Читать книгу Sinja und die Zaubergeige - Andreas Milanowski - Страница 7
5 Ein Streit und eine Entscheidung
Оглавление„Ah, da sind ja unsere Turteltäubchen“, wurden Sinja und Allegro von Amandra
empfangen.
„Na, wie war der kleine Ausflug?“
„Es war unbeschreiblich“, antwortete Sinja, „du hattest natürlich recht, Emelda, mit dem Rumhopsen auf einem Zirkuspony hat ein Ritt auf diesem Mustang nicht allzu viel zu tun. Und Gamanziel, du solltest ihn nicht Pferdchen nennen!“
Sie lächelte die Elfe an, die natürlich wusste, was Sinja meinte.
„Ja, ich hab’s gemerkt, `Allegro´. Ich habe dich beleidigt, nicht wahr?
Das tut mir leid. Ich wollte dir damit nicht auf die Hufe treten“, sagte sie augenzwinkernd in Richtung des Schimmels, der sich daraufhin mächtig schüttelte und ein Wiehern von sich gab, dass aus dem Tal wiederhallte.
Am anderen Ende des Tals, dort, wo die Wälder von `Adagio´ begannen, registrierten einige gespitzte Ohren diesen Ausbruch der Freude sehr genau.
„So Kinder, ich schlage vor, wir ruhen uns jetzt noch ein wenig aus und wenn der Sonnentanz beendet ist, machen wir uns im Schutze der Dämmerung auf den Weg“, sagte Emelda.
„Wozu die Vorsichtsmaßnahmen?“, wunderte sich Sinja.
„Nun“, antwortete Gamanziel, „Emelda hatte ja schon angedeutet, dass Dorémisien keineswegs so friedlich ist, wie es auf den ersten Blick aussieht.
Es gibt ein paar Gestalten, die unbedingt verhindern wollen, dass du in Fasolânda ankommst und mit Königin Myriana zusammentriffst.“
„Schön, dass ich das auch schon erfahre. Was hab´ ich denen denn getan?“, fragte Sinja zweifelnd.
„Bis jetzt noch nichts, oder sagen wir mal nicht viel, und wenn es nach dem `Unerhörten´ geht, soll das auch so bleiben.
Dabei müssen wir es jetzt erst einmal bewenden lassen.
Den Rest wird dir Königin Myriana selbst erzählen, wenn wir es bis dahin schaffen.“
„Na, na, wer wird denn so pessimistisch sein, Gamanziel“, schaltete sich Emelda ein. Sie hatte Gamanziels letzten Satz mitbekommen, „selbstverständlich werden wir dort ankommen. Du machst unserer Freundin ja Angst.“
„Wäre schön gewesen, ihr hättet mir etwas früher Angst gemacht.
Dann hätte ich wenigstens noch `nein´ sagen und aussteigen können.
Ich vermute mal, dass es dafür jetzt zu spät ist.“
Sinja war sauer. Sie hatte das Gefühl, dass die Elfen ihr immer noch nicht die ganze Wahrheit erzählt hatten.
„Das vermutest du völlig richtig“, sagte Gamanziel mit ein wenig Bedauern in der Stimme, „als der Spiegel dich in den Tunnel gesogen hat, war die Entscheidung gefallen. Es gibt kein Zurück. Es geht nur noch in eine Richtung und ohne unsere Hilfe kommst du nicht mehr nach hause. Du bist also auf uns genauso angewiesen, wie wir auf dich. Es geht um das Überleben unserer Welt. Du bist die Berufene."
Gamanziel machte eine kurze Pause und dachte nach. Dann fuhr sie fort:
"Ach und das Theater mit dem Spiegel mußte leider sein - tut mir leid. Du bist dir wohl vorgekommen wie bei "Alice im Wunderland", aber wir mussten irgendwie dein Interesse wecken und dich hierherbringen und...ahäm.... da haben wir uns diesen kleinen….Trick ausgedacht.
Wenn du die ganze Geschichte kennst, wirst du uns hoffentlich besser verstehen.“
„Ich hoffe, du hast recht“, maulte Sinja vor sich hin,“ bis jetzt habe ich mit dieser blöden Berufung nur Stress und Ärger gehabt und jetzt erfahre ich noch so nebenbei, dass mir jemand an den Kragen will und meine lieben Freundinnen, die Elfen, die mir das Ganze eingebrockt haben, lächeln milde vor sich hin und sagen „hmmmm, sorry das wir dich da mit rein gezogen haben und….“
„Halt die Klappe!“, unterbrach Emelda Sinjas Redeschwall.
Ihr ging das Gejammer auf die Nerven.
„Akzeptiere das jetzt, so wie es ist und versuche, mit uns zusammen die Sache durchzuziehen oder geh und sieh zu, wie du klarkommst, aber hör´ auf, uns hier die Ohren vollzuheulen. Das hält ja kein Schwein aus, was du hier abziehst.
Die Dinge sind jetzt, wie sie sind. Mach etwas draus oder lass´ es.
Es liegt bei dir. Aber hör' auf, hier herumzublöken wie ein Schaf. Das nervt!“
Diese klaren Worte brachten Sinja zum Nachdenken.
War ‚gehen‘ eine ernst zu nehmende Möglichkeit?
Wohin hätte sie gehen sollen?
Sie war in einer fremden Welt, in der sie sich überhaupt nicht auskannte.
Sie wusste ja nicht einmal, welche Früchte auf den Feldern und in den Wäldern essbar waren und welche giftig. Sie wäre verhungert. Sie wusste nicht, wo sie hätte übernachten sollen.
Sie wäre überfallen oder von wilden Tieren angegriffen worden.
Wie sollte sie sich kleiden, wo zur Schule gehen. Schule?
Gab es in dieser Welt Jahreszeiten, Sommer, Winter?
Wie kalt wurde es in der Nacht? Sie würde erfrieren.
Wie sollte sie wieder nach Hause kommen?
Was hatten die Elfen gesagt? Dorémisien sei nicht so friedlich, wie es aussieht?
All diese Überlegungen führten Sinja schließlich zu dem Ergebnis, dass sie alleine in dieser Welt wohl kaum länger als zwei bis drei Tage überleben würde. Es gab also nur eine Möglichkeit: was immer die `Sache´ der Elfen war, sie musste es mit ihnen zusammen durchstehen und dann zusehen, dass sie diese unfreiwillige Reise beenden und so bald wie möglich wieder in ihr gewohntes Leben zurückkehren konnte.
Überhaupt: zuhause – was würden ihre Eltern denken, wenn sie auf einmal verschwunden war? Eben noch quietschte sie missmutig auf ihrer Geige herum, im nächsten Moment war das Wohnzimmer leer, die Geige verstummt - keine Sinja, keine Töne - arme Mama, armer Papa. Heute Abend würden sie niemanden zum Kuscheln haben.
Ach, irgendwie geschieht ihnen das ja auch recht. Warum mussten sie sie immer zum Üben zwingen. Sinja fühlte so etwas wie Genugtuung.
„Dann müssen sie jetzt mal ohne mich zurechtkommen – das ist schon ganz in Ordnung so – selbst schuld“, dachte sie und war auf einmal wieder zufrieden mit sich und der Welt.
„Okay, dann mal los“, rief sie ihren drei Freundinnen zu.
„Juhuhhh!!!! Sie ist wieder bei uns“, kam die Antwort aus drei Kehlen gleichzeitig. `Allegro´ ließ ein kräftiges Schnauben hören.