Читать книгу Café au lait - Anna Dubiel - Страница 11

8 – Gefühlschaos

Оглавление

Als ich am nächsten Morgen aufwache, liege ich in meinem Bett. Langsam setze ich mich auf und reibe mir die Schläfen, die sich mit einem stechenden Schmerz meldt.

Was zur Hölle ist gestern passiert, dass ich solche Kopfschmerzen habe? Mein Blick gleitet durch mein Schlafzimmer und als ich den männlichen Körper auf dem Boden erkenne, erschrecke ich mich zu Tode und fange an, laut zu kreischen.

»Was zur Hölle machst du noch hier?«, frage ich laut und ziehe mir die Decke bis zum Kinn.

»Was?«, gähnt Ethan mir entgegen und setzt sich auf. Er streckt kurz seine Arme in die Luft, legt sie dann abwechselnd über auf den Kopf, sodass seine Schultern einmal laut knacken.

»Dein Boden ist echt hart. Ein Wunder, dass ich keine kaputte Schulter habe.«

»Was suchst du noch hier?! Und hast du etwa meine Hose ausgezogen?!«, keife ich ihn an, presse die Decke immer weiter an mich, damit er bloß nichts sehen kann. Auch, wenn es eigentlich bescheuert ist, weil er mir die Hose vermutlich ausgezogen hat.

»Könntest du mir einen Gefallen tun und nicht so laut sprechen? Ich bin ein ziemlicher Morgenmuffel. Du offensichtlich auch«, nuschelt er halb gähnend und reibt sich die Augen.

»Beantworte meine Frage!«

»Ist schon gut. Nein, ich habe dir deine Hose nicht ausgezogen. Nachdem du in meinen Armen eingeschlafen bist, habe ich dich in dein Zimmer getragen und kurz wieder geweckt, damit du deine Hose selbst ausziehen kannst. Ich meinte, du könntest dein Shirt auch ausziehen und das anziehen, was auf deinem Bett lag, aber du hast dich geweigert und immer wieder >Mark< gemurmelt, also hast du es angelassen. Danach habe ich mich auf deinen Boden gelegt, weil ich nicht wollte, dass du denkst, ich sei so ein komischer Typ, der die Situation ausnutzt oder so. Ich wollte dich aber auch nicht allein lassen, weil es dir vorher so schlecht ging, also habe ich mich auf den Boden gelegt und bin dann eingeschlafen«, erklärt er ruhig und sieht mir dabei in die Augen. Diese wunderschönen blauen Augen sehen mich einfach unschuldig an und ich kann nicht anders, als ihnen zu glauben. Augenblicklich fühle ich mich schlecht und lasse mich zurück ins Kissen fallen.

»Es tut mir leid«, murmele ich in die Decke und atme einmal laut aus.

»Macht nichts.«

»Doch. Das war nicht in Ordnung«, seufze ich und sehe zufällig auf die Uhr. 8.37 Uhr. So ein Mist!

»Ich muss mich fertig machen! In etwas mehr als einer Stunde macht mein Café auf!«, rufe ich und springe schnell aus dem Bett.

»Dann verschwinde ich mal lieber«, meint er lächelnd und steht auf. Der Schwarzhaarige lässt den Kopf ein paar mal kreisen, wobei ich ihm wie festgenagelt zusehe. Er sieht einfach unfassbar gut aus, auch dann, wenn er gerade aufgewacht ist. Seine Haare sind extrem zerzaust und hängen ihm im Gesicht herum. Ich bin gefesselt von der Art, wie er da steht, sich verschlafen durch die Haare fährt und mich dann mit einem schiefen Lächeln ansieht.

»Du bist wunderschön, Malia«, haucht er leise. Auch wenn er ungefähr zwei Meter von mir entfernt steht, habe ich es verstanden. Meine Wangen verfärben sich leicht rot, jedoch senke ich den Blick nicht. Im Gegenteil, ich lächle ihn an, ganz leicht, bestimmt kaum erkennbar, aber er sieht es.

Es fühlt sich an, als würde er in Zeitlupe auf mich zu kommen, Schritt für Schritt, ganz langsam.

»Malia, du bist eine tolle Frau, du verdienst es nicht, traurig zu sein«, flüstert er leise, als er direkt vor mir steht und seine Hand an meine Wange legt, um dann sanft, sehr sanft, darüber zu streichen.

