hätten wir es natürlich längst getan! Der gut gemeinte Tipp führt nur dazu, dass wir uns noch schlechter fühlen als ohnehin schon.

Wir können nicht selbst entscheiden, wann wir denken, und genauso wenig können wir selbst entscheiden, was wir denken. Auch da macht unser innerer Computer, was er will. Besonders aufdringlich sind Gedanken, die gemeinsam mit starken und rasch einsetzenden Gefühlen auftreten, beispielsweise mit Scham, Ärger oder Angst. Jeder kennt Situationen, in denen er sich in Grund und Boden geschämt hat und sich auch nachträglich noch schämt. Neulich erzählte mir ein Freund eine beschämende Situation aus seiner Kindheit. Er war in der vierten Klasse während des Unterrichts auf die Toilette gegangen. Als er die Toilette wieder verlassen wollte, klemmte die Tür und er war eingesperrt, bis er nach lautem Schreien endlich befreit wurde. Mit hochrotem und gesenktem Kopf kehrte er schließlich in die Klasse zurück, und zwar in Begleitung des Hausmeisters, der der Lehrerin und den Mitschülern erzählte, was vorgefallen war. Das Gelächter war natürlich vorprogrammiert. Damals konnte er wochenlang an nichts anderes mehr denken. Nächtelang träumte er davon und schließlich wurde er sogar krank. Er erzählte, noch heute sei ihm jedes Mal mulmig, wenn er eine öffentliche Toilettentür abschließe.

Wir alle haben ähnliche Situationen erlebt, die peinlich und unangenehm waren und uns lange gequält und beschäftigt haben. Welche Situation fällt dir aus deiner eigenen Lebensgeschichte ein? Kommt dir eine Situation aus deiner Kindheit und Jugend in den Sinn oder ein Ereignis, das in letzter Zeit passiert ist?

Ruhe da oben!

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