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All I Wanna Do Is Make Love to You – Heart

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Charly lehnte sich gegen die geschlossene Tür und ließ sich daran herabgleiten, bis sie auf dem Teppich hockte. Ihr Herz raste, das Blut dröhnte in ihren Ohren.

‚Ich bereue es jetzt schon, die Nacht nicht mit ihm zu verbringen, aber ich weiß genau, dass ich es bereuen werde, wenn ich die Nacht mit ihm verbringe’, dachte sie. ‚Dann doch lieber Reue ohne schlechtes Gewissen.’

Sie rappelte sich auf, fummelte sich aus dem Kleid und stand kurz darauf unter der Dusche. Ein Handtuch um die tropfnassen Haare geschlungen, kroch sie anschließend ins Bett. Sie war hundemüde, drehte sich aber schlaflos von einer Seite auf die andere.

***

Schließlich stand sie auf und holte seine Visitenkarte.

Sachlich, dezent edel. „Gereon von Leuwenstein.“

Erst durch den Klang ihrer eigenen Stimme wurde ihr bewusst, dass sie seinen Namen laut gelesen hatte. Sie schob die Visitenkarte flach unters Kopfkissen und ließ ihre Hand darauf liegen, fühlte die Erhebungen der Broschierung unter ihren Fingerspitzen. Als habe sie die Nähe, die ihr fehlte, hergestellt, glitt sie in einen erholsamen Schlaf.

***

Pünktlich stand er an der unscheinbaren Tür, die sie ihm beschrieben hatte. Ihm blieb gerade genug Zeit, in einem nahe gelegenen Schaufenster seine Erscheinung zu überprüfen, da öffnete sie sich und Charly ließ ihn hinein. Ein mit ihm etwa gleichaltriger Mann fuhr einen Kleiderständer mit Kleidersäcken heran.

„Zwanzig Minuten, dann will ich los“, gab der ihnen mit auf den Weg.

„Geht klar.“ Sie nahm ihn an der Hand und zog ihn in die Mitte des Kaufhauses. Etwa die Hälfte der Zeit begleitete sie ihn, dann ließ sie ihn allein. Als er sich wieder an der Tür einfand, fiel sie dem Typen gerade um den Hals und verabschiedete sich mit zwei Wangenküssen, fragte „Fertig?“ in seine Richtung und nahm, als er nickte, den letzten verbliebenen Kleidersack. „Gale, danke, dass du mir dein Handy geliehen hast“, wandte sie sich noch einmal an den Fremden.

‚Und ich habe mich gefreut, ihre Telefonnummer zu haben.’ Er seufzte verstohlen.

***

Gemeinsam machten sie sich auf den Rückweg zum Hotel. Sie hatte sich den Kleidersack auf den Rücken geschwungen und schritt zielstrebig über den Marienplatz. Dabei begann sie, leise zu pfeifen. Einige Töne kamen ihm bekannt vor und er lauschte konzentrierter. ‚Tatsächlich, das ist „Über den Wolken.“’ Nahezu übergangslos wechselte sie zum nächsten Lied. Diesmal war es „Ich war noch niemals in New York“, danach folgte „Liebeskummer lohnt sich nicht“. Das nächste kannte er nicht, dann, als sie den Flüsterbogen passierten, „Tausendmal berührt“.

‚Moment mal, ist das Absicht?’ Er musterte sie von der Seite. Wohl eher nicht; sie schien mit den Gedanken ganz woanders zu sein, ihn gänzlich vergessen zu haben, und er spürte Eifersucht, auf was auch immer ihre Aufmerksamkeit fesselte, in sich aufsteigen. Sie waren fast am Hotel angekommen. Abgelenkt von seinen eigenen Gefühlen hatte er nicht bemerkt, dass sie wieder das Lied gewechselt hatte.

Er erkannte die Melodie und sein Puls beschleunigte. Sie pfiff doch tatsächlich „Ohne Dich schlaf ich heut Nacht nicht ein“.

***

„Darf ich Sie beim Wort nehmen?“

Seine Stimme riss sie aus ihren Gedanken.

