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19 Eine schlechte Nachricht

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Später, nachdem auch die Kühe versorgt waren, trafen sie sich mit Jambus in der Wohnstube, wie er es nannte. Es war ein großer Raum, in dessen Mitte ein runder Holztisch mit einer dicken, schweren Tischplatte stand, an dem wohl zwanzig Personen Platz fanden, wenn nicht mehr. In der Ecke des Raumes knisterte ein Feuer in einem offenen Kamin.`Jambus´ hatte einen Imbiss bereitgestellt und nach getaner Arbeit hatten Sinja, Gamanziel und Ferendiano reichlich Hunger. Sinjas Hände, Arme, Beine und ihr Rücken schmerzten von der ungewohnten Arbeit.

„Grnf! Wir müssen was bereden“, knurrte der Hausherr als alle am Tisch saßen.

„Nehmt euch was zu essen. Ihr braucht was im Magen, wenn ihr diese Nachricht hört.“

„Jetzt mach´s mal nicht so spannend, `Jambus´. Was hast du uns mitzuteilen?“, fragte Ferendiano.

„Hmpf! Ich mach´s kurz. Es ist ein Glissando angekommen. Eine Nachricht von Amandra und Emelda. Ihnen stand ein Kampf bevor mit fünf Moroks in der `Leggiero´. Sie haben Myrianas Kristall verbuddelt und hoffen, dass sie sich irgendwie in die Dunkelzeit retten können, um dort lebend rauszukommen. Wenn sie das schaffen, schreiben sie hier, dann kommen sie noch zum Rat. Wenn nicht, muss jemand dorthin um den Kristall zu suchen. Das war’s.“

Mit einem Schlag war es totenstill im Raum. Für einen Moment blieb die Zeit stehen. Keiner atmete.

„Können wir von hier aus irgendetwas tun um ihnen zu helfen?“, fragte Sinja nach einiger Zeit mit stockender Stimme.

„Du kannst nichts tun. Hier sitzen...warten. Vielleicht kommen sie, velleicht nicht. Wenn nicht, müsst ihr alleine weiterziehen oder zurückgehen, um den Kristall zu suchen. Hmpf. Der verdammte Kristall. Das Dreckding bringt nur Unglück.Wir warten noch auf Banglim und Bengali. Deren Hilfe braucht ihr, wenn ihr heil durch die Sümpfe von `Smorzando´ und über den `Andante´-Pass kommen wollt. Wenn sie eingetroffen sind, besprechen wir, wie es mit euch weitergeht.“

„Ah, Sümpfe und Berge, wie nett. Ich dachte schon, Naurons und Moroks wären die einzigen Gruseleinheiten, die dieses Land zu bieten hat. Dann bin ich ja beruhigt“, maulte Sinja.

„Die Sümpfe sind nicht schlimm, wenn du den Weg kennst. Wir haben einen, der ihn kennt.

Frag´ Meister Banglim, wenn er kommt - und die Berge, hmpf, na ja.“

Damit endeten Jambus‘ Ausführungen.

„Ich zeige euch jetzt euer Lager. Kommt!“

Sie stiegen eine knarrende Holztreppe hinauf und kamen auf den Dachboden. Sinja und die Elfen konnten gerade eben aufrecht stehen. `Jambus´ musste den Kopf einziehen, um sich nicht an einem der niedrigen Dachbalken zu stoßen. In der Ecke lagen drei, mit Stroh gefüllte Matratzen und warme Wolldecken. Die Wände waren geschmückt mit Holzmasken, die verschiedene, ziemlich furchterregende Geistergesichter und Grimassen zeigten. Daneben hingen gekreuzte Speere und hohe, bunt bemalte hölzerne Schilde, die große Ähnlichkeit hatten mit Waffen, die Sinja von Fotos afrikanischer Stämme her kannte. Auch ein Boomerang war zu sehen. Es gruselte sie beim Anblick der verzerrten Maskengesichter.

„Hmpf, ruht euch aus, wenn ihr könnt. Ihr werdet eure Kräfte brauchen“, brummte `Jambus´ und stieg langsam, Stufe für Stufe die Treppe wieder hinunter.

„Also, das Lager ist besser, als alles, was ich bisher zum Schlafen hatte, seitdem ich in Dorémisien angekommen bin“, stellte Sinja fest, warf sich mit Schwung auf die hintere der drei Matratzen, federte zweimal und begann, über die Ereignisse der letzten Zeit nachzudenken.Gamanziel und Ferendiano taten es ihr gleich.

„Ich kann mir nicht vorstellen“, dachte sie laut, „dass die Sümpfe so harmlos sind. Sagt `Jambus´ uns die ganze Wahrheit?“

„Na ja“, antwortete Ferendiano, „harmlos ist etwas Anderes, aber…“

„Aha, ich wusste es,…“

„Moment, lass´ mich doch mal ausreden! Ich bin selbst noch nicht dort gewesen, aber die, die dort waren erzählen von Bildern, die man sieht.

Fantasiebilder, Erinnerungsbilder, Luftspiegelungen sollen das sein, wie eine `Fata Morgana´ die, wenn man ihnen folgt, einen vom Weg abbringen und in die Irre führen. Das kennt man ja von Sümpfen und Mooren. Das wurde schon tausend Mal in alten Geschichten berichtet.

Man muss aufpassen, was man tut, wo man hintritt und man braucht einen, der den richtigen Weg kennt und weiß, wie man vermeidet, auf die Trugbilder hereinzufallen. Wenn man den hat und ihm bedingungslos folgt, dann kann einem normalerweise nichts passieren. So hab´ich es gehört. Das meinte `Jambus´ wohl, als er sagte, dass die Sümpfe nicht gefährlich sind. Es gibt dort Wasser und im Wasser kann immer alles Mögliche sein.“

„Und wieder ein Mutmacher,……“, stöhnte Sinja, „ich freue mich schon.

