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Die Stamp Act-KriseStamp Act-Krise

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Vor diesem Hintergrund traf das 1765 verabschiedete Steuermarken-Gesetz (Stamp Act) den Nerv der Beziehungen zwischen Kolonien und Mutterland und trieb den Konflikt auf einen ersten Höhepunkt. Von dieser Steuer, die nicht nur für alle Schriftstücke mit rechtlicher Bedeutung, sondern auch für Kalender, Zeitungen, Druckschriften und sogar für Karten- und Würfelspiele erhoben wurde, erhoffte sich die englische Regierung Einkünfte in Höhe von 60.000 Pfund Sterling (umgerechnet auf heutige Preise 5 Millionen Dollar). Es handelte sich um die erste direkte Steuer, die LondonLondon den Kolonien auferlegte, und sie diente noch dazu explizit der Verbesserung der Haushaltslage. Ominös aus amerikanischer Sicht war auch der Umstand, dass zur Eintreibung der Steuer in den Kolonien eine eigene königliche BürokratieRegierungssystemBürokratie aufgebaut werden sollte, dass die Vizeadmirals-Gerichte, die ohne Geschworene urteilten, Verstöße gegen das Gesetz ahnden sollten und dass – gewissermaßen als „flankierende Maßnahme“ – ein Quartering ActQuartering Act (1765) erlassen wurde, der die Assemblies verpflichtete, für die Unterbringung der britischenGroßbritannien Truppen Sorge zu tragen. Die Regierung Grenville suchte also bewusst die Kraftprobe mit den Kolonien, um sie zur Anerkennung der Autorität und Souveränität des Parlaments zu zwingen.

Nach kurzem Zögern nahmen die Siedler den hingeworfenen Fehdehandschuh auf, wobei ihre Führer – die sich WhigsWhig-Partei oder patriots nannten – aber eine Kompromissformel suchten, die es den Kolonien erlaubte, ihre inneren Angelegenheiten selbst zu regeln, ohne aus dem Verbund des Empire ausscheiden zu müssen. Die Opposition manifestierte sich in dreifacher Weise: Auf der politischen Ebene erhoben die Assemblies, allen voran das Unterhaus von VirginiaVirginia, Protest gegen das „verfassungswidrige“ Steuermarkengesetz und betonten den Grundsatz, dass nur sie selbst befugt seien, in den Kolonien Steuern zu erheben. Das MassachusettsMassachusetts-Parlament ergriff überdies die Initiative zu einem interkolonialen Stamp Act CongressStamp Act Congress (1765), an dem im Oktober 1765 in New York CityNew York City 28 Delegierte aus neun Kolonien teilnahmen. Sie verabschiedeten Resolutionen, die den kolonialen Rechtsstandpunkt bekräftigten und Angriffe auf ihre „Rechte und Freiheiten“ zurückwiesen, und sie baten das Westminster-Parlament in einer ausgesucht höflichen Petition um die Annullierung des Stamp Act. Im Unterschied zu diesem maßvollen Vorgehen machte sich der Unmut der Bevölkerung in einer Welle von Protesten Luft, die teils auf symbolische Weise Widerstand ankündigten, etwa durch die Errichtung von Freiheitsbäumen (liberty poles) und die Verbrennung von Puppen, die Steuerbeamte oder englische Politiker darstellten (burning in effigy), teils aber auch schon gewaltsame Formen annahmen und von handgreiflichen Attacken gegen Steuerbeamte bis hin zur Zerstörung ihrer Häuser und zur Praxis des „Teerens und Federns“ reichten. Zumeist wurden diese Massendemonstrationen gut vorbereitet und gelenkt von „patriotischen“ Organisationen, insbesondere den Sons of Liberty, die sich aus Kreisen der Handwerkerschaft in allen bedeutenden Orten entlang der Küste bildeten. Es kam aber auch vor, dass ihnen die Kontrolle der „mobs“ entglitt, die dann zu einer Gefahr für die gesamte öffentliche Ordnung werden konnten. Angeheizt und begleitet wurden alle diese Aktionen von einer heftigen Pressekampagne, für die hauptsächlich die Drucker der etwa 30 kolonialen Zeitungen verantwortlich zeichneten, die sich von der Stempelsteuer besonders hart betroffen fühlten. In wirtschaftlicher Hinsicht schließlich erwiesen sich die hauptsächlich von Kaufleuten initiierten Boykotte englischer Waren als äußerst wirksam. Sie steigerten nicht nur die Solidarität der Bevölkerung, die ihren „Patriotismus“ durch demonstrativen Verzicht auf Einfuhrgüter und das Bemühen um Selbstversorgung, speziell bei Tuchen, beweisen konnte; sie übte auch spürbaren Druck auf die englischenGroßbritannien Kaufleute und indirekt – durch deren Klagen und Proteste – auf die englische Öffentlichkeit und Regierung aus. Die Stamp Act-KriseStamp Act-Krise brachte also schon fast alle wesentlichen Widerstandsformen hervor, die koloniale Elite und Volk, Küste und Hinterland miteinander verbanden und die in ihrer Kombination die Aufstandsbewegung gegen das Mutterland kennzeichneten.

Die Reaktionen in EnglandGroßbritannien offenbarten ebenfalls ein Muster, das sich bis 1774 mehrfach wiederholen sollte. Aus den wachsenden inneren Spannungen, die sich gegen Ende der 1760er Jahre in den Unruhen um den radikalen Parlamentsabgeordneten John WilkesWilkes, John entluden, resultierte eine politische Instabilität, die häufige Regierungswechsel zur Folge hatte und zum Schwanken zwischen Konzessionen und Härte verleitete. Sowohl in der Bevölkerung als auch im Parlament gab es Kräfte, die Mäßigung und Ausgleich mit den Kolonien befürworteten; die Vertreter einer harten Linie, zu denen mehr und mehr auch der König selbst gehörte, kamen ihnen aus taktischen Gründen zeitweise entgegen, behielten in entscheidenden Momenten aber doch stets die Oberhand. So setzte das Parlament zwar 1766 – mit Rücksicht auf die englischenGroßbritannien Kaufleute und angesichts der Tatsache, dass die Steuerbeamten in den Kolonien längst resigniert hatten – den Stamp Act offiziell außer Kraft; gleichzeitig bekräftigten die Abgeordneten aber auf Veranlassung des neuen Premierministers Lord RockinghamRockingham, Charles Watson-Wentworth, Marquis de in einem Declaratory ActDeclaratory Act (1766) das Recht des Parlaments, „to make laws binding the colonies in all cases whatsoever“. Durch dieses Beharren auf der Doktrin der unteilbaren Souveränität wurde aus dem Steuerkonflikt endgültig ein Prinzipienstreit, bei dem die Autorität der englischenGroßbritannien Regierung und des Parlaments auf dem Spiel stand. Wenn die Empire-Reformer auch in einem konkreten Punkt nachgegeben hatten, so hielten sie doch an ihrer prinzipiellen Absicht fest, die Kolonien untrennbar in ein besser organisiertes, machtvolles englisches Staatswesen einzubinden.

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