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2 - Zimtgeruch

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Der nächste Morgen kündigte einen regenverhangenen Tag an.

Der Regen prasselte unaufhörlich gegen die Fensterscheiben, und vom Norden her, zogen noch dunklere Regenwolken zu ihnen herüber.

Quentin hatte sich, gleich nach dem Aufwachen, in seine Sportklamotten geschmissen, den Schlüssel geschnappt und war nun, mit zerschlissenen Turnschuhen, joggend, auf dem Weg zum Bäcker.

Frische Brötchen, die mochte Kim über alles, und Quentin hoffte, sie damit ein bisschen versöhnlicher zu stimmen.

Sicher hatte er gewusst, dass sie niemals einen Leichenwagen haben wollte, aber wenn er ihn doch so günstig bekommen hatte, was war denn, um Himmels Willen, nur so schlimm daran? Die Toten, die in ihm transportiert worden waren, die waren schon lange tot und begraben, und manche von ihnen mit Sicherheit schon längst von den Würmern zerfressen, oder auch bereits zu Staub zerfallen, oder erst gar nicht in der Erde beigesetzt, sondern gleich eingeäschert worden. Er konnte Kims Reaktion nur bedingt verstehen.

Beim Bäcker zog er einen dunkelblauen Stoffbeutel aus der Hosentasche und ließ ihn mit vier frischen Brötchen befüllen.

Danach ging er in den kleinen Krämerladen, unten an der Straßenecke der Morganstraße.

Im Krämerlädchen hantierte ein altes Hutzelweib herum, deren Mund die Zeit der Zähne schon lange überschritten hatte. Mit ihrem zahnlosen Lächeln sah die Alte ihn an.

»Womit kann ich dienen?« Dienstbeflissen lächelte sie Quentin noch breiter an. Ihr Kopf hob sich, während sie schnüffelte. »Warst’e oben, beim Bäcker Molke? Dem seine Brötchen, die duften, dass du sie sicher im Grab noch riechen kannst.« Sie sah an sich herunter. Auf Quentins verdutzten Gesichtsausdruck hin, sagte sie, und es hörte sich nach einer Erklärung an: »Wenn man in meinem Alter ist, denkt man immer mehr ans Grab, und wie es dann wohl sein wird …Ob alles vorbei sein wird, oder ob es danach doch noch etwas gibt. Was glauben Sie? Folgt nach dem Tod noch etwas anderes?«

»Das kommt wahrscheinlich auf die Glaubensrichtung an. Ich habe zwar Archäologie studiert, aber da lehrt man nicht unbedingt vom Leben nach dem Tod.« Als er das enttäuschte Gesicht der alten Frau, deren meiste Lebensstunden schon abgelaufen waren, sah, räusperte er sich verlegen, und sprach weiter: »Es gibt allerdings verschiedene Religionen, deren Mythen erzählen von anderen Dingen. Doch nichts lässt sich so richtig beweisen. Weder, dass es nach dem Tod nichts mehr gibt, denn dagegen sprechen die parapsychologischen Beobachtungen, von denen immer mal wieder berichtet wird. Doch auch die Begegnung mit Geistern, oder, dass sich Dinge von alleine, wie von Geisterhand bewegen, sich Gerüche dahin gehend verändern, dass sie auf die Anwesenheit eines Verstorbenen schließen lassen, lassen sich nicht beweisen. Viele tun dies als Einbildung ab.« Er winkte ab. »Wenn Sie mich fragen, dann glauben Sie doch einfach daran, dass es nach dem Tod noch ein anderes, besseres Leben gibt. Es macht bestimmt ganz viele Dinge leichter.«

Quentin erkannte deutlich die Erleichterung, im Gesicht der alten Frau.

Eiligst verlangte er nach einem nach Zimt duftenden Raumspray, zahlte und verließ den Laden.

Der Himmel hatte sich unterdessen mit dunklen Wolken zugezogen, und tauchte alles in ein trübes Weder-Nacht-noch-Tag-werden-wollens.

Dicke Regentropfen entluden sich aus den Wolken.

Hastig zog Quentin die Kapuze seiner Regenjacke über den Kopf und joggte eilig zurück.

Als er zuhause ankam, sah er, dass auch Kim wach war; ihr Rollladen war bis zur Hälfte hochgezogen.

Leise öffnete er die schöne weiße Eingangstür.

Das Betreten des Hauses verursachte einen kleinen Schmerz in seiner Herzgegend, denn Ende nächsten Monats mussten sie aus dem schönen Haus ausgezogen sein, da die Besitzer wieder von ihrer Weltreise zurückkamen. Leider.

Seufzend schloss er die Tür und ging in die kleine Küche.

Er griff nach dem Brötchenkorb, warf die herrlich duftenden Teile, die noch ganz warm waren, hinein und stellte sie auf den Tisch. Anschließend ging er zur Kaffeemaschine und machte Kaffee.

Kim brauchte ihren morgendlichen Kaffee genauso sehr, wie sie auch ihre Zigaretten dazu haben wollte.

Frühstück war bei Kim immer zweitrangig, doch frischen, duftenden, noch warmen Brötchen hatte Kim bisher noch nie widerstehen können.

Nachdem er auch die Butter, Wurst, Käse und Marmelade auf den Tisch gestellt hatte, der Kaffee durchgelaufen war, das Geschirr ebenfalls auf dem Tisch stand, schnappte er sich seinen Autoschlüssel und die Raumsprayflasche, ging hinaus zum Auto und spritzte es von innen über und über damit aus.

»So, jetzt riechst du nach Zimt, und den Geruch mag mein Mädchen, zum Glück. Der Geruch des Todes, wie Kim meint, sollte damit überdeckt sein.«

Er schloss die Autotür und ging zurück in die Küche, in der Kim bereits dabei war, ein Brötchen dick mit Marmelade zu bestreichen.

»Guten Morgen, Darling. Gut geschlafen?« Quentin grinste sie mit seinem jungenhaften Lächeln an.

»Morgen. Geht so.« Kims Worten war anzuhören, dass sie immer noch sauer über den Kauf des Leichenwagens war.

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