Verträumt und vollkommen fasziniert von seiner Präsenz sehe ich in seine Augen, die vielleicht fünfzig Zentimeter von meinen entfernt sind. Seine Augen sehen ebenfalls in meine, wir starren uns an, bestimmt eine Minute lang. Ab und zu senke ich den Blick, jedoch nur bis zu seinen perfekt geformten, rosigen Lippen. In diesem Moment sehne ich mich unfassbar stark nach seinen Lippen, es ist wie ein Verlangen, ein sehr starkes Verlangen. Sein Gesicht kommt meinem immer näher und ich denke, mein Verlangen wird gestillt, jedoch dreht er seinen Kopf kurz vorher zur Seite, sodass seine Lippen beinah mein Ohr berühren.

»Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich dich jetzt küsse?«, flüstert Ethan leise an mein Ohr. In Zeitlupe schüttle ich den Kopf, kaum merkbar, aber ich glaube, er weiß, dass es mir nichts ausmachen würde, wenn er jetzt seine wahrscheinlich weichen Lippen auf meine legen würde.

Ich schließe meine Augen, warte auf eine Aktion seinerseits. Kurze Zeit später spüre ich seinen heißen Atem in meinem Gesicht und bekomme eine Gänsehaut. Ich bin bereit, sagt mir mein Herz, das gerade unfassbar schnell gegen meine Brust klopft, sodass ich Angst haben muss, er könnte meine Nervosität bemerken.

Es dauert nicht mehr lange und schon spüre ich seine Lippen auf meinen. Zuerst liegen sie nur ruhig auf ihnen und keiner bewegt seine Lippen, sie liegen einfach nur aufeinander. Doch allein dieses Gefühl löst etwas Unglaubliches in mir aus. Ich kann es nicht beschreiben, es fühlt sich an, als hätte mein Körper seit langer Zeit auf diesen Kuss gewartet. In mir explodiert etwas, ein Feuer, ein Wahnsinnsgefühl. Zugleich ist es aber auch etwas Unbekanntes, so ein Gefühl hatte ich bei Marks Lippen nie.

Mark. Verdammt.

Mark. Ich kann Ethan doch nicht küssen, was würde Mark von mir denken?

Mark.

Ethan. Mark.

Ethan. Seine Lippen sind so weich und dieser Kerl treibt mich in den Wahnsinn.

Mark.

Ethan.

Als Ethan auch noch anfängt, seine Lippen langsam zu bewegen und mit seiner Zunge leicht an meine Lippen stupst, komme ich wieder auf den Boden der Gefühle und löse mich schnell von ihm.

»Malia, es tut mir leid, dein Freund – ich ehm -«, stottert er, geht einen Schritt von mir weg und kratzt sich an seinem Hinterkopf. Moment, er denkt, ich hätte einen Freund.

»Ich habe keinen Freund.«

»Puh, da bin ich aber froh. Aber .. habe ich etwas falsch gemacht?« Etwas verwirrt sieht er mich an, kommt auch wieder einen Schritt auf mich zu.

»Nein, du – du hast nichts falsch gemacht. Es ist einfach nur.. Ich kann nicht drüber reden«, flüstere ich auf den Boden sehend.

»Hat es etwas mit diesem Mark zu tun?«, fragt er. Er klingt sehr vorsichtig bei dieser Frage, als würde er denken, ich würde daran zerbrechen. Na ja, so falsch liegt er damit nicht.. Weil ich nicht antworten möchte, nicke ich einfach nur und presse das Shirt, das ich Mark geschenkt habe, an mich.

»Wenn du noch nicht bereit dafür bist, weil deine letzte Beziehung unschön geendet hat, ist das kein Problem. Dieser Mark scheint ein ziemlicher Idiot gewesen zu sein, wenn er so ein fantastisches Mädchen wie dich verlässt«, spricht er leise und streicht dabei sanft über meine Wange. Unschön ist untertrieben. Ich kann nichts erwidern,weil meine Kehle zugeschnürt zu sei scheint. Einerseits ist mein Körper wie gelähmt, weil dieser Mann diese unglaublichen Gefühle in mir auslöst, die ich nie wieder missen möchte, aber andererseits will ich klarstellen, dass Mark kein Idiot war, sondern ein ganz toller Kerl. Aber ich kann es nicht. Ich kann es einfach nicht, weil mich Ethan fasziniert und sich zwar einerseits die Gedanken an Mark in den Vordergrund drängen, aber andererseits Ethan meine volle Aufmerksamkeit einnimmt, was es mir nicht ermöglicht, zu sprechen.

