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3. Zusammenarbeit von KJM und Freiwilliger Selbstkontrolle

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Der JMStV hat ein System der Verzahnung zwischen der KJM und den Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle[112] geschaffen, das im Rahmen der regulierten Selbstregulierung organisiert ist. Dieses System ist zweistufig aufgebaut: Während die Selbstkontrolleinrichtungen die Medienanbieter kontrollieren, überprüft die KJM die Selbstkontrolleinrichtungen.[113] Das Modell kombiniert auf diese Weise Selbst- und staatliche Regulierung. Der Staat gibt dabei den Rahmen vor und beansprucht sodann nur noch eine eingeschränkte Letztkontrolle zur Verhinderung eines unzureichenden Schutzes durch die Selbstkontrolle. Nimmt die zuständige Landesmedienanstalt an, dass ein Anbieter, der einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle angehört, gegen die Bestimmungen dieses Staatsvertrages (JMStV) verstoßen hat, wird sie daher nicht ohne Weiteres aufsichtsrechtlich tätig. Vielmehr ist hier die freiwillige Selbstkontrolle zwischen geschaltet. § 20 Abs. 5 S. 2 JMStV[114] lässt Maßnahmen gegen den Anbieter durch die KJM nämlich nur dann zu, wenn die Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle erstens über eine Verstoßbehauptung entschieden hat und wenn zweitens diese Entscheidung oder die Unterlassung einer Entscheidung die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums der Selbstkontrolleinrichtung überschritten hat, der sich aus den Bestimmungen des JMStV und der dazu erlassenen Satzungen und Richtlinien ergibt.[115] Dieses Privileg ist ein wichtiger Anreiz für Medienanbieter, sich der Selbstkontrolle anzuschließen. Eine breite Teilhabe der Veranstalter wiederum ist zentral für die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems.[116]

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Im Jugendmedienschutz sind zwei gegenläufige Interessen zu harmonisieren. Der Staat muss den Schutz Minderjähriger vor Gefahren durch mediale Angebote aus dem Bereich „Sex and Crime“ gewährleisten. Zugleich hat er aber die Medien von staatlichem Einfluss freizuhalten. Bei der Aufsicht sind Schutz durch Kontrolle und staatliche Neutralität bei inhaltlichen Fragen zugleich geboten. Zudem spielen die ökonomischen Belange der Anbieter eine Rolle. Das Problem des Jugendschutzes ist also ein innerer Konflikt. Es liegt auf der Hand, dass gerade mit den Anforderungen des Jugendschutzes nicht vereinbare Angebote bei Minderjährigen und Erwachsenen auf Interesse stoßen und deshalb ökonomisch besonders reizvoll sind. Das System der Co-Regulierung ist zur Lösung dieses Konflikts insofern aber gut geeignet, als es möglichen Vollzugs-, Wissens- und Steuerungsdefiziten beim Staat begegnen kann.[117] Es weist aber zugleich eine unübersehbare Schwäche auf, die jeder freiwilligen Selbstkontrolle innewohnt. Sie liegt darin, dass der Rückzug des Staates aus der Freiheitsphäre des Bürgers ein gesteigertes Maß an Verantwortung und die Bereitschaft voraussetzt, ökonomische Interessen den Jugendschutzbelangen im konkreten Fall unterzuordnen. Je geringer die Kontrolldichte ist, desto größer ist die Gefahr des Freiheitsmissbrauchs. Konkret muss also bei der Selbstkontrolle der Gefahr, dass die Veranstalter die Jugendschutzvorschriften eher wirtschafts- als jugendschutzorientiert auslegen, Rechnung getragen werden. Soll die Nähe der kontrollierten Anbieter zu den Kontrollierenden das System des Jugendschutzes nicht konterkarieren, so muss auf die sachangemessene Ausübung der freiwilligen Kontrolltätigkeit, der gerade wegen des erheblichen Vertrauensvorschusses, den der JMStV den Anbietern und der Selbstkontrolle einräumt, besonderes Augenmerk gelegt werden. Dieses Postulat ist für Anbieter von Telemedien, deren Angebote lediglich anzeigepflichtig sind, besonders augenfällig. Sie unterliegen nicht dem für Rundfunkveranstalter geltenden Lizenzierungserfordernis, können aber etwa über gewaltverherrlichende oder pornographische Abrufinhalte in erheblichem Maße entwicklungsbeeinträchtigend wirken.

Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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