Wie lange können wir eigentlich hierbleiben?

Ich hätte nichts dagegen, eine Zeitlang zu relaxen. Muss das mit Emelda und Amandra auch erstmal verdauen.“

„Wenn ich `Jambus´ richtig verstanden habe“, schaltete sich Gamanziel ein, die es sich mittlerweile auch bequem gemacht hatte, „warten wir hier jetzt erstmal, bis unsere zwei Berg- und Talführer an Bord sind, dann beraten wir die Lage, hoffen, dass in der Zwischenzeit die vier anderen noch eintrudeln und dann geht´s los. Das heißt, wir haben es im Moment nicht selbst in der Hand, sondern können nur warten.“

„Und solange melken wir Kühe und entmisten den Schweinestall?“

„Weise beobachtet, Sinja“, bemerkte Ferendiano lachend.

„Wisst ihr, wozu `Jambus´ diesen ganzen Gruselkram hier aufgehängt hat?“, fragte Sinja weiter.

„Hm, soweit ich weiß“, antwortete Ferendiano, „haben hier in der `Fermata´ früher magische Rituale stattgefunden, Geisterbeschwörungen und solche Dinge. Das sind wohl Sachen, die sie dafür gebraucht haben. Ehrlich gesagt, habe ich mich nie getraut, `Jambus´ danach zu fragen. Ich weiß nur von anderen Elfen, die hier gelegentlich vorbeikamen, dass er nicht gerne drüber spricht.“

"Vielleicht macht er ja für dich nochmal ein Tänzchen ums Feuer“, spöttelte Ferendiano in Richtung Sinja, „ich wäre aber an deiner Stelle nicht allzu enttäuscht, wenn er einfach nur unwirsch brummen würde.“

„So wie der Mann heute unterwegs ist, kann man sich das kaum vorstellen, dass er mal mit Speer und Rassel in der Hand um ein Feuer gesprungen sein und unanständige Lieder gesungen haben soll“, bemerkte Sinja „und schon gar nicht mit diesem Holzzeug da auf der Nase.“

Sie zeigte auf eine der Gruselmasken.

„Du kannst dir so manches nicht vorstellen bei ihm.

Wichtig ist auch nicht, was er irgendwann einmal gemacht haben soll.

Das weiß ohnehin niemand mehr so genau, weil die meisten, die dabei waren, auf mysteriöse Art verschwunden sind. Der Einzige, der übriggeblieben ist, ist `Jambus´ selbst und der erzählt nicht viel über diese Zeit.“

„Der wird mir immer unheimlicher. Wenn er damit so gar nichts mehr zu tun hat, dann frage ich mich, warum er dieses ganze Zeugs hier oben noch aufbewahrt?“

„Ich glaube“, meldete sich jetzt Gamanziel, „ich glaube, wir sollten die alten Geschichten jetzt einfach mal ruhen lassen. Vielleicht haben wir ja später noch Gelegenheit, darauf zurück zu kommen. Wir haben im Moment genug mit unserer Gegenwart zu tun.

Wir müssen erst einmal unsere eigene Geschichte so hinkriegen, dass man sie später an Lagerfeuern erzählen kann, hihi. Mich beunruhigt auch sehr, was wir über Amandra und Emelda eben gehört haben. Sie waren in großer Gefahr. Andererseits wissen wir durch die Nachricht aber zumindest auch, dass sie den ersten Kampf mit den Naurons und ihren Reitern überlebt haben.“

„Wir wissen nicht, ob Cichianon und Doriando rechtzeitig dort waren um ihnen zu helfen“, stellte Sinja fest.

„Ladies, das ist alles Spekulation. Wir wissen nicht mehr als das, was `Jambus´ uns erzählt hat und dabei sollten wir es jetzt erstmal bewenden lassen.Wir sind zurzeit einfach zum Warten verurteilt, auch wenn uns das nicht gefällt, Warten auf Bengali und Banglim, warten auf Nachrichten, Warten, ob Amandra und die anderen hier auftauchen, ob sie überhaupt noch am Leben sind und selbst wenn sie diesen Kampf auch noch überstanden haben, sind sie noch lange nicht hier.“

„Und was schlägst du vor? Wie sollen wir unsere Zeit hier sinnvoll nutzen“, fragte Sinja.

„Nun, die `Fermata´ war früher ein Ruhepunkt, eine Stätte der Rast und der Einkehr. Vielleicht sollten wir diese Tradition einfach für uns wiederbeleben. Eingekehrt sind wir schon. Also Rasten, innehalten und die Dinge um uns herum geschehen lassen, wenn wir gerade keine Möglichkeiten haben, sie zu beeinflussen. Helfen wir `Jambus´ bei seiner täglichen Arbeit, machen uns nützlich und betrachten ansonsten diese Zeit hier als eine Art `Urlaub auf dem Bauernhof´“, schlug Ferendiano vor.

„Einverstanden“, sagte Gamanziel, „versuchen wir, das Beste draus zu machen.“

„Bin dabei“, warf auch Sinja noch ein, „ich starte dann mal das Ferienprogramm.“

Mit diesen Worten ließ sie sich mit einem Riesenseufzer rückwärts auf ihre Matratze fallen und tat so, als wäre sie laut schnarchend eingeschlafen. Währenddessen hatte `Jambus´ schon Vorbereitungen für den weiteren Ablauf getroffen.

Sinja und die Zaubergeige

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