„Oder vielmehr, beim Pfiff?“

Verwirrt blieb sie stehen und sah ihn an. Sein Blick war intensiv, belustigt und noch etwas anderes, das sie nicht deuten konnte. Sie spürte ihre Wangen heiß werden. ‚Was, verflixt noch mal, habe ich gepfiffen?’, überlegte sie hastig. „Ich habe darüber nachgedacht, was ich zu Hause alles erledigen will und gar nicht bemerkt, dass ich überhaupt gepfiffen habe“, antwortete sie ihm hilflos und schuldbewusst; schließlich hatte sie ihn gerade vollkommen vergessen.

„Was haben Sie heute noch vor?“, fragte er abrupt.

‚Das nächste brisante Thema’, seufzte sie innerlich.

Nach dem halben Tag mit ihrer Mutter wollte sie nur noch auf ihr Motorrad und ein paar schöne Kurvenstrecken unter die Reifen nehmen. Aber dazu musste sie ihn loswerden. Was ganz sicher nicht in seine Pläne passte, so wie er aussah, und sie scheute sich, es ihm direkt zu sagen. Seufzend zuckte sie mit den Schultern und wich seinem Blick aus. „Am liebsten raus aus der Stadt, ins Grüne. Ich brauche ein bisschen Ruhe.“

„Vor mir?“ Sein jungenhaftes Grinsen war eindeutig frech.

‚Baut er mir eine goldene Brücke oder was hat er vor?’ Ehe sie jedoch antworten konnte, fuhr er fort: „Oder darf ich mich als Chauffeur anbieten?“

***

Fasziniert sah Gereon, wie schlagartig ihre Augen zu leuchten begannen und sie ihn anstrahlte. Er lächelte zurück. „Dann hole ich mein Auto und Sie überlegen sich, wo Sie hinwollen. Viertelstunde bis Abfahrt?“

Sie nickte und schlüpfte durch die Hoteltür.

Seinerseits pfeifend ging er zum Hotelparkplatz und holte den Porsche. ‚Welches wohl ihr Fahrzeug ist?’

Direkt an der Einfahrt thronte noch immer die BMW, rückwärts geparkt und auf den Hauptständer gestellt. Das sah man selten und war ihm deshalb schon gestern ins Auge gefallen. Er ließ seinen Blick weiterschweifen. ‚Der kleine rote Audi würde gut zu ihr passen’, spekulierte er.

***

Als sie kurz darauf die Hoteltreppe herunterkam, hörte sie draußen den Porsche vorfahren. Den charakteristischen Sound hatte sie schon im Ohr. Er hielt direkt vor der Tür, mit etwa einem Meter Abstand vom Bordstein, der hier ziemlich hoch war, das Verdeck heruntergeklappt.

„Wow!“ Beeindruckt fuhr sie mit der Hand die elegante Seitenlinie nach. Zeit genug für ihn, aus dem Wagen zu springen und ihr die Beifahrertür aufzuhalten.

„Nun, wohin?“ fragte er, während er wieder ins Auto einstieg.

„Oybin“, antwortete sie, die Augen aufs Display des Navis gerichtet, während sie den Ortsnamen eingab. „Waren Sie schon mal da?“

„Nein.“ Er schüttelte den Kopf.

„Lassen Sie sich überraschen!“

***

Ihre Vorfreude war unübersehbar. Aber die Fahrt verlief schweigsam. Ab und zu schaute er zu ihr hinüber. Ein paar Mal warnte sie ihn vor fest installierten Blitzern. ‚Kennt sie sich hier so gut aus, oder ist sie einfach nur konzentrierter als ich?’, überlegte er.

Sie kamen erst kurz vor Ende der Einlasszeit an; die Dame an der Kasse bereitete gerade den Feierabend vor. Nachsichtig lächelnd ließ sie sie noch ein.

Jetzt war er beeindruckt. „Wow! Die Überraschung ist Ihnen gelungen.“

Sie lachte. „Ich hab’s nicht gebaut. – Kannten Sie es wirklich noch nicht?“

„Davon gehört und gelesen schon“, gab er zu. „Es selbst zu sehen, ist etwas ganz anderes.“

Gemeinsam strolchten sie durch die Ruinen und Durchgänge. Stiegen auf den Kirchturm. In der Klosterkirche hallten leise gregorianische Gesänge von den Mauern wider und bildeten mit ihrer getragenen Melancholie einen Kontrapunkt zum unbeschwerten Gezwitscher der Vögel.