»Ich weiß nicht, wie du zu dem Ganzen stehst, aber ich möchte dich auf jeden Fall näher kennenlernen. Was sich daraus entwickelt, weiß ich nicht. Ich möchte es einfach auf uns zukommen lassen. Es würde mich sehr freuen, wenn du es zulässt, weil ich dir versprechen werde, dass ich dich gut behandeln werde, egal was zwischen uns passiert.«

»Okay. Ich versuche es«, erwidere ich leise und sehe ihm in die Augen. Diese Augen machen mich fertig. Sie strahlen mich an, sie sehen immer glücklich aus, als gäbe es nichts, was diese Augen traurig machen könnte.

»Das freut mich sehr. Ich weiß zwar nicht, was in deiner Vergangenheit geschehen ist, aber falls du magst, kannst du mit mir gerne darüber sprechen. Und wenn ich etwas tue, was dich an deinen Exfreund oder die Beziehung erinnert, sag es mir, dann versuche ich es zu ändern. Ich möchte, dass es dir gut geht. Ich kann es nicht ausstehen, wenn du weinst, das bricht mir das Herz, weil du so eine liebenswürdige Person bist, Malia. Du verdienst es nicht, traurig zu sein«, sagt er leise und legt seine Lippen sanft an meine Stirn.

Er ist so liebevoll und fürsorglich, ich kann gar nicht glauben, dass es jemanden wie ihn gibt.

»Danke Ethan«, nuschele ich gegen seinen Oberkörper, an den er mich sanft gezogen hat.


Im Café läuft alles auf Hochtouren, Marius und Kyle, der heute Morgen einen Arbeitsvertrag unterschrieben hat, backen in der Küche und haben Spaß dabei, während Alicia und ich vorne stehen und die Kunden bediene.

»Du siehst heute schon viel besser aus, Malia. Hast du dich etwas erholt?«, fragt mich Alicia fröhlich. Ich nicke lächelnd, obwohl mich die Sache mit Ethan heute Morgen ziemlich durcheinander gebracht hat. Er scheint es ehrlich zu meinen, aber erstens habe ich immer noch Angst, Marks und meine Geschichte könne sich wiederholen und zweitens habe ich Mark gegenüber ein schlechtes Gewissen. Zwar hat er mich verlassen, und das auf üble Art und Weise, nichtsdestotrotz hat er mich geliebt.

Ich wünsche mir, ich könnte Myras Rat, Mark einfach zu vergessen, befolgen. Das würde mir das Leben um einiges erleichtern. Es würde keine Heulkrämpfe und Attacken mehr geben, kein schlechtes Gewissen mehr Mark gegenüber. Es wäre viel einfacher für mich und mein Umfeld. Dabei will ich es so sehr, aber ich kann mich nicht von Mark losreißen, weil ich ständig an ihn erinnert werde und er sich immer in meinen Kopf schleicht.

Zum Glück kann ich mich bei der Arbeit einigermaßen ablenken und abschalten. Allerdings denke ich ab und zu an den Kuss heute Morgen und an diese sanften Lippen, wie sie auf meinen lagen und sich ihnen angepasst haben.

Träumend stehe ich am Tresen und beobachte das Geschehen, als plötzlich meine Mutter vor mir steht und mich ansieht.

»Was ist denn mit dir? Du siehst so glücklich aus«, bemerkt sie grinsend.

»Wie schaffst du es eigentlich immer zu sehen, wie es mir geht?«, frage ich sie, lächele dabei aber.

»Schatz, du bist meine Tochter. Erzähl mir, was passiert ist. Es hat bestimmt mit diesem Mann zu tun«, spekuliert sie grinsend und nimmt sich eine Kaffeetasse, um einen Cappuccino zu machen.

»Ich erkläre es dir heute Abend, ja?«

»Ehrenwort?«

»Ehrenwort.«

Café au lait

Подняться наверх