In einem der schmalen Felsengänge berührte er sie an der Schulter. Sie drehte sich zu ihm um.

„Danke“, sagte er leise.

Hier im Schatten waren ihre Augen dunkel. Vorsichtig, um sie nicht zu erschrecken, legte er seinen Zeigefinger unter ihr Kinn, beugte sich zu ihr und küsste sie. Es war ungeplant, ein Impuls. Zu seinem Erstaunen küsste sie ihn zurück. Scheu und kurz, nur eine flüchtige Berührung ihrer Zunge, die ihm einen Schauer über den Rücken jagte und alle Härchen seines Körpers aufrichtete. Dann sah sie ihm in die Augen. Etwas verlegen ließ er seine Hand sinken.

Sie begann zu lächeln. „Gerne“, antwortete sie, drehte sich um und schlenderte weiter, als sei nichts geschehen.

***

Charly war vollkommen durcheinander. Nach dem gestrigen Abend hatte sie sich auf direkte, unmissverständliche Kontaktversuche seinerseits eingestellt und war auf diesen harmlosen, zarten Kuss überhaupt nicht vorbereitet. Sie beherrschte sich mühsam, um sich ihm nicht hier und jetzt an den Hals zu werfen. Auf dem Weg zum Auto brachte sie ihre Gefühle langsam unter Kontrolle.

Auf der Rückfahrt fanden sie unterwegs ein Restaurant, und während des Essens versuchte er, etwas über ihre Pläne für den nächsten Tag zu erfahren. Sie antwortete nur vage. Heimreise, vielleicht noch ihren Vater besuchen. Die Ortsnamen verschwieg sie. Er bemerkte schnell, dass sie nicht darüber sprechen wollte und sie wandten sich anderen Themen zu.

Als sie den kleinen Landgasthof verließen, standen neben dem Eingang zwei historische Motorräder. Charly streifte sie zunächst nur mit einem kurzen Blick und ging weiter, drehte aber nach einigen Schritten um und sah sich beide Maschinen genauer an. ‚Tatsächlich.’ Sie fischte ihr Handy aus der Tasche und fotografierte sie. Inzwischen war auch Gereon neben sie getreten und sie zeigte ihm, was sie entdeckt hatte: Eine Maschine zierte das übliche blau-weiße BMW-Emblem, die andere das rot-weiße EMW-Emblem. „Jetzt wäre nur noch spannend zu wissen, wann die ‚echte’ BMW gebaut wurde – und wo“, meinte sie. „Die EMW ist zwischen 1950 und 52 gebaut worden, weil sie noch die gleiche Gabel hat wie die BMW auch. Vorausgesetzt, sie wurde nicht im Nachhinein originaler aufgebaut als sie ursprünglich war“, überlegte sie laut.

***

„Ganz recht, junge Dame“, ertönte eine Altherrenstimme von der Terrasse. Stühle scharrten, dann kamen zwei Männer, etwa Mitte siebzig und in altmodischer Lederkleidung, zu ihnen auf den Parkplatz, stolz auf ihre Motorräder und neugierig auf die junge Frau, die ein Detail entdeckt hatte, das selbst vielen Männern nicht sofort auffiel.

„Sie kennen sich gut aus“, bemerkte der eine und der andere fügte hinzu: „37 in München, um Ihre Frage zu beantworten.“

Gereon konnte nur noch staunen. Er trat ein wenig an den Rand der Szene und beobachtete, wie sie angeregt mit den beiden Herren fachsimpelte. Wie angetan diese von ihr waren.

Schließlich verabschiedete sie sich, kam auf ihn zu und entschuldigte sich, dass sie ihn warten lassen habe.

***

Natürlich fragte er sie auf dem verbleibenden Weg zum Hotel aus. Oder zumindest versuchte er es. Charly wand sich, so gut sie konnte, ohne ihn zu sehr vor den Kopf zu stoßen, um genauere Erklärungen herum, verwies darauf, dass es mit ihrem Vater zusammenhing, der gerne an alten Fahrzeugen bastele, und dass es eine längere Geschichte sei. Seine Einladung auf einen Drink an der Bar lehnte sie ab mit der Begründung, dass es ein langer Tag war und sie schlafen müsse.

Charlys Sommer

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